TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/9 98/04/0101

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Veröffentlicht am 09.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §7 Abs1 Z4;
GewO 1994 §338 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der C B in A, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 8. April 1998, Zl. VwSen-221424/18/Kl/Rd, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 8. April 1998 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, als verantwortliche Inhaberin von Gewerbeberechtigungen für das Gewerbe "Vermietung von Zelten" und "Vermietung von Toilettenwagen" an einem näher bezeichneten Standort zu vertreten zu haben, daß

"1) in der Zeit von Mai 1996 bis August 1996, zumindest jedoch am 11.7. und 2.8.1996, wie von Organen der BH Linz-Land anläßlich von angemeldeten und unangemeldeten Überprüfungen festgestellt wurde, in T, O-Straße 2, Grundstück Nr. 5, Baufläche 9, KG T,

a) in einem hakenförmigen Bau, der aus 4 zusammenhängenden zeltartigen Bauten besteht, folgende auch der Ausübung der oa Gewerbe dienende Gegenstände gelagert wurden:

Zelthalle 1 (im Bereich der südseitigen Grundgrenze, Ausmaß ca. 16 x 19 m):

-

ein Toilettenanhänger

-

zwei Schweißgeräte

Zelthalle 2 (im Bereich der südlichen und an der westlichen Grundgrenze, Ausmaß 8 x 13 m):

-

mobiles Heizgerät mit Heizölbrenner

Zelthalle 3 (im Bereich der westseitigen Grundgrenze, Ausmaß ca. 13 x 13 m):

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ein mobiles Notstromaggregat

-

ca. 20 Kunststoffgebinde mit versch. Flüssigkeiten

Zelthalle 4 (im Bereich der westseitigen Grundgrenze, Ausmaß ca. 13 x 17 m):

-

Hubstapler mit Gasmotor

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Nähmaschine mit E-Anschluß

-

Arbeitstisch mit Klebemaschine mit E-Anschluß

-

größere Mengen Zeltplanen

              b)              auf den dortigen Freiflächen auch der Ausübung der oa Gewerbe dienende Gegenstände, wie Teile von Zeltaufbauten (Säulen) auf einem größeren Anhänger mit Kastenaufbau und eine Zeltkonstruktion ohne Planen gelagert wurden, und

              c)              in der in der dortigen vierten Zelthalle eingerichteten Werkstätte Tätigkeiten wie Reparaturen an Zelten mittels einer Nähmaschine und einem Arbeitstisch mit Klebemaschine (jeweils mit E-Anschluß) durchgeführt wurden,

und weiters auf dem dem oa Grundstück gegenüberliegenden (jenseits der O-Straße befindlichen) Areal der österreichischen Bundesbahnen, Gst Nr. 2 KG T, regelmäßig LKW, Angänger abgestellt wurden (zum Überprüfungszeitraum 11.7.1996, 11.00 bis 13.00 Uhr, waren auf diesem beschotterten Grundstück 4 Anhänger mit Deichsel, 1 Sattelaufleger, 1 Klein-LKW mit Ladefläche, ein Zugfahrzeug, 1 Fahrzeug mit dem KZ O-8 XY, zugelassen auf C B, ein Zugfahrzeug mit dem KZ L-AB, ein dreiachsiger Toilettenwagen-Anhänger in weißer Farbe mit blauer Bemalung mit Tanks und der Aufschrift 'Zelt- und WC-Verleih, Versorgungsbetriebe, A-H' abgestellt)

und somit eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage für das Abstellen von LKW und Toilettenwagen und Lagerung und Reparatur von Zelten und Lagerung von Ölfässern und sonstigen Flüssigkeiten in Kunststoffgebinden - welche geeignet ist, eine nachteilige Einwirkung auf das Grundwasser durch allenfalls im Falle einer Leckage aus den oa Behältnissen und Altölbehältern auslaufende ev. wassergefährdende Flüssigkeiten und Öle herbeizuführen, das Leben und die Gesundheit des Gewerbetreibenden durch einen allenfalls im do. Betriebsgelände auftretenden Brand oder durch Reparaturarbeiten mittels Schweißgerät, Flex udgl. zu gefährden und Nachbarn (H P und B, T, O-Straße 2, J K, T, O-Straße 6) durch Lärm von zu- und abfahrenden LKW und durch lärmintensive Arbeiten (Reparatur-, Manipulations- und Ladetätigkeiten) zu belästigen und die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf der O-Straße durch von oa Grundstück und dem ÖBB-Grundstück zu- und abfahrende LKW samt Anhänger zu beeinträchtigen - ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung betrieben wurde.

              2)              am 2.8.1996 in der Zeit von 11.00 Uhr bis 13.10 Uhr in T, O-Straße 2, es den Organen der Gewerbebehörde der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (Herrn M H und dem beigezogenen Sachverständigen Ing. X) sowie den anwesenden Gendarmeriebeamten im Rahmen einer beabsichtigten Überprüfung des do. Betriebsareals zwecks Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften durch Ihren Gatten und Stellvertreter JA B verwehrt wurde, das von Ihnen als Inhaberin der oa Gewerbeberechtigungen ua für gewerbliche Zwecke (Lagerung von Zelten, Abstellen von Toilettenwagen und Durchführung von Reparaturarbeiten und Lagerung der hiefür benötigten Maschinen, Geräte und Materialien) genutzte Betriebsareals in T, O-Straße 2, zu betreten und das Innere der dort aufgestellten Zelte (Lagerräume und Arbeitsbereiche) zu besichtigen, indem das do. Einfahrtstor nicht geöffnet und zudem ein Wachhund (Pitbull-Terrier) auf dem Areal frei laufen gelassen wurde, wobei ein Angriff des Hundes auf die Behördenorgane im Falle eines Betretens des Grundstückes nicht auszuschließen war, obwohl gemäß § 338 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 - soweit dies zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften erforderlich ist - die Organe der zur Vollziehung dieser Vorschriften zuständigen Behörden sowie die von diesen Behörden herangezogenen Sachverständigen berechtigt sind, Betriebe sowie deren Lagerräume während der Betriebszeiten zu betreten und zu besichtigen und Kontrollen des Lagerbestandes vorzunehmen und gemäß § 338 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 - soweit dies zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften erforderlich ist - der Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter den Organen der im Abs. 1 genannten Behörden sowie den von diesen Behörden herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung des Betriebes und der Lagerräume zu ermöglichen sowie den Anordnungen dieser Organe zur Inbetriebnahme oder Außerbetriebnahme und über die Betriebsweise von Maschinen und Einrichtungen und zur Vornahme betrieblicher Verrichtungen zu entsprechen hat."

Sie habe dadurch zu 1.) eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 74 Abs. 2 Z. 1, 2 und 5 GewO 1994 und zu 2.) eine solche nach § 367 Z. 26 in Verbindung mit § 338 Abs. 1 und 2 GewO 1994 begangen, weshalb über sie zu Punkt 1.) eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage) und zu Punkt 2.) eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) verhängt wurde. In der Begründung dieses Bescheides wurde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht festgestellt, die Beschwerdeführerin sei seit 1981 im Besitz der in Rede stehenden Gewerbeberechtigungen. Eine Ladung zur gewerbebehördlichen Überprüfung am 11. Juli 1996 um 11.00 Uhr auf dem näher bezeichneten Grundstück sei ihr um 6.30 Uhr persönlich durch die Gendarmerie zugestellt worden, sie sei jedoch zum Überprüfungszeitpunkt nicht anwesend gewesen und das Betriebsgelände sei versperrt gewesen. In einem Aktenvermerk sei vom beigezogenen Amtssachverständigen der im Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses als Tatvorwurf genannte Sachverhalt festgehalten und durch aufgenommene Fotos dokumentiert worden. Auch in seiner Vernehmung als Zeuge habe er diesen Sachverhalt bestätigt. Daß es sich bei den gelagerten Gegenständen nur um Fahrzeuge, die dem Schaustellergewerbe bzw. den Privatzwecken der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten dienten und daß die verwendeten Geräte nicht der Nutzung zu gewerblichen Zwecken, nämlich zum Zwecke der Zeltvermietung bzw. der Vermietung von Toilettenwagen bestimmt gewesen seien, habe auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht bestätigt werden können. Vielmehr handle es sich nach den Aussagen des Amtssachverständigen um solche Maschinen und Geräte bzw. Gegenstände, die jedenfalls auch der Ausübung der Gewerbeberechtigung der Zeltvermietung und Toilettenwagenvermietung dienen könnten. Insbesondere das Ausmaß der gelagerten Zeltplanen und Aufbaugegenstände, welche auf den Grundstücken vorgefunden worden seien, sei allein für die Ausübung des Schaustellergewerbes nicht erklärlich. Aufgrund dieses Lokalaugenscheines sei mit Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft die Einstellung des Betriebes binnen 24 Stunden angeordnet worden. Zur Kontrolle dieser Anordnung sei für den 2. August 1996 eine behördliche Überprüfung in der Betriebsanlage anberaumt worden. Die Beschwerdeführerin sei ebenfalls am Morgen des 2. August 1996 für denselben Tag um 11.00 Uhr zu einer Überprüfung am Betriebsgelände eingeladen worden. Sie sei aber zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend gewesen. Es habe sich aber ihr Ehegatte auf dem Grundstück aufgehalten. Der Zugang zum Grundstück sei verschlossen gewesen und der Ehegatte der Beschwerdeführerin sei der Aufforderung, das Eingangstor aufzusperren, nicht nachgekommen, weil ihm angeblich die Beschaffung des Schlüssels in der vorgegebenen Zeit von 15 bis 20 Minuten unmöglich gewesen sei. Der zunächst an der Leine festgebundene Pitbull-Terrier sei dann im Zuge der Amtshandlung vom Ehegatten der Beschwerdeführerin von der Leine losgebunden worden. Ein freier Zugang zum Gelände sei den Amtsorganen nicht möglich gewesen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 12. August 1996 sei die Schließung der Betriebsanlage angeordnet worden. Der dagegen erhobenen Berufung sei keine Folge gegeben worden und die dagegen an den Verwaltungsgerichtshof gerichtete Beschwerde von diesem mit Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 96/04/0216, als unbegründet abgewiesen worden. Es stehe fest, daß am 2. August 1996 während der gesamten Amtshandlung das Eingangstor zum Betriebsgrundstück verschlossen geblieben sei, die Beschwerdeführerin nicht anwesend gewesen sei und auch nicht für die Öffnung des Tores und für die Einsichtnahme durch die Behördenvertreter Sorge getragen habe, indem sie den Schlüssel zum Einfahrtstor mit sich geführt und auch keinen Ersatzschlüssel zurückgelassen habe. Auch habe sie keine Anordnungen an ihren (anwesenden) Ehemann betreffend den Zutritt zum Grundstück getroffen. Der als Zeuge einvernommene Amtssachverständige habe insgesamt einen sehr glaubwürdigen Eindruck gemacht und habe in schlüssiger Weise den Zustand der von ihm am 11. Juli 1996 begangenen Betriebsareale wiedergegeben und anhand der beigeschafften Fotos erläutert. Dieser Zustand habe sich nach den Aussagen der weiteren vernommenen Zeugen nicht verändert und sei jedenfalls auch für den 2. August 1996 anzunehmen, wohl auch über einen darüber hinausreichenden Zeitraum. Im übrigen sei der festgestellte Sachverhalt auch den genannten rechtskräftigen Bescheiden zugrunde gelegt worden. Der in der Berufung beantragte Ortsaugenschein sei entbehrlich gewesen, weil der Zustand im Juli/August 1996 zwei Jahre nachher im Zuge des Berufungsverfahrens nicht mehr an Ort und Stelle nachzuweisen gewesen sei und im übrigen die einvernommenen Zeugen und aufgenommenen Fotos einen klaren Eindruck über die Ortsverhältnisse hätten vermitteln können. Die Genehmigungspflicht der gegenständlichen Betriebsanlage sei schon in einem gesonderten Verfahren aufgrund einer möglichen Beeinträchtigung von Nachbarinteressen, der Gesundheitsgefährdung der Gewerbetreibenden sowie von möglichen nachteiligen Einwirkungen auf das Grundwasser festgestellt worden. Aufgrund des Ermittlungsverfahrens habe nicht festgestellt werden können, daß die vorgefundenen Gegenstände und Geräte ausschließlich dem Schaustellergewerbe gewidmet seien und daher keine gewerbliche Tätigkeit im Sinne der Gewerbeordnung ausgeübt werde. Aus der Lagerung von größeren Mengen von Zeltplanen sowie auch aus der Größe der vorgefundenen Maschinen, die auch zum Nähen von Zelten Verwendung finden könnten, könne die Verwendung für den Zeltverleih nicht von der Hand gewiesen werden. Nicht zuletzt weise auch die Aufschrift auf dem Zelthallenaufbau des Betriebsareals auf den Zelt- und Toilettenwagenverleih hin und es sei unmittelbar vor diesem Zelt auch ein Container mit Zeltplanen aufgestellt. Hinsichtlich der Übertretung nach § 338 Abs. 2 in Verbindung mit § 367 Z. 26 GewO 1994 stehe als Ergebnis des Beweisverfahrens und der vorgelegten Akten einwandfrei fest, daß die Beschwerdeführerin vor Betreten des Betriebsgrundstückes durch die belangte Behörde am Morgen desselben Tages über die Begehung verständigt worden sei. Damit sei die gesetzliche Verpflichtung nach § 338 Abs. 2 leg. cit., nämlich das Betreten und die Besichtigung des Betriebes und der Lagerräume zu ermöglichen, ausgelöst worden. Wenn die Beschwerdeführerin daher ohne weitere Entschuldigung zum angegebenen Zeitpunkt, nämlich am 2. August 1996 um 11.00 Uhr, am Betriebsareal nicht anwesend gewesen sei und auch nicht dafür Sorge getragen habe, daß eine andere Person in ihrem Auftrag dieser Verpflichtung nachkomme, so habe sie offenbar diese gesetzliche Verpflichtung verletzt. Das Vorbringen, die Beschwerdeführerin sei aufgrund ihrer gewerblichen Tätigkeit zum angegebenen Zeitpunkt verhindert gewesen, könne die Verwaltungsübertretung nicht entschuldigen, zumal sie zum einen die Behörde hätte verständigen können (und dies unterlassen habe) und zum anderen ja nicht ausdrücklich ihre Anwesenheit gefordert gewesen sei, sondern lediglich die Verpflichtung bestanden habe, ein Betreten "zu ermöglichen". Dies hätte durch Entsendung eines Stellvertreters oder in anderer Weise, jedenfalls aber durch das Öffnen des Eingangstores geschehen können. Daß die Beschwerdeführerin in anderer Weise versucht hätte, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen, habe sie in ihrer Berufung nicht einmal behauptet. Dem gegen den Ladungsvorgang und die Kürze des Zeitraumes zwischen Ladung und Termin gerichteten Vorbringen sei entgegenzuhalten, daß es gemäß § 338 Abs. 1 leg. cit. genüge, daß der Betriebsinhaber spätestens beim Betreten des Betriebes oder der Lagerräume zu verständigen sei. Es hätte daher eine Verständigung unmittelbar vor dem beabsichtigten Lokalaugenschein der Behörde, also unmittelbar um 11.00 Uhr desselben Tages, nach der gesetzlichen Bestimmung ausgereicht. Schließlich gebe die Beschwerdeführerin selbst eine Unachtsamkeit und Sorgfaltsverletzung in ihrer Berufung zu, indem sie den einzig vorhandenen Schlüssel mit sich genommen und so geradezu ihrer Verpflichtung, ein ungehindertes Betreten zu ermöglichen, entgegen gewirkt habe. Eine Befangenheit der Behördenorgane sei nicht ersichtlich. Gründe für die behauptete Befangenheit gebe die Beschwerdeführerin nicht an, sie seien auch weder aus der Aktenlage noch aus dem bisherigen Verfahrensgang ersichtlich. Im übrigen hätte sich das Behördenorgan von sich aus im Fall der Befangenheit der Amtsausübung zu enthalten. Hinsichtlich des Strafausmaßes habe schon die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides ausreichend auf alle Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs. 1 und 2 VStG Bedacht genommen. Insbesondere habe sie jeweils den Unrechtsgehalt der Tat gewertet und auf alle Straferschwerungs- und Strafmilderungsgründe Bedacht genommen und auch die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin mangels eigener Angaben als sehr bescheiden eingeschätzt. Auch in der Berufung habe die Beschwerdeführerin keine strafmildernden Umstände vorgebracht und auch ihre persönlichen Verhältnisse nicht weiter angeführt. Sie sei in dieser Hinsicht ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Aufgrund des Unrechtsgehaltes der Verwaltungsübertretungen und aufgrund der Uneinsichtigkeit und des Grades des Verschuldens der Beschwerdeführerin habe aber mit einer strengen Strafe vorgegangen werden müssen. Insbesondere hätten weder rechtskräftige Schließungsbescheide noch Vollstreckungsakte wie die Versiegelung durch die Behörde die Beschwerdeführerin von einer Tatbegehung abhalten können. Auch habe bei der Strafbemessung die Dauer der Verwaltungsübertretung zum Faktum 1 berücksichtigt werden müssen. Im Hinblick auf die weiterhin stattfindende Ausübung der Gewerbeberechtigungen durch die Beschwerdeführerin sei auch aus spezialpräventiven Gründen eine höhere Strafe gerechtfertigt gewesen, um die Beschwerdeführerin von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihren gesetzlichen Rechten gemäß §§ 7 Abs. 4, 10 Abs. 4, 41 Abs. 2, 45 AVG, im Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 MRK, im Recht auf Freiheit des Eigentums gemäß Art. 5 StGG sowie im Grundrecht, dem gesetzlichen Richter nicht entzogen zu werden, und schließlich in ihren Rechten gemäß §§ 366 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Z. 1, 2 und 5 GewO 1994 und § 367 Z. 26 in Verbindung mit § 338 Abs. 1 und 2 GewO 1994 und § 366 GewO 1994, letztlich gemäß §§ 24, 19, 51, 51g, 64 und 31 VStG verletzt. Neben diesem so ausdrücklich bezeichneten Beschwerdepunkt ist aus dem gesamten Beschwerdevorbringen zu erkennen, daß sich die Beschwerdeführerin in dem Recht als verletzt erachtet, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und hiefür bestraft zu werden. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt sie vor, bei richtiger Würdigung des Sachverhaltes, der Anzeigen bei den Gerichten, der unbegründeten Versiegelungen, der drakonischen Bestrafung im Zusammenhang mit den vorangegangenen Verfahren könne nur von schikanöser Vorgangsweise und verbotenen Willkürakten die Rede sein, welche die Befangenheit der zuständigen Beamten, wohl auch der belangten Behörde begründeten, wodurch die Beschwerdeführerin dem gesetzlichen Richter verfassungswidrig entzogen erscheine. Das ergebe sich schon aus dem sachlich völlig unbegründeten Ladungsvorgang, der an Vorgänge in ehemaligen Schauprozessen östlichen Musters erinnere, in einem demokratischen Rechtsstaat jedoch mehr als ungewöhnlich, jedenfalls jedoch gesetzwidrig sei. Auch in einem Verwaltungsstrafverfahren vor der Erstbehörde gelte in Anwendung des Art. 6 MRK noch der Grundsatz der Unschuldsvermutung, was zur Folge habe, daß nicht der Beschuldigte seine Schuldlosigkeit zu beweisen, vielmehr die Behörde den Schuldbeweis zu erbringen habe. Es wirke daher einigermaßen befremdlich, wenn es im angefochtenen Bescheid heiße, es habe nicht bestätigt werden können, daß die in Rede stehenden Gegenstände nicht der Nutzung zu gewerblichen Zwecken dienten. Das Gegenteil habe nicht bewiesen und die Verantwortung der Beschwerdeführerin nicht widerlegt werden können. Alle vorgefundenen Geräte könnten nämlich auch im Schaustellergewerbe verwendet werden. Daß dies tatsächlich der Fall sei, hätten die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann als Zeuge schließlich dargetan. Ein ordnungsgemäßes Verfahren liege auch deshalb nicht vor, weil der beantragte Ortsaugenschein von der belangten Behörde nicht durchgeführt worden sei. Ein solcher hätte die Richtigkeit der Verantwortung der Beschwerdeführerin geradezu erwiesen und die Zeugenaussagen des Amtssachverständigen widerlegt. Von diesem stehe bereits nach der Aktenlage fest, daß er entweder aufgrund vorgefaßter Meinung die Fahrnisse nicht untersucht habe oder von der Materie nichts verstehe. Eine Klebemaschine existiere nicht, die Nähmaschine sei für das Nähen von Zeltplanen nicht brauchbar. Zeltplanen würden zum Zudecken der Schaustellereigeräte benötigt, Heizgeräte und Heizöl in Kanistern werde zum Aufwärmen im Winter benötigt, zwecks Abtauen des Schnees. In Ermangelung einer "Betriebsstätte" (während der Saison sei der Schaustellerbetrieb unterwegs) gebe es untertags keine unzulässige Lärmerregung, bei Nacht und im Winter schon gar nicht. Dies treffe auch für den ungesetzlichen Vorgang zu, daß der zufällig anwesende Ehemann der Beschwerdeführerin von der Behörde sozusagen zu deren Bevollmächtigten ernannt worden sei. Weder von einer Beauftragung noch von einer Bevollmächtigung im Sinne des § 10 AVG könne die Rede sein. Dennoch habe sich der Ehemann der Beschwerdeführerin freiwillig entboten, zur Beschwerdeführerin zu fahren, um den Schlüssel zu holen, doch sei die von der Behörde dazu eingeräumte Frist unerfüllbar gewesen. Der ungesetzliche Ladungsvorgang ohne Vorbereitungsmöglichkeit und Rechtzeitigkeit habe die Beschwerdeführerin keinesfalls verpflichtet, Anordnungen irgendwelcher Art zu treffen, zumal sie einerseits einen Termin habe einhalten müssen, um nicht vertragsbrüchig zu werden und in Ermangelung außersinnlicher Wahrnehmungen nicht habe vorhersehen können, daß ihr nicht geladener Ehemann erscheinen würde. Letztlich sei auch das Strafausmaß unangemessen und auf offensichtliche Befangenheit zurückzuführen. Für eine derart hohe Bestrafung fehle nämlich im Hinblick auf den mangelnden Unrechtsgehalt und die bestehende Unbescholtenheit jede Begründung. Es frage sich, aus welchen Gründen trotz unveränderten Zustandes die vorgenommene zweite (!) Versiegelung durch die Behörde wohl entfernt worden sei? Warum sei jahrelang keine Verfolgungshandlung gesetzt worden, bevor nicht ein Nachbar aus amtsbekannten Gründen aktiv geworden sei. Es liege daher bei richtiger rechtlicher Würdigung auch Verfolgungsverjährung analog einer Verschweigung vor. Allgemein gültige Rechtsgrundsätze seien nämlich auch im Verwaltungsverfahren anzuwenden.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes unter anderem - die sonstigen Tatbestände des § 7 Abs. 1 leg. cit. kommen hier nicht in Betracht - zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Die Beschwerdeführerin irrt, daß es bereits eine Befangenheit eines behördlichen Organes bedeutet, wenn diesem bei Führung des Verwaltungsverfahrens Rechtsverletzungen unterlaufen. Das Vorbringen in der Beschwerde ist daher schon grundsätzlich nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen eines Verstoßes gegen die Bestimmung des § 7 Abs. 1 AVG darzutun.

Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, daß die Formulierung in der Begründung des angefochtenen Bescheides, es habe nicht bestätigt werden können, daß die fraglichen Gegenstände nicht der Nutzung zu gewerblichen Zwecken dienten, für sich allein genommen als Verstoß gegen die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 MRK verstanden werden könnten. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich aber zweifelsfrei, daß die belangte Behörde den gegenteiligen Nachweis insbesondere aufgrund der Aussagen des Amtssachverständigen als erbracht erachtete und mit dem fraglichen Satz lediglich zum Ausdruck bringen wollte, daß auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dessen Darstellung nicht habe entkräftet werden können. Im übrigen ist die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde angestellte Beweiswürdigung für den Verwaltungsgerichtshof unbedenklich. Auch unter Beachtung des Beschwerdevorbringens erweisen sich die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen als logisch schlüssig und als im Einklang mit den Denkgesetzen stehend.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch in der Unterlassung der Durchführung des beantragten Lokalaugenscheines keinen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zu erkennen. Wie bereits die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ist nämlich nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse bei einem derartigen Lokalaugenschein hätten gewonnen werden können, weil für die Entscheidung der vorliegenden Verwaltungsstrafsache allein jener Zustand der Betriebsanlage maßgeblich war, wie er in dem der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Tatzeitraum bestanden hat. Aus einem allenfalls davon abweichenden Zustand der Betriebsanlage im Zeitpunkt der Vornahme eines Lokalaugenscheines hätten keine zur Entscheidung dieser Frage bedeutsamen Erkenntnisse gewonnen werden können.

Gemäß § 338 Abs. 2 GewO 1994 hat der Betriebsinhaber oder dessen Stellvertreter, soweit dies zur Vollziehung der gewerberechtlichen Vorschriften erforderlich ist, den Organen der im Abs. 1 genannten Behörden sowie den von diesen Behörden herangezogenen Sachverständigen das Betreten und die Besichtigung des Betriebes und der Lagerräume zu ermöglichen sowie den Anordnungen dieser Organe zur Inbetriebnahme oder Außerbetriebsetzung und über die Betriebsweise von Maschinen und Einrichtungen und zur Vornahme betrieblicher Verrichtungen zu entsprechen.

Nach § 367 Z. 26 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer den Bestimmungen unter anderem des § 338 zuwiderhandelt.

Wie schon die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben hat, ist die in § 338 Abs. 2 leg. cit. normierte Verpflichtung des Betriebsinhabers oder seines Stellvertreters nicht von einer vorherigen Verständigung oder Ladung des Betriebsinhabers abhängig. Der von der Beschwerdeführerin gerügte kurze Zeitraum zwischen ihrer Ladung und dem anberaumten Termin vermag daher schon aus diesem Grund eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Warum die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Verhalten der Behördenorgane gegenüber ihrem - nach ihrem eigenen Vorbringen nur zufällig in der Betriebsanlage anwesend gewesenen - Ehemann zu erblicken vermeint, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar. Auch ist es für die Erfüllung des Tatbestandes des § 338 Abs. 2 GewO 1994 im vorliegenden Fall ohne jede Bedeutung, ob ihr Ehemann das von der belangten Behörde festgestellte Verhalten in seiner Eigenschaft als Vertreter der Beschwerdeführerin oder ohne eine solche Rechtsbeziehung gesetzt hat. Daß aber die Beschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen wäre, trotz ihrer terminlichen Verpflichtung an einem anderen Ort entsprechende Vorsorge zu treffen, um ihrer Verpflichtung nach § 338 Abs. 2 GewO 1994 nachzukommen, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Die Beschwerdeführerin irrt schließlich, wenn sie offensichtlich meint, die Bestrafung eines rechtswidrigen Verhaltens sei, wenn es nur lang genug angedauert habe, nicht mehr zulässig. Eine derartige "Verschweigung", wie es die Beschwerdeführerin nennt, ist weder dem Gesetz zu entnehmen, noch bildet sie einen der von der Beschwerdeführerin angesprochenen allgemein gültigen Rechtsgrundsätze der österreichischen Rechtsordnung.

Als aktenwidrig erweist sich die Behauptung der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es bei der Strafbemessung unterlassen, ihre Unbescholtenheit als Milderungsgrund zu berücksichtigen. Daß dieser Milderungsgrund nicht gegeben ist, ergibt sich nämlich aus dem in den Akten des Verwaltungsverfahrens enthaltenen, die Beschwerdeführerin betreffenden "Verwaltungsvorstrafenausdruck" vom 13. Dezember 1996, der zahlreiche Verwaltungsübertretungen, auch eine solche der Gewerbeordnung 1994, enthält. Im übrigen vermag der Verwaltungsgerichtshof in den über die Beschwerdeführerin verhängten Strafen eine Überschreitung des der Behörde bei der Strafbemessung eingeräumten Ermessens nicht zu erkennen.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040101.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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