TE OGH 2020/1/14 14Os121/19d

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Veröffentlicht am 14.01.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Jänner 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz-Hummel in Gegenwart des Schriftführers Mag. Hauer in der Strafsache gegen Emir K***** wegen Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 22. August 2019, GZ 52 Hv 23/19b-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Emir K***** zweier Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 26. Dezember 2018 in E***** Nachgenannten eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) zuzufügen versucht, indem er mehrmals mit seinem Pkw auf diese zufuhr, und zwar

I/ Sophie R*****, wobei es beim Versuch blieb, weil sie zur Seite springen konnte und nicht vom Pkw erfasst wurde;

II/ Daniel T*****, wobei dieser von der Motorhaube im Bereich der Knie und bei einem weiteren Zufahren an seinem rechten Unterarm getroffen wurde, und es in beiden Fällen beim Versuch blieb, weil er nur leichte Verletzungen (US 4: Prellung beider Kniegelenke und Abschürfungen an den Knien) erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf „Durchführung eines Lokalaugenscheins und einer Tatrekonstruktion zum Beweis dafür, dass aufgrund der örtlichen Gegebenheiten die Schilderungen der Zeugen T***** und R*****, insbesondere mit dem angeblichen Zufahren auf die Zeugen, aufgrund der gegebenen Örtlichkeiten nicht der Wahrheit entsprechen können“ (ON 15 S 100), Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt.

Entgegen dem Vorwurf, die Vorsitzende allein habe den Beweisantrag abgewiesen, ist dem Hauptverhandlungsprotokoll, an dessen Richtigkeit keine Zweifel bestehen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 312), zu entnehmen, dass die Beschlussfassung (zulässig – vgl § 238 Abs 1 StPO) nach Umfrage unter den Senatsmitgliedern (§ 116 Abs 4 GeO) – somit durch den Senat – erfolgte (ON 15 S 100).

Der Beschwerdeeinwand, der Schöffensenat habe die Begründung der in der Hauptverhandlung getroffenen Entscheidung gesetzwidrig den Urteilsgründen vorbehalten, trifft zwar zu (ON 15 S 100, US 6). Behaupteten Verstößen gegen die Vorschriften des § 238 StPO ist aber durch gerade auf Verkündung der Begründung abzielende Antragstellung in der Hauptverhandlung zu begegnen (RIS-Justiz RS0118924, RS0121628 [T2]).

Da § 281 Abs 1 Z 4 StPO nur auf den Beschluss selbst oder dessen Unterlassung (nicht aber auf die Gründe hierfür) abstellt, steht die Richtigkeit der Begründung des Schöffengerichts für seine abweisende Entscheidung nicht unter Nichtigkeitssanktion, wenn nur dem Antrag auch nach der – auf den Zeitpunkt der Antragstellung bezogen – Ansicht des Obersten Gerichtshofs (im Ergebnis) keine Berechtigung zukam (RIS-Justiz RS0121628; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 318); insofern vorgetragene Kritik geht daher ins Leere.

Dem Beweisantrag war nicht zu entnehmen, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS-Justiz RS0099453). Denn der Beschwerdeführer legte nicht dar, inwiefern die Aussagen der Zeugen T***** und R***** zum Tatort und zum Tathergang – auch in Zusammenhalt mit den in der Hauptverhandlung vorgekommenen Lichtbildern vom Tatort (ON 15 Beilagen 1 bis 4) – mit den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten nicht übereinstimmen sollten und daher die Notwendigkeit bestünde, die Angaben der Zeugen an Ort und Stelle einer Überprüfung zu unterziehen. Solcherart zielte er auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung (RIS-Justiz RS0118444, RS0099353).

Die in der Beschwerdeschrift zur Antragsfundierung nachgetragenen Ausführungen unterliegen dem Neuerungsverbot und sind daher unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite, weil die konstatierte „bloße Möglichkeit des Eintritts einer Körperverletzung“ unzureichend sei. Sie legt aber nicht dar, welche Konstatierungen über die zum Wissen und Wollen des Angeklagten getroffenen (vgl US 4: „Der Angeklagte hielt es beim mehrmaligen Zufahren auf R***** und T***** jeweils ernstlich für möglich und fand sich damit ab, diese dabei schwer am Körper verletzen zu können“) hinaus aus Sicht des Beschwerdeführers für die Annahme eines bedingten Vorsatzes (§ 5 Abs 1 StGB) noch erforderlich gewesen wären und weshalb die kritisierte Formulierung nicht implizieren soll, dass der Erfolg einer schweren Körperverletzung auch tatsächlich eintreten kann.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Textnummer

E127118

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0140OS00121.19D.0114.000

Im RIS seit

27.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.01.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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