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L0301 Parteienfinanzierung, ParteienförderungNorm
B-VG Art137Leitsatz
Zurückweisung einer Klage des Landes Kärnten gegen den Klub der Grünen im Kärntner Landtag auf Rückzahlung des Landesbeitrags zur Klubförderung mangels Passivlegitimation des Klubs; Landtagsklub als juristische Person mit eigener Rechtsfähigkeit keine passivlegitimierte GebietskörperschaftSpruch
I. Die Klage wird zurückgewiesen.
II. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 4.352,76 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Begründung
I. Klage, Sachverhalt und Vorverfahren
1. Gestützt auf Art137 B-VG begehrt das Land Kärnten als klagende Partei, den Klub der Grünen im Kärntner Landtag als beklagte Partei schuldig zu erkennen, über die nach dem Kärntner Klubförderungsgesetz (K-KFG) bzw dem Gesetz über die Geschäftsordnung des Kärntner Landtages (K-LTGO) gewährten Klubförderungen Rechnung zu legen und den sich daraus ergebenden (von der klagenden Partei vorläufig mit € 500.000,– bewerteten) Betrag samt Zinsen an die klagende Partei zu zahlen.
2. Der Klage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die beklagte Partei erhielt in der 31. Gesetzgebungsperiode des Kärntner Landtages (28. März 2013 bis 12. April 2018) die gesamte Gesetzgebungsperiode hindurch von der klagenden Partei die gesetzlich vorgesehenen Landesbeiträge nach dem K-KFG. Diese Förderungsmittel hat die beklagte Partei bis zum Ende der 31. Gesetzgebungsperiode nicht zur Gänze verbraucht, sodass davon noch ein Teil im Vermögen des Klubs verblieben ist. Nach der Landtagswahl für die folgende, 32. Gesetzgebungsperiode war die beklagte Partei nicht mehr im Landtag vertreten.
3. Die beklagte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie sowohl die Zulässigkeit der Klage als auch die Begründetheit des Klagebegehrens bestreitet und von der klagenden Partei Kostenersatz begehrt.
4. Die klagende Partei erstattete eine Replik, in der sie der beklagten Partei im Wesentlichen mit der Begründung in der Klage entgegentritt.
II. Rechtslage
1. §1 des Gesetzes über einen Beitrag zum Personal- und Sachaufwand der Landtagsklubs (Klubfinanzierungsgesetz – K-KFG), LGBl für Kärnten 82/1991, idF LGBl für Kärnten 80/2015 lautete:
"§1
Landesbeitrag
Zur Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben, insbesondere für die Gewährleistung einer geordneten Geschäftsführung, ferner für die Abhaltung von Tagungen und Enqueten, Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen, Heranziehung von Experten, den Aufwand für Öffentlichkeitsarbeit, Repräsentationen und Ehrungen haben die Klubs und Interessengemeinschaften von Abgeordneten (§§7 und 8 des Gesetzes über die Geschäftsordnung des Kärntner Landtages) unbeschadet der Zurverfügungstellung des erforderlichen Personal- und Sachaufwandes gemäß §§3 und 4 dieses Gesetzes einen Anspruch auf einen Beitrag des Landes."
2. §7 des Gesetzes vom 11. Juli 1996, über die Geschäftsordnung des Kärntner Landtages (K-LTGO), LGBl für Kärnten 87/1996, idF LGBl für Kärnten 15/2017 lautet auszugsweise:
"§7
Bildung von Klubs
(1) Mehr als drei auf Grund des Wahlvorschlages derselben Partei gewählte Mitglieder des Landtages haben das Recht, sich in einem Klub zusammenzuschließen (Art29 K-LVG).
(2) Jeder Klub hat aus seiner Mitte einen Obmann und einen Obmann-Stellvertreter zu wählen; er hat seinen Bestand dem Präsidenten schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige hat die Namen des Obmannes, des Obmann-Stellvertreters und die Namen der weiteren Mitglieder zu enthalten.
(3) Die Anzeige gilt solange, bis eine Änderung beim Präsidenten angemeldet wird.
(4) Der Präsident hat zu veranlassen, daß die Anzeigen und ihre Änderungen im Landtag verlesen und der amtlichen Niederschrift angeschlossen werden.
(5) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben stehen den Klubs im Bereich der Räume des Landtages geeignete, eingerichtete Klubräume zur Verfügung."
3. Durch LGBl für Kärnten 25/2017 trat mit Beginn der 32. Gesetzgebungsperiode eine neue Rechtslage in Kraft. Das Gesetz über einen Beitrag zum Personal- und Sachaufwand der Landtagsklubs (Klubfinanzierungsgesetz – K-KFG), LGBl für Kärnten 82/1991, idF LGBl für Kärnten 80/2015 trat außer Kraft. Die §§7 und 81b des Gesetzes vom 11. Juli 1996, über die Geschäftsordnung des Kärntner Landtages (K-LTGO), LGBl für Kärnten 87/1996, idF LGBl für Kärnten 25/2017 lauten nunmehr:
"§7
Bildung von Klubs
(1) Aufgrund des Wahlvorschlages derselben Partei gewählte Mitglieder des Landtages haben das Recht, sich zu Beginn der Gesetzgebungsperiode, spätestens jedoch innerhalb eines Monats vom Tag des Zusammentrittes des neugewählten Landtages an gerechnet, in einem einzigen Klub zusammenzuschließen. Für den Zusammenschluss zu einem Klub und dessen Bestand sind mindestens vier Mitglieder des Landtages erforderlich (Art29 Abs1 K-LVG).
(2) Die vom Landtag entsendeten Mitglieder des Bundesrates haben das Recht, dem Landtagsklub jener Partei anzugehören, auf deren Wahlvorschlag hin sie gewählt wurden; sie dürfen aber keine Funktion für den Klub ausüben (Art29 Abs3 K-LVG).
(3) Die Mitglieder der Landesregierung haben das Recht, einem Landtagsklub mit dessen Zustimmung anzugehören; sie dürfen aber keine Funktion für den Klub ausüben (Art29 Abs3 K-LVG).
(4) Jeder Klub hat aus dem Kreis der Mitglieder gemäß Abs1 einen Obmann und einen Obmann-Stellvertreter zu wählen; er hat seinen Bestand dem Präsidenten schriftlich anzuzeigen. Die Anzeige hat die Namen des Obmannes, des Obmann-Stellvertreters und der weiteren Mitglieder zu enthalten.
(5) Die Anzeige gilt solange, bis eine Änderung beim Präsidenten angezeigt wird.
(6) Ist ein Mitglied des Landtages, das einen Karenzurlaub gemäß §6a in Anspruch nimmt, Mitglied eines Klubs, so tritt sein Vertreter (§5 Abs3) an die Stelle dieses Mitglieds.
(7) Der Präsident hat zu veranlassen, dass die Anzeigen und ihre Änderungen im Landtag verlesen und der amtlichen Niederschrift angeschlossen werden.
(8) Zur Erfüllung ihrer Aufgaben stehen den Klubs im Bereich der Räume des Landtages geeignete, eingerichtete Klubräume zur Verfügung.
§81b
Landesbeitrag
Zur Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben, insbesondere für die Gewährleistung einer geordneten Geschäftsführung, ferner für die Abhaltung von Tagungen und Enqueten, Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen, die Heranziehung von Experten sowie den Aufwand für Öffentlichkeitsarbeit, Repräsentationen und Ehrungen haben die Klubs und Interessengemeinschaften von Abgeordneten (§§7 und 8), unbeschadet der Zurverfügungstellung des erforderlichen Personal- und Sachaufwandes gemäß §§81e bis 81g, einen Anspruch auf einen Beitrag des Landes."
III. Zur Zulässigkeit
1. Die klagende Partei bringt vor, dass die beklagte Partei einer Gebietskörperschaft, nämlich dem Land Kärnten, zurechenbar sei und ihr damit Passivlegitimation iSd Art137 B-VG zukomme. In der Klage findet sich dazu folgende Begründung:
"Die Bildung von Klubs im Kärntner Landtag beruht auf §7 K-LTGO. Landtagsklubs haben Anteil an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, vor allem der Gesetzgebung des Landes Kärnten (siehe dazu nur Art15 Abs1 B-VG, wonach die nicht ausdrücklich der Gesetzgebung des Bundes übertragenen Angelegenheiten im selbständigen Wirkungsbereich 'der Länder' verbleiben). Der den Landtagsklubs zustehende Landesbeitrag dient auch allein der 'Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben' (vgl §1 K-KFG aF und §81b K-LTGO) und ist somit von den Klubs zweckgebunden zu verwalten […].
Im Lichte der vom VfGH im Erkenntnis VfSlg 14.372/1995 definierten Grundsätze kann somit ein Landtagsklub – unter dem Blickwinkel des Art137 B-VG – als 'Erscheinungsform des Landes' und somit als der Gebietskörperschaft Land Kärnten zurechenbar angesehen werden. Somit ist die gegen die beklagte Partei gerichtete Klage gemäß Art137 B-VG zulässig."
2. Die beklagte Partei bestreitet die Zulässigkeit der Klage und führt dazu Folgendes aus:
"Die beklagte Partei ist kein im Art137 B-VG genannter Rechtsträger. Die klagende Partei vertritt die Auffassung, dass die klagende [gemeint wohl: beklagte] Partei eine 'Erscheinungsform des Landes' und somit der Gebietskörperschaft Land Kärnten zurechenbar sei.
Diese Auffassung ist unzutreffend; sie würde im Ergebnis auch bedeuten, dass sich das Land Kärnten mit der vorliegenden Klage selbst klagt. […]
Der Verfassungsgerichtshof hat in zahlreichen Entscheidungen eine Passivlegitimation einer Gebietskörperschaft auch in solchen Fällen bejaht, in denen ein von der Gebietskörperschaft beherrschter selbständiger Rechtsträger deren öffentliche Aufgaben besorgt. Voraussetzung einer solchen Zurechnung ist aber, dass der selbständige Rechtsträger zwar über ein Vermögen verfügt, über das er aber nicht frei verfügen kann. […]
Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die beklagte Partei nicht dem Land Kärnten zuzurechnen ist. Die Mittel, die den Landtagsklubs gem §81b K-LTGO zugewendet werden, unterliegen der freien Disposition durch die Organe des jeweiligen Klubs (vgl in diesem Sinne auch OGH 20.03.2003, 6 Ob 287/02b). Für diese Mittel besteht zwar eine gesetzliche Zweckbindung, innerhalb dieser verfügen die Organe des Klubs aber frei von jeder Einflussnahme. […]
Die gesamte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Passivlegitimation in Folge 'Zurechnung' betrifft selbständige Rechtsträger, die in der Vollziehung einer Gebietskörperschaft tätig werden. Damit kann die Tätigkeit eines parlamentarischen Klubs nicht verglichen werden. Ein Parlamentsklub, der über Vermögen aus der Klubförderung verfügt, wirkt zwar an der Gesetzgebung der betreffenden Gebietskörperschaft mit, ist aber bei dieser Tätigkeit von jeder Einflussnahme durch Organe der betreffenden Gebietskörperschaft frei. Dies folgt nicht zuletzt auch aus der verfassungsrechtlichen Stellung politischer Parteien im Rahmen der Staatsfunktion Gesetzgebung.
Im Erkenntnis 14803 hat der Verfassungsgerichtshof die Funktion politischer Parteien in gesetzgebenden Körperschaften grundlegend skizziert. Er hat dabei unter anderem klargestellt, dass zwar politische Parteien und Wahlparteien begrifflich 'streng zu trennen seien', dass aber diese beiden Körperschaften 'verfassungsrechtlich aufeinander angelegt sind, also von Verfassungswegen zueinander in einer spezifischen Wechselbeziehung stehen'. Nichts anderes kann für parlamentarische Klubs gelten. Sie sind die Einrichtung, durch die eine politische Partei an der politischen Willensbildung in der Gesetzgebung teilnimmt.
Dieses, vom Verfassungsgerichtshof betonte, 'aufeinander angelegt' sein (VfSlg 14803) wird auch in der Verfassungsbestimmung des §3 Abs1 PartG 2012 sichtbar. Im 2. Satz der zitierten Bestimmung heißt es, 'Dazu dürfen den politischen Parteien, die in einem allgemeinen Vertretungskörper vertreten sind, ...'. In genauer Betrachtung kann eine politische Partei als solche in einem allgemeinen Vertretungskörper nicht vertreten sein; sie wird durch eine wahlwerbende Partei und/oder einem parlamentarischen Klub – durch eigenständige Rechtssubjekte – tätig. Die in §3 Abs1 Satz 2 verwendete Formulierung ist vor dem Hintergrund des Erkenntnisses VfSlg 14803 zu verstehen. Wahlpartei und parlamentarischer Klub sind zwar eigene Rechtspersönlichkeiten, werden aber als Repräsentanten der hinter ihnen stehenden politischen Partei tätig. Diese Körperschaften nehmen Aufgaben wahr, die ihnen durch die Verfassungsbestimmung des §1 PartG 2012 übertragen wurde. Im §1 Abs3 PartG 2012 heißt es im 2. Satz: 'Ihre Tätigkeit darf keiner Beschränkung durch besondere Rechtsvorschriften unterworfen werden.' Diese Freiheit von Beschränkungen gilt nicht nur für die politische Partei, sondern auch für die Wahlpartei und den parlamentarischen Klub. Diese Verfassungsbestimmung schließt jede Einflussnahme staatlicher Organe auf die Tätigkeit dieser Rechtsträger aus, soweit eine solche nicht verfassungsrechtlich vorgesehen ist (vgl zB §1 Abs6 PartG 2012). Die Freiheit, die die genannten Rechtsträger bei ihrer Tätigkeit genießen, ist also verfassungsrechtlich verbürgt und umfasst auch die Verwendung der Mittel aus der Klubförderung. Dass diese Mittel zweckgebunden zu verwenden sind, schließt die Freiheit, diese Mittel selbständig für die politischen Zwecke des Klubs zu verwenden, nicht aus.
Zusammenfassend folgt daraus, dass die in der Klage vertretene Auffassung, die beklagte Partei sei dem Land Kärnten zuzurechnen, verfehlt ist und auch durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes in keiner Weise gedeckt ist. Die gegenständliche Klage ist daher zurückzuweisen."
3. Die Klage ist nicht zulässig:
3.1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
3.2. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im Verfahren nach Art137 B-VG andere Rechtsträger als die in Art137 B-VG genannten Gebietskörperschaften nicht belangt werden können (VfSlg 10.451/1985, 14.372/1995, 15.174/1998, 17.937/2006). In Ausnahmefällen hat der Verfassungsgerichtshof die Schaffung besonderer Rechtsträger oder die Errichtung eines Sondervermögens bei einem anderen Rechtsträger unter dem Blickwinkel des Art137 B-VG den Gebietskörperschaften zugerechnet:
3.2.1. Das Erkenntnis VfSlg 14.372/1995 betraf eine gegen die "Kammer der gewerblichen Wirtschaft – Stickereiförderungsausschuss" gerichtete Klage auf Auszahlung einer Unterstützung nach dem Stickereiförderungsgesetz. Der Klägerin (Rechtsnachfolgerin einer Stickereifabrikation) waren mit Bescheid der "Kammer der gewerblichen Wirtschaft – Stickereiförderungsausschuss" Unterstützungsbeiträge nach dem Stickereiförderungsgesetz zugesprochen, aber nicht ausbezahlt worden.
Der Verfassungsgerichtshof wertete diese Klage als gegen den Bund gerichtet und erklärte sich im Wesentlichen mit folgender Begründung für zuständig:
"In der Tat ist zu bedenken, daß der Gesetzgeber die Zuständigkeit des VfGH zur Entscheidung über Ansprüche gegen Gebietskörperschaften nach dem Konzept des Art137 B-VG nur dadurch vermeiden kann, daß er die Angelegenheit einer Verwaltungsbehörde zur Entscheidung zuweist oder den ordentlichen Rechtsweg eröffnet. Die Aufzählung der Gebietskörperschaften in Art137 B-VG kann also nicht so verstanden werden, daß schon die bloße Schaffung selbständiger Rechtsträger die Angelegenheit der Kognition des VfGH entzieht. Vielmehr muß eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die öffentliche Aufgaben einer Gebietskörperschaft besorgt, aus dem Blickwinkel des Art137 B-VG dieser Gebietskörperschaft zugerechnet werden. Der bloßen Schaffung selbständiger Rechtsträger steht die Bildung von Sondervermögen bei anderen Rechtsträgern aber jedenfalls dann gleich, wenn diese anderen Rechtsträger nicht über das Sondervermögen verfügen dürfen.
Im vorliegenden Fall ist mit der Verwaltung der streng zweckgebundenen Mittel nicht ein bestehendes Organ der Wirtschaftskammer, sondern ein dazu eigens gebildeter Ausschuß betraut […]. Dieser unterliegt wohl der Kontrolle eines von der Vollversammlung der Kammer gewählten Ausschusses [...]; seine Bescheide können aber gleichwohl mit Berufung an den Landeshauptmann (als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung) angefochten werden. Der VfGH geht davon aus, daß […] es sich aber bei diesem Ausschuß nicht um ein (besonderes) Organ der Wirtschaftskammer als der Interessenvertretung aller Wirtschaftstreibenden [...] handelt, sondern um ein ausschließlich zur Verwaltung jenes Sondervermögens berufenes besonderes Organ, das aus der Sicht des Art137 B-VG als eine Erscheinungsform des Bundes zu betrachten ist. […]
Die Klage gegen das vom Ausschuß nach §2 StickFöG verwaltete Sondervermögen bei der Wirtschaftskammer Vorarlberg ("Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Vorarlberg – Stickereiförderungsausschuss") ist folglich als solche gegen den Bund zu werten, der in bezug auf das in Rede stehende Sondervermögen ausschließlich vom Verwaltungsausschuß vertreten wird. Sie ist deshalb zulässig."
3.2.2. Dem Erkenntnis VfSlg 15.174/1998 lag eine Klage der Wirtschaftskammer Österreich auf Auszahlung von Beträgen an eingehobenen Kammerumlagen zugrunde, die der Bund in Aufrechnung gegen Anteile der Wirtschaftskammer an Außenhandelsförderungsbeiträgen einbehalten hatte. In diesem Erkenntnis wiederholte der Verfassungsgerichtshof unter Bezugnahme auf seine frühere Rechtsprechung, dass er nicht berechtigt sei, über die Aufrechenbarkeit von Forderungen zu entscheiden, die ihrerseits nicht Gegenstand einer Klage nach Art137 B-VG sein können, es sei denn, die Gegenansprüche wären bereits rechtskräftig zuerkannt worden. Da die Gegenforderung des Bundes gegen die Wirtschaftskammer Österreich nach Art137 B-VG nicht geltend gemacht hätte werden können, wurde dem Klagebegehren stattgegeben.
Dazu führte der Verfassungsgerichtshof Folgendes aus:
"Nach der Rechtsprechung des VfGH können Forderungen nach Art137 B-VG aber auch dann geltend gemacht werden, wenn sie sich gegen einen selbständigen Rechtsträger richten, der öffentliche Aufgaben einer Gebietskörperschaft besorgt, also 'aus dem Blickwinkel des Art137 B-VG einer Gebietskörperschaft zugerechnet werden' kann (vgl VfSlg 14372/1995).
Dies ist hier offenkundig nicht der Fall, da die vom Bund als ausschließliche Bundesabgabe anläßlich der Ausfuhr und der Einfuhr von Waren (§1 Abs1 Außenhandelsförderungs-BeitragsG 1984) eingehobenen Beiträge gemäß §5 Abs1 leg. cit. zwar zu einem (relativ geringen) Teil dem Bund gebührten, während 'der verbleibende Rest des Gesamtjahresaufkommens ... der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft zur Deckung der Kosten ihrer im Interesse der Außenhandelsförderung entfalteten Tätigkeit, insbesondere der zu diesem Zwecke im Ausland unterhaltenen Einrichtungen (Außenhandelsstellen)' zur Verfügung zu stellen war (§5 Abs2 leg. cit.). Über diese Mittel hatten die Organe der wirtschaftlichen Selbstverwaltung im Rahmen der eben zitierten gesetzlichen Vorgabe nach ihrem Ermessen und unter ihrer Verantwortung selbständig zu disponieren, sodaß von einer Zurechnung der Mittelverwendung zum Bund nicht die Rede sein kann."
3.2.3. Im Erkenntnis VfSlg 15.459/1999 hatte der Verfassungsgerichtshof über eine Klage des Landes Oberösterreich gegen den Bund wegen Jahresausgleichszahlungen an Rechtsträger von Krankenanstalten zu entscheiden. Er wies die Klage zurück, weil Jahresausgleichszahlungen als Leistungen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger nicht dem Bund zuzurechnen waren.
In seiner Begründung wies der Verfassungsgerichtshof zunächst auf seine früheren Aussagen zur Zurechnung an den Bund hin und führte anschließend Folgendes aus:
"Der VfGH pflichtet […] der beklagten Partei bei, daß es sich bei den Jahresausgleichszahlungen an Rechtsträger der Krankenanstalten ausschließlich um Zahlungen (nicht etwa des KRAZAF, sondern um solche) des Hauptverbandes an diese Rechtsträger handelt, die bloß von der Geschäftsstelle des KRAZAF gleichsam technisch abzuwickeln sind und für den KRAZAF lediglich 'Durchlaufposten' darstellen. Selbst wenn man nun annehmen wollte, daß durch die Überweisung der Jahresausgleichszahlungen vom Hauptverband an den KRAZAF dort ein Sondervermögen entsteht, so wäre dieses dem Hauptverband, keineswegs jedoch im Sinne der vorhin zitierten Rechtsprechung dem Bund zuzurechnen."
Ferner wies der Verfassungsgerichtshof darauf hin, dass dem Hauptverband Rechtspersönlichkeit zukomme und dieser sein Vermögen unter Aufsicht des Bundes selbständig verwalte.
3.2.4. Dem Erkenntnis VfSlg 17.662/2005 lag eine Klage gegen die Energie-Control GmbH zugrunde, mit der eine Geldleistung begehrt wurde, die bei der Zahlung eines Unterstützungstarifes, welcher der klagenden Partei mit Bescheid zugesprochen wurde, als Gegenforderung einbehalten wurde. Der Verfassungsgerichtshof ließ die Klage zu und begründete dies damit, dass die Energie-Control GmbH im vorliegenden Fall als eine Erscheinungsform des Bundes zu betrachten sei. Dazu führte der Verfassungsgerichtshof Folgendes aus:
"Im vorliegenden Fall spricht der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit gemäß §13 ÖkostromG KWK-Anlagenbetreibern einen Unterstützungstarif zu, der von der Energie-Control GmbH ausgezahlt wird. Die Energie-Control GmbH, die auch die Mittel zur Finanzierung des Unterstützungstarifs über die Netzbetreiber bei den Endverbrauchern einhebt und zur Auszahlung an die Berechtigten bereithält, unterliegt der Aufsicht des Bundesministers, der als Gesellschafter der Energie-Control GmbH gegenüber deren Vorstand weisungsbefugt ist […]. Vor diesem Hintergrund ist die Energie Control GmbH - aus dem Blickwinkel des Art137 B-VG - insoweit als eine Erscheinungsform des Bundes iSd stRsp des VfGH zu betrachten. An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass weder der Bund (über den Bundesminister) noch die Energie-Control GmbH über die eingehobenen Mittel auf Grund ihrer Zweckbindung frei verfügen können."
3.3. Die beklagte Partei ist ein nach §7 K-LTGO gegründeter Landtagsklub des Kärntner Landtages, der eine juristische Person mit eigener Rechtsfähigkeit darstellt (vgl VfSlg 16.535/2002; OGH 20.3.2003, 6 Ob 287/02b) und nicht zu den in Art137 B-VG genannten passivlegitimierten Gebietskörperschaften zählt; der Landtagsklub ist dem Land auch nicht zuzurechnen:
Wie die angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zeigt, kann von der Zurechnung eines Rechtsträgers zu einer der in Art137 B-VG genannten Gebietskörperschaften ausgegangen werden, wenn bei dem Rechtsträger ein Sondervermögen einer Gebietskörperschaft eingerichtet wird, über das dieser Rechtsträger nicht verfügen kann. Eine Zurechnung kann aber auch dann erfolgen, wenn es sich um einen Rechtsträger handelt, der öffentliche Aufgaben für eine Gebietskörperschaft erledigt und dabei über seine Mittel – etwa auf Grund von Zweckbindung oder Weisungsgebundenheit – nicht nach freiem Ermessen verfügen kann.
Diese Kriterien sind jedoch bei der beklagten Partei nicht erfüllt. Zunächst ist die beklagte Partei (bzw deren Vermögen) kein Sondervermögen des Landes Kärnten, sondern ein nach §7 K-LTGO gegründeter Landtagsklub und damit eine juristische Person (vgl VfSlg 16.535/2002; OGH 20.3.2003, 6 Ob 287/02b). Sie erfüllt auch keine öffentlichen Aufgaben für das Land, was sich daran zeigt, dass die nach §1 K-KFG gewährte Förderung den Landtagsklubs zur Erfüllung "ihrer parlamentarischen Aufgaben" zusteht, "insbesondere für die Gewährleistung einer geordneten Geschäftsführung, ferner für die Abhaltung von Tagungen und Enqueten, Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen, Heranziehung von Experten, den Aufwand für Öffentlichkeitsarbeit, Repräsentationen und Ehrungen". Bei diesen beispielhaft angeführten Aufgaben handelt es sich jedenfalls nicht um öffentliche Aufgaben des Landes. Die den Landtagsklubs nach §1 K-KFG vom Land gewährten Förderungen sind damit zwar zweckgebunden, jedoch hat das Land selbst keine Möglichkeit, auf die konkrete Verwendung der Förderungsmittel durch den jeweiligen Landtagsklub Einfluss zu nehmen. Diese liegt vielmehr im freien Ermessen des Landtagsklubs. Die beklagte Partei ist aus den genannten Gründen im vorliegenden Zusammenhang keinesfalls dem Land zuzurechnen. Die vorliegende Klage nach Art137 B-VG erweist sich somit mangels Passivlegitimation der beklagten Partei als unzulässig.
Auf das sonstige Vorbringen der klagenden Partei, insbesondere auf die Frage, ob der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach besteht und ob dieser vor den ordentlichen Gerichten oder den Verwaltungsbehörden geltend gemacht werden kann, ist daher nicht einzugehen.
4. Im Übrigen würde sich an diesem Ergebnis selbst dann nichts ändern, wenn die beklagte Partei entsprechend der – nach den oben wiedergegebenen Gründen jedenfalls unzutreffenden – Behauptung der klagenden Partei dem Land Kärnten zuzurechnen wäre. In diesem Fall wäre die vorliegende Klage zwar gegen eine iSd Art137 B-VG passivlegitimierte Person gerichtet. Jedoch wäre damit das Land Kärnten als beklagte Partei mit der klagenden Partei ident – es würde sich also selbst klagen – und die vorliegende Klage wäre auch insofern unzulässig (vgl OGH 19.11.2015, 7 Ob 186/15a mwN).
5. Die Klage ist aus diesen Gründen wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG zurückzuweisen, sodass sich ein Eingehen auf ihr weiteres Vorbringen erübrigt.
IV. Ergebnis
1. Die Klage ist zurückzuweisen.
2. Der obsiegenden beklagten Partei sind für ihren Schriftsatz gemäß §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 Abs2 ZPO die verzeichneten Kosten im Ausmaß der TP 3C in der Höhe von € 4.352,76 zuzusprechen. Dies beinhaltet den für die Klagebeantwortung zuzusprechenden Einheitssatz von 100 % sowie 20 % Umsatzsteuer.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Klagen, Klubfinanzierung, Partei politischeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2019:A22.2019Zuletzt aktualisiert am
24.01.2020