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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §201Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der F GmbH in F, vertreten durch Mag. Werner Seifried, Rechtsanwalt in 8750 Judenburg, Burggasse 40, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 12. Juni 2019, RV/2101708/2016, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Unbestritten ist, dass die Revisionswerberin mit Kaufvertrag vom 28. April 2016 eine Liegenschaft um einen Kaufpreis von EUR 1.140.000,-- erwarb. Der Vertragserrichter berechnete die Grunderwerbsteuer selbst mit einem Betrag von EUR 39.900,-- und meldete diese am 2. Juni 2016 dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel.
2 Am 14. Juli 2016 brachte der Rechtsfreund der Revisionswerberin beim Finanzamt einen Antrag auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung der Steuerbefreiung nach dem NeuFöG ein und übermittelte unter einem die Kopie eines Formulares NeuFö2.
3 Diesen Antrag auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer wies das Finanzamt mit Bescheid vom 8. August 2016 im Grunde des § 201 BAO ab, wogegen die Revisionswerberin Beschwerde erhob, die wiederum das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. Oktober 2016 als unbegründet abwies; die Revisionswerberin beantragte hierauf, ihre Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde gemäß § 297 BAO als unbegründet ab und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Nach Darstellung des Verfahrensganges traf das Gericht folgende Feststellungen:
"Mit Kaufvertrag vom 28. April 2016 erwarb die (Revisionswerberin) die gegenständliche Liegenschaft im Ausmaß von
92.616 m2, die im Flächenwidmungsplan als Freiland mit Sondernutzung Fahrtechnik ausgewiesen ist, um den Kaufpreis von 1,140.000 Euro. Auf der Liegenschaft befanden sich ein Büro/Hauptgebäude, ein Nebengebäude (Wohnung), eine Werkstatt und Waschboxen.
Mittels Selbstberechnung ermittelte der Vertragsverfasser am 2. Juni 2016 die Grunderwerbsteuer mit 39.900 Euro. Ein amtlicher Vordruck bzgl. eines Antrages auf eine Steuerbefreiung nach NeuFöG (Formular NeuFö2) lag ihm zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Die Anmeldung des selbst berechneten Erwerbsvorganges beim Finanzamt erfolgte am 1. Juli 2016. Am 14. Juli 2016 brachte der Parteienvertreter beim Finanzamt einen Schriftsatz ein, der als Antrag auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung der Steuerbefreiung nach NeuFöG zu werten ist. Gleichzeitig übermittelte er auch eine Kopie des Formulares NeuFö2. Erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde das Original am 6. September 2016 dem Finanzamt vorgelegt. Das Formular enthält
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den Antrag, dass Abgaben, Gebühren und Beiträge gemäß § 1 NeuFöG nicht erhoben werden,
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die Erklärung, dass die Voraussetzungen für eine (Teil-)Betriebsübertragung vorliegen,
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die Bekanntgabe des (voraussichtlichen) Monates der (Teil-)Betriebsübertragung mit März 2016,
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die Bestätigung der Wirtschaftskammer Steiermark über die Inanspruchnahme der Beratung und
wurde am 29. März 2016 ausgestellt."
In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht aus:
"§ 201 BAO ermöglicht im Falle von Selbstbemessungsabgaben unter bestimmten Voraussetzungen die Erlassung von Bescheiden. Die Bestimmung dient grundsätzlich der Harmonisierung der Rechtswirkungen (insbesondere im Bereich des Rechtsschutzes) von Selbstberechnungen und Veranlagungsbescheiden. ...
Erweist sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als richtig, so darf keine Festsetzung der Abgabe erfolgen und ist der Antrag auf Festsetzung abzuweisen (Ritz, BAO-Kommentar6, § 201 Rz 29).
Zu prüfen ist im gegenständlichen Fall, ob die Selbstberechnung durch den Vertragserrichter, dem unbestrittenermaßen zu diesem Zeitpunkt kein NeuFö-Formular vorgelegen ist, richtig erfolgt ist.
Das Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I 1999/106 idF BGBl. I 2012/112, enthält unter bestimmten Voraussetzungen Begünstigungen bei der Erhebung von Abgaben, Gebühren und Beiträgen im Fall einer Neugründung eines Betriebes oder einer Betriebsübertragung.
Nach § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG wird die Grunderwerbsteuer von steuerbaren Vorgängen, die mit einer Betriebsübertragung im Sinne des Abs. 1 in unmittelbarem Zusammenhang stehen, nicht erhoben, soweit der für die Steuerberechnung maßgebende Wert 75.000 Euro nicht übersteigt. Für Betriebsübertragungen sind die Bestimmungen des § 1 Z 1, 3 und 5 sowie der §§ 3, 4 und 7 sinngemäß anzuwenden (§ 5a Abs. 2 Z 1 leg. cit.) ...
Dementsprechend führt auch § 4 Abs. 1 der KMU-Übertragungs-Förderungsverordnung, BGBl. II 2002/483 idF BGBl. II 2015/389 aus:
'Ab 1. Jänner 2004 treten die Wirkungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie des § 5a Abs. 2 Z 2 NeuFöG von vornherein ein, sofern der neue Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden den amtlichen Vordruck über die Erklärung der Übertragung vorlegt.'
Eine Abgaben- oder Gebührenbegünstigung kann daher nur bei Vorliegen der klar definierten Voraussetzungen des § 4 NeuFöG eintreten. Die rechtzeitige Vorlage einer vollständig ausgefüllten, unterschriebenen und bestätigten Erklärung auf einem amtlichen Vordruck ist dabei eine materielle Voraussetzung für die Begünstigungen (vgl. VwGH 26.4.2001, 2000/16/0314;
VwGH 23.10.2008, 2006/16/0095; VwGH 29.3.2007, 2006/16/0098).
Die letztgenannte Entscheidung des VwGH ist zum Fall einer behördlichen Abgabenfestsetzung mit Grunderwerbsteuer ergangen, wobei der amtliche Vordruck erst im Berufungsverfahren vorgelegt worden ist. Der Gerichtshof führte darin aus: 'Dieses (Anm.: das materiell-rechtliche Tatbestandsmerkmal der Vorlage des amtlichen Vordruckes) muss, wie die übrigen vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Befreiung, im Zeitpunkt der - rechtzeitigen - Antragstellung vorliegen. Eine spätere Vorlage kann den Tatbestand daher nicht mehr erfüllen, weil dieser eben die rechtzeitige Vorlage verlangt. Die Vorlage des amtlichen Vordruckes im Berufungsverfahren bedeutet demnach keine für die Befreiung relevante nachträgliche Änderung des Sachverhaltes oder eine Änderung von rechtlichen Gegebenheiten; dadurch wird der Befreiungstatbestand nicht (mehr) erfüllt. § 295 a BAO dient nicht der Korrektur von fehlenden formalen Tatbestandselementen).'
Wann diese Antragstellung bzgl. der Begünstigungen zu erfolgen hat, ergibt sich aus der Zusammenschau der Bestimmungen der verschiedenen Gesetze, die die Abgaben, Gerichtsgebühren und Beiträge zum Inhalt haben, mit dem NeuFöG.
Bei der Grunderwerbsteuer kann die Erhebung der Abgabe auf zwei Arten erfolgen: Entweder mit Bescheid der Behörde oder mittels Selbstberechnung durch einen befugten Parteienvertreter. Im ersten Fall besteht eine Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung bis zum 15. des auf den Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats (§ 10 Abs. 1 GrEStG 1987) und wird die Steuer sodann mit Bescheid von der Behörde festgesetzt. Die Erklärung mit der Beanspruchung des Verzichtes auf die Erhebung der Abgaben (das amtliche NeuFö-Formular) ist daher gemeinsam mit der Abgabenerklärung innerhalb dieser Anzeigefrist bei der Behörde vorzulegen. Diese Rechtsansicht wird auch in der Verwaltungspraxis vertreten (siehe Neugründungs-Förderungsrichtlinien vom 25.6.2013, BMF-010222/0044-VI/7/2013, Rz 95) und entspricht der Rechtsprechung des VwGH (vgl. VwGH 29.3.2007, 2006/16/0098) und des BFG und UFS (BFG 20.10.2017, RV/5100709/2015; UFS 23.1.2012, RV/0653-W/08).
Im zweiten (und hier gegenständlichen) Fall wird die Steuer für den Erwerbsvorgang innerhalb dieser Frist vom
Parteienvertreter als Bevollmächtigter des Steuerschuldners selbst berechnet (§ 11 GrEStG 1987). Bei dieser Erhebungsform ist der Parteienvertreter sodann verpflichtet, nach der Durchführung der Selbstberechnung bis spätestens 15. des auf den Kalendermonat, in dem die Selbstberechnung erfolgt ist, zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung über die selbst berechneten Erwerbsvorgänge beim Finanzamt vorzulegen (§ 13 Abs. 1 GrEStG 1987).
Der Intention des NeuFöG entsprechend, eine Vorwegfreistellung von Abgaben, Gebühren und Beiträgen durch ein vereinfachtes Verfahren zu gewährleisten, ist es bei der Erhebungsform der Selbstberechnung - in Analogie zu den innerhalb der Erklärungsfrist beim Finanzamt angezeigten Erwerbsvorgängen - als rechtzeitig anzusehen, wenn der Antrag auf die Steuerbegünstigung in Form des amtlichen Vordrucks spätestens zum Zeitpunkt der Selbstberechnung, die innerhalb der Frist des § 10 Abs. 1 GrEStG 1987 liegen muss, bei der in Betracht kommenden Behörde vorliegt. Das ist jene Behörde, die die Amtshandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 bis 7 vollzieht bzw. bei der die dort beschriebenen Abgaben anfallen (vgl. VwGH 26.6.2003, 2000/16/0362). Das ist gegenständlich das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel.
Die Verwaltungspraxis (vgl. NeuFöR, w.o., Rz 96) geht davon aus, dass bei der Selbstberechnung der Gesellschaftsteuer (§ 10a KVG) oder der Grunderwerbsteuer (§ 11 GrEStG 1987) durch einen befugten Parteienvertreter der amtliche Vordruck diesem spätestens zum Zeitpunkt der (rechtzeitigen) Selbstberechnung vorliegen muss und enthält das Formular NeuFö2 die Aufforderung:
'Für die Inanspruchnahme der Begünstigungen müssen Sie die folgende Erklärung unterschreiben und bei den jeweils in Betracht kommenden Behörden (z.B. Finanzamt, Gericht, Bezirkshauptmannschaft, Magistrat, Landeshauptmann, Zulassungsstelle) bzw. Parteienvertretern (z.B. Notar bei Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer) im Original vorlegen.'
Im gegenständlichen Fall ist die Voraussetzung für die Abstandnahme von der Erhebung der Grunderwerbsteuer im Zeitpunkt der Selbstberechnung am 2. Juni 2016 nicht erfüllt, da der vollständig ausgefüllte amtliche Vordruck weder beim Selbstberechner noch beim Finanzamt vorgelegen ist. Die Vorlage dieses Vordruckes bei der in Betracht kommenden Behörde ist allerdings nach § 4 Abs. 1 NeuFöG eine materiell-rechtliche Voraussetzung für den Verzicht auf die Abgabenerhebung (vgl. VwGH 4.12.2003, 2003/16/0472; VwGH 26.6.2003, 2000/16/0362; VwGH 29.3.2007, 2006/16/0098). Das NeuFöG selbst lässt in seiner Gesamtheit erkennen, dass die begünstigenden Wirkungen dieses Gesetzes nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen - vgl. etwa die Vorlage eines Vordrucks als materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal (§ 4 NeuFöG) - eintreten (vgl. VwGH 4.12.2003, 2003/16/0472).
Die Nachreichung des vollständig ausgefüllten, amtlichen NeuFö-Vordruckes im Beschwerdeverfahren kann nach einer bescheidmäßigen Steuerfestsetzung den materiellen Mangel einer nicht rechtzeitigen Vorlage nicht mehr sanieren (vgl. VwGH 29.3.2007, 2006/16/0098). Eine spätere Schaffung der Voraussetzungen durch eine nachträgliche Vorlage des Vordruckes und damit verbunden eine Erstattung der Abgaben und Gebühren war nach § 4 Abs. 4 NeuFöG ausdrücklich nur für jene Fälle vorgesehen, bei denen der amtliche Vordruck noch nicht aufgelegt war, was hier nicht zutrifft.
Der Argumentation der (Revisionswerberin), dass die nachträgliche Vorlage des amtlichen Vordruckes ein Ereignis mit Wirkung für die Vergangenheit darstellt, das bei der Festsetzung der Abgabe nach § 201 iVm § 295a BAO zu beachten wäre, kann im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (29.3.2007, 2006/16/0098), der eine derartige Rechtsansicht (UFS 23.5.2006, RV/0701-L/05) verwarf, nicht gefolgt werden (siehe oben).
Die Steuerschuld ist nach § 8 GrEStG 1987 mit Verwirklichung des Erwerbsvorganges am 28. April 2016 entstanden. Die Frist für die Einreichung der Abgabenerklärung endete nach § 10 Abs. 1 GrEStG 1987 mit 15. Juni 2016, ebenso die Frist für die Selbstberechnung (§ 11 Abs. 1 leg. cit.). Die Selbstberechnung erfolgte am 2. Juni 2016, die Anmeldung beim Finanzamt am 1. Juli 2016. Das Original des amtlichen Vordruckes wurde erst am 6. September 2016 im Zuge des Beschwerdeverfahrens dem Finanzamt übermittelt. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Grunderwerbsteuer im Wege der Selbstberechnung lag der ausgefüllte amtliche Vordruck weder dem Selbstberechner noch der in Betracht kommenden Behörde vor und war der Begünstigungstatbestand nach dem NeuFöG damit nicht erfüllt.
Die Selbstberechnung erweist sich daher als richtig und kann eine Bescheiderlassung nach § 201 BAO nicht in Frage kommen, weshalb die Entscheidung der Abgabenbehörde vom 8. August 2016 zu Recht erging und die Beschwerde abzuweisen war."
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision, in der sich die Revisionswerberin in ihrem subjektiven Recht auf Gebührenbefreiung im Sinn des § 1 NeuFöG und in ihrem Recht auf Rückforderung von entgegen der Bestimmung des NeuFöG geleisteten Gebühren verletzt erachtet.
Die Zulässigkeit ihrer Revision legt sie darin dar, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Rechtzeitigkeit der Vorlage des amtlichen Vordruckes des NeuFöG-Formulars bei Vornahme einer Selbstberechnung durch den Parteienvertreter und Einbringung der Abgabenerklärung im Wege des elektronischen Verkehrs vorliege, zu welchem Zeitpunkt der amtliche Vordruck bei Vornahme der Selbstberechnung vorliegen müsse bzw. ob und wie die Erklärung gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG von der gesetzlichen Berufsvertretung an die in Betracht kommende Behörde zu übermitteln sei. Gegenständlich sei die Erklärung gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld bereits vorgelegen. Das NeuFöG sehe keine Befristung vor, bis wann und in welcher Form eine Vorlage bei Vornahme einer Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr zulässig sei, zumal bei einer Selbstberechnung über Finanzonline die Übermittlung von Originalurkunden nicht in Betracht komme. 6 Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Revision gemäß § 36 VwGG das Vorverfahren eingeleitet, in dessen Rahmen das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel eine Revisionsbeantwortung erstattete, in der der Darlegung der Zulässigkeit der Revision nicht entgegen getreten wird, jedoch die Abweisung der Beschwerde als unbegründet unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
7 Die Revision erweist sich im Hinblick auf das Fehlen von Rechtsprechung zur Frage der Möglichkeit einer nachträglichen Abgabenfestsetzung nach § 201 BAO nach versäumter Geltendmachung einer Befreiung nach dem NeuFöG im Zuge der Selbstberechnung einer Abgabe als zulässig, jedoch aus folgenden Gründen als nicht berechtigt:
8 § 1 Z 2 bei des Neugründungs-Förderungsgesetzes, BGBl. I Nr. 106/1999 - NeuFöG, sieht zur Förderung der Neugründung von Betrieben vor, dass nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 Grunderwerbsteuer für die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden, nicht erhoben wird.
9 Gemäß § 4 NeuFöG treten die Wirkungen nach § 1 unter den Voraussetzungen der Abs. 1 bis 4 ein.
10 Nach Abs. 1 leg. cit. treten die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird.
11 Ist zwischen der gesetzlichen Berufsvertretung, der der Betriebsinhaber zuzurechnen ist, und den in Betracht kommenden Behörden ein ständiger Datenverkehr eingerichtet, können nach Abs. 5 leg. cit. Erklärungen gemäß § 4 Abs. 1 von der gesetzlichen Berufsvertretungen an die in Betracht kommenden Behörden elektronischen übermittelt werden. In diesen Fällen entfällt die Verpflichtung zur Vorlage eines amtlichen Vordruckes. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Erklärungsübermittlung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz, dem Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und dem für die gesetzliche Berufsvertretung jeweils zuständigen Bundesminister festzulegen.
12 § 5a NeuFöG sieht besondere Bestimmungen für den Betriebsübergang vor.
13 Auf Grund des § 4 Abs. 5 NeuFöG in der Fassung des Bundesgesetztes BGBl. I Nr. 180/2004 erließ der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz, dem Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Verordnung betreffend die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 NeuFöG, mit denen eine Neugründung oder eine Übertragung von Betrieben erklärt wird, BGBl. II Nr. 216/2005. 14 Nach § 1 Abs. 1 ist die elektronische Übermittlung von Erklärungen gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG mit denen eine Neugründung oder eine Übertagung von Betrieben erklärt wird, nur dann zulässig, wenn zwischen der gesetzlichen Berufsvertretung, der der Betriebsinhaber zuzurechnen ist, und der in Betracht kommenden Behörden ein ständiger Datenverkehr eingerichtet ist. 15 Gemäß § 1 Abs. 2 dieser Verordnung ist die elektronische Übermittlung (§ 1 Abs. 1 der Verordnung) von Erklärungen gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG an Abgabenbehörden des Bundes nicht zulässig. 16 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss außer im Fall des § 4 Abs. 4 NeuFöG - der hier nicht vorliegt - der amtliche Vordruck "bei der Behörde" vorgelegt werden; dies ist jene Behörde, die die Amtshandlung vollzieht oder bei der die dort beschriebenen Abgaben anfallen. Das NeuFöG selbst lässt in seiner Gesamtheit erkennen, dass die begünstigenden Wirkungen dieses Gesetzes nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen - etwa der Vorlage eines Vordruckes als materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal (§ 4 NeuFöG) - eintreten. Die spätere Schaffung der Voraussetzungen wäre nur in den in § 4 Abs. 4 NeuFöG beschriebenen Fall zulässig (VwGH 29.3.2007, 2006/16/0098, mwN). Bei der Vorlage des amtlichen Vordruckes (§ 4 NeuFöG) bei der Behörde gemeinsam mit dem Befreiungsantrag handelt es sich um ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Befreiung. Dieses muss, wie die übrigen vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Befreiung, im Zeitpunkt der - rechtzeitigen - Antragstellung vorliegen. Eine spätere Vorlage kann den Tatbestand daher nicht mehr erfüllen, weil dieser eben die rechtzeitige Vorlage verlangt (VwGH 29.3.2007, 2006/16/0098 = Slg. 8222/F).
17 Soweit die vorliegende Revision dabei die Besonderheit ihres Falles in der Einbringung der Abgabenerklärung der Selbstberechnung im Wege des elektronischen Verkehrs erblickt, ist zunächst auf das bereits zitierte Erkenntnis vom 29. März 2007, Slg. 8222/F, zu verweisen, das auch für den Fall einer Abgabenerklärung gemäß § 10 Abs. 1 dritter Satz GrEStG, sohin der Geltendmachung einer Steuerbefreiung schon in der Selbstberechnung, die Vorlage eines amtlichen Vordruckes als materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal mit der Abgabenerklärung erforderte.
18 Im Revisionsfall tritt aber hinzu, dass in der am 2. Juni 2016 eingereichten Abgabenerklärung keine Steuerbefreiung geltend gemacht wurde, sondern die Grunderwerbsteuer mit einem Betrag von EUR 39.900,-- selbst berechnet wurde.
19 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt die Einreichung der Erklärung betreffend eine Selbstbemessungsabgabe kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Festsetzung der Abgabe. Damit verbinden sich dieselben Rechtswirkungen wie mit einer bescheidmäßigen Festsetzung. Die "Quasirechtskraft" einer solchen Festsetzung durch Erklärung kann durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabenach nach den Vorgaben des § 201 BAO durchbrochen werden (vgl. VwGH 24.6.2010, 2010/16/0039, und 28.9.2011, 2007/13/0130). 20 Vor diesem Hintergrund erwies sich der selbst berechnete und am 1. Juli 2016 der Abgabenbehörde elektronisch gemeldete Betrag nicht als nicht richtig im Sinne des § 201 Abs. 1 BAO, weil die selbst berechnete Grunderwerbsteuer den materiell-rechtlichen Voraussetzungen - u.a. der mangelnden Vorlage des Formulars nach § 4 Abs. 1 NeuFöG - entsprach.
21 Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
22 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 12. November 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160153.L00Im RIS seit
24.01.2020Zuletzt aktualisiert am
24.01.2020