Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde der X KEG in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 20. Juli 1998, Zl. Gew-2276/1/97, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 20. Juli 1998 der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 27. Oktober 1997 als unzulässig zurückgewiesen. Hiezu wurde im wesentlichen ausgeführt, der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt habe mit dem zuletzt genannten Bescheid den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 6. Februar 1996 in Ansehung einer Auflage, deren Nichtbeachtung der gewerberechtlichen Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin in einem Verwaltungsstrafverfahren zur Last gelegt worden sei, gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigt. Der Berichtigungsbescheid sei der Beschwerdeführerin zuhanden ihrer gewerberechtlichen Geschäftsführerin am 29. Oktober 1997 zugestellt worden. Mit Schreiben vom 14. November 1997 habe die Beschwerdeführerin beantragt, ihr gegen die Versäumung der Frist zur Berufung gegen diesen Bescheid die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen; gleichzeitig habe sie gegen diesen Bescheid Berufung erhoben. Die Beschwerdeführerin habe den Wiedereinsetzungsantrag damit begründet, daß sie im - oben erwähnten - Verwaltungsstrafverfahren durch Rechtsanwalt Dr. M. vertreten gewesen sei, was dem Sachbearbeiter, der den Berichtigungsbescheid bearbeitet habe, auch bekannt gewesen sei. Dennoch habe er die Zustellung des Berichtigungsbescheides an die Beschwerdeführerin zuhanden ihrer gewerberechtlichen Geschäftsführerin und nicht zuhanden ihres ausgewiesenen Vertreters bewirkt. Die gewerberechtliche Geschäftsführerin sei jedoch davon ausgegangen, daß eine Zustellung auch an den ausgewiesenen Vertreter der Beschwerdeführerin erfolgen werde. Es sei auch bereits abgesprochen gewesen, daß für den Fall der Zustellung eines Bescheides, der nicht im Sinne der Beschwerdeführerin sei, ein Rechtsmittel (durch Dr. M.) eingebracht werde. Dr. M. sei von der gewerberechtlichen Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin zufällig von der Erlassung des Berichtigungsbescheides informiert worden; er sei am 13. November 1997 in den Besitz dieses Bescheides gelangt. Solcherart sei die Beschwerdeführerin durch einen ungesetzlichen unvorhersehbaren und unabwendbaren Vorgang daran gehindert worden, innerhalb der Rechtsmittelfrist durch ihren ausgewiesenen Vertreter Berufung einzubringen. Nach Auffassung der Behörde habe die gewerberechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin zwar in dem gegen sie durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren bekanntgegeben, daß sie sich in der Strafsache durch Dr. M. vertreten lasse. Sie habe aber keinesfalls unmißverständlich zu erkennen gegeben, daß sie sich in allen weiteren (sonstigen) Rechtssachen ebenfalls dieses Vertreters bedienen wolle. Zwischen dem Strafverfahren wegen Nichteinhaltung einer Auflage der Betriebsanlagengenehmigung und dem Verfahren zur Berichtigung des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides in Ansehung dieser Auflage bestehe zwar ein indirekter Zusammenhang. Es handle sich aber um zwei verschiedene Rechtsangelegenheiten, wobei das Strafverfahren gegen die gewerberechtliche Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin geführt worden, der Berichtigungsbescheid jedoch an die Beschwerdeführerin gerichtet gewesen sei. Selbst bei Kenntnis der rechtsanwaltlichen Vertretung der gewerberechtlichen Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin im Verwaltungsstrafverfahren sei es der Behörde daher verwehrt gewesen, anzunehmen, es werde auch die Beschwerdeführerin im Verfahren zur Berichtigung des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides vom Rechtsvertreter der gewerberechtlichen Geschäftsführerin vertreten. Aus dem Akteninhalt lasse sich jedenfalls bis zum 14. November 1997 kein Vertretungsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. M. bezogen auf das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ableiten. Es sei auch keine formelle Vertretung bekanntgegeben worden. Die Vermutung des Sachbearbeiters, daß ein im Verwaltungsstrafverfahren bestehendes Vollmachtsverhältnis auch für ein anderes Verfahren gelten könnte, reiche für die Annahme eines Vertretungsverhältnisses allerdings nicht aus. Da die Berufungsbehörde somit der Überzeugung sei, daß im gegenständlichen Falle keine Wiedereinsetzungsgründe vorliegen, habe auch keine materiellrechtliche Abänderung des Berichtigungsbescheides getroffen werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "im Recht auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und im Recht auf Zustellung von Bescheiden an ihren ausgewiesenen Vertreter verletzt". Sie bringt hiezu im wesentlichen vor, der angefochtene Bescheid ziehe sich auf "extreme, unhaltbare Formalstandpunkte" zurück. Es könne nämlich kein Zweifel daran bestehen, daß das gegen die Beschwerdeführerin zuhanden ihrer gewerberechtlichen Geschäftsführerin eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren in allerengstem Zusammenhang mit dem Betriebsanlagenverfahren der Beschwerdeführerin stehe; der Zusammenhang sei evident. Es bestehe auch keinerlei Zweifel, daß die Auslegung der in Rede stehenden Auflage des Genehmigungsbescheides durch die Strafbehörde für den Berichtigungsbescheid ausschlaggebend gewesen sei. Dr. M. habe sich im Verwaltungsstrafverfahren ausdrücklich als Vertreter der Beschwerdeführerin und nicht bloß als Vertreter der gewerberechtlichen Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin ausgewiesen. Der Berichtigungsbescheid hätte daher dem ausgewiesenen Vertreter der Beschwerdeführerin zugestellt und dem Wiedereinsetzungsantrag daher Folge gegeben werden müssen.
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Das Wiedereinsetzungsbegehren der Beschwerdeführerin stützt sich - unbestrittenermaßen - auf die Behauptung, es liege in Ansehung des Berichtigungsbescheides vom 27. Oktober 1997 ein Zustellmangel vor, weil dieser Bescheid dem von der Beschwerdeführerin namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigten nicht zugestellt worden sei.
Träfe diese Behauptung zu, so hätte die Beschwerdeführerin die Berufungsfrist jedoch nicht versäumt. Denn die Zustellung wäre in diesem Fall erst in dem Zeitpunkt als vollzogen anzusehen gewesen, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (vgl. § 9 Abs. 1 ZustellG) und es hätte daher die Berufungsfrist erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Wäre solcherart eine Versäumung der Berufungsfrist aber gar nicht gegeben, so käme eine Bewilligung der Wiedereinsetzung von vornherein nicht in Betracht (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 1549 f referierte hg. Judikatur).
Selbst wenn das von der Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages erstattete Vorbringen - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - daher zuträfe, wäre eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begriffsnotwendig ausgeschlossen.
Davon ausgehend vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Beschwerdevorbringen eine Rechtswidrigkeit des - ausschließlich über den Antrag auf Wiedereinsetzung und nicht auch etwa über die Berufung vom 14. November 1997 absprechenden - angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Vielmehr läßt bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 9. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040147.X00Im RIS seit
20.11.2000