TE Vwgh Erkenntnis 2019/11/12 Ra 2019/16/0028

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Veröffentlicht am 12.11.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §59 Abs1
GSpG 1989 §50 Abs4
GSpG 1989 §52 Abs1 Z5
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des H I in W, vertreten durch Dr. Patrick Ruth in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 17. Juli 2018, Zl. LVwG-2017/21/1064-13, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 23. März 2017 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck den Revisionswerber wegen des Verstoßes gegen seine Duldungs- und Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 iVm § 52 Abs. 1 Z 5 des Glücksspielgesetzes (GSpG) schuldig, weil er den Organen der Abgabenbehörde durch Vorenthalten der Funkfernbedienungen, das Ausschalten der Glücksspielgeräte und deren Verweisung aus dem Lokal keine umfassende Überprüfung und Testspiele der vorgefundenen Glücksspielautomaten ermöglicht habe. Die Behörde verhängte über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 600 EUR samt Ersatzfreiheitsstrafe und setzte einen näher genannten Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens fest.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 24. April 2017 Beschwerde und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

3 Das Landesverwaltungsgericht Tirol führte am 20. November 2017 eine mündliche Verhandlung durch, an deren Schluss der Richter das Erkenntnis verkündete, wonach die Beschwerde abgewiesen werde und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hob dieses Erkenntnis am 22. März 2018, zu Ra 2018/15/0007, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil die Vorbereitungsfrist nach § 44 Abs. 6 VwGVG nicht eingehalten worden war.

5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde als unbegründet ab und legte dem Revisionswerber die Zahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20% der ursprünglich verhängten Strafe, sohin 120 EUR, auf. Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

6 Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Glücksspielautomaten seien zum Zeitpunkt der Raumöffnung nicht in Betrieb, jedoch noch warm gewesen. Sie seien offensichtlich vom Beschwerdeführer oder einer hierzu von diesem bestimmten Person außer Betrieb gesetzt worden. Im Bereich der Theke hätten sich zunächst drei Fernbedienungen befunden, von denen zwei im Laufe der Amtshandlung "nicht mehr vorhanden" gewesen seien. 7 In der rechtlichen Beurteilung ging das Verwaltungsgericht zum Ausschalten der Geräte davon aus, es lasse sich im Nachhinein ja nicht mehr feststellen, in wie fern der Revisionswerber die Funktionsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Kontrolle herbeigeführt habe. Dass die Automaten aber unmittelbar vor Kontrollbeginn noch im Betrieb gewesen seien stehe für das erkennende Gericht außer Zweifel.

8 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

9 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); die belangte Behörde brachte mit Schriftsatz vom 28. März 2019 eine Revisionsbeantwortung ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 12 Die vorliegende Revision erweist sich schon im Hinblick auf das Zulässigkeitsvorbringen, es liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung deshalb vor, weil in der angefochtenen Entscheidung ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung bestehe, als zulässig. Die Revision ist auch berechtigt. 13 Das Verwaltungsgericht hat durch die Abweisung der Beschwerde den Schuldspruch des behördlichen Straferkenntnisses bestätigt. Das Verwaltungsgericht traf allerdings nur zum Vorenthalten der Funkfernbedienung unbestritten gebliebene Feststellungen. Zum Tatvorwurf des Ausschaltens der Glücksspielgeräte ging das Verwaltungsgericht widersprüchlich zu den getroffenen Feststellungen in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, nicht mehr feststellen zu können, in wie fern der Revisionswerber die Funktionsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Kontrolle herbeigeführt habe. Bezüglich des Vorwurfs, der Revisionswerber habe die Organe der Abgabenbehörde aus dem Lokal verwiesen, traf das Verwaltungsgericht überhaupt keine Feststellungen.

14 Damit liegt, wie der Revisionswerber richtig aufzeigt, ein unlösbarer Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vor (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2018/16/0181), weshalb das angefochtene Erkenntnis diesbezüglich mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet ist. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass noch auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 12. November 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160028.L00

Im RIS seit

24.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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