TE Vwgh Beschluss 2019/11/18 Fr 2019/16/0006

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Veröffentlicht am 18.11.2019
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §271
BAO §271 Abs1
BAO §271 Abs3
BAO §97 Abs1 lita
VwGG §38
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über den Fristsetzungsantrag des T U in B, vertreten durch Dr. Robert Gamsjäger, Rechtsanwalt in 4822 Bad Goisern, Bundesstraße 75, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesfinanzgericht i.A. Familienbeihilfe, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Fristsetzungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Gegen den Familienbeihilfe versagenden Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 2. Oktober 2018 hatte der Antragsteller Bescheidbeschwerde erhoben, die dem Bundesfinanzgericht am 11. Dezember 2018 vorgelegt wurde. 2 Nach Einräumung von Gehör zur beabsichtigten Aussetzung des Verfahrens gemäß § 271 BAO mittels Erledigung vom 8. Mai 2019 sprach das Bundesfinanzgericht mit seinem Beschluss vom 12. Juni 2019 aus, dass die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zu Ro 2018/16/0040 anhängigen Verfahrens ausgesetzt werde. Weiters sprach das Gericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig sei.

Dieser Beschluss wurde noch am selben Tag dem Finanzamt elektronisch zugestellt (siehe § 24 Abs. 5 BFGG idF vor BGBl. I 2018/104) und am 14. d.M. dem Antragsteller postalisch zugestellt.

3 Mit dem am 13. Juni 2019 im Wege der Telekopie und postalisch eingebrachten Fristsetzungsantrag machte der Antragsteller geltend, die sechsmonatige Entscheidungsfrist über seine Beschwerde sei am 11. Juni 2019 verstrichen. Er begehrte, dem Verwaltungsgericht eine angemessene Frist für die Entscheidung in dieser Sache zu setzen. Der postalisch eingebrachte Fristsetzungsantrag langte am 17. Juni 2019 beim Gericht ein. 4 Im Rahmen des vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Verbesserungsverfahrens brachte der Antragsteller in seiner Eingabe vom 2. August 2019 ergänzend vor, die Voraussetzung gemäß § 38 Abs. 1 VwGG zur Stellung eines Fristsetzungsantrages sei am 12. Juni 2019 erfüllt gewesen. Erst nach Ablauf dieser Entscheidungsfrist habe das Gericht mit Beschluss vom selben Tag eine Aussetzung des Verfahrens veranlasst. Die Zeit seit der erfolgten Aussetzung stelle keine Zeit nach § 38 Abs. 2 Z 1 VwGG dar, die den Fristenlauf für die Stellung eines Fristsetzungsantrages hemmen würde. Die am 12. Juni 2019 um 00.00 Uhr erfüllte Voraussetzung gemäß § 38 Abs. 1 VwGG werde durch einen danach erfolgten zugestellten Aussetzungsbeschluss nicht unwirksam, der Aussetzungsbeschluss wirke auch nicht zurück auf den Zeitraum der abgelaufenen Entscheidungspflicht, also auf den Zeitraum vor dem 12. Juni 2019. Am 13. Juni 2019 habe der Rechtsvertreter des Antragstellers den gegenständlichen Fristantrag per Fax eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt sei der Aussetzungsbeschluss noch nicht an den Antragsteller zugestellt gewesen, weshalb er davon habe ausgehen müssen, dass das Beschwerdeverfahren laufe.

Den Aussetzungsbeschluss habe der Antragsteller mit einem Fortsetzungsantrag gemäß § 271 Abs. 3 BAO vom 2. August 2019 erwidert.

5 Hiezu räumte der Verwaltungsgerichtshof wiederum dem Bundesfinanzgericht Gehör ein.

6 § 271 BAO regelt die Aussetzung der Entscheidung im Abgabenverfahren. Durch die Erlassung der Aussetzung erlischt nicht nur die Entscheidungspflicht über die Beschwerde, sondern auch das Recht, über sie zu entscheiden (vgl. etwa die in Ritz, Kommentar zu BAO6 unter Rz. 22 wiedergegebene Rechtsprechung). 7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Wirksamkeit eines (der schriftlichen Ausfertigung vorbehaltenen) Erkenntnisses, wenn dieses einer Verfahrenspartei eines Mehrparteienverfahrens zugestellt worden ist (VwGH 17.10.2018, Ra 2015/13/0058, und 13.10.2015, Fr 2015/03/0007; zur wirksamen Erlassung von Bescheiden in Mehrparteienverfahren vgl. VwGH 29.3.2004, 2003/17/0252 zur TLAO, sowie VwGH 28.4.2011, 2009/07/0023, und 9.6.2017, Ra 2017/02/0060).

8 Gleiches gilt für die Wirksamkeit eines Aussetzungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts.

9 Ausgehend von der Zustellung des Aussetzungsbeschlusses nach § 271 BAO am 12. Juni 2019 an das Finanzamt erlangte dieser Beschluss bereits an diesem Tage Wirksamkeit, womit die Frist zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde unterbrochen (und nicht bloß gehemmt) wurde.

10 An der Unterbrechungswirkung des Aussetzungsbeschlusses vom 12. Juni 2019 änderte der Antrag auf Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 271 Abs. 3 BAO nichts, sodass ein Fristsetzungsantrag wegen Verletzung der Entscheidungspflicht zulässigerweise erst wieder nach Ablauf von sechs Monaten, nachdem die Aussetzung aufgrund des Antrages im Sinn des § 271 Abs. 3 BAO ihre Wirksamkeit verloren hat, gestellt werden kann (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, Anm. 3 zu § 271 BAO mwN). 11 Der gegenständliche Fristsetzungsantrag erweist sich somit als unzulässig, weshalb er gemäß § 38 Abs. 4 iVm § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen ist.

Wien, am 18. November 2019

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:FR2019160006.F00

Im RIS seit

24.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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