TE Vwgh Beschluss 2019/12/10 Ra 2016/15/0054

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Veröffentlicht am 10.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/05 Verbrauchsteuern

Norm

B-VG Art133 Abs4
EnergieabgabenvergütungsG 1996 §2
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Beachte

* Fortgesetztes Verfahren im VwGH nach EuGH-Entscheidung: Ra 2016/15/0054 B 18.10.2018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Wien 1/23 in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 15. März 2016, Zl. RV/7104635/2014, betreffend Energieabgabenvergütung für die Jahre 2011 und 2012 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde D, vertreten durch die BzG Steuerberatung GmbH in 3571 Gars am Kamp, Wiener Straße 113a), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Stadtgemeinde betreibt ein Wasserwerk. 2 Für die Jahre 2011 und 2012 stellte sie Anträge auf Vergütung von Energieabgaben.

3 Das Finanzamt gab dem Antrag für das Jahr 2011 nur insoweit statt, als es den Vergütungsbetrag mit einem Zwölftel des angesprochenen Jahresbetrages mit der Begründung festsetzte, dass es sich bei der Wasserversorgung um einen Dienstleistungsbetrieb handle. Der für das Jahr 2012 gestellte Antrag wurde zur Gänze abgewiesen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht (BFG) den dagegen erhobenen Beschwerden Folge. Die Stadtgemeinde betreibe ein Wasserwerk, welches Rohwasser aus drei Brunnen sowie aus einem Uferfiltrat der Thaya beziehe. Die Anlage bestehe aus einem Rohwassersammelbehälter, einem Voroxidationsbehälter mit Ozon, einem Eisen- und Manganaufbereitungsbehälter, einem Aktivkohlefilterkessel, einer Ozonanlage, einem Tiefbehälter und Reinwasserpumpen zum Hochbehälter. Im Wesentlichen erfolge im Wasserwerk die Aufbereitung des Rohwassers durch Ausscheiden von Eisen und Mangan, Entkeimung sowie Senkung der organischen Belastung. Nach Durchlaufen dieses Aufbereitungsprozesses werde das Reinwasser vom Hochbehälter auf die Ortsnetze verteilt. Für die Aufbereitung (ohne Erneuerungsrücklage) fielen Kosten von 1,02 EUR pro m3 an. Die von der mitbeteiligten Partei betriebene Wasseraufbereitungsanlage sei als Produktionsbetrieb zu beurteilen, sodass ein Anspruch der Mitbeteiligten auf Energieabgabenvergütung bestehe.

5 Weiters sprach das BFG aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei, weil sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Die Frage, ob es sich beim Bearbeitungsvorgang im Wasserwerk um die Herstellung eines Wirtschaftsgutes handle, stelle im Wesentlichen eine Sachverhaltsfrage dar.

6 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Das Finanzamt macht zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend, dass der unabhängige Finanzsenat (UFS) zu einem vergleichbaren Sachverhalt anders entschieden habe (Hinweis auf eine Entscheidung vom 23. Jänner 2013, RV/0049-W/13). Das BFG habe es unterlassen, näher auszuführen, aus welchem Grund es bei der hier zu beurteilenden Frage nach dem Vorliegen eines Anspruchs auf Energieabgabenvergütung der Rechtsprechung des UFS nicht gefolgt sei. Ebenso wenig würden Unterschiede zwischen diesen beiden Fällen dargetan, die diese gegensätzliche Beurteilung allenfalls rechtfertigen könnten. Nach herrschender Literaturmeinung sei die Revision aus dem Grund der Sicherung der Rechtseinheit zuzulassen, wenn die angegriffene Entscheidung in der abstrakten Beurteilung einer Rechtsfrage von der Auffassung eines anderen Gerichtes entscheidungserheblich abweiche. Auch hätte das BFG die Revision nicht mit dem Hinweis auf das Vorliegen einer Sachverhaltsfrage ausschließen dürfen. Im angefochtenen Erkenntnis werde nämlich nicht näher ausgeführt, worin sich der bereits entschiedene und der gegenständliche Sachverhalt unterscheiden würden. Es liege eine unzureichende Begründung vor, die den Spruch der Entscheidung somit nicht tragen könne. 7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Eine uneinheitliche Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte erfüllt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn es zu der betreffenden Frage eine (einheitliche) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gibt (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, 714 f). Dies gilt erst recht, wenn sich die behauptete uneinheitliche Entscheidungspraxis - wie im Revisionsfall - im Verhältnis zu einem unabhängigen Verwaltungssenat ergibt.

12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die "Herstellung" auf die Schaffung bisher nicht in dieser Form vorhandener Wirtschaftsgüter gerichtet (vgl. VwGH 30.6.2015, 2012/15/0207). Dabei ist entscheidend, dass durch den Prozess der "Herstellung" ein Produkt anderer Marktgängigkeit entsteht (vgl. VwGH 14.9.2017, Ro 2015/15/0038).

13 Im Revisionsfall ist das BFG davon ausgegangen, dass das "Rohwasser" einer chemischen und physikalischen Aufbereitung durch die mitbeteiligte Partei unterzogen wird und dadurch in mehreren Behandlungsschritten ein neues körperliches Wirtschaftsgut mit einer anderen chemischen Zusammensetzung - nämlich Trinkwasser - entsteht, das eine andere Marktgängigkeit aufweist als das nicht aufbereitete Wasser.

14 Mit diesen Erwägungen ist das BFG nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. 15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 10. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2016150054.L00

Im RIS seit

18.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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