Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AAEV 1996 §1 Abs3 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser, Mag. Haunold und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 13. August 2019, Zl. LVwG-500464/22/Wg, betreffend Übertretung des WRG 1959 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn; mitbeteiligte Partei: GL in M, vertreten durch die K M R Rechtsanwaltssocietät Dr. Longin Josef Kempf, Dr. Josef Maier in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte ist seit 13. Mai 2014 handelsrechtlicher Geschäftsführer der N. GmbH. Diese Gesellschaft betreibt am Standort B., KG W., eine Betriebsanlage.
2 Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 2. November 1977 wurde Horst N., einem Rechtsvorgänger der N. GmbH, unter anderem die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung der im Bereich seines Betriebs auf den Grundstücken Nr. 52/1, 52/2, 52/3, 52/4 und 52/5, alle KG W., anfallenden Niederschlagswässer in den L.-Bach sowie zum Bau und Betrieb der hiezu erforderlichen Anlagen erteilt. Das Maß der Wasserbenutzung zur Ableitung dieser Oberflächenwässer wurde mit 80 l/s festgesetzt.
3 Die Betriebsanlage des Horst N. wurde auf der Grundlage von gewerberechtlichen Bescheiden der belangten Behörde vom 10. Mai 1988, 28. August 1995, 12. November 1997 und 19. Dezember 2007 laufend erweitert.
4 Mit dem zuletzt genannten Bescheid vom 19. Dezember 2007 erteilte die belangte Behörde Horst N. die gewerberechtliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage auf den Grundstücken Nr. 52/1 und 52/2, KG W., durch die Errichtung und den Betrieb eines Lager- und Manipulationsplatzes mit Kranbahn "nach Maßgabe der bei den Augenscheinsverhandlungen am 05.10.2006 und am 29.11.2007 vorgelegenen Projektunterlagen bzw. der im Befund festgelegten Beschreibungen (...)". Dieser Spruch erging auf der Grundlage der §§ 74, 81 und 359 GewO 1994 sowie § 93 Abs. 2 ASchG.
5 Dem diesbezüglichen Antrag des Horst N. vom 10. Februar 2006 lag eine technische Beschreibung einer näher bezeichneten Ziviltechnikergesellschaft vom 11. Oktober 2006 zu Grunde, in der das zu genehmigende Bauvorhaben als "Errichtung eines Lager- und Manipulationsplatzes mit Kranbahn - Einreichpläne vom 17.07.1995 mit Änderung v. 10.10.2006" beschrieben wurde. Aus einem diesen Unterlagen beigelegten Auszug aus dem ergänzten und geänderten "Einreichplan v. 17.7.1995" geht hervor, dass zwei Anlagen von den Grundstücken Nr. 52/1 ("Strang 2") und 52/2 ("Strang 1") ausgehend in den L.-Bach eingebunden waren. 6 Mit Straferkenntnis vom 12. Februar 2019 legte die belangte Behörde dem Mitbeteiligten als handelsrechtlichem Geschäftsführer und somit als außenvertretungsbefugtem Organ der N. GmbH zur Last, diese Gesellschaft leite seit Dezember 2015 bis zumindest 9. Jänner 2019 auf dem Grundstück Nr. 2096/2, KG S., Niederschlagswässer von Dachflächen von rund 2.100 m2 und Asphaltflächen von rund 2.700 m2 über Strang 2 in den L.-Bach ab, wodurch die Menge der bewilligten Einwirkung auf diesen Bach (80 l/s über Strang 1) erheblich geändert werde. Es würden zusätzlich 50 l/s beim einjährlichen und 89 l/s beim fünfjährlichen "Ereignis" abgeleitet. Die N. GmbH nehme eine nach "§ 32 Abs. 2 lit. e WRG 1959" bewilligungspflichtige Einwirkung auf den L.-Bach vor, ohne dass die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung vorliege.
7 Nach Ansicht der belangten Behörde habe der Mitbeteiligte dadurch § 137 Abs. 2 Z 5 in Verbindung mit "§ 32 Abs. 2 lit. e WRG 1959" in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG verletzt, weshalb sie über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 700,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 32 Stunden verhängte. 8 Die belangte Behörde ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:
9 Mit Bescheid der Wasserrechtsbehörde vom 2. November 1977 sei Horst N. die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung von Niederschlagswässern (Dach- und Asphaltflächenwässern) des bestehenden Betriebs in den L.-Bach über Strang 1 im Ausmaß von 80 l/s erteilt worden.
10 Heute würden zusätzlich die Wässer der Dachflächen von rund
2.100 m2 und Asphaltflächen von rund 2.700 m2 über den neu errichteten Strang 2 ohne wasserrechtliche Bewilligung und ohne jegliche Retention oder Vorreinigung in den L.-Bach eingeleitet. 11 Die quantitative Belastung für das Gewässer sei bei einer Fläche von insgesamt 4.800 m2, die ohne Retention eingeleitet werde, jedenfalls erheblich und stelle eine hydraulische Belastung für den L.-Bach dar. Bei einem einjährlichen Regenereignis würden 50 l/s und bei einem fünfjährlichen Regenereignis 89 l/s über Strang 2 in den L.-Bach abgeleitet. Die derzeit bewilligte Ableitungsmenge von 80 l/s über Strang 1 sei in Bezug auf die Wasserführung des L.-Bachs hoch, und es habe schon diese bewilligte Menge Auswirkungen auf die Wasserführung in Form eines Spülstoßes.
12 Dem Mitbeteiligten sei eine Glaubhaftmachung, dass kein Verschulden vorliege, nicht gelungen. Ihm müsse die widerrechtliche Einleitung der Wässer in den L.-Bach seit geraumer Zeit bewusst sein, weil die N. GmbH bereits im Dezember 2015 ein Projekt zur Niederschlagswässerableitung eingereicht habe und spätestens seit diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sei, dass Niederschlagswässer von Dachflächen und Asphaltflächen über Strang 2 in den L.-Bach abgeleitet würden und dadurch die Menge der bewilligten Einwirkung auf den L.-Bach (80 l/s über den Strang 1) erheblich geändert würde.
13 Es seien in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten laufend betriebliche Erweiterungen vorgenommen worden. Die dadurch erforderlichen Anpassungen der Niederschlagswässerbeseitigung seien jedoch über Jahre hinweg nicht in Angriff genommen worden. Es seien seit der negativen Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, wonach das im Dezember 2015 eingereichte Projekt in der vorgesehenen Form nicht bewilligungsfähig sei, auch keinerlei Bemühungen getätigt worden, um die Niederschlagswässerbeseitigung anzupassen bzw. die unrechtmäßige Ableitung über den Strang 2 einzustellen.
14 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt, behob das Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG ein. Die Revision erklärte es für zulässig. 15 Es stellte fest, aus dem Betriebsareal der N. GmbH würden über den mit Bescheid vom 2. November 1977 bewilligten Strang 1 Oberflächenwässer in den L.-Bach eingeleitet. Der von der belangten Behörde beanstandete Strang 2 sei nicht von dieser Bewilligung umfasst, aber bereits in den mit den gewerberechtlichen Bescheiden der belangten Behörde vom 28. August 1995, 12. November 1997 und 19. Dezember 2007 genehmigten Projektunterlagen eingezeichnet.
16 Zur Erweiterung des Betriebs auf das heutige Ausmaß habe der L.-Bach verlegt werden müssen. Die belangte Behörde habe dazu dem damaligen Grundeigentümer Horst N. bereits mit Bescheid vom 23. Februar 2004 die wasserrechtliche Bewilligung erteilt. Mit dem eben erwähnten Bescheid vom 19. Dezember 2007 sei die Erweiterung der Betriebsanlage gewerbebehördlich genehmigt worden. 17 Die heute vorhandenen Betriebsflächen entsprächen dem mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 bewilligten Lageplan. Bei der Umsetzung dieser Genehmigung und der wasserrechtlich bewilligten Bachumlegung sei Strang 2 in den L.-Bach eingebunden worden. Mit Bescheid vom 14. März 2014 habe die belangte Behörde festgestellt, dass die Anlage mit der mit Bescheid vom 23. Februar 2004 erteilten wasserrechtlichen Bewilligung übereinstimme. 18 Die im mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 genehmigten Lageplan als D6, D7, D8 und F8 bezeichneten Flächen entwässerten über Strang 2 in den L.-Bach. Strang 2 sei entsprechend leistungsfähig, um die auf den genannten Flächen anfallenden Oberflächenwässer in den L.-Bach abzuleiten.
19 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, Strang 2 sowie die Flächen D6, D7, D8 und F8 seien bereits in den Projektunterlagen, die mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 gewerbebehördlich genehmigt worden seien, eingezeichnet. Diese Genehmigung gelte daher gemäß § 356b Abs. 1 Z 3 GewO 1994 als wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 32 WRG 1959. Um die Betriebserweiterung umsetzen zu können, sei die Verlegung des L.- Bachs zudem wasserrechtlich bewilligt und gemäß § 121 WRG 1959 kollaudiert worden.
20 Die Genehmigung vom 19. Dezember 2007 gelte zudem gemäß § 356b Abs. 1 GewO 1994 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 WRG 1959 als wasserrechtliche Bewilligung für die Einleitung der auf den Flächen D6, D7, D8 und F8 anfallenden Oberflächenwässer. Im genannten Bescheid sei kein Maß der Wasserbenutzung für die Einleitung festgelegt worden. Der Bedarf des Unternehmens zur Zeit der Genehmigung vom 19. Dezember 2007 habe darin bestanden, die im genehmigten Lageplan eingezeichneten Betriebsflächen über Strang 2 in den L.-Bach zu entwässern. Strang 2 weise dazu die entsprechende Leistungsfähigkeit auf.
21 Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage werde die Wirksamkeit der Genehmigung gemäß § 80 Abs. 5 GewO 1994 nicht berührt. Inhaberin der Betriebsanlage sei derzeit die N. GmbH. Die Genehmigung vom 19. Dezember 2007 gelte daher gemäß § 356b Abs. 1 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 GewO 1994 für die N. GmbH als wasserrechtliche Bewilligung im Sinn des § 32 WRG 1959.
22 Die Einleitung in den L.-Bach im angelasteten Zeitraum sei somit nicht ohne erforderliche wasserrechtliche Bewilligung erfolgt und stelle daher keine Verwaltungsübertretung im Sinn des § 137 Abs. 2 Z 5 WRG 1959 dar. Aus diesem Grund sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
23 Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig, weil zur Frage, ob eine gewerbebehördliche Genehmigung, in der kein Maß der Wasserbenutzung festgelegt worden sei, gemäß § 356b Abs. 1 Z 3 GewO 1994 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 WRG 1959 nach dem Bedarf des Unternehmens im Genehmigungszeitpunkt auszulegen sei, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorhanden sei. Des Weiteren sei keine Rechtsprechung zur Frage vorhanden, ob eine gewerbebehördliche Genehmigung im Sinn des § 356b Abs. 1 Z 3 GewO 1994 gemäß § 80 Abs. 5 GewO 1994 für den jeweiligen Inhaber der Betriebsanlage - unabhängig von der Bestimmung des § 22 WRG 1959 - als wasserrechtliche Bewilligung gelte.
24 Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsrevision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
25 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er die kostenpflichtige Zurückweisung der Revision beantragt. 26 Die belangte Behörde erstattete eine Eingabe mit der Anmerkung, dass die Ausführungen und Rechtsansichten der revisionswerbenden Partei "vollinhaltlich geteilt" würden.
27 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
28 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
29 Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
30 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
31 Die revisionswerbende Partei stützt sich zur Begründung der Zulässigkeit der Revision - erkennbar - lediglich auf die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene erste Rechtsfrage. Diese sei ihrer Ansicht nach insofern zu konkretisieren, als zu klären sei, "unter welchen Voraussetzungen (wann bzw. inwieweit) - bezogen auf eine gewerbebehördliche Genehmigung - im Sinn des § 13 Abs. 2 WRG 1959 Zweifel über das Maß der Wasserbenutzung bestehen können."
32 Das Maß der Wasserbenutzung sei grundsätzlich im Bewilligungsbescheid zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 WRG 1959). Im vorliegenden Fall sei das Maß der Wasserbenutzung zur Einleitung in den L.-Bach mit Bescheid vom 2. November 1977 abschließend bestimmt worden. Entgegen der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts könne nicht davon ausgegangen werden, dass mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 2007 eine wasserrechtliche Bewilligung für eine Wasserbenutzung erteilt worden wäre. Wenn aber eine wasserrechtliche Bewilligung durch diesen Bescheid nicht vorliege, könne dadurch auch nicht ein Maß der Wasserbenutzung bestimmt worden sein, das nunmehr zweifelhaft wäre. Das Verwaltungsgericht hege jedoch Zweifel hinsichtlich des Maßes der Wasserbenutzung und löse dadurch die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf der Grundlage der Rechtsansicht, dass überhaupt ein Maß der Wasserbenutzung ohne wasserrechtliche Bewilligung bestimmt werden könnte. Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts gestützt werden könnte, sei nicht ersichtlich. 33 Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
34 Der mit BGBl. I Nr. 65/2002 aufgehobene § 77a Abs. 6 GewO 1994 lautete (auszugsweise):
"(6) Bei der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz unterliegenden Betriebsanlagen, zu deren Errichtung, Betrieb oder Änderung auch nach anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes eine Genehmigung (Bewilligung) zum Schutz vor Auswirkungen der Betriebsanlage oder zum Schutz des Erscheinungsbildes der Betriebsanlage erforderlich ist, entfallen, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, gesonderte Genehmigungen (Bewilligungen) nach diesen anderen Verwaltungsvorschriften, es sind aber deren materiellrechtliche Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen bei Erteilung der Genehmigung anzuwenden. Dem Verfahren sind Sachverständige für die von den anderen Verwaltungsvorschriften erfassten Gebiete beizuziehen. Die Genehmigung gilt auch als entsprechende Genehmigung (Bewilligung) nach den anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes. Die Mitanwendung der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959, BGBl. Nr. 215, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 155/1999 bezieht sich auf folgende mit Errichtung und Betrieb der Betriebsanlage verbundene Maßnahmen:
(...)
4. Abwassereinleitungen in Gewässer (§ 32 Abs. 2 lit. a, b und e WRG 1959), ausgenommen Abwassereinleitungen aus Anlagen zur Behandlung der in einer öffentlichen Kanalisation gesammelten Abwässer;
(...)
Insbesondere sind die Bestimmungen des WRG 1959 betreffend Stand der Technik einschließlich der Gewährung von Ausnahmen vom Stand der Technik, persönliche Ladung von Parteien, Emissions- und Immissionsbegrenzungen sowie Überwachung jedenfalls mitanzuwenden. Über die mitanzuwendenden wasserrechtlichen Tatbestände ist in einem gesonderten Spruchpunkt abzusprechen."
35 § 74 Abs. 2 GewO 1994 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 65/2002 lautet (auszugsweise):
"(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
(...)
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist."
36 § 81 Abs. 1 GewO 1994 in seiner hier maßgeblichen Stammfassung lautet:
"§ 81. (1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist."
37 § 356b Abs. 1 GewO 1994 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 85/2005 lautet (auszugsweise):
"§ 356b. (1) Bei nach diesem Bundesgesetz genehmigungspflichtigen Betriebsanlagen, zu deren Errichtung, Betrieb oder Änderung auch nach anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes eine Genehmigung (Bewilligung) zum Schutz vor Auswirkungen der Anlage oder zum Schutz des Erscheinungsbildes der Anlage erforderlich ist, entfallen, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt wird, gesonderte Genehmigungen (Bewilligungen) nach diesen anderen Verwaltungsvorschriften, es sind aber deren materiellrechtliche Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen bei Erteilung der Genehmigung anzuwenden. Dem Verfahren sind Sachverständige für die von den anderen Verwaltungsvorschriften erfassten Gebiete beizuziehen. Die Betriebsanlagengenehmigung bzw. Betriebsanlagenänderungsgenehmigung
gilt auch als entsprechende Genehmigung (Bewilligung) nach den anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes. Die Mitanwendung der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959, BGBl. Nr. 215, in der jeweils geltenden Fassung, bezieht sich auf folgende mit Errichtung, Betrieb oder Änderung der Betriebsanlage verbundene Maßnahmen:
(...)
3. Abwassereinleitungen in Gewässer (§ 32 Abs. 2 lit. a, b und e WRG 1959), ausgenommen Abwassereinleitungen aus Anlagen zur Behandlung der in einer öffentlichen Kanalisation gesammelten Abwässer;
(...)
Insbesondere sind die Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959 betreffend Stand der Technik einschließlich der Gewährung von Ausnahmen vom Stand der Technik, persönliche Ladung von Parteien, Emissions- und Immissionsbegrenzungen sowie Überwachung jedenfalls mitanzuwenden. Dem wasserwirtschaftlichen Planungsorgan (§ 55 Abs. 4 WRG 1959) kommt in allen Verfahren, durch die wasserwirtschaftliche Interessen berührt werden, Parteistellung zur Wahrung dieser Interessen einschließlich der Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof zu."
38 Die mit BGBl. I Nr. 125/2013 eingefügte Z 6 des § 356b Abs. 1 GewO 1994 lautet:
"6. Beseitigung von Dach-, Parkplatz- und Straßenwässern."
39 § 32 Abs. 1, 2 und 5 WRG 1959 lauten (auszugsweise):
"§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere
a) die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,
b) Einwirkungen auf Gewässer durch ionisierende Strahlung oder Temperaturänderung,
(...)
e) eine erhebliche Änderung von Menge oder Beschaffenheit der bewilligten Einwirkung.
(...)
(5) Auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach Abs. 1 bis 4 bewilligt werden, finden die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung."
40 § 11 Abs. 1 WRG 1959 lautet:
"§ 11. (1) Bei Erteilung einer nach § 9 oder § 10 Abs. 2
erforderlichen Bewilligung sind jedenfalls der Ort, das Maß und
die Art der Wasserbenutzung zu bestimmen."
41 § 13 Abs. 2 WRG 1959 lautet:
"(2) Ergeben sich bei einer bestehenden Anlage Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung, so hat als Regel zu gelten, daß sich das Wasserbenutzungsrecht bloß auf den zur Zeit der Bewilligung maßgebenden Bedarf des Unternehmens erstreckt, sofern die Leistungsfähigkeit der Anlage nicht geringer ist."
42 Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass dem Rechtsvorgänger der N. GmbH mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 2007 eine gewerberechtliche Genehmigung zur Änderung der auf den Grundstücken Nr. 52/1 und 52/2, beide KG W., gelegenen Betriebsanlage erteilt wurde.
43 Im Verfahren zur Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 sind - ebenso wie im Verfahren gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. betreffend die Genehmigung der Errichtung und des Betriebes der Betriebsanlage - die Interessen gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 zu wahren. Dabei ist auf nachteilige Einwirkungen der Betriebsanlage auf die Beschaffenheit der Gewässer nur dann Bedacht zu nehmen, wenn nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist (§ 74 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994;
vgl. VwGH 22.2.2011, 2010/04/0116). Erfüllt die betreffende Maßnahme hingegen einen wasserrechtlichen Bewilligungstatbestand nach § 356b Abs. 1 GewO 1994, ist die Gewerbebehörde zur Wahrung des Schutzes der Gewässer zuständig (vgl. in diesem Sinn VwGH 5.4.2017, Ra 2015/04/0028).
44 Nach dem mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, neu geregelten § 356b Abs. 1 GewO 1994 entfällt eine gesonderte wasserrechtliche Bewilligung, wenn es sich um eine Maßnahme im Sinn der Z 1 bis 5 dieser Bestimmung handelt. In diesem Fall hat die Gewerbebehörde im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens die entsprechenden Bestimmungen des WRG 1959 mitanzuwenden.
45 § 356b Abs. 1 Z 3 GewO 1994 sieht die Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen im Fall von mit der Errichtung, dem Betrieb oder der Änderung einer Betriebsanlage verbundenen Abwassereinleitungen in Gewässer im Sinn des § 32 Abs. 2 lit. a, b und e WRG 1959 vor. Zur Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen in einem gewerberechtlichen Betriebsanlagen(änderungs) genehmigungsverfahren stellt Z 3 somit nicht auf das vollumfängliche Vorliegen der Bewilligungstatbestände des § 32 Abs. 2 lit. a, b oder e WRG 1959, sondern ausdrücklich nur auf "Abwassereinleitungen" in "Gewässer" im Sinn dieser Bestimmung ab.
46 Der L.-Bach stellt unzweifelhaft ein Gewässer im Sinn des WRG 1959 dar (vgl. dazu Bachler in Oberleitner/Berger, WRG4 (2018) vor § 1 Rz 2).
47 Zum Begriff der "Abwassereinleitungen" bringt die revisionswerbende Partei vor, Niederschlagswasser sei nicht "Abwasser" nach § 1 Abs. 3 Z 1 der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung (AAEV), weil dafür eine eigene Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 3 Z 3 AAEV vorgesehen sei. Die Einleitung von Niederschlagswasser, welches von Dächern, Parkplätzen oder Straßen gewerblicher Betriebsanlagen stamme, hätte im Jahr 2007 jedoch wegen des Fehlens der erst mit BGBl. I Nr. 125/2013 eingefügten Z 6 in § 356b Abs. 1 GewO 1994 einer eigenen wasserrechtliche Bewilligung bedurft und daher von der Gewerbebehörde nicht mitbewilligt werden können. 48 Nach der hg. Rechtsprechung ist gemäß dem Auslegungsprinzip der Einheit der Rechtsordnung und der Rechtsprache im Allgemeinen davon auszugehen, dass in der Rechtssprache geprägte Begriffe die gleiche Bedeutung haben (vgl. VwGH 20.9.2018, Ra 2017/09/0001, mwN). Dies gilt auch für den Begriff des "Abwassers", der durch das WRG 1959 seit jeher vorausgesetzt wird. Darunter ist im Allgemeinen ein durch häuslichen, gewerblichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes Wasser zu verstehen. Insoweit ist "Abwasser" ein Sammelbegriff für anthropogen verändertes Wasser mit allen seinen - von Fall zu Fall unterschiedlichen und wechselnden - Inhaltsstoffen und Eigenschaften. Im wasserrechtlichen Sinn ist Abwasser Wasser, dessen sich jemand entledigen will. Es kann sich um verschmutztes Wasser (u.a. Küchenabwässer, häusliche Abwässer, Betriebsabwässer), aber auch um gering oder gar nicht verschmutztes Wasser (wie etwa Niederschlagswässer) handeln (vgl. dazu VwGH 27.2.2019, Ro 2017/05/0003, unter Hinweis auf Lindner in Oberleitner/Berger, WRG4 (2018) § 32 Rz 12; vgl. dazu auch die Definition dieses Begriffes für die vorliegende Fallkonstellation in Raschauer, Wasserrecht, Rz 4 zu § 33a). Dieses Verständnis ist daher für die in § 32 WRG 1959 genannten Bewilligungstatbestände, auf die § 356b Abs. 1 Z 3 GewO 1994 verweist, maßgeblich.
49 Die von der revisionswerbenden Partei angesprochene AAEV sowie die branchenspezifischen Abwasseremissionsverordnungen (AEVn) wurden unter anderem auf Grundlage des § 33b WRG 1959 erlassen. Durch die AEVn werden für in einzelnen Abwasserherkunftsbereichen typischerweise zu erwartende Schadstoffe und sonstige Parameter einhaltbare Grenzwerte nach dem Stand der Abwasserreinigungstechnik festgelegt (vgl. § 33b Abs. 3 leg. cit.). Bei der Festlegung der Emissionswerte ist insbesondere auf Art, Herkunft und spezifische Besonderheiten der Abwässer sowie der zu ihrer Reinigung dienenden Anlagen Bedacht zu nehmen (vgl. § 33b Abs. 4 leg. cit.). Die AAEV sieht daher differenzierte Begriffsbestimmungen vor, auf die sich die AEVn bei der branchentypischen Festlegung von Schadstoffen in konkreten Abwässern stützen. Aus diesem Grund werden in § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 AAEV verschiedene Abwässer, wie "Abwasser" im Allgemeinen, "kommunales bzw. häusliches Abwasser", "Niederschlagswasser" und "Mischwasser", definiert. 50 Dies ändert aber nichts daran, dass der Bestimmung des § 33b WRG 1959 der allgemeine Abwasserbegriff des WRG 1959, worunter - wie bereits erwähnt - auch Niederschlagswasser fällt, zu Grunde liegt. Dieser Abwasserbegriff ist daher weiter als jener der AAEV (vgl. Lindner in Oberleitner/Berger, WRG4 (2018) § 33b Rz 1).
51 Die Ableitung von betrieblichen Niederschlagswässern von Dach- und Asphaltflächen über eine Anlage in einen Bach stellt somit eine von § 356b Abs. 1 Z 3 GewO 1994 erfasste wasserrechtliche Maßnahmen dar, weil es sich um eine Abwassereinleitung in Gewässer im Sinn des § 32 Abs. 2 lit. a WRG 1959 handelt (vgl. zu letzterem VwGH 28.4.2016, Ra 2016/07/0027; 30.6.2011, 2009/07/0151, jeweils mwN).
52 Daran vermag auch der Hinweis der revisionswerbende Partei, dass die "Beseitigung von Dach-, Parkplatz- und Straßenwässern" erst mit der Gewerberechtsnovelle BGBl. I Nr. 125/2013 in § 356b Abs. 1 Z 6 GewO 1994 eingefügt wurde, nichts zu ändern. Damit wollte der Gesetzgeber ausdrücklich die bis zu dieser Novelle nicht berücksichtigten sogenannten "Oberflächenwässerversickerungen" auf gewerblichen Betriebsanlagen und nicht die "Ableitung" der genannten Oberflächenwässer in die Verfahrenskonzentration einbezogen wissen (vgl. AB 2393 BlgNR 24. GP 13). Im vorliegenden Fall der Ableitung von Niederschlagswässern in ein Gewässer wäre Z 6 daher zweifelsohne nicht die richtige Rechtsgrundlage.
53 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts war der gegenständliche Strang 2 bereits in den mit gewerberechtlichen Bescheiden der belangten Behörde vom 28. August 1995, 12. November 1997 und 19. Dezember 2007 genehmigten Projektunterlagen eingezeichnet. Aus den Verwaltungsakten geht hervor, dass Strang 2 bereits in den Einreichplänen vom 17. Juli 1995 eingezeichnet bzw. in den L.-Bach eingebunden war. Unbestritten lag daher die Einleitung der Niederschlagswässer von den Betriebsflächen der gegenständlichen Betriebsanlage in den L.- Bach bereits zum Zeitpunkt des dem Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 2007 zu Grunde liegenden Verfahrens zur Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage vor.
54 Unbestritten hat die belangte Behörde in dem genannten Verfahren jedoch die Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen unterlassen. Der Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 2007 stützt sich ausdrücklich nur auf die §§ 74, 81 und 359 GewO 1994 sowie § 93 ASchG. In dieser Form ist der Bescheid in Rechtskraft erwachsen.
55 Das Verwaltungsgericht ist dennoch der Ansicht, dass dieser Betriebsanlagenänderungsgenehmigungsbescheid trotz der unterlassenen Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen durch die belangte Behörde als wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 32 WRG 1959 für die Abwassereinleitung über Strang 2 in den L.- Bach gelte und aus diesem Grund dem Mitbeteiligten kein strafbares Verhalten vorgeworfen werden könne.
56 Im Schrifttum werden unterschiedliche Meinungen vertreten, ob im Spruch eines im Rahmen der gewerberechtlichen Verfahrens- und Entscheidungskonzentration ergangenen Betriebsanlagen(änderungs)genehmigungsbescheids die anderen jeweils in Frage kommenden Verwaltungsvorschriften anzuführen sind. Ennöckl/Erlacher vertreten die Ansicht, dass die Behörde den Spruch des Bescheids nach den anzuwendenden Materiengesetzen zu gliedern und die zur Anwendung kommenden Vorschriften ausdrücklich anzuführen habe (vgl. Ennöckl/Erlacher in Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO (2015) § 356b Rz 15). Grabler u.a. führen zunächst aus, dass sich die Gliederung des Spruchs in entsprechende Spruchpunkte empfehle, eine solche Verpflichtung jedoch anders als in dem mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001 aufgehobenen § 77a Abs. 6 GewO 1994 im nunmehrigen § 356b Abs. 1 GewO 1994 nicht vorgesehen sei. Sie sind aber dennoch der Ansicht, dass die anderen jeweils in Frage kommenden Verwaltungsvorschriften im Spruch des Betriebsanlagen(änderungs)genehmigungsbescheids "iVm § 356b Abs 1 gesondert anzuführen" seien (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 (2011) § 356b Rz 8 und 13). Aus denselben Erwägungen empfehlen Gruber/Paliege-Barfuß zunächst ebenso die Gliederung des Spruchs in einzelne Punkte, vertreten sodann aber, dass die anderen Verwaltungsvorschriften im Spruch "iVm § 356b Abs 1 ausdrücklich anzuführen" seien (vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 Anm 9 und 14 zu § 356b).
57 Jedoch wird von einigen Autoren gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Genehmigung der Betriebsanlage durch die Gewerbebehörde selbst dann als Genehmigung nach den anderen Verwaltungsvorschriften gelte, wenn die Behörde die Anwendung materiellrechtlicher Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen einer solchen anderen Verwaltungsvorschrift übersehen haben sollte. Insofern treffe die Gewerbebehörde bei der Vollziehung der Bestimmungen des § 356b Abs. 1 GewO 1994 eine erhöhte Verantwortung (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 § 356b Rz 13 sowie Huber, Die Verfahrenskonzentration aus der Sicht des Projektwerbers, in Furherr/Schwarzer (Hrsg.), Anlagenrecht und Verwaltungsreformgesetz (2002), 27).
58 Vor diesem Hintergrund erachtet es Hauer nicht für geboten, den Spruch des Betriebsanlagen(änderungs)genehmigungsbescheids entsprechend zu gliedern und hält sogar den ausdrücklichen Abspruch über wasserrechtliche oder forstrechtliche Genehmigungskomponenten für verfehlt. Er gesteht zwar ein, dass eine Gliederung der Auflagen nach deren Rechtsgrundlagen aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit nahe liege und statthaft sei, jedoch habe der Bescheidspruch (nur) wie jeder andere gewerberechtliche Betriebsanlagen(änderungs)genehmigungsbesc heid zu lauten. Die Anordnung zur Berücksichtigung zusätzlicher Genehmigungskriterien sei nämlich lediglich eine Ergänzung der in § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Kriterien, die nicht auf den Bescheidspruch durchschlage, sondern lediglich die in der Bescheidbegründung auseinanderzusetzenden Spruchvoraussetzungen ausweite (vgl. Hauer, Probleme der Genehmigungskonzentration im Anlagenrecht der Gewerbeordnung, in Hauer (Hrsg.) Betriebsanlagenrecht im Umbruch (2004), 27, worauf auch Ennöckl/Erlacher, GewO § 356b Rz 15 hinweisen). 59 Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich aus diesen Gründen veranlasst, zunächst die Frage zu klären, inwieweit ein rechtskräftiger gewerberechtlicher Betriebsanlagen(änderungs)genehm igungsbescheid, dem jegliche Bezugnahme auf eine Mitanwendung anderer Verwaltungsvorschriften fehlt, auch als Bewilligung nach den anderen von § 356b Abs. 1 GewO 1994 erfassten Verwaltungsvorschriften gelten kann.
60 Dazu ist vorwegzunehmen, dass die gemäß § 58a AVG verpflichtende Gliederung des Spruchs eines Bescheids in Spruchpunkte nach den jeweils angewendeten Verwaltungsvorschriften in Verfahren nach § 356b Abs. 1 GewO 1994 jedenfalls nicht zur Anwendung gelangt, weil es sich hierbei um kein "verbundenes Verfahren" im Sinn des § 39 Abs. 2b AVG handelt (vgl. - noch zum alten § 39 Abs. 2a AVG - Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 § 356b Rz 8 und Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 Anm 9 zu § 356b). 61 § 77a Abs. 6 letzter Satz GewO 1994 in der Fassung vor dem Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, - der lediglich für der damaligen Anlage 3 unterliegende Betriebsanlagen ("IPPC-Betriebsanlagen") die Mitanwendung anderer Verwaltungsvorschriften vorsah - verpflichtete die Gewerbebehörde ausdrücklich, über die "mitanzuwendenden wasserrechtlichen Tatbestände gesondert (...) abzusprechen". Mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001 wurde im Sinn einer möglichst durchgängigen Verwirklichung des "one-stop-shop-Prinzips" im Bereich des gewerblichen Betriebsanlagenrechts die bisher lediglich für "IPPC-Betriebsanlagen" vorgesehenen Konzentrationsregelungen auf alle genehmigungspflichtigen Betriebsanlagen erstreckt (vgl. dazu ErläutRV 772 BlgNR 21. GP 61). Zu diesem Zweck wurde § 77a Abs. 6 GewO 1994 gestrichen und § 356b Abs. 1 GewO 1994 geändert, wobei der Gesetzgeber die in § 77a Abs. 6 letzter Satz GewO 1994 getroffene Anordnung des gesonderten Abspruchs über die mitanzuwendenden wasserrechtlichen Bestimmungen in § 356b Abs. 1 GewO 1994 nicht übernommen hat. 62 Die rechtliche Wirkung, dass ein Betriebsanlagen(änderungs)g enehmigungsbescheid auch als Genehmigung/Bewilligung nach anderen Verwaltungsvorschriften gilt, hängt letztlich davon ab, ob das Genehmigungsregime einer Verwaltungsvorschrift durch § 356b Abs. 1 GewO 1994 zwingend in die Konzentration einbezogen worden ist. Im Fall der Rechtskraft eines solchen Bescheids ist es daher gleichgültig, ob die Gewerbebehörde die mitanzuwendenden materiellrechtlichen Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen hinreichend beachtet oder sogar übersehen hat, weil § 356b Abs. 1 GewO 1994 die Genehmigungswirkung nicht an die Rechtmäßigkeit der Genehmigungserteilung knüpft. Derartige Mängel eines rechtskräftigen Betriebsanlagen(änderungs)genehmigungsbeschei ds schlagen also nicht auf die rechtliche Reichweite eines Genehmigungsausspruchs nach § 356b Abs. 1 GewO 1994 durch, sondern betreffen bloß dessen Rechtmäßigkeit, die jedenfalls nach Rechtskraft nicht mehr aufgegriffen werden kann. Insofern trifft die Gewerberechtsbehörde bei der Vollziehung der Bestimmungen des Abs. 1 eine erhöhte Verantwortung (vgl. dazu Hauer, Genehmigungskonzentration 28 sowie Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 § 356b Rz 13).
63 Das Verwaltungsgericht ist vor dem Hintergrund dieser Erwägungen zu Recht davon ausgegangen, dass die auf §§ 74, 81 und 359 GewO 1994 gestützte rechtskräftige Betriebsanlagenänderungsgene hmigung vom 19. Dezember 2007 gemäß § 356b Abs. 1 Z 3 GewO 1994 auch als wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 WRG 1959 gilt und daher dem Mitbeteiligten aufgrund des Vorliegens einer wasserrechtlichen Bewilligung zur Abwassereinleitung in den L.- Bach kein strafbares Verhalten vorgeworfen werden kann. Dass § 32 WRG 1959 nicht in den Spruch des Bescheids aufgenommen wurde und letztlich die belangte Behörde jegliche Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen unterlassen hat, schadet dieser Genehmigungsfiktion nach den eben dargestellten Erwägungen nicht. Vielmehr wäre es an ihr gelegen, anhand der Projektunterlagen - denen auch der eingangs erwähnte Einreichplan mit den bereits eingezeichneten beiden Strängen zu Grunde lag - zu überprüfen, welche anderen Verwaltungsvorschriften im gewerberechtlichen Verfahren mitanzuwenden sind. Den Rechtsvorgänger der N. GmbH traf jedenfalls keine Pflicht zur Ermittlung oder Konkretisierung der einschlägigen wasserrechtlichen Bestimmungen.
64 Zu beantworten bleibt die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine gewerbebehördliche Genehmigung, in der kein Maß der Wasserbenutzung festgelegt wurde, gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959 nach dem Bedarf des Unternehmens im Genehmigungszeitpunkt auszulegen sei. Entgegen der Meinung der revisionswerbenden Partei hat das Verwaltungsgericht diese Rechtsfrage gerade nicht "auf Grundlage der Rechtsansicht, dass überhaupt ein Maß der Wasserbenutzung ohne wasserrechtliche Bewilligung bestimmt werden könnte", gelöst, weil es rechtsrichtig davon ausging, dass die rechtskräftige Betriebsanlagenänderungsgene hmigung vom 19. Dezember 2007 auch als wasserrechtliche Bewilligung nach § 32 WRG 1959 gilt.
65 § 13 Abs. 2 WRG 1959 ist eine Auslegungsregel für Bewilligungsbescheide, die das Maß der zulässigen Wasserbenutzung nicht mit der gebotenen Deutlichkeit bestimmen. Die Anwendung dieser Auslegungsregel setzt einen Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung voraus (vgl. VwGH 29.10.2015, 2012/07/0076, mwN). Ein rechtskräftiger gewerberechtlicher Betriebsanlagen(änderungs)genehmigungsbescheid, der aufgrund der in § 356b Abs. 1 GewO 1994 aufgezählten wasserrechtlichen Bewilligungstatbestände in einem konzentrierten Verfahren erging, gilt - wie bereits erwähnt - als
wasserrechtliche Bewilligung nach dem WRG 1959. Auch wenn § 356b Abs. 1 GewO 1994 nur die Anwendung von materiellen Genehmigungsvoraussetzungen bei der Erteilung von Bewilligungen nennt, ist kein Grund erkennbar, nach rechtskräftiger Erteilung einer Genehmigung Auslegungsregeln wie diejenige des § 13 Abs. 2 WRG 1959 nicht anzuwenden. Sofern ein solcher Bescheid kein Maß der Wasserbenutzung festlegt, ist daher nach der Auslegungsregel des § 13 Abs. 2 WRG 1959 vorzugehen.
66 Ergeben sich bei einer bestehenden Anlage Zweifel über das Maß der dem Berechtigten zustehenden Wassernutzung, so hat gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959 als Regel zu gelten, dass sich das Wasserbenutzungsrecht "bloß auf den zur Zeit der Bewilligung maßgebenden Bedarf" des Unternehmens erstreckt, sofern die Leistungsfähigkeit der Anlage nicht geringer ist. Die damit zum Ausdruck gebrachte Auslegungsregel stellt bloß auf den zur Zeit der Bewilligung maßgebenden Bedarf ab, somit nicht auf nach diesem Zeitpunkt eingetretene Bedarfsveränderungen. § 13 Abs. 2 WRG 1959 dient - sofern im Bewilligungsbescheid das Maß der Wasserbenutzung nicht ausdrücklich festgelegt ist - der Ermittlung des Maßes der konsentierten Wasserbenutzung, weshalb etwa nicht an das tatsächlich vorhandene Wasserdargebot anzuknüpfen ist. Bei der Ermittlung des historischen Bedarfs gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959 ist somit letztlich auf die Wassermenge abzustellen, die der Wasserberechtigte bei voller Ausnützung seiner - bewilligten - Anlagen für seine Unternehmung im Zeitpunkt der Bewilligung benötigte; daher kann etwa als Indiz die Leistungsfähigkeit rechtmäßiger Stau- und Einlassvorrichtungen herangezogen werden (vgl. VwGH 22.12.2016, Ro 2014/07/0056, mwN). Auch das Maß der Wasserbenutzung, das in einem rechtskräftigen gewerberechtlichen Betriebsanlagen(änderungs)genehmigungsbescheid nicht bestimmt wurde, richtet sich daher gemäß § 13 Abs. 2 WRG 1959 nach dem Bedarf des Unternehmens im Genehmigungszeitpunkt.
67 Das Verwaltungsgericht ist folglich zu Recht davon ausgegangen, dass sich das Maß der Wasserbenutzung zur Ableitung der auf den Betriebsflächen der gegenständlichen Betriebsanlage anfallenden Niederschlagswässer über Strang 2 in den L.-Bach nach dem Bedarf des Unternehmens zum Zeitpunkt der Bewilligung vom 19. Dezember 2007 richtet. Dieser Bedarf bestand gerade darin, die im Lageplan eingezeichneten Betriebsflächen über Strang 2 in den L.-Bach zu entwässern. Strang 2 weist nach den Feststellungen auch eine entsprechende Leistungsfähigkeit auf, um die auf den Betriebsflächen der N. GmbH anfallenden Niederschlagswässer in den L.-Bach abzuleiten. Das Verwaltungsgericht durfte somit das Indiz der Abflussleistung der genannten Anlage zur Ermittlung des historischen Bedarfs heranziehen.
68 Entgegen der Meinung der revisionswerbenden Partei wurde daher im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der belangten Behörde vom 2. November 1977 das Maß der Wasserbenutzung nicht "abschließend" bestimmt, weil zu diesem Zeitpunkt die Niederschlagswässer der Betriebsflächen nur über Strang 1 abgeleitet wurden. Aufgrund der wasserrechtlichen Mitbewilligung der Abwassereinleitung über Strang 2 durch den Bescheid vom 19. Dezember 2007 wäre in diesem ebenso ein Maß der Wasserbenutzung festzulegen gewesen. Daran vermag auch der von der revisionswerbenden Partei ins Treffen geführte Umstand, dass in den Projektunterlagen des Horst N. nur von einer Versickerung der Niederschlagswässer ausgegangen worden sei, nichts zu ändern, weil diese Wässer bereits damals tatsächlich über Strang 2, der bereits im ergänzten bzw. geänderten Einreichplan vom 17. Juli 1995 eingezeichnet und insofern Gegenstand der Bewilligung vom 19. Dezember 2007 war, in den L.-Bach abgeleitet wurden. 69 Abschließend sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu folgender Feststellung veranlasst:
70 Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat gemäß § 21a Abs. 1 WRG 1959 die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektunterlagen über die Anpassung aufzutragen, Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen. 71 Das Instrumentarium des § 21a WRG 1959 kann auch dann eingesetzt werden, wenn der nicht hinreichende Schutz öffentlicher Interessen auf ein Versäumnis der Wasserrechtsbehörde bei der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zurückginge (vgl. VwGH 29.10.2015, 2012/07/0022 und 0024, mwN). 72 Gemäß § 356b Abs. 3 GewO 1994 sind die nach anderen Verwaltungsvorschriften im Sinn des Abs. 1 bestehenden behördlichen Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung der Anlage, zur Kontrolle, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, zur Gefahrenabwehr, zur nachträglichen Konsensanpassung, zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Änderung und Auflassung, der Wiederverleihung von Rechten von der Behörde, hinsichtlich des WRG 1959 nur für die im Abs. 1 Z 1 bis 6 genannten Maßnahmen, wahrzunehmen.
73 Vor diesem Hintergrund kommt der Gewerbebehörde die Befugnis zur Abänderung einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 21a WRG 1959 zu (vgl. VwGH 27.9.2007, 2006/07/0112, sowie Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 § 356b Rz 44 und 47). 74 Dies könnte in Zusammenhang mit den von der belangten Behörde festgestellten Auswirkungen auf die Wasserführung des L.- Bachs in Form eines "Spülstoßes" und den von der revisionswerbenden Partei ins Treffen geführten "merklichen Wasserspiegelaufhöhungen" Bedeutung erlangen.
75 Auf die vom Verwaltungsgericht bei Zulassung der Revision als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage in Bezug auf § 80 Abs. 5 GewO 1994 war nicht einzugehen, weil diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wurde (vgl. dazu etwa VwGH 24.5.2018, Ro 2017/07/0022 bis 0024, mwN).
76 Die Revision erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
77 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 19. Dezember 2019
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behördesachliche ZuständigkeitTrennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019070012.J00Im RIS seit
18.05.2020Zuletzt aktualisiert am
18.05.2020