TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/9 98/04/0100

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Veröffentlicht am 09.09.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §102 Abs1 Z3 idF 1997/I/063;
GewO 1994 §102 Abs2 idF 1997/I/063;
GewO 1994 §108 Abs1 Z4 idF 1997/I/063;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Werner Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des E G in S, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 21. Oktober 1997, Zl. VIb-211/1683-1993, betreffend Untersagung der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. Oktober 1997 stellte der Landeshauptmann von Vorarlberg in Stattgebung der Berufung der Innung der Rauchfangkehrer der Wirtschaftskammer Vorarlberg gegen den erstbehördlichen Bescheid fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des vom Beschwerdeführer angemeldeten Rauchfangkehrergewerbes für ein bestimmtes Kehrgebiet an einem näher bezeichneten Standort nicht vorlägen; die Ausübung des Gewerbes wurde untersagt. Zur Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens sei bei sämtlichen Gemeinden des vom Beschwerdeführer für die Gewerbeausübung vorgesehenen Kehrgebietes eine Stellungnahme zur Frage des Bedarfes eingeholt worden. Gleichzeitig sei diesen Gemeinden unter anderem auch die Frage gestellt worden, ob bei der bisherigen Ausübung des Rauchfangkehrgewerbes durch den ansässigen Gewerbetreibenden irgendwelche Schwierigkeiten aufgetreten seien. Aus den diesbezüglichen Anwortschreiben ergäben sich nach Auffassung der Berufungsbehörde keine Anhaltspunkte dafür, daß von den im fraglichen Kehrgebiet tätigen Rauchfangkehrerbetrieben die Nachfrage nach einschlägigen Leistungen des Rauchfangkehrergewerbes nicht ordnungsgemäß erfüllt würden. Lediglich zwei Gemeinden hätten in ihren Stellungnahmen auf in der Vergangenheit aufgetretene Schwierigkeiten und Beschwerden hinsichtlich der Tätigkeit des Rauchfangkehrers hingewiesen. Die eine Gemeinde habe in ihrer Stellungnahme aber ausdrücklich festgehalten, daß in der Vergangenheit diesbezüglich keine besonderen Beschwerden mehr bekannt geworden seien. Auch in der anderen Gemeinde seien die Probleme der vorliegenden Stellungnahme zufolge offensichtlich durch die vom Gesetz her eingeräumte Möglichkeit des Wechsels des Rauchfangkehrers ausgeräumt worden. Wenn auch von verschiedenen Gemeinden die Erlangung einer Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe durch den Beschwerdeführer ausdrücklich befürwortet und aus Gründen des Wettbewerbes begrüßt worden wäre, sei darauf hinzuweisen, daß die bloße Befürwortung der Gewerbeausübung durch einzelne Gemeinden für die Beurteilung des Bedarfes ohne rechtliche Bedeutung sei. Auch die Frage, ob und in welchem Umfang sich die Anzahl der Kehrobjekte in den Gemeinden des Kehrgebietes in den letzten Jahren erhöht habe und die Aufgaben des Rauchfangkehrers im Rahmen der Vollziehung der Luftreinhalteverordnung bzw. der feuerpolizeilichen Vorschriften zugenommen habe, sei nach Ansicht der Berufungsbehörde für die Beurteilung des Vorliegens eines Bedarfes in diesem Kehrgebiet für die Ausübung einer weiteren Gewerbeberechtigung für das Rauchfangkehrergewerbe allein nicht ausschlaggebend. Vielmehr komme es im Kern darauf an, ob alle aus feuerpolizeilichen Gründen erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß verrichtet würden und deren zufriedenstellende Verrichtung unter Bedachtnahme auf die künftige Entwicklung auch in Hinkunft gegeben sei, und nicht, ob die zuletzt bereits im Jahr 1994 geänderten Bestimmungen des Luftreinhaltegesetzes bzw. der Feuerpolizeiordnung einen großen Aufgabenzuwachs für die Rauchfangkehrerbetriebe gebracht hätten. Nach Auffassung der Berufungsbehörde ließen die Stellungnahmen der für die Vollziehung der genannten Vorschriften zuständigen Gemeinden des Kehrgebietes unbefriedigende und mangelhafte Leistungen der Rauchfangkehrer sowohl auf diesen Aufgabengebieten als auch in der Reinigungstätigkeit nicht erkennen. Auch sehe die Berufungsbehörde keine Anhaltspunkte dafür, daß die im erwähnten Kehrgebiet tätigen Rauchfangkehrer auch diesen Aufgaben in absehbarer Zeit nicht nachkommen könnten. Zum Hinweis des Beschwerdeführers auf eine gewisse Unzufriedenheit mit der aktuellen Kehrtätigkeit im fraglichen Kehrgebiet sei zu bemerken, daß die von ihm aufgezeigten Vorfälle vielfach mehrere Jahre zurücklägen und damit bei der Feststellung des gegenwärtigen und des zu erwartenden Bedarfes im Sinne der Bestimmungen des § 102 Abs. 2 GewO 1994 keine Berücksichtigung finden könnten. Darüber hinaus sei in Anbetracht von mehreren tausenden Kehrobjekten im Kehrgebiet die Anzahl der vom Beschwerdeführer aufgezeigten Beschwerdefälle gering und deshalb nicht geeignet, einen Bedarf nach Ausübung eines weiteren Rauchfangkehrergewerbes in diesem Kehrgebiet zu begründen. Auch wäre es den Eigentümern oder Verfügungsberechtigten der Kehrobjekte freigestellt gewesen, bei Unzufriedenheit mit dem einen Rauchfangkehrer einen anderen der im Kehrgebiet tätigen Rauchfangkehrer mit der Reinigung zu beauftragen. Auch der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Umstand, daß nach der versehentlichen öffentlichen Bekanntmachung im Gemeindeblatt, worin der Bevölkerung mitgeteilt worden sei, er betreibe als weiterer Konzessionär das Rauchfangkehrergewerbe in diesem Kehrgebiet, er eine ganze Reihe von Anrufen erhalten habe, die den Wunsch zum Inhalt gehabt hätten, daß er hier eine Rauchfangkehrertätigkeit aufnehmen solle, könne einen Bedarf nicht begründen, weil ein etwaiger Wunsch der Kunden nach Leistung eines bestimmten Unternehmens für die Beurteilung des Bedarfes ohne Bedeutung sei. Auf Gesichtspunkte des Wettbewerbes habe aufgrund der im vorliegenden Verfahren anzuwendenden Normen nicht Bedacht genommen werden können. Zusammenfassend sei festzustellen, daß nach dem gesamten Ermittlungsergebnis einschließlich des Vorbringens des Beschwerdeführers für die Berufungsbehörde auch unter Bedachtnahme auf die künftige Entwicklung kein Anhaltspunkt dafür gegeben sei, daß die bestellten Rauchfangkehrerbetriebe nicht in der Lage wären, alle erforderlichen Arbeiten des Rauchfangkehrergewerbes zufriedenstellend zu verrichten.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wurde von diesem mit Beschluß vom 23. Februar 1998, Zl. B 2973/97-3, abgelehnt und deren Behandlung mit Beschluß vom 14. Mai 1998, Zl. B 2973/97-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung der Konzession für das Rauchfangkehrergewerbe für das fragliche Kehrgebiet und in dem Recht auf ordnungsgemäße Prüfung und Ermittlung der besonderen Voraussetzungen des erforderlichen Bedarfes nach der beabsichtigten Ausübung des Handwerkes gemäß § 102 Abs. 1 lit. 3 GewO 1994 verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt er vor, die Ansicht der belangten Behörde, die bloße Befürwortung der Gewerbeausübung durch einzelne Gemeinden sei für die Beurteilung des Bedarfes ohne rechtliche Bedeutung, zumal in den Stellungnahmen der Gemeinden bedarfserhebliche Angaben fehlten, sei völlig unzutreffend. In den Stellungnahmen der Gemeinden seien vielmehr sehr wohl bedarfserhebliche Angaben enthalten. Wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gekommen sei, die im Akt befindlichen Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden seien nicht ausreichend deutlich, wäre sie verhalten gewesen, im Rahmen der ihr zukommenden Ermittlungspflicht weitere ergänzende Stellungnahmen einzuholen. Die belangte Behörde stütze sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf, daß die vorliegenden Stellungnahmen der für die Vollziehung der Luftreinhalteverordnung bzw. der feuerpolizeilichen Vorschriften zuständigen Gemeinden unbefriedigende und mangelhafte Leistungen der Rauchfangkehrer nicht erkennen ließen, auch habe die belangte Behörde keine Anhaltspunkte dafür gesehen, daß die im erwähnten Kehrgebiet tätigen Rauchfangkehrer diesen Aufgaben in absehbarer Zeit nicht nachkommen könnten, auch fehlten in den Stellungnahmen der Gemeinden bedarfserhebliche Angaben. Diese Ausführungen widersprächen dem Inhalt der einzelnen Stellungnahmen der betroffenen Gemeinden, in denen bedarfserhebliche Angaben enthalten seien und wo die Erteilung der Konzession an den Beschwerdeführer befürwortet werde. Die belangte Behörde lasse somit die von den betroffenen Gemeinden erstatteten Stellungnahmen völlig unbeachtet bzw. ignoriere deren Inhalt und komme somit ihrer Verpflichtung zur amtswegigen vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes nicht nach.

Die Ausübung des Handwerks der Rauchfangkehrer erfordert - neben sonstigen Voraussetzungen - gemäß § 102 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 das Vorliegen eines Bedarfes nach der beabsichtigten Ausübung des Handwerks. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist bei Feststellung des Bedarfes vom gegenwärtigen und dem zu erwartenden Bedarf auszugehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon zu den diesbezüglich vergleichbaren Bestimmungen der GewO 1852 wie auch der gleichlautenden Bestimmung des § 173 Abs. 1 Z. 5 GewO 1973 bzw. des § 108 Abs. 1 Z. 4 GewO 1994 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1997 muß der Bedarf nach der Gewerbeausübung in dem objektiv gegebenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage seinen Ausdruck finden; hiebei ist auf die bestehenden einschlägigen Betriebe Bedacht zu nehmen. Ein Bedarf ist nicht gegeben, wenn die bestehenden einschlägigen Betriebe zur Zufriedenheit der Bevölkerung tätig werden, wobei der Wunsch der Kunden nach Leistungen eines bestimmten Betriebes für die Beurteilung des Bedarfes ebenso ohne Bedeutung ist wie eine Befürwortung der Gewerbeausübung durch den Antragsteller (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 96/04/0157).

Von dieser Rechtslage ausgehend, vermag der Verwaltungsgerichtshof im Gegensatz zu den Ausführungen in der Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin zu erblicken, daß die belangte Behörde der Befürwortung der Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer durch zahlreiche der befragten Gemeinden keine rechtliche Bedeutung beimaß. Auch vermag der Verwaltungsgerichthof aufgrund der ihm vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde bei Feststellung des für die Beurteilung des Bedarfes im Sinne des § 102 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 erforderlichen Sachverhaltes nicht auf die ihr vorliegenden Stellungnahmen der Gemeinden des Kehrbezirkes ausreichend Bedacht genommen hätte. Der Beschwerdeführer unterläßt es, konkret darzustellen, worin er die von ihm in der Beschwerde erwähnten "bedarfserheblichen Angaben" dieser Gemeinden, die von der belangten Behörde mißachtet worden seien, erblickt und welche ergänzende Stellungnahmen seiner Meinung nach die belangte Behörde einzuholen gehabt hätte. Auch unter Beachtung des Beschwerdevorbringens vermag der Verwaltungsgerichtshof daher eine der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides unterlaufenen Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040100.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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