TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/13 W156 2207315-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2019
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Entscheidungsdatum

13.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W156 2207315-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde von M XXXX H XXXX R XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 06.09.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) I. Der Beschwerde wird stattgegeben und M XXXX H XXXX R XXXX

gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. XXXX wird gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 13.09.2022 erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

M XXXX H XXXX R XXXX (im Folgenden "Beschwerdeführer") reiste illegal ins Bundesgebiet ein und hat am 23.09.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei der Erstbefragung am 24.09.2016 gab der Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen befragt an, er sei im Iran illegal aufhältig gewesen. Um im Iran bleiben zu können, habe er um zu beten eine Moschee aufgesucht. Er habe dort mit der Tochter eines Mullahs Kontakt gehabt. Ihr Vater hätte sie beim Sex erwisch. Dieser sei eine mächtige Person gewesen, die Leute in den Krieg nach Syrien geschickt habe. Er habe Angst vor dem Mullah und dessen Brüdern, deshalb habe er nicht im Iran belieben können und sei geflüchtet. Zu seinen allgemeinen Lebensumständen befragt gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er der Volksgruppe der Hazara angehöre und schiitischer Moslem sei. Er habe ein Jahr die Grundschule im Iran besucht und keine Ausbildung absolviert. Seine Eltern lebten noch Iran.

Im Zuge der Zuweisung zu Sachverständigen Volljährigkeitsbeurteilung wurde mit Gutachten vom 29.10.2016 als fiktives Geburtsdatum der XXXX festgestellt.

Nach Zulassung des Verfahrens wurde der Beschwerdeführer am 06.08.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden "belangte Behörde") im Beisein seines Vertreters sowie eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer legte Integrationsunterlagen vor.

Er sei gesund, nehme keine Medikamente und sein nicht in ärztlicher Behandlung.

Die Angaben im Protokoll der Erstbefragung seien falsch. Seine Religion, Muttersprache, der Familienname seiner Mutter und sein Fluchtgrund seien falsch protokolliert. Er sei bei der Erstbefragung am Bein verletzt gewesen, der Dolmetscher sei Afghane gewesen und er habe ihn nicht gut verstanden. Identitätsdokumente habe er nicht.

Seine Familie stamme aus Daikundi, er sei Hazara, konfessionslos, afghanischer Staatsbürger, aber im Iran geboren. Seine Eltern seien verschollen. Er habe keine Geschwister und sei ledig. Er habe im Iran vier bis fünf Monate eine afghanische Schule besucht und zwei Jahre als Hausmeister gearbeitet und 1,5 Jahre als Bauarbeiter gearbeitet.

Der Beschwerdeführer gab an, er sei konfessionslos, kenne sich in Afghanistan mit der Sprache und Kultur nicht aus.

Zu seine Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass nach einer Messerattacke im Zuge des Muharram im Jahr 1394 von der Polizei festgenommen wurden sei. Über die bekannte seiner Mutter, bei der er gelebt habe, habe diesen einen Mullah gefunden, der bestätigt habe, dass sich der Beschwerdeführer für den Syrienkrieg entschieden habe. So sei er freigekommen. Nach seiner Entlassung habe er einen Zettel erhalten, wonach er drei Monate zu einem Mullah gehen sollte, er sei das ersten Monat nicht hingegangen, wohl aber das zweite und dritte. Am Ende des dritten Monats habe er dem Mullah gesagt, er werden nicht nach Syrien gehen. Nach Beschimpfungen durch den Mullah habe ihn dieser in eine Moschee mitgenommen, damit er sehe, wie die Leute beten. Nach seiner Heimkehr habe ihm der Bekannte seiner Mutter gesagt, es sei seine Pflicht am Syrienkrieg teilzunehmen, aber nach drei oder vier Tagen, habe er ihm vorgeschlagen, wenn er nicht am Krieg teilnehmen wolle, müsse er nach Europa ausreisen. Deshalb sei er ausgereist.

Der Beschwerdeführer erstattete am 10.08.2018 namens seines bevollmächtigten Rechtsvertreters eine Stellungnahme.

Mit dem nunmehr beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 06.09.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) zuerkannt und befristete Aufenthaltsbewilligung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 05.09.2019 erteilt.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates bzw. zu der Situation im Falle der Rückkehr führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung in Bezug auf seinen Heimatstaat Afghanistan vorgebrachte habe. Ihm drohe auch auf Grund der Volksgruppenzugehörigkeit als Hazara in Afghanistan keine konkret gegen ihn gerichtete psychische oder physische Gewalt. Es sei nicht glaubhaft, dass er ohne Konfession sei und sei als schiitischer Moslem anzusehen.

Der Beschwerdeführer erstattete namens seines bevollmächtigten Vertreters fristgerecht Beschwerde und führte darin begründend zusammengefasst aus, dass er aus religiösen Gründen bzw. wegen Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe asylrelevant verfolgt werde. Er habe aufgrund seines Abfalls von Islam und seines shariawidrigen Verhaltens begründete Angst, wegen seiner Ablehnung von jeglicher Religion in Afghanistan getötet zu werden. Der afghanische Staat sei nicht schutzwillig bzw. schutzfähig

Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 10.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.05.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines bevollmächtigten Rechtsvertreters und eines Dolmetschers für die Sprache Dari zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Situation in Österreich befragt. Die Niederschrift wurde der entschuldigt ferngebliebenen belangten Behörde übermittelt.

Der Beschwerdeführer legte ein Konvolut an Integrationsunterlagen vor.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden folgende Unterlagen in das gegenständliche Verfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingebracht: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 26.09.2018, aktualisiert am 26.03.2019, Auszug aus gutachterlicher Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. RASULY vom W163 1433567-1 vom 08.04.2015 zu Personen, die an religiösen Riten nicht teilnehmen. UNHCR-Richtlinen zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018; EASO Country Guidance vom Juni 2018, ACCORD Anfragebeantwortung betreffend vom Islam abgefallenen Personen vom 01.06.2017.

Der Beschwerdeführer gab im Wege seines bevollmächtigten Rechtsvertreters eine schriftliche Stellungnahme ab.

Mit Schreiben vom 26.08.2019 übermittelte der bevollmächtigte Rechtsvertreter des Beschwerdeführers weitere OIntegrationsunterlagen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1 Der mittlerweile volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan und gehört der Volksgruppe der Hazara und gehört keiner Glaubensrichtung an. Er wurde im Iran geboren und wuchs dort auf. Die Eltern des Beschwerdeführers stammen aus Daikundi.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden, jungen und arbeitsfähigen Mann. Der Beschwerdeführer besuchte 4 Monate eine afghanische Schule im Iran. Der BF war noch nie in Afghanistan. Er war als Hausmeister und Bauarbeiter tätig.

Der Beschwerdeführer stammt aus einer schiitischen Familie, sich jedoch weder in Österreich noch im Iran den Islam praktiziert.

Er bringt diese Einstellung auch gegenüber seinen muslimischen Freunden klar zum Ausdruck. Für ihn haben Religion und Glauben keine Bedeutung im Leben. Der Beschwerdeführer hat bereits im Iran nicht gebetet. Die Mutter des Beschwerdeführers ist gläubig. Der Beschwerdeführer geht nicht in die Moschee, betet nicht und fastet auch nicht. Er lehnt die strengen Zwänge des Korans ab. Der Beschwerdeführer will nichts mehr mit Religion zu tun haben und sein Leben auf seine Weise führen.

Der Beschwerdeführer befürchtet, infolge seiner Abwendung vom muslimischen Glauben in seinem Heimatland verfolgt zu werden bzw. sich in Afghanistan zu dieser Abwendung vom Glauben nicht offen bekennen zu können. Konkret befürchtet er Verfolgung durch andere Muslime.

Es kann im gegenständlichen Fall nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Abkehr vom Islam in Afghanistan einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

1.2 Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von

Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren. Herkunftsprovinz Daikundi

Daikundi / Dai Kundi / Daykundi

Die Provinz Daikundi ist seit dem Jahr 2014 autonom (UNDP 5.2.2017); davor war sie ein Distrikt der Provinz Uruzgan (Pajhwok. o.D.). Daikundi liegt 460 km vom Westen Kabuls entfernt und grenzt an die Provinzen Uruzgan im Südwesten, Bamyan im Osten, Ghor im Norden, Ghazni im Süden und Helmand im Nordosten (Pajhwok o.D.). Die Provinz besteht aus den folgenden Distrikten: der Provinzhauptstadt Nieli/Nili, Ashtarly, Khijran/Kajran, Khedir/Khadir, Kitti/Kiti,Miramor, Sang Takh/Sang-e Takht, Shahristan/Shahrestan (Pajhwok o.D.; vgl. UNOCHA 4.2014).

Der Distrikt Gizab, früher Teil von Daikundi, unterliegt der Administration von Uruzgan (UNODC 11.2017). Mit 86% der Bevölkerung bestehend aus Hazara gilt die Provinz Daikundi als die zweitgrößte Region, in der Mitglieder dieser ethnischen Gruppe leben (UNDP 5.2.2017). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 475.848 geschätzt (CSO 4.2017).

Daikundi ist eine gebirgige Provinz mit kleinen Dörfern, die über unasphaltierte Straßen verbunden werden (Pajhwok 6.9.2017). In den letzten 17 Jahren wurden Quellen zufolge in der Provinz nur zehn Kilometer an Straßen gebaut. Dennoch sind laut Regierung Projekte für die Implementierung des Straßenbaus im Gange (Tolonews 5.11.2017).

Bis September 2017 war Daikundi die einzige Provinz im Land, die eine Frau als Gouverneurin vorweisen konnte; Ende September 2017 wurde Masooma Muradi dann von einem Mann ersetzt (Kurier 27.9.2017; vgl. TET 27.9.2017).

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

Einer Quelle zufolge ist Daikundi eine sichere Provinz (Tolonews 10.3.2018). Im September wurde von einer Zunahme afghanischer Binnenvertriebener (IDP) berichtet, die in Daikundi Zuflucht gesucht hatten (Pajhwok 6.9.2017).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 3 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 43 zivile Opfer (16 getötete Zivilisten und 27 Verletzte) registriert.

Hauptursache waren Blindgänger/Landminen, gefolgt von Bodenoffensiven und gezielten Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 59% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018). Eine weitere Quelle berichtete allerdings von keinen Opfern im Jahr 2017 in der Provinz Daikundi (Pajhwok 14.1.2018).

Militärische Operationen in Daikundi

Im März 2017 wurden in Daikundi 31 Aufständische durch die ANSF getötet (GIM o.D.). In den letzten 17 Jahren sind in Daikundi keine ausländischen Streitkräfte ums Leben gekommen (Pajhwok 1.1.2018). Ende Dezember 2017 wurde Daikundi einer Quelle zufolge als ruhige Provinz beschrieben (LAT 10.12.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Daikundi

Daikundi zählt zu den Provinzen, in denen die Anzahl der Taliban gering ist (Pajhwok 1.2.2018). Der Zusammenhalt zwischen den Bewohnern ethnisch homogenerer Gesellschaften wie in Panjsher, Bamyan und Daikundi wird als Grund für die geringe Anzahl an Anschlägen betrachtet:

Da die Bewohner dieser Provinzen mehrheitlich einer Ethnie zugehören, würden diese keine aufständischen Aktivitäten erlauben (Pajhwok 14.1.2018). Des Weiteren wurde für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 keine IS-bezogenen Sicherheitsvorfälle in der Provinz Daikundi gemeldet (ACLED 23.2.2018).

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellenIslamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:

CSR 8.11.2016).

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).

Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität, Religion, Herkunft und Volksgruppenzugehörigkeit stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Der Beschwerdeführer machte diesbezüglich durchgehend, gleichbleibende und glaubhafte Angaben. Die Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person im Asylverfahren.

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nicht-staatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Angaben, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten.

Die Feststellungen zur Abwendung des Beschwerdeführers vom muslimischen Glauben stützen sich auf die vom Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht getroffenen Aussagen. Der Beschwerdeführer schilderte klar und überzeugend seine seit Kindheit bestehende Konfessionslosigkeit und konnte glaubhaft dartun, dass er keiner Glaubensrichtung folgt. wolle. Er wolle frei vom Glauben auf seine Weise leben. Der Beschwerdeführer brachte in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und schlüssig aus innerer Überzeugung vor, dass er die strengen Zwänge des Islam ablehne. Er bete nicht und gehe auch nicht in die Moschee. Der Beschwerdeführer machte deutlich, dass er über sein Leben selbstbestimmen und sich keinen Vorschriften einer Religion unterwerfen will.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse von einer ernsthaften Abwendung des Beschwerdeführers vom (muslimischen) Glauben sowie von einem entsprechenden inneren Entschluss des Beschwerdeführers auszugehen. Auch wenn der Beschwerdeführer dies nicht mit Worten kundtut, kann aus seinem Verhalten (der Nichtteilnahme an religiösen Ritualen trotz Aufforderung, ssen von Schweinefleisch und Trinken von Alkohol) abgeleitet werden, dass die Abwendung vom Glauben nach außen hin erkennbar erfolgt ist.

Es ist davon auszugehen und hat der Beschwerdeführer dies auch in der mündlichen Verhandlung kundgetan, dass der er (auch bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat) beabsichtigt, "ohne Glauben" zu leben.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich seiner Furcht vor Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Afghanistan auf Grund seiner Apostasie vom Islam war in ganzheitlicher Würdigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere unter Berücksichtigung der diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage von Apostaten in Afghanistan, insgesamt als glaubhaft zu beurteilen.

Insofern war das Vorbringen des Beschwerdeführers zur möglichen Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ausreichend substantiiert, umfassend, in sich schlüssig und im Hinblick auf die besonderen Umstände des Beschwerdeführers und die allgemeine Situation in Afghanistan plausibel.

Im Übrigen sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die geeignet wären, das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner drohenden Verfolgung im Fall der Rückkehr nach Afghanistan in Zweifel zu ziehen oder für nicht maßgeblich wahrscheinlich erscheinen zu lassen.

Aus den ins Verfahren eingebrachten Unterlagen, geht zwar hervor, dass Personen die sich nicht an die Regeln des Islam halten, insbesondere Personen mit schiitischen Glaubenshintergrund, nicht notwendigerweise als andersgläubig angesehen, wenn sie nicht an religiösen Riten im öffentlichen Raum teilnehme. Für Personen im städtischen Raum sei es möglich auf Moscheebesuche oder das Fasten im Ramadan zu verzichten. Es gebe aber geographische bedingte Unterschiede, und solche abweichenden Verhaltensweisen würde im städtischen Raum und in gebildeten Milieus eher toleriert als im ländlichen Raum (ACCORD Anfragebeantwortung vom 01.06.2017 [a-10159].

Daraus geht hervor, dass das Nichteinhalten von Regeln des Islams nicht per se zu einer Verfolgung führt.

Da dem Beschwerdeführer, der aus der relativ sicheren Provinz Daikundi stammt, allerdings der Status des subsidiären Schutzberechtigten zuerkannt wurde, scheidet eine innerstaatliche Fluchtalternative in Städte wie Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat, in denen eine asylrelevante Verfolgung nicht wahrscheinlich wäre, aus.

In einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verlauf des Verfahrens und aus den dargelegten Erwägungen ist daher davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verfolgung drohen würde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Begriff der Religion im Sinne der GFK ausgesprochen (VwGH 21.09.2000, Zl. 98/20/0557):

"Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Menschenrechtspakte verkünden das Recht auf Gedanken-, Gewissens-, und Religionsfreiheit; dieses Recht schreibt die Freiheit des Menschen, seine Religion zu wechseln, und die Freiheit, ihr öffentlich oder privat Ausdruck zu verleihen, mit ein. Ebenso das Recht, sie zu lehren und auszuüben, ihre Riten zu praktizieren und nach ihr zu leben (vgl. Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, S. 20). Nach Kälin (Grundriss, 93) betrifft religiöse Verfolgung Maßnahmen, welche eine Organisation gegen ihre Gegner bei Konflikten über die richtige Anschauung in Fragen des Verhältnisses des Menschen zu (einem) Gott ergreift. Im Gemeinsamen Standpunkt des Rates der Europäischen Union vom 4. März 1996 betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffs "Flüchtling" in Art 1 der FlKonv sei der Begriff der "Religion" in einem weiten Sinn aufzufassen und umfasse theistische, nichttheistische oder atheistische Glaubensüberzeugungen. Eine Verfolgung aus religiösen Gründen könne danach auch dann vorliegen, wenn maßgebliche Eingriffe eine Person betreffen, die keinerlei religiöse Überzeugung hat, sich keiner bestimmten Religion anschließe oder sich weigere, sich den mit einer Religion verbundenen Riten und Gebräuchen ganz oder teilweise zu unterwerfen. In diesem Sinn gilt auch nach der Rechtsprechung in der Schweiz als religiöse Verfolgung das Vorgehen des Staates gegen Atheisten, Ungläubige etc., um sie für ihre Ungläubigkeit zu bestrafen oder zu einem bestimmten Glauben zu zwingen (vgl. Kälin, a.a.O.). Nach der von Rohrböck wiedergegebenen Literatur (vgl. Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, Rz 402) ist unter Religion ein in sich geschlossenes metaphysisches Gedankensystem, das durch eine wie auch immer geartete Gottesvorstellung gekennzeichnet ist bzw. auf einer solchen metaphysischen Vorstellung aufbaut, zu verstehen."

Nach den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer (auch bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat) beabsichtigt, seine Abwendung vom muslimischen bzw. jeglichem Glauben weiter zu leben. Er lehnt es ab zu beten, die Moschee zu besuchen oder nach den Zwängen des Korans zu leben. Wie die Quellen belegen, ist eine solches Verhalten zwar in städtischen Gebieten möglich, ohne dass sich der Beschwerdeführer Verfolgung aussetzt.

Da dem Beschwerdeführer aufgrund des zuerkannten Status des subsidiär Schutzberechtigten keine innerstaatliche Fluchtalternative in Großstädte wie Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat offensteht, muss angenommen werden, dass dem Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung zu befürchten hat, sich sohin aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung iSd GFK außerhalb Afghanistans befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren, von welchem er keinen effektiven Schutz erwarten kann.

Dem Beschwerdeführer war folglich gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wurde am 23.09.2016 - somit nach dem 15.11.2015 - gestellt, wodurch insbesondere § 2 Abs. 1 Z 15 und § 3 Abs. 4 AsylG 2005 ("Asyl auf Zeit") gemäß § 75 Abs. 24 leg.cit. im konkreten Fall Anwendung finden. Dementsprechend kommt der BF eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu, welche sich in eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung umändert, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des

Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zitierte

Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, aber auch des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Apostasie, asylrechtlich relevante Verfolgung, befristete
Aufenthaltsberechtigung, Religion, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W156.2207315.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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