TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/18 W127 2133424-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.09.2019
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Entscheidungsdatum

18.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W127 2133424-1/43E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Fischer-Szilagyi über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Ronald Frühwirth, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.08.2016, Zl. 1048991402-140320949, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 17.09.2020 erteilt.

IV. In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist in die Republik Österreich eingereist und hat am 23.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Bei der Erstbefragung am 23.12.2014 gab der zu diesem Zeitpunkt noch minderjährige Beschwerdeführer im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari im Wesentlichen an, seine Familie habe eine private Feindschaft mit einem Mujaheddin-Kommandanten. Im Zuge dieser Feindschaft sei vor acht Jahren der Vater des Beschwerdeführers getötet worden. Etwa vier Jahre danach sei der Beschwerdeführer auf dem Schulweg von den Feinden angegriffen und am Kopf verletzt worden, sodass er zwei Tage lang bewusstlos gewesen sei. Sein rechtes Bein und seine rechte Schulter seien gebrochen gewesen, er sei aber erst zwei Tage nach dem Unfall von seiner Familie gefunden und in ein Krankenhaus gebracht worden, wo er vier Monate lang geblieben sei. Der Beschwerdeführer habe sich dann vier Jahre lang nicht aus dem Haus getraut. Als vor vier Monaten seine Frau von Unbekannten getötet worden sei, wobei der Beschwerdeführer vermute, dass es wieder Handlanger des Mujaheddin-Kommandanten gewesen seien, habe er den Entschluss gefasst, ins Ausland zu reisen. Vor zwei Monaten sei der Beschwerdeführer schließlich ausgereist.

3. Am 26.07.2017 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Er machte weitere Angaben zu dem bereits bei Erstbefragung erstatteten Vorbringen und gab zu dem Vorfall betreffend die getötete Frau an, es habe sich um das Mädchen gehandelt, das ihn betreut habe. Die beiden seien nicht verheiratet gewesen, hätten aber ein Kind gezeugt, das seit dem Tod der Frau von der Mutter des Beschwerdeführers betreut werde. Über Befragen gab der Beschwerdeführer weiters an, dass sich zwischen 2006 und 2010 - das genaue Datum könne er nicht nennen - zwei Angriffe auf das Haus seiner Familie ereignet hätten. Zweimal habe eine Person ins Haus eindringen wollen, es könnte aber auch ein Einbrecher gewesen sein.

Im Rahmen der Einvernahme brachte der Beschwerdeführer Integrationsunterlagen sowie ein Konvolut von ärztlichen Befunden zur Vorlage.

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Es wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV).

In der Begründung führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass dem Beschwerdeführer insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen und es ihm nicht gelungen sei, einen Fluchtgrund glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer leide an keiner schwerwiegenden Erkrankung und stehe nicht in medizinischer Behandlung. Er habe Familienangehörige im Heimatland, die für sein Auskommen sorgen könnten, und sei eine Rückkehr nach Kabul möglich.

5. Hiegegen wurde Rechtsmittel erhoben und der Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in vollem Umfang angefochten.

6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt langten am 26.08.2016 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Nach Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Rechtssache am 17.01.2017 der Gerichtsabteilung W127 zugewiesen.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.04.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt nicht teilnahm. Der Beschwerdeführer brachte eine Tazkira, eine Aufenthaltsbestätigung eines Krankenhauses in Kabul und ein Schreiben des Provinzrats von XXXX (jeweils mit deutscher Übersetzung) sowie eine psychologische Stellungnahme einer Psychologin des transkulturellen Zentrums Omega vom 19.04.2016 zur Vorlage.

Nach Befragung des Beschwerdeführers zu seinem Geburtsdatum, seiner Tazkira und der vorgelegten Spitalsbestätigung wurde die Verhandlung zur Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens im Hinblick auf die Vernehmungsfähigkeit des Beschwerdeführers sowie im Hinblick auf die Überprüfung, ob der Beschwerdeführer aus gesundheitlichen Gründen nach Afghanistan rückgeführt werden bzw. ob er, wenn erforderlich, eine medizinische Betreuung erhalten könne, auf unbestimmte Zeit unterbrochen.

8. In dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten psychologischen Gutachten vom 04.08.2017 wird beim Beschwerdeführer ein Zustand nach einem organischen Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma, das offensichtlich langsam remittiere (F07.2), sowie eine sonstige Entwicklungsstörung des Sprechens in Form von Lispeln (F80.8) festgestellt. Das organische Psychosyndrom stelle eine krankheitswertige psychische Störung dar, es handle sich dabei allerdings um keine chronische oder hochgradige Störung. Die Symptome würden keine posttraumatische Belastungsstörung und/oder Traumafolgestörung erklären. Das gesamte Störungsbild bilde sich zurück und bedürfe keiner speziellen medizinischen und/oder psychologischen Behandlung. Der Beschwerdeführer sei uneingeschränkt in der Lage, an einer neuerlichen Verhandlung teilzunehmen. Eine Beurteilung der Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt könne rückblickend nicht beurteilt werden. Mögliche widersprüchliche bzw. inkohärente Angaben des Beschwerdeführers seien nur für den Tatzeitraum des Unfallgeschehens im Jahr 2010 oder 2011 möglich. Eine allgemeine Vergesslichkeit aufgrund der Verletzung sei nicht erklärbar.

9. Mit Schriftsatz vom 23.02.2018 brachte der rechtsfreundliche Vertreter des Beschwerdeführers eine "Beschwerdeergänzung" ein und trat dem angefochtenen Bescheid wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften entgegen. Der Beschwerdeführervertreter führte zusammenfassend in der Begründung aus, dass die belangte Behörde bei Führung eines ordentlichen Verfahrens bzw. bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte erkennen müssen, dass der Beschwerdeführer einerseits aufgrund der Zugehörigkeit zur Familie seines Vaters, welcher für ein international tätiges christliches Hilfswerk, das Schulen baue, tätig gewesen sei, weiterhin der Gefahr der antizipativen Blutrache bzw. "Sippenhaftung" durch die Taliban und andererseits aufgrund seiner unehelichen Beziehung mit seiner bereits getöteten Lebensgefährtin, aus welcher Beziehung überdies ein Kind entstanden sei, sohin überdies aus politischen und religiösen Gründen Verfolgung durch die Taliban sowie staatlicher Verfolgung ausgesetzt sei und dieser Verfolgung Asylrelevanz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zukomme.

Der Beschwerdeführervertreter beantragte unter anderem die Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen aus dem Gebiet der Neurologie.

10. Eine vom Bundesverwaltungsgericht beauftragte länderkundige Sachverständige für Afghanistan übermittelte mit Schreiben vom 16.03.2018 das Ergebnis ihrer Recherchen betreffend den vom Beschwerdeführer angegebenen Krankenhausaufenthalt in Kabul von 26.05.2011 bis 27.09.2011. Sowohl der Arzt, der die vom Beschwerdeführer vorgelegte Krankenhausbestätigung verfasste, als auch der Leiter der Krankenhausverwaltung bestätigten die Echtheit des vorgelegten Schreibens, Details zur durchgeführten Behandlung des Beschwerdeführers und deren Dauer konnte sie allerdings nicht angeben, da Krankenakten nicht so lange aufbewahrt würden.

11. In der fortgesetzten mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer im Beisein seines rechtsfreundlichen Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu seiner Lebenssituation in Afghanistan und seinen dortigen Problemen befragt. Der Beschwerdeführer gab nunmehr insbesondere an, er habe aufgrund dieses Problems, dass er nicht verheiratet gewesen sei und ein Kind bekommen habe, Afghanistan verlassen; in Afghanistan sei dies eine Straftat. Die Verhandlung wurde zur Einholung eines neurologischen Gutachtens auf unbestimmte Zeit unterbrochen.

Der Beschwerdeführer brachte eine psychotherapeutische Stellungnahme vom 24.07.2018 zur Vorlage, aus der die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) hervorgeht.

12. Mit Schriftsatz vom 24.08.2018 übermittelte der Beschwerdeführervertreter ein Konvolut von medizinischen Unterlagen, machte Ausführungen zur Asylrelevanz des Vorbringens des Beschwerdeführers und regte Ermittlungen in dessen Herkunftsstaat betreffend den Familienstand des Beschwerdeführers und die Existenz seines unehelichen Kindes an.

13. Der vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 02.11.2018 zum Sachverständigen bestellte Facharzt stellte in dem psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachten vom 08.01.2019 die Diagnosen "Zustand nach Schädelhirntrauma", "Spannungskopfschmerz" und "Posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativen Symptomen". Die psychiatrische Symptomatik erreiche Krankheitswert, es bestehe derzeit ein ausreichendes Behandlungskonzept mit fachpsychiatrisch überwachter psychopharmakologischer Therapie sowie einer regelmäßigen Psychotherapie. Im Falle einer Abschiebung sei eine Zunahme der psychiatrischen Symptomatik wahrscheinlich, dies vor allem im Hinblick auf die geschilderte Bedrohungssituation. Der Beschwerdeführer sei auch unter Berücksichtigung der eventuellen Einnahme von Medikamenten in der Lage, an einer neuerlichen Verhandlung teilzunehmen. Eine Beeinträchtigung der Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers zum Einvernahmezeitpunkt 2016 sei möglich. Hinweise auf eine hirnorganisch bedingte Vergesslichkeit oder Einschränkung der Handlungsfähigkeit würden aus neurologisch-psychiatrischer Sicht nicht bestehen.

14. Am 15.05.2019 setzte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführervertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari fort. Der Beschwerdeführer verzichtete auf eine Stellungnahme zu dem Gutachten vom 08.01.2019 und brachte ärztliche Befunde sowie Integrationsunterlagen zur Vorlage. Der Beschwerdeführer wurde zu seinem Fluchtvorbringen und seinen Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr sowie zu seinen Angehörigen in Afghanistan und seinem Leben in Österreich befragt. Der Beschwerdeführervertreter wies insbesondere auf den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und auf den Umstand hin, dass dieser in Afghanistan kein tragfähiges soziales Netz vorfinden würde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den vorliegenden Verwaltungsakt und in den Gerichtsakt sowie insbesondere in folgende Länderberichte: Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 29.06.2018, aktualisiert mit 26.03.2019; EASO Country Guidance Afghanistan vom Juni 2018; UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018.

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, der Volksgruppe der Tadschiken zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist in das Bundesgebiet eingereist und hat am 23.12.2014 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der Beschwerdeführer ist in der afghanischen Provinz Takhar, Distrikt XXXX , geboren, aufgewachsen und hat immer dort gelebt; lediglich die letzten zwei Monate vor seiner Ausreise aus Afghanistan hat er sich in Kabul aufgehalten. Er hat in seiner Heimatprovinz acht Jahre lang die Schule besucht und spricht Dari. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan keiner Berufstätigkeit nachgegangen und hat keinen Beruf erlernt.

Der Vater des Beschwerdeführers ist bereits verstorben, seine Mutter, eine Schwester und ein minderjähriger, unehelicher Sohn des Beschwerdeführers leben in seiner Heimatregion. Außerhalb seiner Herkunftsprovinz verfügt der Beschwerdeführer über keine nahen Angehörigen in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer ist volljährig und nicht straffällig im Sinne des Asylgesetzes.

In gesundheitlicher Hinsicht besteht beim Beschwerdeführer derzeit ein Zustand nach Schädelhirntrauma, eine posttraumatische Belastungsstörung mit dissoziativen Symptomen sowie Spannungskopfschmerz. Darüber hinaus besteht beim Beschwerdeführer der Verdacht auf eine schizoaffektive Störung. Die psychiatrische Symptomatik erreicht Krankheitswert, die laufende psychopharmakologische Therapie des Beschwerdeführers wird fachpsychiatrisch überwacht und er erhält regelmäßig Psychotherapie. Im Falle einer Abschiebung ist eine Zunahme der psychiatrischen Symptomatik wahrscheinlich.

Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht war der Beschwerdeführer einvernahme- bzw. verhandlungsfähig, eine Beeinträchtigung der Einvernahmefähigkeit zum Zeitpunkt der Einvernahme durch das Bundesamt im Jahr 2016 ist jedoch nicht auszuschließen. Hinweise auf eine hirnorganisch bedingte Vergesslichkeit oder Einschränkung der Handlungsfähigkeit liegen aus neurologisch-psychiatrischer Sicht nicht vor.

1.2. Zum Fluchtvorbringen:

Der Vater des Beschwerdeführers hat in Afghanistan als Bauingenieur für ein internationales christliches Hilfswerk gearbeitet. Ungefähr im Jahr 2006 wurde er zusammen mit 16 Arbeitskollegen von unbekannten Tätern erschossen. Der Beschwerdeführer selbst wurde in diesem Zusammenhang nicht bedroht.

Im Jahr 2011 wurde der Beschwerdeführer von unbekannten Personen geschlagen und schwer verletzt. Nach einer stationären Behandlung im Krankenhaus über eine Dauer von drei bis vier Monaten wurde der Beschwerdeführer in der Folge zu Hause gepflegt. Bis zu seiner Ausreise ist es zu keinen weiteren Übergriffen bzw. Drohungen gegen den Beschwerdeführer gekommen.

Der Beschwerdeführer führte seit etwa 2013 mit der jungen Frau, die ihn pflegte, eine außereheliche Beziehung, aus der ein Kind entstand. Auch im Zusammenhang mit der außerehelichen Beziehung des Beschwerdeführers und seinem unehelichen Kind ist es nicht zu gegen den Beschwerdeführer gerichteten Übergriffen oder Drohungen gekommen. Vor der Ausreise des Beschwerdeführers aus Afghanistan ist seine Freundin, die Kindesmutter, ums Leben gekommen, die Todesursache kann allerdings nicht festgestellt werden. Das Kind des Beschwerdeführers lebt seither bei der Mutter des Beschwerdeführers und es ist zu keinen weiteren Vorfällen gekommen.

Dem Beschwerdeführer droht in Afghanistan keine Verfolgung seitens eines mit der Familie des Beschwerdeführers verfeindeten (Mujaheddin-)Kommandanten. Dem Beschwerdeführer droht auch keine physische oder psychische Gewalt wegen der früheren Berufstätigkeit seines Vaters oder aufgrund einer befürchteten "Blutrache" im Zusammenhang mit der Tötung seines Vaters.

Auch im Zusammenhang mit der außerehelichen Beziehung des Beschwerdeführers und seinem unehelichen Kind droht diesem bei einer Rückkehr nach Afghanistan weder physische oder psychische Gewalt noch Strafverfolgung.

Ferner kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Afghanistan aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit Gewalt oder Diskriminierung von erheblicher Intensität droht. Weiters haben sich keine Anhaltpunkte ergeben, dass eine Asylantragstellung im Ausland oder eine rechtswidrige Ausreise zu Sanktionen oder Repressionen in Afghanistan führen würde.

1.3. Zur allgemeinen Lage in Afghanistan:

In Afghanistan leben laut Schätzungen aus dem Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Schätzungen zufolge sind 40 % Pashtunen, rund 30 % Tadschiken, ca. 10 % Hazara, 9 % Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten. Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen können allerdings weiterhin in Konflikten und Tötungen resultierten.

Die Dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan. Sie machen etwa 30 % der afghanischen Gesellschaft aus. Außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan bilden Tadschiken in weiten Teilen Afghanistans ethnische Inseln, namentlich in den größeren Städten:

In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25 % in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert.

Etwa 99,7 % der Bevölkerung Afghanistans sind Muslime, der Großteil davon sind Sunniten. Schätzungen zufolge sind etwa 10 bis 19 % der Bevölkerung Schiiten. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie beispielsweise Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen etwa 0,3 % der Bevölkerung aus.

Für Personen, denen Verstöße gegen die Scharia wie Apostasie, Blasphemie, einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen oder Ehebruch ("zina") vorgeworfen werden, besteht nicht nur die Gefahr der strafrechtlichen Verfolgung, sondern auch der gesellschaftlichen Ächtung und Gewalt durch Familienangehörige, andere Mitglieder ihrer Gemeinschaften, die Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte (AGEs).

Inhaftierungen aufgrund von Verletzungen des afghanischen Gewohnheitsrechts oder der Scharia betreffen Berichten zufolge in überproportionaler Weise Frauen und Mädchen, einschließlich Inhaftierung aufgrund "moralischer Vergehen" wie beispielsweise dem Erscheinen ohne angemessene Begleitung, Ablehnung einer Heirat, außereheliche sexuelle Beziehungen (die als Ehebruch angesehen werden) und "Weglaufen von zu Hause" (einschließlich in Situationen von häuslicher Gewalt).

Männer, die vermeintlich gegen vorherrschende Gebräuche verstoßen, können ebenfalls einem Misshandlungsrisiko ausgesetzt sein, insbesondere in Fällen von mutmaßlichem Ehebruch und außerehelichen sexuellen Beziehungen. In Gebieten, die sich unter der tatsächlichen Kontrolle der Taliban und anderer regierungsfeindlicher Kräfte befinden, besteht für Frauen und Männer, die unmoralischer Verhaltensweisen bezichtigt werden, das Risiko, über die parallelen Justizstrukturen dieser regierungsfeindlichen Kräfte zu harten Strafen, einschließlich zu Auspeitschung und zum Tod, verurteilt zu werden.

Außereheliche bzw. voreheliche sexuelle Beziehungen können auch einen Grund für "Ehrenmorde" darstellen. Viele Fälle werden allerdings von lokalen Schuras und Dschirgas beigelegt bzw. ohne Beteiligung von Gerichten oder Vermittlungsgremien gelöst, um den entstandenen "Ehrverlust" lokal einzugrenzen. Wenn ein unverheiratetes Paar einvernehmlichen Geschlechtsverkehr hatte, folgt häufig eine Eheschließung zwischen dem Mann und der Frau. Familien mit hoher Bildung, Familien in Großstädten, Hazara und Tadschiken sind allgemein dafür offen, Lösungen zu finden, häufig auch mithilfe von Vermittlung. Insbesondere in Großstädten kommt es selten vor, dass solche Fälle in Gewalt bzw. Mord enden.

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus.

Takhar, die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers, liegt im Nordosten Afghanistans und grenzt an Tadschikistan. Im Februar und März 2018 wurde verlautbart, dass Takhar zu den relativ volatilen Provinzen in Nordostafghanistan zählt, in der oft Aktivitäten von Aufständischen und Zusammenstöße zwischen afghanischen Sicherheitskräften und Rebellen registriert werden. Auch grenzt die Provinz an unruhige Provinzen des nördlichen Afghanistan und Aufständische reisen über Takhar, um in andere Provinzen zu gelangen und dort aktiv zu werden.

Die afghanische Hauptstadt Kabul hat etwa 4,6 Millionen Einwohner und ist über den Flughafen gut zu erreichen. Die Lage in Kabul ist noch als hinreichend sicher und stabil zu bezeichnen, wenngleich es immer wieder zu Anschlägen mit zahlreichen Opfern kommt. Diese Anschläge ereignen sich allerdings oft im Nahbereich von staatlichen bzw. ausländischen Einrichtungen oder NGOs. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 wurden von UNAMA 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul dokumentiert.

Die nordafghanische Provinz Balkh ist von hoher strategischer Bedeutung und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e Khumri und ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut, es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Mazar-e Sharif verfügt über einen internationalen Flughafen. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans und hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen.

Herat ist eine wirtschaftlich relativ gut entwickelte Provinz im Westen des Landes und ist über einen internationalen Flughafen in der Provinzhauptstadt gut erreichbar. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren in abgelegenen Distrikten aufgrund von Aktivitäten der Taliban verschlechtert, insbesondere in der Stadt Herat ist die Lage aber vergleichsweise friedlich.

Zur Wirtschafts- und Versorgungslage ist festzuhalten, dass Afghanistan weiterhin ein Land mit hoher Armutsrate und Arbeitslosigkeit ist. Rückkehrer nach Afghanistan sind zunächst oft - wie auch große Teile der dort ansässigen Bevölkerung - auf gering qualifizierte Beschäftigungen oder Gelegenheitstätigkeiten angewiesen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen besteht auch für zurückkehrende Flüchtlinge das Risiko, in die Armut abzurutschen. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.

Nahrungsmittel, grundlegende Gesundheitsversorgung und Zugang zu Trinkwasser sind in den Städten Kabul und Mazar-e Sharif grundsätzlich verfügbar. Die humanitäre Situation in Afghanistan hat sich durch eine schwere Dürre - insbesondere die Regionen im Norden und Westen des Landes betreffend - weiter verschärft, die Preise für Weizen und Brot blieben dennoch vergleichsweise stabil. Zudem werden von der Dürre betroffene Menschen von nationaler und internationaler Seite insbesondere mit Nahrungsmitteln und Bargeld sowie auch hinsichtlich der Versorgung mit sauberem Trinkwasser unterstützt. Durch eine verstärkte Landflucht wurde zusätzlich auch die Wohnraumbeschaffung und Arbeitssuche erschwert. Sowohl das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme) als auch andere UN-Organisationen arbeiten mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen und Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Daneben gibt es eine Kooperation mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Afghanistan im Rahmen des Programms "Assisted Voluntary Return and Reintegration". IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten und bei der Ankunft in Kabul sowie Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerbern Unterstützung nach der Ankunft im Land - auch hinsichtlich einer ersten Unterkunftnahme. In den Städten Kabul und Mazar-e Sharif sind Unterkünfte grundsätzlich verfügbar, aufgrund der hohen Mietkosten für (reguläre) Wohnungen und Häuser - insbesondere in der Stadt Kabul - lebt ein großer Teil der Bevölkerung aber in informellen Siedlungen bzw. gibt es auch die Möglichkeit, nur ein Zimmer zu mieten oder in Teehäusern (chai khana) zu übernachten.

Medizinische Versorgung wird in Afghanistan auf drei Ebenen gewährleistet: Gesundheitsposten und Gesundheitsarbeiter bieten ihre Dienste auf Gemeinde- oder Dorfebene an; Grundversorgungszentren, allgemeine Gesundheitszentren und Bezirkskrankenhäuser operieren in den größeren Dörfern und Gemeinschaften der Distrikte. Die dritte Ebene der medizinischen Versorgung wird von Provinz- und Regionalkrankenhäusern getragen. In urbanen Gegenden bieten städtische Kliniken, Krankenhäuser und Sonderkrankenanstalten jene Dienstleistungen an, die Gesundheitsposten, Grundversorgungszentren und Gesundheitszentren in ländlichen Gebieten erbringen. 90 % der medizinischen Versorgung in Afghanistan wird dennoch nicht direkt vom Staat zur Verfügung gestellt, sondern von nationalen und internationalen NGOs, die über ein Vertragssystem beauftragt werden. Über dieses Vertragssystem wird sowohl primäre als auch sekundäre und tertiäre medizinische Versorgung zur Verfügung gestellt. Allerdings mangelt es an Investitionen in medizinische Infrastruktur. Der Bauzustand vieler Kliniken ist schlecht. Während in den Städten ein ausreichendes Netz von Krankenhäusern und Kliniken besteht, ist es in den ländlichen Gebieten für viele Afghanen schwierig, eine Klinik oder ein Krankenhaus zu erreichen.

Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt" oder es wird ihnen durch eine "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuell Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung und Depression sind in Afghanistan weit verbreitet, die Infrastruktur für die Bedürfnisse mentaler Gesundheit entwickelt sich aber nur langsam. So existieren beispielsweise in Mazar-e Sharif ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus. In Kabul existiert eine weitere psychiatrische Klinik. Landesweit bieten alle Provinzkrankenhäuser kostenfreie psychologische Beratungen an, die in einigen Fällen sogar online zur Verfügung stehen. Mental erkrankte Personen können beim Roten Halbmond, in entsprechenden Krankenhäusern und bei anderen Nichtregierungsorganisationen behandelt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu seinen Aufenthaltsorten und seinen Familienangehörigen sowie zu seiner Schulbildung und Berufserfahrung beruhen auf den plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers im Laufe seines Asylverfahrens.

Hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers wurde den Feststellungen insbesondere das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte psychiatrisch-neurologische Sachverständigengutachten vom 08.01.2019 zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer und sein rechtsfreundlicher Vertreter sind dem genannten Gutachten in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten und wurden bei der Erstellung dieses Gutachtens auch alle bis dahin vorgelegten Befunde des Beschwerdeführers berücksichtigt. Auch die in der Verhandlung vorgelegten Unterlagen sind mit den Feststellungen im Wesentlichen in Einklang zu bringen, wenngleich etwa aus den Befundberichten vom 09.01.2019 und 12.04.2019 darüber hinaus eine nicht näher bezeichnete schizoaffektive Störung bzw. ein Verdacht auf eine solche hervorgeht.

Die Feststellungen zur Einreise, Antragstellung und dem Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes und dem damit in Einklang stehenden Vorbringen des Beschwerdeführers.

2.2. Zum Fluchtvorbringen:

Im Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seinen Ausreisegrund bzw. seine Gefährdung im Falle einer Rückkehr haben sich im Laufe des gesamten Asylverfahrens mehrere Ungereimtheiten und Steigerungen ergeben. Der Beschwerdeführer hat etwa erst im Beschwerdeverfahren eine Bedrohung aufgrund seiner außerehelichen Beziehung und seines unehelichen Sohnes ins Treffen geführt und auch die in dem Schriftsatz vom 23.02.2018 angeführten Bedrohungen seitens der Taliban sowie aufgrund antizipativer Blutrache bis dahin nicht im Rahmen seiner Rückkehrbefürchtungen erwähnt.

Unter Berücksichtigung des Alters des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Vorfälle in Afghanistan und seiner im erstinstanzlichen Verfahren allenfalls noch eingeschränkten Einvernahmefähigkeit sowie möglicher verletzungsbedingter Erinnerungslücken betreffend die Zeit um das Jahr 2011, als der Beschwerdeführer niedergeschlagen und schwer verletzt wurde, konnte hinsichtlich der Feststellungen zu der Tätigkeit des Vaters des Beschwerdeführers, dessen Ableben, dem Angriff auf den Beschwerdeführer im Jahr 2011 sowie seiner ärztlichen Behandlung und häuslichen Pflege das diesbezüglich in den Kernaussagen gleichbleibende Vorbringen des Beschwerdeführers zugrunde gelegt werden. Hinsichtlich des Spitalsaufenthaltes im Jahr 2011 wurden überdies die vorgelegte Bestätigung des Krankenhauses in Kabul und die Ergebnisse der vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Recherche vom 16.03.2018 berücksichtigt.

Auch die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner außerehelichen Beziehung konnten im oben ersichtlichen Umfang den Feststellungen zugrunde gelegt werden, wenngleich es kaum mit den Verhältnissen in Afghanistan in Einklang zu bringen ist, dass eine unverheiratete Frau mit einem Mann zusammenwohnt, um ihn zu pflegen.

Dem Beschwerdeführer ist es allerdings nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihm im Zusammenhang mit dem festgestellten Sachverhalt bei einer Rückkehr nach Afghanistan Gewalt, Strafverfolgung oder Diskriminierung von erheblicher Intensität droht:

Die insbesondere im erstinstanzlichen Verfahren vom Beschwerdeführer als zentraler Fluchtgrund vorgebrachte Bedrohung seitens des (Mujaheddin-)Kommandanten beruht lediglich auf vagen Vermutungen des Beschwerdeführers, für die keinerlei substantiierte Anhaltspunkte hervorgekommen sind. Dem Beschwerdeführer ist der Grund für eine angebliche persönliche Feindschaft zu dem Kommandanten nicht bekannt, er weiß nicht, wann die Probleme begonnen haben, und ist überdies darauf hinzuweisen, dass der Vater des Beschwerdeführers offenbar nicht gezielt - als Einzelperson -, sondern im Rahmen eines größeren Angriffs, dem auch zahlreiche weitere Personen zum Opfer gefallen sind, getötet wurde. In Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer von 2006 bis 2010 sowie nach dem Vorfall 2011 bis zu seiner Ausreise 2014 ungestört leben konnte, ist im Ergebnis nicht von einer (aktuellen) Bedrohung des Beschwerdeführers auszugehen.

Zu dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreiben des Provinzrats von XXXX vom 25.09.2015 ist festzuhalten, dass es sich dem Schreiben zufolge um einen Provinzrat der Provinz Baghlan handelt und der Beschwerdeführer angegeben hat, bis zwei Monate vor seiner Ausreise immer in der Provinz Takhar gelebt zu haben. Das Schreiben kann im Ergebnis - auch vor dem Hintergrund des Amtswissens zu Urkunden und amtlichen Bestätigungen in Afghanistan (vgl. auch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation "Fälschungssicherheit von afghanischen Dokumenten, Erwerb von Fälschungen" vom 14.02.2019:

"Demnach können sämtliche Urkunden problemlos gegen Bezahlung oder aus Gefälligkeit gefertigt werden und es besteht eine fehlende Urkundensicherheit."; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan, 31.05.2018: "Echte Dokumente unwahren Inhalts gibt es in erheblichem Umfang.") - nur als Gefälligkeitsschreiben gewertet werden, zumal darin unter anderem behauptet wird, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2010 von Leuten des Kommandanten gefangen genommen und stark misshandelt worden sei. Der Beschwerdeführer selbst hat hingegen stets angegeben, dass ihm die Täter nicht bekannt seien und er lediglich die Vermutung habe, dass es der Kommandant gewesen sei ("A: [...] Es wurde mir ein Sack über den Kopf gezogen worden. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil ich dann nur noch geschlagen worden bin. Ich kam erst im Krankenhaus in Kabul zu mir. F: Gab es Zeugen?

A. Ich war ganz allein. Es gab keine Zeugen. F: Wer waren die Täter?

A: Ich weiß es nicht, aber ich vermute, dass es der Kommandant gewesen ist.").

Auch hinsichtlich des Todes der jungen Frau, mit der der Beschwerdeführer eine außereheliche Beziehung hatte, war den Angaben des Beschwerdeführers kein substantiierter Hinweis für eine gegen ihn gerichtete Bedrohung zu entnehmen. Während der Beschwerdeführer zunächst den Kommandanten für den Tod seiner Freundin verantwortlich machte (26.07.2016: "Alles, was in unserer Familie passiert ist, schreiben wir dem Kommandanten zu. Wir hatten ja sonst mit niemandem Probleme."; 07.08.2018: "Meiner Pflegerin ist auf dem Weg etwas passiert. Auch das kann der Kommandant gewesen sein."), brachte er deren Ableben später mit der außerehelichen Beziehung bzw. dem unehelichen Kind in Verbindung (15.05.2019: "Sie hatte bestimmt jemanden aus der Familie, der davon erfahren hat, dass das Kind unehelich ist und deshalb ist [dem Mädchen] das passiert"). Konkrete Anhaltpunkte für seine Vermutungen konnte der Beschwerdeführer nicht nennen. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer keinerlei Angaben zu Verletzungen der jungen Frau machen konnte, obwohl der Leichnam angeblich zu seinem Haus gebracht worden sei. Auch die Antwort des Beschwerdeführers auf die Frage, ob sie nicht auch bei einem Verkehrsunfall gestorben sein könnte ("Nein das ist nicht möglich. [...] Es gibt Fußgängerzonen wo die Fußgänger gehen, es kann nicht sein, dass sie überfahren worden ist."), vermag nicht zu überzeugen.

Auch sonst sind dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine konkreten Hinweise für eine aktuelle Gefährdung aufgrund seiner außerehelichen Beziehung bzw. seines unehelichen Kindes zu entnehmen. Die Mutter des Beschwerdeführers kann mit dessen Sohn offenbar weiterhin ungestört in Afghanistan leben und auch dem vorgelegten Schreiben des Provinzrats von XXXX vom 25.09.2015 sind trotz einer Erwähnung der außerehelichen Beziehung bzw. des unehelichen Kindes keinerlei Hinweise auf eine ablehnende Haltung gegenüber dem Beschwerdeführer oder eine drohende Strafverfolgung zu entnehmen (" XXXX ist ein sehr ehrlicher und fleißiger Mann, [...]").

Soweit eine Bedrohung des Beschwerdeführers aufgrund der Tätigkeit seines Vaters als Bauingenieur für ein internationales christliches Hilfswerk ins Treffen geführt wurde, ist den Angaben des Beschwerdeführers kein konkreter Anhaltspunkt zu entnehmen, dass der Tod seines Vaters mit dem etwa fünf Jahre später erfolgten Angriff auf seine Person in Verbindung stehen würde. Auch konnte der Beschwerdeführer nicht schlüssig darlegen, warum es im Falle einer dahingehend begründeten Verfolgung in den Jahren von 2012 bis 2014 zu keinen weiteren Angriffen auf ihn gekommen sei, zumal aufgrund des Angriffs im Jahre 2011, der auf seinem Schulweg in Takhar erfolgte, davon auszugehen ist, dass die Täter (sofern es sich überhaupt um einen gezielten Angriff auf den Beschwerdeführer gehandelt hat) seine Wohnadresse kannten. Da darüber hinaus - in Anbetracht der Tätigkeit des Vaters des Beschwerdeführers als Bauingenieur und der Umstände seines Todes (neben zahlreichen weiteren Opfern) - nicht anzunehmen ist, dass es sich beim Vater des Beschwerdeführers um ein "high-profile-target" gehandelt hat, und dessen Arbeit für ein internationales christliches Hilfswerk mehr als 13 Jahre zurückliegt, ist es dem Beschwerdeführer auch in diesem Zusammenhang nicht gelungen, eine aktuelle Bedrohung für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan glaubhaft zu machen.

Den vagen Angaben des Beschwerdeführers zu zwei Vorfällen beim Haus seiner Familie zwischen 2006 und 2008 bzw. 2010, bei denen jemand ins Haus habe eindringen wollen, und zu denen der Beschwerdeführer selbst erklärt hat, es könnten auch Einbrecher gewesen sein, sind keine substantiierten Hinweise auf eine aktuelle Bedrohung des Beschwerdeführers zu entnehmen.

Die Feststellungen hinsichtlich einer nicht bestehenden Gefährdung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Asylantragstellung sowie seiner rechtswidrigen Ausreise beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten bzw. wurde diesbezüglich auch kein Vorbringen zu bereits erfolgten oder konkret drohenden Diskriminierungen oder Übergriffen erstattet.

Konkrete Anhaltpunkte für eine individuelle Bedrohung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan sind daher nicht hervorgekommen.

2.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Die Länderfeststellungen beruhen auf den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten, insbesondere dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - das basierend auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen einen in den Kernaussagen schlüssigen Überblick über die aktuelle Lage in Afghanistan gewährleistet - und dem EASO-Bericht "Country Guidance:

Afghanistan" vom Juni 2018.

Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Im Ergebnis ist auch nicht zu erkennen, dass sich seit der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Afghanistan allgemein und für den gegenständlichen Fall relevant eine entscheidende Lageveränderung ergeben hätte. Die Lage in Afghanistan stellt sich seit Jahren diesbezüglich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einschau in aktuelle Berichte bzw. Folgeberichte des deutschen Auswärtigen Amtes, der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, des U.S. Department of State sowie von UNHCR, UNAMA, EASO und ACCORD; vgl. etwa ecoi.net-Themendossier "Überblick über die Sicherheitslage in Afghanistan" vom 26.07.2019, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 04.06.2019 und EASO Leitfaden Afghanistan vom Juni 2019) versichert hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit und Kognitionsbefugnis:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I.:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Artikel 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/18/0112 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. hiezu VwGH 21.01.1999, 98/18/0394; 19.10.2000, 98/20/0233 mwH). Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden (vgl. VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798).

Wie oben ausgeführt ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine begründete Furcht vor Verfolgung darzutun. Eine Prüfung des Zusammenhanges der vorgebrachten Bedrohung mit einem Konventionsgrund erübrigt sich daher und kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer diesbezüglich asylrelevante Verfolgung in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Den ins Verfahren eingebrachten Länderberichten sind auch keine hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen, dass "verwestlichten" Rückkehrern alleine aufgrund dieses Umstandes Gewalt oder Diskriminierung von erheblicher Intensität droht (vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 19 u. S. 57). Auch in den UNHCR-Richtlinien wird darauf hingewiesen, dass je nach den Umständen des Einzelfalls Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz bestehen kann (vgl. hiezu auch Gutachten Dr. Rasuly vom 15.02.2017, W119 2142462-1, sowie die ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan vom 01.06.2017, [a-10159], Pkt. 5).

Eine dem Beschwerdeführer drohende Verfolgung bzw. Diskriminierung von asylrelevanter Intensität aufgrund seines psychischen Gesundheitszustandes wurde ebenfalls nicht substantiiert dargetan. Unter Berücksichtigung der im vorliegenden Fall bestehenden Beschwerden bzw. Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers ist vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang bei einer Rückkehr nach Afghanistan einem erheblichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt wäre.

Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Da sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus internationalen Länderberichten hinreichende Anhaltspunkte für eine Verfolgung des Beschwerdeführers ergeben haben, ist kein unter

Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumierender Sachverhalt ableitbar.

Der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde daher zu Recht abgewiesen.

3.3. Zu Spruchpunkt II.:

Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005).

Gemäß Artikel 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention beinhalten die Abschaffung der Todesstrafe.

§ 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, verwies auf § 57 Fremdengesetz, BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG) wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber (Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 30.06.2005, 2002/20/0205, mwN). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

Unter Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikels 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 17.07.2008, 2007/21/0366). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).

Es bedarf im Rahmen einer Einzelfallprüfung einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz - bezogen auf den Einzelfall - nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikels 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036; 25.04.2017, Ra 2016/01/0307, jeweils mit mwN).

Na

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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