TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/11 W277 2140924-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.2019
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Entscheidungsdatum

11.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2

Spruch

W277 2140924-1/24E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. ESCHLBÖCK, MBA, über die Beschwerden von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. am XXXX , StA. Somalia, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.

IV. Die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides werden ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Zum Antragszeitpunkt war der am XXXX geborene BF XXXX .

1.1. Am XXXX wurde er durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und gab hierbei an, dass er als somalischer Staatsangehöriger in XXXX geboren und aufgewachsen wäre. Zu den Fluchtgründen brachte er vor, dass seine Freunde bei XXXX gewesen seien und ihm aus diesem Grund von Seiten der Regierung eine Mitgliedschaft bei der Gruppierung unterstellt worden wäre, dies entspräche aber nicht den Tatsachen. Der BF sei zwei Mal inhaftiert, jedoch zwei Mal wieder "frei-gekauft" worden. Dann sei er geflüchtet.

2. Am XXXX wurde der BF durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) niederschriftlich einvernommen.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag des BF sowohl hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat XXXX abgewiesen (Spruchpunkt II.). Unter Spruchpunkt III. wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt und gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach XXXX zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise des BF betrage 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Festgestellt wurde, dass der BF Staatsangehöriger von Somalia sei. Dem Bescheid wurden die Länderfeststellungen von XXXX zu Grunde gelegt.

3.1. Das BFA stellte dem BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF mit Schriftsatz vom XXXX durch seinen Rechtsvertreter, XXXX , binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde. Dabei wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die Behörde nicht hinreichend mit dem Vorbringen des BF auseinandergesetzt habe, da sie seine Schilderungen als nicht glaubhaft erachte. In XXXX werde er per Haftbefehl gesucht, weil er als ein XXXX gelte. Bei einer Rückkehr drohe ihm die Verletzung seiner in Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

4.1. Dem Beschwerdeschriftsatz wurde ein handschriftliches Schreiben des BF in der Sprache Somali beigefügt, welches durch das BVwG einer Übersetzung zugeführt wurde. Dem Schreiben ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass der BF nicht nach XXXX zurück wolle. XXXX halte sein Land und seine Leute unter Gewalt. Er sei einmal geschlagen und seine Mutter seinetwegen ständig inhaftiert worden. Jetzt würden sie wissen, dass er XXXX angehöre.

4.2. Vorgelegt wurden weiters:

-

eine undatierte Teilnahmebestätigung des XXXX , wonach der BF vom

XXXX den Kurs "Deutsch als Fremdsprache XXXX " besucht habe,

-

eine Bestätigung des XXXX , wonach der BF vom XXXX bis XXXX am Kurs "Deutsch für Asylwerbende XXXX " teilgenommen habe,

-

eine Bestätigung des XXXX , wonach der BF vom XXXX bis XXXX am Kurs "Deutsch als Fremdsprache Intensiv XXXX " teilgenommen habe,

-

eine Bestätigung des XXXX , wonach der BF vom XXXX bis XXXX am Kurs "Deutsch als Fremdsprache Intensiv XXXX " teilgenommen habe,

-

eine Bestätigung der XXXX vom XXXX , wonach der BF regelmäßig am Kurs "Deutsch für asylwerbende XXXX " teilnehme,

-

eine Bestätigung des Magistrats in Salzburg vom XXXX , wonach der BF im Rahmen des sozialen Projektes " XXXX " vom XXXX bis XXXX im Ausmaß von XXXX Stunden bei der XXXX , XXXX beschäftigt gewesen sei. Seine Tätigkeit habe die Mithilfe bei der Reinigung im Straßenbereich der Stadt XXXX umfasst.

-

eine Bestätigung der XXXX vom XXXX , wonach der BF am Kurs "Deutsch für Asylwerbende XXXX " teilgenommen habe,

-

ein XXXX Zertifikat XXXX vom XXXX , welcher zu entnehmen ist, dass der BF die Prüfung XXXX bestanden habe,

-

Teilnahmebestätigungen des XXXX "Einführung in die lateinische Schrift und in die deutsche Sprache" vom XXXX bis XXXX , XXXX bis

XXXX und vom XXXX bis XXXX .

5. Mit Schreiben vom XXXX langte eine XXXX von XXXX beim BVwG ein.

6. Mit Schriftsatz vom XXXX wurde durch die Rechtsvertretung XXXX eine Stellungnahme vorlegt. Hierbei wurde darauf hingewiesen, dass die XXXX des BF ungeklärt sei und entsprechende Unterlagen dem Gericht XXXX nachgereicht werden. Eine diesbezüglich abschließende Beurteilung sei der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorbehalten. Schließlich wurde das Fluchtvorbringen wiederholt.

Dem Schriftsatz wurde Folgendes beigelegt:

-

ein ärztlicher Ambulanzbericht vom XXXX , wonach der BF an XXXX leide und ihm Therapie angeraten werde,

-ein als mit "Bestätigung" tituliertes Schreiben der XXXX vom XXXX , wonach der BF zu für das XXXX angemeldet sei,

-ein Unterstützungsschreiben von Frau XXXX und

-ein Unterstützungsschreiben von einer Person mit dem Spitznamen "

XXXX ".

7. Am XXXX übersandte der BF dem Bundesverwaltungsgericht einen Ambulanzbericht vom XXXX und eine Bestätigung der XXXX , welcher zu entnehmen ist, dass eine XXXX für den Zeitraum vom XXXX bis XXXX bewilligt worden sei. Weiters wurde eine Bestätigung der XXXX über die Teilnahme am Einstiegsmoduls zum Lehrgang zur Vorbereitung auf den Pflichtschulabschluss vom XXXX bis XXXX , sowie XXXX , übermittelt.

8. Mit Eingabe vom XXXX teilte der Rechtsvertreter XXXX dem BVwG mit, dass er nicht an der anberaumten, mündlichen Verhandlung vor dem BVwG anwesend werde, XXXX . In dem Schreiben ist auch eine Vermutung des Rechtsanwaltes enthalten, dass der BF XXXX sei. Nach Ansicht des Rechtsvertreters läge bei dem BF eine XXXX vor. Beigefügt wurden der Führerschein des BF in Kopie, sowie ein weiteres Schreiben eines Freundes namens XXXX , welches als " XXXX " tituliert seine Wahrnehmungen zur Situation und dem XXXX des BF enthält.

9. Mit Eingabe vom XXXX erging an das BVwG eine XXXX des XXXX .

10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Somali eine öffentliche, mündliche Verhandlung durch. Das BFA teilte mit Schreiben vom XXXX mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters nicht möglich sein werde und ist folglich nicht erschienen. In der Verhandlung gab der BF an, dass die Vollmachten betreffend XXXX und den XXXX aufrecht seien. Dem BF und seiner Rechtsvertretung XXXX wurde vor dem BVwG die Möglichkeit geboten, sich ausführlich zu den Fluchtgründen und zur aktuellen Lage in XXXX Stellung zu beziehen, sowie zu den Rückkehrbefürchtungen und der Integration des BF im Bundesgebiet zu äußern.

In der Verhandlung wurde eine Arbeitsbestätigung der XXXX vom XXXX vorgelegt, welcher zu entnehmen ist, dass der BF im Zeitraum XXXX -ohne genaue Datumsangabe bzw. nähere Erläuterung- gemeinnützige Tätigkeiten durchgeführt habe (Beilage ./A).

11. Am XXXX langte beim BVwG eine Benachrichtigung des XXXX ein, welcher zu entnehmen ist, dass das XXXX gegen den BF wegen XXXX aufgrund des im XXXX XXXX vom XXXX umschriebenen Lebenssachverhalts gemäß XXXX nach XXXX worden ist.

12. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine Strafregisterabfrage durch. Es scheint keine Verurteilung auf.

II. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich daraus wie folgt:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des BF

Der BF ist ein volljähriger Staatsangehöriger von Somalia, Zugehöriger des Clans der XXXX , Sub-Clan XXXX , und muslimisch-sunnitischen Glaubens. Er ist ledig und XXXX . Der BF ist gesund und im erwerbsfähigen Alter.

Die Eltern und Großeltern des BF sind in Somalia, XXXX , geboren und vor der Geburt des BF nach XXXX übersiedelt.

Der BF ist in XXXX in der Stadt XXXX (andere Schreibweise: XXXX, XXXX ) geboren und aufgewachsen. Er lebte einem Haus, welches im Eigentum der Eltern ist. Der BF besuchte XXXX Jahre lang in XXXX die Schule. Er war XXXX in seinem Herkunftsstaat XXXX .

Sein Vater arbeitete als Fahrzeugvermittler, er ist bereits verstorben. Seine Mutter arbeitete als Milchverkäuferin und lebt mit der Großmutter des BF XXXX in XXXX . Beide werden von den Onkeln mütterlicherseits versorgt. Eine der XXXX Schwestern lebt in XXXX .

Die zwei Brüder und eine Schwester des BF leben in XXXX , bei der XXXX (in der Folge: XXXX ) und werden von den XXXX der XXXX unterstützt.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten und es sind keine Aberkennungsgründe hervorgekommen.

1.2. Zum Fluchtvorbringen

Dem BF droht im Falle einer Rückkehr nach Somalia keine asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner politischen Gesinnung.

Dem BF droht aus keinen anderen Gründen eine asylrelevante Verfolgung bzw. Bedrohung im Herkunftsstaat Somalia.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

1.3.1. Grundversorgung / Humanitäre Lage

Die humanitäre Krise in Somalia bleibt eine der komplexesten und am längsten dauernden weltweit (SRSG 3.1.2019, S.4f). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist in weiten Landesteilen nicht gewährleistet (AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.3.2019a): Somalia - Wirtschaft vgl. AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (4.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, S.20). Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia zum Land mit dem fünftgrößten Bedarf an internationaler Nothilfe weltweit (AA 4.3.2019, S.4; vgl. AA 5.3.2019a). Auch der bewaffnete Konflikt trägt seinen Teil dazu bei (SRSG 3.1.2019, S.4f).

Armut: Große Teile der Bevölkerung sind hinsichtlich Armut und Nahrungsversorgung vulnerabel. Eine Schätzung besagt, dass rund 77% der Bevölkerung mit weniger als 1,9 US-Dollar pro Tag auskommen müssen und daher als extrem arm gelten - insbesondere in ländlichen Gebieten und IDP-Lagern (UNSC 15.5.2019, Abs.20). Nach anderen Angaben leben 69% der Bevölkerung in Armut (USDOS 13.3.2019, S.37), fast einer von drei Somalis lebt in extremer Armut. Dabei finden sich die höchsten Raten bei IDPs, in ländlichen Gemeinden und bei Nomaden (UNSC 21.12.2018, S.4). Es gibt viele IDPs und Kinder, die auf der Straße leben und arbeiten (USDOS 13.3.2019, S.32). Die ländliche Bevölkerung und IDPs befinden sich in der am meisten vulnerablen Position. Erstere verfügen kaum über Mittel, um die durch die Dürre entstandenen Verluste wieder wettzumachen. Dadurch sind sie hinsichtlich neuerlicher Katastrophen wehrlos (UNSC 21.12.2018, S.14).

Hintergrund: 60% der Somali sind zum größten Teil von der Viehzucht abhängig, 23% sind Subsistenz-Landwirte (OXFAM 6.2018, S.4). Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben Frequenz und Dauer von Dürren zugenommen. Deswegen wurde auch die Kapazität der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Mit jeder

Dürre wurden ihre Vermögenswerte reduziert: Tiere starben oder wurden zu niedrigen Preisen verkauft, Ernten blieben aus; es fehlt das Geld, um neues Saatgut anzuschaffen (TG 8.7.2019). Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenzahl im Haushalt die Vulnerabilität im Fall eines Katastrophen (z.B. Naturkatastrophe) (UNSC 15.5.2019, Abs.20). Bereits 2016/17 wurden im Zuge der Dürre fast eine Millionen Somali vertrieben. Nur aufgrund großangelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot verhindert (SLS - Somaliland Standard (12.7.2019): Response plan for -, URL, Zugriff 6.9.2019 - TG - The Guardian (8.7.2019): In Somalia, the climate emergency is already here. The world cannot ignore it; vgl. SRSG 13.9.2018, S.1).

Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt (SRSG 3.1.2019, S.4f; vgl. NLMBZ 3.2019, S.49). Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert (UNSC 21.12.2018, S.14; vgl. USDOS 13.3.2019, S.22) - nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle (USDOS 13.3.2019, S.22). Trotzdem blieb auch dann die Zahl der auf Hilfe angewiesenen Menschen bei 4,2 Millionen (SRSG - Special Representative of the Secretary-General for Somalia, Mr. Nicholas Haysom (3.1.2019):

Statement to the Security Council on Somalia, S.4f; vgl. UNSC 21.12.2018, S.14).

Aktuelle Lage: Somalia steht wieder vor einem großen humanitären Notfall. Am meisten betroffen sind IDPs und marginalisierte Gruppen (SLS 12.7.2019; vgl. UNOCHA 31.7.2019, S.1). Das Land leidet unter den negativen Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle in der Gu-Regenzeit (April,Juni) 2019 (UNSC 15.8.2019, Abs.38ff). Letztere hat sehr spät eingesetzt. Der gefallene Regen hat die Dürre-Bedingungen zwar etwas entspannt und den Zustand des Viehs etwas verbessert; trotzdem reichte er nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu stärken (UNSC 15.8.2019, Abs.38ff). Am Ende ist die Gu zwar normal oder fast normal ausgefallen; doch war der Niederschlag erratisch und schlecht verteilt. Außerdem kam er um ein Monat später als normal (FAO 19.7.2019, S.1). Bereits zuvor war die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) 2018 schlecht ausgefallen und Anfang 2019 war ungewöhnlich trocken. Mit Ausnahme der Gu im Jahr 2018 ist seit Ende 2015 jede Regenzeit unterdurchschnittlich ausgefallen (UNSC 15.8.2019, Abs 38ff).

Der humanitäre Bedarf ist nach wie vor hoch, Millionen von Menschen befinden sich in einer Situation akuter Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung (UNOCHA 31.7.2019, S.1). In Nord- und Zentralsomalia herrschen durchgehend moderate bis große Lücken in der Versorgung. Dort wird für August/September 2019 in einigen Teilen mit IPC 3 und IPC 4 gerechnet. Das gleiche gilt für den Süden, wo aufgrund einer unterdurchschnittlichen Ernte die Lebensmittelpreise steigen werden (FEWS - Famine Early Warning System Network (31.7.2019): Somalia Key Message Update). Der Preis für Sorghum befindet sich bereits auf einer außergewöhnlichen Höhe (UNOCHA 9.9.2019, S.1). Viele Menschen aus ländlichen Gebieten sind in Städte gezogen, um Zugang zu Hilfsgütern zu erhalten (BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (20.5.2019):

Briefing Notes 20. Mai 2019, S.5).

Verarmte Pastoralisten mit kleinen Herden stehen in den nächsten Monaten vor Lücken in der Nahrungsmittelversorgung. Davon sind landesweit auch viele Agropastoralisten und Bauern betroffen. Während der Viehbestand vorübergehend von besserer Weide profitiert, ist in der Landwirtschaft mit einem Ernteausfall von 50% zu rechnen (UNSC 15.8.2019, Abs.38ff) - etwa bei Mais und Sorghum (DEVEX / Sara Jerving (9.7.2019): Somali aid community faces up to a new reality of recurring drought). Nach neueren Angaben war die letzte Ernte in Südsomalia die schlechteste seit 1995 - 68% unter dem Durchschnitt; im Nordwesten lag sie mit 44% unter dem Durchschnitt (FEWS 2.9.2019a).

Schätzungen zufolge werden bis September 2019 5,4 Millionen Menschen von Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung betroffen sein; davon 3,2 Millionen in IPC-Phase 2 (UNOCHA 14.8.2019) und 2,2 Millionen in den Phasen 3 und 4 (UNOCHA 14.8.2019; vgl. UNSC 15.8.2019, Abs.38ff). Bis zu 2,1 Millionen Menschen werden sich hinsichtlich Nahrungsmittelversorgung in einer Krisensituation finden (IPC >2), 6,3 Millionen werden von einer Versorgungsunsicherheit bedroht sein (UNOCHA 9.9.2019, S.1f; vgl. FEWS 2.9.2019a; STC - Safe the Children (3.9.2019): Dire warnings as Somalia teeters on edge of food crisis). Dieses Szenario gilt dann, wenn die gegenwärtig getätigten humanitären Interventionen nicht verstärkt werden (UNOCHA 9.9.2019, S.1). Mit Stand September 2019 verhindert eine großangelegte humanitäre Hilfe schlimmere Zahlen. Geht die Hilfeleistung zurück, ist von einer Verschlechterung auszugehen. Und auch für den Fall, dass die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) besser ausfallen sollte, wird sich dies frühestens Ende Dezember auf die Versorgungslage auswirken (FEWS - Famine Early Warning System Network / FSNAU (2.9.2019a): Somalia 2019 Post Gu FSNAU FEWS-NET Technical Release).

1.3.2. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Die somalische Regierung und Somaliland arbeiten mit dem UNHCR und IOM zusammen, um IDPs, Flüchtlinge, Rückkehrer und Asylwerber zu unterstützen (USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, S.21). Die Bundesregierung und einige Bundesstaaten zeigen ihre Willigkeit, Verantwortung für IDPs zu übernehmen, und es wurden einige Gesetze erlassen, um ihren Schutz zu verbessern. Allerdings gibt es noch signifikante Lücken. Zumindest Somaliland und Puntland haben eigene Policies für IDPs (OXFAM / REACH (6.2018): Drought, Displacement and Livelihoods in Somalia/Somaliland, S.5). UNHCR setzt sich für den Schutz von IDPs ein und gewährt etwas an finanzieller Unterstützung (USDOS 13.3.2019, S.22f).

IDP-Zahlen: Schon vor dem Jahr 2016 gab es - v.a. in Süd-/Zentralsomalia - mehr als 1,1 Millionen IDPs. Viele davon waren im Zuge der Hungersnot 2011 geflüchtet und danach nicht mehr in ihre Heimat zurückgekehrt. Weitere 1,6 Millionen sind ab 2016 hinzugekommen, auch sie sind in erster Linie wegen der Dürre geflohen (OXFAM 6.2018, S.5). Gewalt, Unsicherheit und unberechenbares Wetter sorgen auch weiterhin für neue Vertreibung von Zivilisten. Die Zahl an IDPs beträgt 2,6 Millionen. Viele davon leben unter schwierigen Umständen, sind sehr vulnerabel und auf Unterstützung und Schutz angewiesen (UNSC - UN Security Council (21.12.2018): Report of the Secretary-General on Somalia, Abs.68). Viele der im Jahr 2018 neu Vertriebenen sind zwar auf Unsicherheit zurückzuführen; ebenso viele mussten ihre Heimat aber wegen Dürre und/oder Überschwemmungen verlassen (NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (3.2019): Country of Origin Information Report on South and Central Somalia, S.49). In den ersten acht Monaten des Jahres 2019 sind ca. 248.000 Menschen durch Dürre und Konflikte vertrieben worden (NRC - Norwegian Refugee Council (10.9.2019): Drought and conflict displace quarter of a million people in Somalia).

Mit Stand Juni 2018 gab es in Somalia 1.843 IDP-Lager und -Siedlungen, knapp die Hälfte davon in der Region Benadir/Mogadischu. Fast 80% dieser Lager und Siedlungen sind spontan und ungeplant errichtet worden (CCCM - Camp Coordination and Camp Management Cluster Somalia (26.6.2018): Detailed Site Assessment (as of 26 June 2018)).

Rechtswidrige Zwangsräumungen, die IDPs und die arme Stadtbevölkerung betrafen, bleiben ein großes Problem (AA 4.3.2019, S.19; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.69). Im Jahr 2018 waren 314.000 IDPs von Zwangsräumungen betroffen, 2017 waren es 200.000 gewesen (UNSC 15.5.2019, Abs.69). In den ersten acht Monaten 2019 waren davon 134.000 Menschen betroffen, davon 108.000 in Mogadischu (NRC 10.9.2019). Viele weitere Delogierungen wurden aus Baidoa gemeldet (UNSC 21.12.2018, S.14). Die Mehrheit der IDPs zog in der Folge in entlegene und unsichere Außenbezirke von Mogadischu, wo es lediglich eine rudimentäre bzw. gar keine soziale Grundversorgung gibt, und sie unter äußerst schlechten Bedingungen leben (AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (4.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, S.19). Im Zuge von Zwangsräumungen kommt es mitunter auch zu unverhältnismäßiger Gewaltanwendung. Bei einer Räumung im Bereich Sinka Dheere in Mogadischu starben im Juli 2018 drei Personen, nachdem Sicherheitskräfte auf Demonstranten das Feuer eröffnet hatten (SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group / UN Security Council (9.11.2018): Report of the Monitoring Group on Somalia and Eritrea submitted in accordance with resolution 2385 (2017), S.41). Organisationen wie IOM versuchen, durch eine Umsiedlung von IDPs auf vorbereitete Grundstücke einer Zwangsräumung zuvorzukommen. So werden z.B. in Baidoa 2019 1.000 IDP-Haushalte aus 15 Lagern auf mit der Stadtverwaltung abgestimmte Grundstücke umgesiedelt. Dort wurden zuvor Latrinen, Wasserversorgung, Straßenbeleuchtung und andere Infrastruktur installiert. Auch zwei Polizeistationen wurden gebaut. Den IDPs werden außerdem Gutscheine für Baumaterial zur Verfügung gestellt (IOM - Internationale Organisation für Migration (25.6.2019): In Somalia, IOM Begins Relocating Families at Risk of Eviction).

Menschenrechte: IDPs sind andauernden schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt, ihre besondere Schutzlosigkeit und Hilfsbedürftigkeit werden von allerlei nichtstaatlichen - aber auch staatlichen - Stellen ausgenutzt und missbraucht. Schläge, Vergewaltigungen, Abzweigung von Nahrungsmittelhilfen, Bewegungseinschränkungen und Diskriminierung aufgrund von Clan-Zugehörigkeiten sind an der Tagesordnung (AA 4.3.2019, S.19); es kommt auch zu willkürlichen Tötungen, Vertreibungen und sexueller Gewalt (HRW 17.1.2019). Vergewaltigungen in IDP-Camps kommen häufig vor (FIS - Finnish Immigration Service (Finnland) (5.10.2018): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, S.32). Weibliche IDPs sind hinsichtlich einer Vergewaltigung und sexueller Gewalt besonders gefährdet (USDOS 13.3.2019, S.22/29; vgl. HRW 17.1.2019), 80% der gemeldeten Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt betreffen IDPs (NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (3.2019): Country of Origin Information Report on South and Central Somalia, S.44). Zu den Tätern gehören bewaffnete Männer - darunter Regierungssoldaten und Milizionäre - und Zivilisten (HRW - Human Rights Watch (17.1.2019):

World Report 2019 - Somalia). Andererseits stellen IDP-Lager für al Shabaab kein Ziel dar (NLMBZ 3.2019, S.24/54). Dafür flüchteten im Juli 2019 einige hundert IDPs aus Galmudug, da sie dort als angebliche Kollaborateure von al Shabaab angefeindet und angegriffen wurden (UNOCHA 31.7.2019, S.3).

Versorgung: Gerade auch für IDPs hat eine Dürre schlimme Konsequenzen (UNOCHA 31.7.2019, S.1).

Unterstützung: Die EU unterstützt über das Programm RE-INTEG Rückkehrer, IDPs und Aufnahmegemeinden. Dafür werden 50 Millionen Euro zur Verfügung gestellt (EEAS - EU External Action Service (17.1.2018): First RE-INTEG Programme Steering Committee meeting held in Mogadishu: EU addresses needs of IDPs, refugees and host communities in Somalia). Damit wurde unter anderem für 7.000 Familien aus 54 IDP-Lagern in Baidoa Land beschafft, welches diesen permanent als Eigentum erhalten bleibt, und auf welchem sie siedeln können. Insgesamt hat die EU mit ähnlichen Programmen bisher 60.000 Menschen helfen können (EC 13.7.2019). Auch die UN beteiligt sich an diesbezüglichen Programmen, um für IDPs langfristige Lösungen herbeizuführen (UNDP - UN Development Programme (o.D.): Innovative Durable Solutions for IDPs and Returnees o.D.).

Es gibt Anzeichen dafür, dass in Puntland aufhältige IDPs aus anderen Teilen Somalias dort permanent bleiben können und dieselben Rechte genießen, wie die ursprünglichen Einwohner (LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (9.4.2019): Somalia - Folkbokförning, medborgarskap och identitetshandlngar, S.9).

Flüchtlinge: Somalia ist ein äußerst unattraktives Zufluchtsland für Asylsuchende. Die Zahl ausländischer Flüchtlinge wird als sehr gering eingeschätzt und beschränkte sich in der Vergangenheit im Wesentlichen auf ethnische Somali aus dem äthiopischen Somali Regional State. Seit Beginn des Konflikts im Jemen sind mehr als

6.500 Flüchtlinge aus dem Jemen in Somalia angekommen (AA 4.3.2019, S.19). Somalia beherbergt nur eine relativ kleine Zahl an Flüchtlingen. Diese stammen v.a. aus dem Jemen, Äthiopien und Eritrea. Wirtschaftsmigranten passieren Somalia auf dem Weg zum Arabischen Golf (USDOS 13.3.2019, S.21). Im Juni 2019 befanden sich

34.558 registrierte Asylwerber und Flüchtlinge in Somalia. Mehr als die Hälfte davon befinden sich in Somaliland, nahezu alle anderen in Puntland und Mogadischu. Fast alle stammen aus Äthiopien und dem Jemen (UNHCR 30.6.2019a). Der UNHCR betreibt ein Unterstützungs- und Integrationsprogramm zur möglichst schnellen Eingliederung von Flüchtlingen in das öffentliche Leben (AA 4.3.2019, S.19).

1.3.3. Clans

Der Jilib [Anm.: untere Ebene im Clansystem] ist unter anderem dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (Xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie) (SEM 31.5.2017, S.5/31f). Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration kann in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängig sein (ÖB 9.2016, S.17; vgl. LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (3.7.2019): Säkerhetssituationen i Somalia, S.63). Für Rückkehrer ohne Netzwerk oder Geld gestaltet sich die Situation schwierig. Im herausfordernden Umfeld von Mogadischu sind entweder ein funktionierendes Netzwerk oder aber genügend Eigenressourcen notwendig, um ein Auslangen finden zu können. Ein Netzwerk ist z.B. hinsichtlich Arbeitssuche wichtig (FIS - Finnish Immigration Service (Finnland) (5.10.2018): Somalia:

Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, S.22). Eine andere Quelle gibt an, dass ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung sein wird, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist (NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (10.2017): Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal-Somalië, S.73f).

1.3.4. XXXX

Mit der Amtseinführung von Abiy Ahmed Ali als Premierminister wuchsen zunächst die Hoffnungen auf eine nationale Aussöhnung zwischen den ethnischen Gruppen. Abiy, selbst ethnischer Oromo, erteilte im Rahmen seiner Dialog- und Aussöhnungsstrategie einer OLF-zugehörigen Oppositionsgruppe Amnestie (GIZ 9.2018a). Oppositionsparteien wurden eingeladen, aus dem Exil zurückzukehren. Die XXXX und die Oromo Liberation Front (OLF) wurden entkriminalisiert (AA - Auswärtiges Amt (17.10.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien). In der ersten Jahreshälfte 2018 wurden ca. 25.000 teilweise aus politischen Gründen inhaftierte bzw. verdächtige Personen vorzeitig entlassen (AA 17.10.2018; vgl. AA - (4.2018a): Länderinformation, Äthiopien, Innenpolitik). Seit Anfang des Jahres sind über 7.000 größtenteils offensichtlich aus politischen Gründen Inhaftierte freigelassen worden, darunter der Oppositionsführer der Region Oromia, Merera Gudina, und sein Stellvertreter Bekele Gerba sowie andere, teilweise seit mehreren Jahren inhaftierte Regierungskritiker, die v.a. auf Grundlage der drakonischen AntiTerror-Gesetzgebung verurteilt worden waren. Premierminister Abiy hat diese Politik fortgesetzt: Am 26.5.2018 ist der britische Staatsbürger Andargachew Tsige, Führungsmitglied der von Äthiopien als Terrorgruppe angesehenen Organisation "Ginbot 7", überraschend begnadigt worden. Am 30.5.2018 hat er sich, direkt nach seiner Freilassung, öffentlichkeitswirksam mit Premierminister Abiy getroffen. Gleichzeitig sind die bestehenden Anklagen gegen Ginbot 7-Chef Berhanu Nega sowie gegen den Leiter des aus Minnesota operierenden Oromia Media Network (OMN), Jawar Mohamed, fallengelassen worden. Alle drei Personen galten bislang als prominente Staatsfeinde. Schon eine öffentliche Sympathiebekundung für einen von ihnen hätte bis zum Amtsantritt von Abiy zu einer sofortigen Verhaftung geführt (AA 17.10.2018).

Am 7.8.2018 unterzeichneten Vertreter der äthiopischen Regierung und der OLF ein Versöhnungsabkommen. Die XXXX , die für eine Autonomie des in der Region Somali gelegenen XXXX kämpft, verkündete am 12.8.2018 einen einseitigen Waffenstillstand (BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (13.8.2018): Briefing Notes vom 13. August 2018).

Die Führung OLF kündigte an, nach der Aussöhnung mit der Regierung fortan einen friedlichen Kampf für Reformen führen zu wollen. Mehr als 20 Jahre hatte die OLF im Untergrund gewirkt und regelmäßig Anschläge begangen. Sie war deshalb auch als terroristische Vereinigung verboten. Am 15.9.2018 haben Zehntausende Menschen in der Hauptstadt Addis Abeba, die Rückkehr früherer Oromo-Rebellen aus dem Exil gefeiert. Neben Oromo-Chef Dawud Ibsa und anderen Funktionären kamen auch etwa 1.500 Kämpfer aus dem benachbarten Eritrea zurück. Obwohl die Feier von einer massiven Sicherheitspräsenz begleitet wurden, soll es vereinzelt zu Ausschreitungen zwischen der größten Volksgruppe in Äthiopien, den Oromo und Minderheiten gekommen sein (BAMF 17.9.2018; vgl. BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (17.9.2018):

Briefing Notes vom 17. September 2018, BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (1.10.2018): Briefing Notes vom 1. Oktober 2018); rund 1.200 Personen wurden verhaftet (BAMF 1.10.2018).

Die Neuaufteilung von ministeriellen Ressorts und die Neubesetzung seines Kabinetts, sowie seine Bereitschaft zum Dialog mit der Opposition, können als Zeichen politischer Veränderung gedeutet werden. Inwieweit Abiy Ahmed und die gesamte Regierung den massiven Herausforderungen tatsächlich gewachsen sind, bleibt aber abzuwarten. Nicht zu unterschätzen sind jedoch die Kräfte, die weiterhin gegen nationale Einigung und die Regierung arbeiten (GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (9.2018a): Äthiopien, Geschichte & Staat).

Darüber hinaus, wurde es am 22.11.2018 ein starkes politisches Symbol an die Opposition übermittelt. Premierminister Abiy Ahmed kündigte die Ernennung von Birtukan Mideksa, zur Vorsitzenden der nationalen Wahlkommission [National Electoral Board of Ethiopia (NEBE)] an. Birtukan Mideksa kehrte Anfang November 2018 aus sieben Jahren Exil in den Vereinigten Staaten zurück (JA - Jeune Afrique (22.11.2018): Éthiopie: l'opposante Birtukan Mideksa à la tête de la Commission électorale, un symbole politique fort).

1.4. Zur Situation des BF im Falle einer Rückkehr

Der BF würde bei einer " XXXX -Kehr nach Somalia mangels familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte Gefahr laufen, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des BF

Der BF legte schwer leserliche Kopien der XXXX sowie XXXX vor. XXXX . Mangels Vorlage XXXX konnte daher die Identität nicht bewiesen werden, weshalb hinsichtlich des Namens und des Geburtsdatums Verfahrensidentität vorliegt.

Die Feststellung zu seiner Staats-, Religions- und Clanzugehörigkeit des BF zu dem Clan der XXXX , Sub-Clan XXXX , seiner somalischen Herkunft und sowie die Feststellung, dass er in XXXX geboren und aufgewachsen ist, gründen sich auf seinen XXXX Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Der BF gab mehrmals konkret danach gefragt unzweifelhaft an, dass er somalischer Staatsangehöriger ist. Sowohl seine Großeltern, als auch seine Eltern sind in XXXX geboren und vor der Geburt des BF nach XXXX gezogen. (Niederschrift mündliche Verhandlung, in der Folge NSV S. 14). Hinzukommt, dass der BF in der seiner Beschwerde beigefügten Stellungnahme angab, dass XXXX sein Land und seine Leute (sinngemäß: das somalische Land und die somalischen Leute) unter Gewalt halte (AS 162). Dies lässt darauf schließen, dass er sich als Somalier identifiziert und das Land XXXX nicht als sein Herkunftsland begreift.

XXXX . Die Angaben zu seiner Schulausbildung sind stringent zu seinen Angaben bei der Befragung bei dem BFA.

Dass der BF gesund ist, ergibt sich aus den im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen und seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung (NSV S. 7). Dem Arztbericht vom XXXX ist zu entnehmen, dass XXXX bzw. eine XXXX besteht. Laut Ambulanzbericht vom XXXX wird aufgrund einer XXXX eine XXXX zur regelmäßigen XXXX empfohlen. Dem BF wurde diesbezüglich bereits im Jahre XXXX die Teilnahme an einer XXXX bewilligt, nach seinen eigenen Angaben hat er an dieser teilgenommen. Da er keine Bestätigung betreffend XXXX vorlegen konnte (NSV S. 7), kann nicht festgestellt werden, XXXX . Er befindet sich aktuell nicht in ärztlicher Behandlung (NSV S. 8). Es hat sich insgesamt nach den vorgelegten Befunden und seines XXXX auch kein Hinweis ergeben, an seiner Gesundheit zu zweifeln, weshalb keine Veranlassung bestand von Amts wegen eine Begutachtung des Gesundheitszustands vorzunehmen.

Der BF konnte glaubhaft darlegen, dass er XXXX in seinem Herkunftsstaat XXXX war (NSV S. 15, S. 28). Die detailreichen Schilderungen des BF, dass seine Familie ursprünglich aus XXXX stammt und nach XXXX gezogen ist, weil sein Clan aus dieser Gegend stammt, sind nachvollziehbar. So gab er an, dass die Großeltern bereits vor der Ausreise aus Somalia Eigentümer des Grundes in XXXX waren, auf welchem das Elternhaus gebaut wurde. Glaubhaft konnte er weiters schildern, dass es üblich ist, dass Somalier die dem Clan der XXXX zugehörig sind und aus dieser Gegend stammen ein großes Interesse daran hegen, weiterhin ihre Wurzeln in dem Gebiet aufrecht zu halten (NSV S.15 f.).

Ebenso glaubhaft sind seine Angaben bezüglich des Kontaktes zu seiner Mutter in XXXX , XXXX , die jetzt in XXXX bei der XXXX leben, selbst keiner Berufstätigkeit nachgehen und von den Kindern der XXXX unterstützt werden (NSV S. 27 sowie 28). Es war durch seine Angaben in der mündlichen Verhandlung erkennbar, XXXX ("Das ist nur weitentfernte Verwandtschaft. Richtige Verwandtschaft nennen wir die XXXX . XXXX", NSV S. 28).

Die Feststellung, dass der BF strafgerichtlich unbescholten ist, beruht auf einem XXXX .

2.2. Zu den Fluchtgründen des BF:

Das Fluchtvorbringen des BF ist insofern nicht glaubhaft, als es an der persönlichen Glaubwürdigkeit und Konsistenz im Hinblick auf eine potentielle Verfolgung mangelt. Es ergeben sich zahlreiche Widersprüchlichkeiten in seinen Aussagen, die chronologischen Abfolgen der Vorfälle bei den Befragungen sind in einer Gesamtbetrachtung weder nachvollziehbar noch glaubhaft.

Der BF gab Erstbefragung vor den Organen des Sicherheitsdienstes an, dass ihm eine Mitgliedschaft bei XXXX vorgeworfen werde, dies aber nicht stimme (AS 9). Vor dem BFA gab der BF hierzu widersprüchlich an, dass er einige Zeit bei XXXX an der Waffe ( XXXX ) ausgebildet worden sei (AS 90). In seiner Beschwerde wiederum behauptete er, dass er fälschlicherweise für einen XXXX gehalten worden wäre, eine Ausbildung an der Waffe wurde nicht erwähnt (AS 159). In der Stellungnahme vom XXXX gab der BF an, dass er bei XXXX als XXXX tätig gewesen sei. Bei der mündlichen Verhandlung gab er an, dass er aus Rache von älteren Männern der XXXX manipuliert worden sei und zwei Monate bei der XXXX verbracht und dort als XXXX gearbeitet habe, dann sei er mit anderen geflüchtet. Befragt, warum er bei jeder Befragung im Verfahren eine andere Version XXXX schilderte, gab der BF an, dass er dies nur aus Aufregung gesagt habe (NSV S. 17 f.) bzw. es sich um ein Missverständnis gehandelt haben muss (NSV S. 18). Es ist nicht nachvollziehbar, dass unterschiedliche Aussagen dieses Ausmaßes aus Gründen der Aufregung oder eines Missverständnisses resultieren, weshalb dem Fluchtvorbringen insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen war. Hinzukommt, dass der BF angab niemals Mitglied einer politischen Partei, oder einer politisch aktiven Bewegung oder Gruppierung gewesen zu sein (NSV S 18), weshalb seiner Mitgliedschaft bei der XXXX kein Glauben geschenkt werden kann.

Zudem ergaben sich in einer Gesamtbetrachtung aller Angaben des BF im Verfahren weitere Widersprüchlichkeiten. Bei der Erstbefragung vor den Organen des Sicherheitsdienstes gab der BF an, zwei Mal im Gefängnis seines Herkunftsortes eingesperrt und bei beiden Malen auch freigekauft worden zu sein worden zu sein (AS 9). Vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gab er jedoch an, nur ein Mal eingesperrt worden zu sein (AS 90 sowie NSV S.16). Seine weiteren Angaben, dass "man" ihn nochmals einsperren wollte, ließen auch in der detaillosen Erzählweise erkennen, dass es sich hierbei um eine gesteigerte Schilderung handelte.

Der BF gab an, dass es aktuell keine gegen ihn gerichtete Bedrohung im Herkunftsstaat Somalia gibt ("Nein, da verfolgt mich niemand (...)., NSV S. 27). Eine drohende Verfolgung seiner Person ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Situation im Herkunftsland nicht objektivierbar.

Auch seine Angaben betreffend die Inhaftierung der Mutter sind widersprüchlich. So gab der BF in dem seiner Beschwerde handschriftlich in der Sprache Somali beigefügten Schreiben an, dass sie ständig inhaftiert worden sei (AS 162). In der mündlichen Verhandlung jedoch gab er an, dass sie lediglich ein Mal inhaftiert worden sei. Befragt nach diesen Widersprüchlichkeiten, gab der BF pauschal an, dass er sich verschrieben habe ("Ich wollte einmal schreiben, aber habe mehrmals geschrieben.", NSV S. 20). Daher ist auch diesem Vorbringen die Glaubhaftigkeit abzusprechen.

Zu seinem Beschwerdevorbringen, dass er per XXXX gesucht werde, hat der BF in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er nicht wisse, was ein XXXX sei (NSV S. 19). Nach mehreren Erklärungsversuchen der erkennenden Richterin des Wortes " XXXX " in der mündlichen Verhandlung, war erkennbar, dass es nicht an einem Übersetzungsfehler lag, sondern an dem Umstand, dass der BF schlichtweg nicht wusste, wofür ein XXXX erforderlich ist. Nach einer weiteren Befragung ergab sich, dass der BF gemeint hat, dass grundsätzlich ein Polizist von der Regierung beauftragt werden kann "etwas zu tun" (NSV S. 20). Er beschrieb aber keine konkret gegen ihn gerichteten XXXX oder eine aktuelle Verfolgungshandlung durch die Polizei, weshalb das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere geht.

XXXX Somit würde auch bei Wahrunterstellung einer XXXX ein Vorbringen bezüglich einer Verfolgung in XXXX ins Leere gehen. Dem LIB 2019 ist darüber hinaus zu entnehmen, dass keine Abschiebungen von XXXX aus Somalia nach XXXX bekannt sind (LIB 2019 S. XXXX ). Dies hat der BF auch im Verfahren nicht behauptet.

Eine Verfolgung aufgrund seiner Clanzugehörigkeit hat der BF nicht angegeben und ist auch aufgrund der zitierten Länderberichte nicht hervorgekommen, zumal der BF dem im LIB 2019 als " XXXX " bezeichneten Clan der XXXX , Sub-Clan der XXXX , zugehörig ist (LIB 2018, S. 83). Es ist folglich insgesamt nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Somalia ernstlich Gefahr liefe, aufgrund seiner Clanzugehörigkeit Übergriffe zu erleiden.

Zusammenfassend ist nicht davon auszugehen, dass der BF bei einer Rückkehr nach Somalia ernstlich Gefahr läuft, persönlich in relevanter Intensität verfolgt zu werden. Andere Fluchtgründe wurden vom BF weder im behördlichen Verfahren noch vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgebracht. Die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung der Status des Asylberechtigten durch das BFA war daher -im Ergebnis- nicht zu beanstanden.

2.3. Zu den Feststellungen der maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat Somalia:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 17.09.2019 (in der Folge: LIB 2019). Dieses gründet sich auf den jeweils angeführten Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal ihnen nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Die konkret den Feststellungen zugrundeliegenden Quellen wurden unter 1.3. zitiert.

2.3.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem BF im Rahmen der Ladung zur mündlichen Verhandlung die dem Verfahren zugrunde gelegten Berichte als Beilage versandt. In der mündlichen Verhandlung am XXXX wurden die Berichte mit dem BF und seinem Rechtsvertreter ausführlich erörtert. Den Länderberichten wurde nicht substantiiert entgegengetreten.

2.4. Zur Rückkehrsituation des BF

Der BF wurde in XXXX sozialisiert, besuchte dort die Schule und hielt sich bis zu seiner Ausreise XXXX auf. Der Beschwerdeführer konnte glaubhaft darlegen, dass er XXXX in seinem Herkunftsland Somalia war und konnte dies -wie unter 2.2. angeführtnachvollziehbar begründen. Da die XXXX des BF in XXXX leben, sein Vater bereits verstorben und die Mutter selbst auf Unterstützung angewiesen ist, zumal sie nicht arbeitet und die XXXX übernommen hat (NSV S. 14), kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Familie des BF in XXXX in der Lage wäre, den Lebensunterhalt des BF in Somalia finanziell zu unterstützen.

Die Eltern und die Großeltern stammen ursprünglich aus XXXX (NSV S. 14 sowie 15). Der BF hat jedoch weder ein familiäres Netzwerk noch ein soziales Umfeld in XXXX . Er konnte auch glaubhaft darlegen, dass er keine finanziellen Mittel hat. Bezüglich der Erwägung einer " XXXX " - Möglichkeit nach XXXX ist dem LIB 2019 zu entnehmen, dass im herausfordernden Umfeld von XXXX entweder ein funktionierendes Netzwerk oder aber genügend Eigenressourcen notwendig sind, um ein Auslangen finden zu können. Ein Netzwerk ist insbesondere hinsichtlich Arbeitssuche wichtig (LIB 2019 S. 130). Eine " XXXX " nach XXXX ist daher unter Berücksichtigung XXXX des BF nicht zumutbar.

Bezüglich einer " XXXX " nach XXXX ist zu dem LIB 2019 zu entnehmen, dass insbesondere auf dem Land ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für einen Rückkehrer von Bedeutung sein wird. Im Verfahren sind keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass der BF im Falle einer " XXXX " nach Somalia Unterstützung jeglicher Art durch seine in Somalia lebenden, entfernten Verwandten, welche er nicht persönlich kennt, erwarten könnte. Die dort lebenden XXXX des BF sind nicht selbsterhaltungsfähig und werden von den XXXX erhalten (NSV 27, vgl. S. 28: "XXXX."). Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der BF weder au finanzielle noch sonstige Unterstützung seiner in Somalia lebenden Verwandten zurückgreifen können wird.

Die " XXXX "- Gefährdung des BF ergibt sich somit zusammenfassend aus seiner XXXX Situation, insbesondere der mangelnden XXXX Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat Somalia, zumal er dort XXXX gelebt hat. Er hat weder Ortskenntnisse, noch kennt er die Gepflogenheiten in XXXX oder XXXX . Die dem LIB 2019 angeführte Erfordernis der lokalen Beziehungen einer " XXXX -kehrenden Person zur Integration ist beim BF daher nicht gegeben.

Dem LIB 2019 ist weiters zu entnehmen, dass eine erfolgreiche XXXX und Reintegration in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit kann. Eine Unterstützung durch den Clan erscheint im vorliegenden Fall nicht denkunmöglich, jedoch im erheblichen Ausmaß nicht wahrscheinlich, zumal die XXXX vorwiegend in XXXX bzw. XXXX präsent sind (LIB 2019, S. 83).

Somit läuft der BF Gefahr sich in XXXX begeben zu müssen. Den Länderberichten ist zu entnehmen, dass sich ein erheblicher Teil der Rückkehrer als IDPs wiederfinden wird und es va. in XXXX zu Vertreibung bzw. Zwangsräumungen von IDPs gekommen ist. An den Vertreibungen waren auch staatliche Sicherheitskräfte beteiligt, die auch Gewalt angewendet haben. IDPs gehören in Somalia generell zu den am meisten gefährdeten Personengruppen. Die Regierung und Regionalbehörden bieten nur unwesentlichen Schutz und Unterstützung. Außerdem gibt es für sie weniger Beschäftigungsmöglichkeiten. Üblicherweise überleben sie aufgrund der Überweisung von Remissen und mittels internationaler Unterstützung.

Ferner ist den Länderberichten zu entnehmen, dass UNHCR vor der nicht-existenten Infrastruktur und mangelnden Einrichtungen für somalische Rückkehrer warnt, sodass auch unter diesem Aspekt der Aufbau einer Existenzgrundlage für einen Rückkehrer ohne soziale und/oder familiäre Kontakte auch in XXXX oder XXXX kaum möglich ist. Auch wenn es in XXXX viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias, ist dennoch zu berücksichtigen, dass freie Arbeitsplätze häufig über die Verwandtschaft oder den Clan vergeben werden.

Die für den BF zu prognostizierende " XXXX " in Somalia erweist sich somit in einer Gesamtbetrachtung aufgrund der objektiven Berichtslage in Zusammenschau mit den individuellen Umständen des BF zum Entscheidungszeitpunkt dergestalt, dass im Falle einer aktuellen Rückkehr nach Somalia, zum Beispiel in die Stadt XXXX oder XXXX , davon auszugehen ist, dass der BF Gefahr läuft, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zum Spruchteil A)

3.1.1. Zu Spruchpunkt I.

3.1.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

3.1.1.2. Flüchtling iSd. Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist demnach, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen."

Der zentrale Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

3.1.1.3. Das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ist ganzheitlich unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens zu würdigen (vgl. VwGH 26.11.2003, Ra 2003/20/0389). Die Glaubwürdigkeit des Vorbringens nimmt folglich die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung ein (VwGH vom 20.06.1990, 90/01/0041). Angaben, die eine Partei zunächst gemacht hat, weisen höhere Glaubwürdigkeit auf, als später erfolgte.

3.1.1.4. Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/19/0066). Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der BF bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher BF im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, dass sie im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des VwG) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 13.12.2016, Ro 2016/20/0005); die entfernte Gefahr einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

3.1.1.5. Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd Genfer Flüchtlingskonvention. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

3.1.1.6. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall folgt hieraus, dass, wie bereits oben in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.2. ausführlich erörtert wurde, der BF in Bezug auf seinen vorgebrachten Fluchtgrund persönlich unglaubwürdig war. Seine diesbezüglichen Angaben im Zuge des gesamten Verfahrens waren nicht hinreichend konsistent, sondern vielmehr widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Die Glaubhaftmachung stellt jedoch- wie unter 3.1.1.3. angeführt- ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung von Asyl dar. Der BF war XXXX in seinem Herkunftsstaat Somalia und gab -wie unter II.2.2. dargelegt- selbst an, dass eine Verfolgungsgefahr XXXX nicht gegeben ist.

Eine Verfolgungsgefahr ist aktuell auch vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht objektivierbar. Es ist aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage in Somalia nicht hervorgekommen, dass der BF in Somalia ernstlich Gefahr liefe, Übergriffe zu erleiden, die zu einer Zuerkennung des Status des Asylberechtigten führen.

Mangels Bestehens einer aktuell drohenden Verfolgung maßgeblicher Intensität aus einem der Gründe, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt sind, war daher die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten durch das BFA daher -im Ergebnis- nicht zu beanstanden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. und III.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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