Entscheidungsdatum
17.10.2019Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
G304 2217532-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende, sowie den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER und den fachkundigen Laienrichter Rudolf KRAVANJA als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 27.03.2019, Sozialversicherungsnummer: XXXX, betreffend die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" nicht vorliegen, zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF. iVm. §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 22/1970 idF. BGBl. I Nr. 138/2013 wird die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 24.12.2018 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) samt Beilagen ein, der gemäß Hinweis auf dem Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Arzt für Allgemeinmedizin, vom 18.02.2019 eingeholt.
In diesem Gutachten wurde nach am 28.01.2019 durchgeführter Begutachtung des BF keine der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel entgegenstehende Funktionsbeeinträchtigung des BF festgestellt und diesbezüglich Folgendes ausgeführt:
"Es ist (...) trotz der Darmerkrankung und der häufig notwendigen Toilettengänge sicher möglich, eine kurze Wegstrecke ohne Unterbrechung, ohne Verwendung eines Hilfsmittels zurückzulegen und das Ein- und Austeigen sowie die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels zu bewältigen. Die Darmerkrankung kann durch die Verwendung von Inkontinenzprodukten ausreichend versorgt werden."
Folgende "gutachterliche Stellungnahme" wurde abgegeben:
"Bei (...) besteht unverändert eine schwere chronische Darmerkrankung (Morbus Crohn), die bis zu 15 Toilettengänge täglich notwendig macht. Die im Vorgutachten erwähnten geringfügigen Wirbelsäulenbeschwerden und Plattspreizfüßen werden nicht mehr beurteilt, da keine Beschwerden mehr angegeben und keine Behandlungen mehr durchgeführt werden. Neu hinzugekommen ist eine leichte depressive Störung mit Schlafstörungen. Es liegen keine Beschwerden oder Funktionseinschränkungen vor, die das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel unmöglich oder unzumutbar machen. Die Darmstörung und die zeitweise Stuhlinkontinenz kann mittels geeigneter Inkontinenzprodukte ausreichend versorgt werden."
3. In einer vom BFA eingeholten allgemeinmedizinischen ärztlichen "Stellungnahme" vom 21.03.2019 wurde angegeben:
"(...) wurde von Dr. XXXX am 28.01.2019 persönlich begutachtet, und nach Anamneseerhebung und Untersuchung mit Berücksichtigung der beigebrachten Befunde wurde der beantragte Parkausweis abschlägig bewertet. Begründung: "Es ist (...) trotz Darmerkrankung und der häufig notwendigen Toilettengänge sicher möglich, eine kurze Wegstrecke ohne Unterbrechung, ohne Verwendung eines Hilfsmittels zurückzulegen und das Ein- und Aussteigen sowie die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels zu bewältigen. Die Darmerkrankung kann durch die Verwendung von Inkontinenzprodukten ausreichend versorgt werden."
Im Rahmen des Parteiengehörs wird angegeben, dass ihm aufgrund seiner Darmstörung (Morbus Crohn) und des damit verbundenen Durchfalles (bis zu 15 mal täglich) und der sogar zeitweisen Stuhlinkontinenz, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei und bei deren Benützung es auch nicht möglich wäre, Inkontinenzprodukte zu wechseln. Die nächste Einsteigestelle sei auch 600m von seinem Zuhause entfernt und er leide auch wegen der Darmerkrankung an einer depressiven Verstimmung.
Die Angaben werden durch Befunde unterlegt, wobei auch im aktuellen Befund des LKH (...) eine intermittierende Inkontinenzsymptomatik angeführt wird. Eine Störung oder Schädigung des Schließmuskelapparates am After wird nicht angeführt. Ebenso wird weder im KH-Befund noch im Vorgutachten eine Verwendung von Inkontinenzprodukten angeführt.
Entsprechend den Erläuterungen zum Parkausweis § 1 Abs. 2 Z. 23 ist lediglich in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar, eine Inkontinenz grundsätzlich aber nicht, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Nachdem hier aber lediglich phasenweise eine Inkontinenz bestehet, der anale Schließmuskelapparat intakt ist und auch kein außergewöhnliches Krankheitsausmaß besteht, konnte der gewünschte Zusatz nicht bestätigt werden.
Ebenso besteht keine therapieresistente schwere psychiatrische Erkrankung, die mit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unvereinbar wäre. Daher kann auch bei nochmaliger Prüfung der beantragte Zusatz nicht bestätigt werden."
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.03.2019 wurde der Antrag des BF auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gem. §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG), BGBl. 283/1990, idgF, abgewiesen.
Dieser Bescheid wurde auf das Sachverständigengutachten vom 18.02.2019 und die ärztliche Stellungnahme vom 21.03.2019 gestützt.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden seien. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei insbesondere bei Vorliegen erheblicher Funktionseinschränkungen unzumutbar. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 Meter) nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, auch unter der Verwendung der zweckmäßigsten Behelfe, ohne Unterbrechung zurückgelegt werden könne oder wenn die Verwendung des erforderlichen Behelfs die Benützung des öffentlichen Transportmittels in hohem Maß erschweren würde. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauerhafte Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels angegebenen Bedingungen auswirke. Wie dem Sachverständigengutachten jedoch zu entnehmen sei, lägen die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung derzeit nicht vor.
Folgende Anmerkung wurde angefügt:
"Da die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorliegen, kann ein Ausweis gemäß § 29b-StVOV (Parkausweis) nicht ausgestellt werden."
5. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Dabei wurde vorgebracht, dem beigelegten Arztbefund vom 14.03.2019 zufolge sei dem BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar.
6. Am 16.04.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die Beschwerde des BF samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
7. Mit Schreiben des BVwG vom 24.05.2019, Zl. G304 2217532-1/2Z, wurde Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin, ersucht, ein Sachverständigengutachten auf der Grundlage der Einschätzungsverordnung zu erstellen und dieses "binnen sechs Wochen ab Begutachtung dieser Anordnung" dem BVwG zu übermitteln.
Mit weiterem Schreiben des BVwG vom 24.05.2019, Zl. G304 2217532-1/2Z, wurde der BF aufgefordert, sich am 23.08.2019, um 15:00 Uhr bei Dr. XXXXXXXX zur ärztlichen Begutachtung einzufinden.
8. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX XXXX vom 02.09.2019 wurde nach Begutachtung des BF am 23.08.2019 die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für zumutbar gehalten.
9. Mit Verfügung des BVwG vom 11.09.2019, Zl. G304 2217532-1/6Z, dem BF zugestellt am 18.09.2019, wurde dem BF das eingeholte Sachverständigengutachten vom 02.09.2019 übermittelt und ihm zur Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Verfügung Stellung zu nehmen.
10. Eine Stellungnahme dazu ist beim BVwG bis dato nicht eingelangt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist im Besitz eines Behindertenpasses.
Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung ist nicht zumutbar" liegen nicht vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs. 2 Behinderteneinstellungsgesetz im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (VwGH vom 20.03.2001, GZ 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der Verwaltungsgerichtshof führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
2.3. Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das von Amts wegen eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen Dr. XXXX, Facharzt für Innere Medizin, vom 02.09.2019 schlüssig und nachvollziehbar. Es wurden keine erheblichen Funktionseinschränkungen festgestellt.
Im Zuge einer sachverständigen Beurteilung wurde angegeben, dass in Zusammenhang mit der Darmerkrankung des BF eine Inkontinenz bzw. ein imperativer Stuhldrang nicht besteht, Einlagen bzw. Inkontinenzprodukte nicht verwendet werden, diese dem BF jedoch zumutbar wären.
Der Sachverständige gab folgende Stellungnahme zum Vorgutachten ab:
"Im Vergleich zum Gutachten des Sozialministeriumservice vom 28.01.2019 ist es zu keiner Änderung gekommen. (...) Eine kurze Wegstrecke kann selbstständig zurückgelegt werden. Das Ein- und Ausstiegen bei einem üblichen Niveauunterschied ist ohne fremde Hilfe möglich. Der sichere Transport im öffentlichen Verkehrsmittel unter den üblichen Transportbedingungen ist ebenfalls möglich.
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Antragsteller weiterhin zumutbar. (...)."
Der BF hat gegen dieses ihm vorgehaltene Sachverständigengutachten keine Einwendung erhoben.
Das Sachverständigengutachten vom 02.09.2019 wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 des Bundesbehindertengesetzes genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2. Zu Spruchteil A):
3.2.1. Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
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erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
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erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
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erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
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eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
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eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach
§ 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
3.2.2. Im seitens des erkennenden Gerichtes eingeholten als schlüssig und nachvollziehbar erachteten, vom BF unbestritten gebliebenen, ärztlichen Gutachten von Dr. XXXX vom 02.09.2019 wurde keine erhebliche Funktionseinschränkung festgestellt und wie im Vorgutachten die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für zumutbar gehalten, unter Berücksichtigung, dass in Zusammenhang mit der Darmerkrankung des BF eine Inkontinenz bzw. ein imperativer Stuhl nicht besteht, Einlagen bzw. Inkontinenzprodukte nicht verwendet werden, dem BF jedoch zumutbar wären.
Es wird diesem Gutachten vom 02.09.2019 gefolgt, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für zumutbar gehalten und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, 2012/06/0221).
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht bestrittenen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 02.09.2019, welches als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei erachtet wird, geklärt. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.
3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G304.2217532.1.00Zuletzt aktualisiert am
24.01.2020