TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/21 G308 2222920-1

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Veröffentlicht am 21.10.2019
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Entscheidungsdatum

21.10.2019

Norm

AlVG §10
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §7 Abs4

Spruch

G308 2222920-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas MÜLLER und

Mag. Margareta ESTERL als Beisitzer über die Beschwerdesache von XXXX, SVNR XXXX gegen den Bescheid des AMS GZ XXXX vom 19.07.2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid, GZ SVNR vom 27.05.2019 sprach das AMS XXXX aus, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld von XXXX (im Folgenden Beschwerdeführerin oder kurz BF), XXXX, XXXX gemäß § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 699/1977 idgF für den Zeitraum 17.05.2019 bis 27.06.2019 verloren gegangen ist. Begründend wurde ausgeführt, dass die BF trotz anderslautendem Auftrag keine Nachweise über Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung vorgelegt hat. Darüber sind bis dato keinerlei Nachweise eingelangt.

2. Mit Schreiben vom 09.07.2019 erhob die BF Beschwerde. In dieser führte sie aus, dass sie heute mit einer Lehrerin mit dem AMS XXXX telefoniert habe, weil sie wissen wollte warum sie für sechs Wochen kein Geld bekomme. Sie habe erfahren, dass es mit dem Bescheid vom 27.05.2019 zu tun habe, sie habe diesen Bescheid nicht verstanden und auch nicht, dass sie Beschwerde einlegen kann. Sie hatte keinen, der für sie übersetzt. Sie ersuche um Nachsicht, da sie vier Kinder habe und in finanziellen Schwierigkeiten sei.

3. Mit Bescheid GZ XXXX vom 19.07.2019 wies das AMS im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) iVm § 56 AlVG die Beschwerde vom 09.07.2019 als verspätet zurück. Begründend wurde nach Wiedergabe des Sachverhalts und der gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass der Bescheid vom 07.05.2019 gemäß § 26 Abs 2 Zustellgesetz mit dem dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan, das ist im vorliegenden Fall ab 29.05.2019, als zugestellt gilt. In der Rechtsmittelbelehrung ist ausgeführt, dass eine Beschwerde binnen vier Wochen nach Zustellung zulässig ist. Diese angeführte Beschwerdefrist endete somit am 26.06.2019. Die Beschwerde wurde damit am 09.07.2019 verspätet eingebracht.

4. Mit Schreiben vom 08.08.2019 stellte die BF einen Vorlageantrag und beantragte eine mündliche Verhandlung.

5. Mit Schreiben vom 29.08.2019 legte das AMS den Vorlangeantrag mitsamt Beschwerde und Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor, wo er am 29.08.2019 eingelangt ist.

6. Mit Schreiben vom 06.09.2019 legte das AMS ein Konvolut zur Dokumentation des Betreuungsverlaufs der BF mit insgesamt drei Betreuungsvereinbarungen vom 27.02.2019, 11.04.2019 und 28.06.2019 auf Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Die BF ist zum Zeitpunkt der Antragstellung an der Anschrift XXXX, XXXX seit 28.02.2019 mit Hauptwohnsitz aufrecht lt. Zentralen Melderegister gemeldet.

Mit Bescheid vom 27.05.2019 wurde eine sechswöchige Sperre des Arbeitslosengeldes gem. § 10 AlVG verhängt.

Dieser Bescheid wurde mit normaler Post an die oben angeführte Adresse der BF versandt und gilt daher unter Einrechnung eines 3tägigen Postweges mit 29.05.2019 zugestellt.

Die Frist zur Erhebung der Beschwerde (4 Wochen) endete am 26.06.2019.

Die Beschwerde langte - verspätet - am 09.07.2019 bei der belangten Behörde ein.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Bescheid vom 19.07.2019 als verspätet zurück.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich in unstrittiger Weise aus dem Akteninhalt.

Die BF hat im bisherigen Betreuungsverlauf trotz mehrmaliger Hinweise keine Anmeldungen für einen Deutschkurs vorgelegt. Einmal hat sie mit ihrer XXXX-jährigen Tochter als Dolmetscherin vorgesprochen. Demnach verfügt sie jederzeit über eine Dolmetscherin, sodass diese ihr die Rechtsmittelbelehrung und auch den Bescheid vom 27.05.2019 jederzeit übersetzen kann. Ansonsten hat die BF bei diversen Vorsprachen nie vorgebracht nicht ausreichend der Sprache mächtig zu sein. Erst im Vorlangeantrag bringt sie vor, ihre Argumente nicht ausreichend darlegen zu können.

Es wurde durch die BF selbst nicht vorgebracht, dass sie den Bescheid nicht oder erst verspätet erhalten habe. Sie gibt selbst an, sich in der fraglichen Zeit nicht im Ausland oder sonst an einem anderen Ort sich befunden zu haben, sodass keine Zweifel an der Richtigkeit der Zustellung entstanden sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

§ 6 BVwGG lautet wie folgt:

"Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist."

§ 56 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) in der geltenden Fassung lautet wie folgt:

"Über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt zehn Wochen."

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.2. Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde:

Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen.

Im vorliegenden Fall wurde in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides vom 27.05.2019 zutreffend darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid binnen vier Wochen nach Zustellung schriftlich bei der angeführten regionalen Geschäftsstelle die Beschwerde eingebracht werden kann. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht auch sonst den Anforderungen des § 61 Abs. 1 AVG.

Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird gemäß § 32 Abs. 1 AVG der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden gemäß Abs. 2 leg. cit. mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte auf dem normalen Postweg, und wurde der BF somit unter Einrechnung des Postweges spätestens am 29.05.2019 (Mittwoch) zugestellt.

Die Beschwerdefrist endete - da hier die Frist nach Wochen zu berechnen ist - am 26.06.2019 (Mittwoch), dieser Tag entspricht dem Werktag, an dem die Frist begonnen hat).

Der Beginn von Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren (nach "Kalenderzeiträumen") bemessen sind, hat weder im AVG noch im FristenÜb eine ausdrückliche Regelung erfahren. Aus dem AVG geht aber doch hervor, dass auch solche Fristen an dem Tag beginnen, auf den das fristauslösende Ereignis (z.B. die Zustellung des Bescheides (vgl. § 63 Abs. 5 AVG) oder das Einlangen des Antrages fällt (vgl. VwGH vom 17.01.1990, Zl. 89/03/0003; 22.05.1990, Zl. 90/11/0089; Hellbling 217; Hengstschläger RZ 250; Mannlicher/Quell AVG § 32 Anm. 3; Thienel/Schulev-Steindl 141; Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger RZ 234; ferner etwa auch VwGH vom 10.09.1998, Zl. 98/20/0347; Art 3 Abs. 1 FristenÜb: "dies a quo"). Dies wird von § 32 Abs. 1 AVG nämlich offenkundig vorausgesetzt und daher darin angeordnet, dass dieser Tag bei einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzuzählen ist. Dementsprechend hat der VwGH ausgesprochen, dass sich aus dem Zusammenhalt von § 32 Abs. 2 AVG und Art 3 Abs. 1 FristenÜb ergibt, "dass nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen an dem Tag, und zwar um 24:00 Uhr dieses Tages, zu laufen beginnen, an dem das den Fristenlauf bestimmende Ereignis stattgefunden hat (VwGH vom 17.01.1990, Zl. 89/03/0003 vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG I, 2. Ausgabe 2014, § 32 AVG, RZ 12).

Eine nach Wochen bestimmt Frist endet demnach um Mitternacht (24:00 Uhr) des gleich bezeichneten Tages der letzten Woche der Frist (VwGH vom 18.10.1996, Zl. 96/09/0153).

Die von der BF am 09.07.2019 bei der belangten Behörde per Email eingebrachte Beschwerde erweist sich somit, wie auch die Behörde zu Recht feststellte, als verspätet.

Bei der verfahrensgegenständlichen Frist zur Vorlage der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgerichtes handelt es sich um eine nicht erstreckbare Frist.

Der Bescheid war daher zu bestätigen und die Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid spruchgemäß zu entscheiden. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Es wurden für die gegenständliche Entscheidung keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080).

Der tatsächlich entscheidungsrelevante Sachverhalt ist unstrittig. In der gegenständlichen Entscheidung war nur über eine Rechtsfrage abzusprechen. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt näher zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

4.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter Punkt II.3. wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich vergleichbaren Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G308.2222920.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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