TE Bvwg Beschluss 2019/10/22 W165 2212568-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.10.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

W165 2212568-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Ankara vom 12.12.2018, GZ: Ankara-ÖB/KONS/1568/2018, aufgrund des Vorlageantrages der XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Ankara vom 23.10.2018, GZ: Ankara-ÖB/KONS/0739/2018, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Syriens, brachte am 30.01.2018 bei der Österreichischen Botschaft Ankara (im Folgenden: ÖB Ankara) unter Anschluss diverser Dokumente einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 ein. Begründend führte die BF an, dass ihr Ehegatte mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.07.2016, Zahl W221 2128156-1/5E, Asyl erhalten habe.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) führte in seiner Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 an die ÖB Ankara vom 26.05.2018 aus, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigen nicht wahrscheinlich sei, da die Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 nicht erfüllt seien und eine Einreise der BF im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Der Einreiseantrag sei nicht innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftiger Zuerkennung des Asylstatus der Bezugsperson eingebracht worden, sodass die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 zu erfüllen seien. Es seien jedoch weder ein Rechtsanspruch auf eine Unterkunft noch eine leistungspflichtige Krankenversicherung nachgewiesen worden, darüber hinaus beziehe die Bezugsperson Mindestsicherung und sei zuvor bereits längere Zeit als arbeitslos gemeldet worden.

Mit Schreiben der ÖB Ankara vom 10.09.2018 wurde der BF die Stellungnahme des BFA vom 26.05.2018 übermittelt und die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt.

In ihrer Stellungnahme vom 17.09.2018 brachte die BF vor, dass die dreimonatige Frist zur Antragstellung unverschuldet nicht eingehalten habe werden können. Im Zeitpunkt der Asylgewährung an die Bezugsperson sei sie in ihrer Heimatstadt Idlib aufhältig gewesen. Aufgrund der Besetzung der Stadt und der Sicherheitslage sowie der Situation an der türkischen Grenze sei es ihr nicht möglich gewesen, zeitnah eine österreichische Vertretungsbehörde zwecks Stellung eines Antrages auf Familienzusammenführung aufzusuchen. Der Weg nach Beirut wäre aufgrund der zahlreichen Kontrollposten und Straßensperren zu gefährlich gewesen, die Türkei von Idlib ausgesehen, wesentlich näher. Die syrische Regierung kontrolliere die Ausreisen in den Libanon, wobei es gefährlich sein könne, wenn man aus Idlib stamme, da es sich bei dieser Stadt bekanntermaßen um eine Hochburg der Rebellen handle. Sie habe mehrere Termine zur Antragstellung bei der ÖB Ankara vereinbart. Die Termine hätten jedoch nicht eingehalten werden können, da die Grenzüberquerung nicht bewerkstelligt habe werden können. Ende Dezember 2017 sei ihr letztendlich die illegale Ausreise in die Türkei gelungen. Hinsichtlich der Unterkunft verfüge ihr Ehegatte über einen gültigen Heimnutzungsvertrag und habe bereits die mündliche Zusage erhalten, dass auch die BF nach ihrer Einreise mit ihm dort leben könne. Ihr Ehegatte werde sich diesbezüglich um eine schriftliche Bestätigung bemühen und werde diese unverzüglich nachgereicht werden. Ihr Ehegatte lebe zwar derzeit vom Bezug der Mindestsicherung, bemühe sich jedoch um eine nachhaltige Integration, besuche einen Kurs auf Niveau B2 und sei auf der Suche nach einer Arbeit bzw einem Ausbildungsplatz. Daraus sei ein ernsthaftes und zielstrebiges Bemühen der Bezugsperson erkennbar, langfristig den Unterhalt durch Erwerbstätigkeit zu sichern. Die Bezugsperson verfüge über den Bezug der Mindestsicherung über eine Krankenversicherung und könne die Ehegattin nach der Einreise gemäß § 123 ASVG aufgrund ihrer Eigenschaft als Familienangehörige mitversichert werden. Im gegenständlichen Fall würden überdies Nachsichtsgründe vorliegen und könne von den Voraussetzungen nach § 60 AsylG 2005 gemäß § 35 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 abgesehen werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens dringend geboten sei. Die Familie sei lediglich aufgrund der notwendigen Flucht der Bezugsperson voneinander getrennt worden und sei die BF unverschuldet nicht in der Lage gewesen, den Antrag fristgerecht einzubringen.

Der Stellungnahme wurden diverse Unterlagen wie ein Heimplatznutzungsvertrag der Bezugsperson und Terminbestätigungen der ÖB Ankara beigefügt.

Nach Weiterleitung der Stellungnahme an das BFA teilte dieses der ÖB Ankara mit Schreiben vom 21.10.2018 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrechterhalten werde, da die Voraussetzungen nach § 60 AsylG 2005 nach wie vor nicht erfüllt seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.10.2018 verweigerte die ÖB Ankara die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG 2005 iVm § 35 AsylG 2005. Die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten sei nicht wahrscheinlich, da die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 AsylG 2005 nicht erfüllt worden seien und eine Einreise der BF im Sinne des Art 8 EMRK nicht geboten erscheine.

Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 15.11.2018, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass im vorliegenden Fall Nachsichtsgründe zur Ausnahme von der Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gemäß § 60 AsylG 2005 vorliegen würden und daher der Ausnahmetatbestand des § 25 Abs. 4 Z 3 AsylG 2005 zur Anwendung komme. Die Behörde habe sich mit den in der Stellungnahme vorgebrachten Argumenten nicht auseinandergesetzt, sodass eine Verletzung des Rechts auf Parteiengehör bzw. ein Begründungsmangel vorliegen würden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.12.2018 wies die ÖB Ankara die Beschwerde gem. § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

Am 14.12.2018 wurde bei der ÖB Ankara ein Vorlageantrag gem. § 15 VwGVG eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 07.01.2019, am 10.01.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde die Beschwerde samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt werden zunächst der unter I. dargelegte Verfahrensgang und Sachverhalt.

Der Einreiseantrag der BF wurde mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson gestellt.

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 sind nicht erfüllt.

Die Bezugsperson ist nicht erwerbstätig und bezieht Mindestsicherung. Die Bezugsperson bewohnt ein 30 m2 großes Heimzimmer, dessen Nutzung laut Heimplatznutzungsvertrag vom 12.06.2018 der alleinigen Nutzung durch den Heimplatznutzer vorbehalten ist. Laut Angabe der BF soll die Bezugsperson über eine mündliche Zusage verfügen, dass dessen ungeachtet auch die BF nach ihrer Einreise bei der Bezugsperson wohnen dürfe. Eine diesbezügliche schriftliche Bestätigung wurde entgegen der Ankündigung der BF im Verfahren nicht vorgelegt. Laut Vertrag hat das Nutzungsverhältnis am 30.06.2019 ohne vorherige Kündigung geendet.

Die Bezugsperson bezieht Mindestsicherung und verfügt über kein Erwerbseinkommen. Die BF selbst legte keinen Vermögensnachweis vor.

Seitens der Vertretungsbehörde wurden keine Ermittlungen angestellt, ob die Versäumung der Dreimonatsfrist für die Antragstellung aufgrund der von der BF im Verfahren vorgebrachten Umstände betreffend die damalige Sicherheitslage in ihrem Herkunftsstaat objektiv entschuldbar gewesen sein könnte.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Vorbringen der BF im Zusammenhalt mit den vorgelegten Unterlagen und dem Verfahrensakt der Vertretungsbehörde.

Das Datum der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson ergibt sich aus dem diesbezüglichen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.07.2016.

Die Feststellungen zur finanziellen Situation der Bezugsperson ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen und den Angaben der BF.

Die Feststellungen zur Unterkunft ergeben sich aus dem Heimplatznutzungsvertrag der Bezugsperson. Die Behauptung, dass das Heimzimmer der Bezugsperson entgegen dem Vertragsinhalt auch durch die BF benützt werden könnte, wurde nicht belegt, zumal eine hiezu angekündigte schriftliche Bestätigung des Heimbetreibers nicht vorgelegt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Behebung des Bescheides und Zurückverweisung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des AsylG 2005 idgF lauten:

Familienverfahren im Inland

§ 34

(1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

2. aufgehoben

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. aufgehoben

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35

(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei einer mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

§ 75 Abs. 24

(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I Nr. 24/2016 gestellt wurde.

§ 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.

§ 11, § 11a und § 26 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen."

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG idgF lauten:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das

Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Die Regelung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Falle, dass die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Mit Erkenntnis vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Im Erkenntnis vom 01.03.2016, Ro 2015/18/20002 bis 0007, hält der Verwaltungsgerichtshof zunächst fest, dass der in § 35 Abs. 4 AsylG 2005 angeordnete Beweismaßstab, nach dem das Bundesamt zu beurteilen hat, ob es eine positive oder negative Mitteilung abgibt, für sich betrachtet rechtsstaatlich nicht bedenklich erscheint. Da das Gesetz vorsieht, dass eine positive Mitteilung des Bundesamtes schon dann zu ergehen hat, wenn die Gewährung von internationalem Schutz bloß wahrscheinlich ist, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass eine negative Prognose nur dann erfolgen darf, wenn die Gewährung dieses Schutzes in einem nach Einreise in Österreich zu führenden Asylverfahren nicht einmal wahrscheinlich ist; Gewissheit darüber, dass dem Antragsteller internationaler Schutz in Österreich gewährt werden wird, erfordert die Erteilung einer Einreiseerlaubnis hingegen nicht.

Um somit die Einreiseerlaubnis nach Österreich zu erhalten, muss der Antragsteller lediglich die niedrigere Beweisschwelle der Wahrscheinlichkeit einer künftigen Gewährung internationalen Schutzes überspringen. Schon dann steht ihm die Möglichkeit offen, in das Bundesgebiet einzureisen und dort ein Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 - mit allen Verfahrensgarantien - zu absolvieren. Dass § 35 Abs. 4 AsylG 2005 die Vergabe eines Visums an die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes im künftigen Asylverfahren bindet, erscheint unter diesem Blickwinkel mit dem rechtsstaatlichen Prinzip somit nicht im Widerspruch zu stehen.

Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, sofern in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel:

"Verwaltungsverfahren Band I2", E 84 zu § 39 AVG).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Ungeachtet dieser für die Vertretungsbehörden bestehenden Bindungswirkung an die Prognoseentscheidung des Bundesamtes steht es dem Bundesverwaltungsgericht allerdings nunmehr - innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG, BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems - offen, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002). Auch wenn es sich bei der Mitteilung des BFA um keinen Bescheid handelt, der vom Antragsteller (selbständig) angefochten werden kann (VwGH 06. 10.2010, 2008/19/0527), setzt die Möglichkeit einer Überprüfung der Richtigkeit dieser Prognose durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls voraus, dass dieser Mitteilung des BFA in nachvollziehbarer Weise zu entnehmen ist, aus welchen Gründen das BFA die Zuerkennung des beantragten Schutzstatus für nicht wahrscheinlich hält.

Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor:

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.07.2016 wurde der Bezugsperson der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Die Antragstellung der BF gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 erfolgte am 30.01.2018, somit mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson, sodass gemäß § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 grundsätzlich die in § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AslyG 2005 normierten Voraussetzungen zu erfüllen sind.

Wie von der belangten Behörde unter Verweis auf die Ausführungen des BFA umfänglich und zutreffend begründet, sind im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 2 AsylG 2005 nicht erfüllt.

Die Versäumung der dreimonatigen Frist wird von der BF zwar nicht bestritten, die BF bringt in diesem Zusammenhang in ihrer Beschwerde - wie bereits gleichlautend in ihrer Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA vom 17.09.2018 - allerdings vor, dass diese Fristversäumnis nicht auf einem Verschulden ihrerseits beruhe, sondern den Kriegswirren im Herkunftsstaat geschuldet sei.

In ihrer Stellungnahme zur negativen Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA vom 17.09.2018 hat die BF auch nähere Ausführungen dazu vorgenommen, weshalb ihr die Stellung eines Einreiseantrages innerhalb der Dreimonatsfrist ab rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an die Bezugsperson aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich gewesen sein soll. So hat die BF ausgeführt, dass sie im Zeitpunkt der Asylgewährung an die Bezugsperson in ihrer Heimatstadt Idlib aufhältig gewesen sei, es ihr aufgrund der Besetzung der Stadt und der Sicherheitslage sowie der Situation an der türkischen Grenze jedoch nicht möglich gewesen sei, zeitnah eine österreichische Vertretungsbehörde zwecks Stellung eines Antrages auf Familienzusammenführung aufzusuchen. Der Weg nach Beirut wäre aufgrund der zahlreichen Kontrollposten und Straßensperren zu gefährlich gewesen, die Türkei von Idlib ausgesehen, wesentlich näher. Die syrische Regierung kontrolliere die Ausreisen in den Libanon, wobei es gefährlich sein könne, wenn man aus Idlib stamme, da es sich bei dieser Stadt bekanntermaßen um eine Hochburg der Rebellen handle. Sie habe mehrere Termine zur Antragstellung bei der ÖB Ankara vereinbart. Die Termine hätten jedoch nicht eingehalten werden können, da die Grenzüberquerung nicht bewerkstelligt habe werden können. Ende Dezember 2017 sei ihr letztendlich die illegale Ausreise in die Türkei gelungen.

Das BFA hat sich jedoch in seiner neuerlichen Stellungnahme an die ÖB Ankara über das diesbezügliche Vorbringen der BF zur Gänze hinweggesetzt und die Aufrechterhaltung seiner negativen Wahrscheinlichkeitsprognose allein und abermals damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 60 AsylG 2005 (nach wie vor) nicht erfüllt seien. Ermittlungen zur damals im Herkunftsstaat bzw. Herkunftsort vorherrschenden Sicherheitslage aufgrund des konkreten Vorbringens der BF, die diese allenfalls an einer fristgerechten Antragstellung gehindert haben könnten, können der Aktenlage nicht entnommen werden und sind offenkundig unterblieben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis Ra 2018/19/0568 vom 25.06.2019 ausgesprochen hat, ist bei der Beurteilung der Versäumung der dreimonatigen Frist gemäß § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 jedoch auf - im Verfahren vor der Vertretungsbehörde vorgebrachte - besondere Umstände Bedacht zu nehmen, aufgrund derer die Versäumung objektiv entschuldbar gewesen sein könnte. Solche Umstände sind gegenständlich unberücksichtigt geblieben.

Die Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren unter Wahrung des Parteiengehörs Ermittlungen anzustellen haben, ob die verspätete Antragstellung im Hinblick auf das Vorbringen der BF, wonach ihr eine Antragstellung zeitnah zur Asylgewährung an die Bezugsperson aufgrund der damaligen Situation unverschuldet nicht möglich gewesen sei, als aufgrund besonderer Umstände objektiv entschuldbar anzusehen ist. Die Frage der objektiven Entschuldbarkeit der Fristversäumung ist von zentraler Bedeutung für die Beurteilung des gegenständlichen Falles, sodass der entscheidungsrelevante Sachverhalt noch nicht feststeht. Es kann nämlich erst nach Durchführung entsprechender Ermittlungen zu den Ursachen bzw Umständen der verspäteten Antragstellung und entsprechender Feststellungen zu einer möglicherweise anzunehmenden objektiven Entschuldbarkeit der Verspätung eine abschließende Beurteilung erfolgen, ob die Erfordernisse gem. § 60 Abs 2 Z 1 bis 3 AsylG 2005 erfüllt werden müssen.

Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) im gegenständlichen Beschwerdeverfahren hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können. Es war somit mit der ersatzlosen Behebung des gegenständlichen Bescheides bzw. einer Zurückverweisung zur Vornahme der erforderlichen Informationen vorzugehen.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W165.2212568.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten