Index
50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des HL in A, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 17. Juni 1998, Zl. WST1-B-9820, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides entzog der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Beschwerdeführer mit dem Bescheid vom 17. Juni 1998 im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4, gestützt auf § 87 Abs. 1 Z. 1 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994, eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der maßgeblichen Rechtslage ging der Landeshauptmann in der Frage, ob von der gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. abgesehen werden könne, davon aus, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe mit Schreiben vom 9. April 1998 mitgeteilt, beim Beschwerdeführer bestehe derzeit ein Rückstand an Sozialversicherungsbeiträgen bis zum 1. Quartal 1998 in der Höhe von S 57.491,94, der im Zuge der anhängigen Exekutionsverfahren bisher nicht hereinzubringen gewesen sei bzw. nach der Aktenlage auch in absehbarer Zeit nicht hereinzubringen sein werde. Die weitere Ausübung des Gewerberechtes bedeute nach Ansicht der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft das weitere Anwachsen der Beitragsschuld durch den Fortbestand der Pflichtversicherung und liege daher nicht im Interesse der Anstalt. Dieser Beitragsrückstand zusammen mit anhängigen Exekutionsverfahren bedeute, daß der Beschwerdeführer derzeit nicht über so viele und ausreichende liquide Mittel zur Abdeckung seiner Verbindlichkeiten verfüge, daß er in Hinkunft den mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten werde nachkommen können. Bei der Anwendung des § 87 Abs. 2 GewO 1994 gehe es darum, daß Zahlungspflichten bei Fälligkeit erfüllt würden. Solange nicht Zahlung bei Fälligkeit zu erwarten sei, komme auch einer den Abbau von Schulden in sich schließenden Unternehmensentwicklung keine Bedeutung zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringt er vor, die belangte Behörde habe bei ihrer Beurteilung übersehen, daß der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit des öfteren eine Beitragsschuld aufgewiesen habe und nicht nur immer wieder bemüht gewesen sei, diese zu begleichen, sondern daß ihm dies auch in der Vergangenheit stets geglückt sei. Es hätte daher nicht punktuell die Beitragsschuld erhoben werden dürfen, sondern diese auch im Hinblick auf die Vergangenheit beurteilt werden müssen. Wie die belangte Behörde aufgrund der Aktenlage zu einer derart negativen Zukunftsprognose gekommen sei, sei unverständlich. Die belangte Behörde hätte vielmehr auch Nachforschungen über das Zahlungsverhalten des Beschwerdeführers gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in der Vergangenheit anstellen müssen und nicht die Zukunftsprognose dieser Anstalt kritiklos übernehmen dürfen. Da er sämtlichen Verpflichtungen auch in der Vergangenheit nachgekommen sei, liege es zweifelsfrei im Interesse der Gläubiger, wenn er sein Gewerbe weiterhin ausüben könne. Die Gewerbeausübung sei somit vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen. Weiters sei davon auszugehen, daß einem behördlichen Schriftstück ohne Unterschrift oder Beglaubigung von vornherein der Bescheidcharakter fehle. Eine behördliche Erledigung, die nicht die Unterschrift jener Person trage, welche nach der betreffenden Vorschrift zur "Genehmigung" bzw. nach der in Betracht kommenden Organisationsnorm der Behörde berufen sei, habe keinen Bescheidcharakter. Der angefochtene Bescheid weise in Maschinschrift eine namentlich genannte Person als Unterfertigten aus, doch fehle dessen Unterschrift. Lediglich für die Richtigkeit der Ausfertigung zeichne handschriftlich eine andere Person. Es fehle somit dem angefochtenen Bescheid von vornherein der Bescheidcharakter.
Dem zuletzt genannten Argument ist der diesbezüglich eindeutige Wortlaut der Bestimmung des § 18 Abs. 4 AVG entgegenzuhalten, wonach alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein müssen, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der nach Abs. 2 genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Form der Fertigung des angefochtenen Bescheides, wie sie in der Beschwerde zutreffend dargestellt wird, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.
Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der in § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.
Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlichen hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet mit seinem Vorbringen nicht das Vorliegen eines Entziehungsgrundes im Sinne des § 87 Abs. 1 Z. 2 iVm § 13 Abs. 3 GewO 1994, er meint aber, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. für das Absehen von der Entziehung gegeben. Dieser Ansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 94/04/0029), ist die Gewerbeausübung einer natürlichen Person jedenfalls nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger" gelegen und daher gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 von der im § 87 Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn aufgrund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungsverpflichtungen nachkommen wird. Dies setzt jedenfalls voraus, daß diese Person über die erforderlichen liquiden Mittel verfügt, um die diesbezüglichen Verbindlichkeiten abzudecken. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden können. Es ist auch zu berücksichtigen, daß im Zusammenhang mit einer weiteren Gewerbeausübung zu erwartende Verbindlichkeiten durch liquide Mittel beglichen werden können, um nicht eine Schädigung weiterer Gläubiger durch die fortgesetzte Gewerbeausübung eintreten zu lassen.
Ausgehend von den von der belangten Behörde festgestellten und von ihm auch nicht bestrittenen Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, vermag der Verwaltungsgerichtshof somit die Beurteilung der Behörde, der Beschwerdeführer verfüge offensichtlich nicht über ausreichende liquide Mittel, um diese Verbindlichkeiten abzudecken, sodaß die weitere Gewerbeausübung nicht vorwiegend im Interesse der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 liege, nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Bei diesem Ergebnis bildet es auch keinen Verfahrensmangel, daß die belangte Behörde Nachforschungen über das bisherige Zahlungsverhalten des Beschwerdeführers unterlassen hat.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 9. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040139.X00Im RIS seit
20.11.2000