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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Urban, über die Beschwerde des Dipl.Ing. HK in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. März 1998, Zl. 319.347/2-III/A/2a/98, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: C-AG in Wiener Neudorf, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 73 Abs. 2 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. März 1998 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für einen Verkaufsmarkt samt Heizungs- und Kühlanlage, Lagerung und Verkauf von Druckgaspackungen bis 10 kg und pyrotechnischen Gegenständen der Klasse I und II bis maximal 30 kg sowie eines Parkplatzes an einem näher bezeichneten Standort unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in den aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechten als verletzt erachtet.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei stellte in ihrer Gegenschrift einen gleichlautenden Antrag.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden;
...
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ...
Gemäß § 356 Abs. 3 leg. cit. sind im Verfahren unter anderem zur Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage unbeschadet des folgenden Satzes nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weist ein Nachbar der Behörde nach, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach dem ersten Satz zu erlangen, so darf er seine Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 auch nach Abschluß der Augenscheinsverhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen und ist vom Zeitpunkt seiner Einwendungen an Partei; solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Augenscheinsverhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. April 1985, Slg. N.F. Nr. 11.745/A) dargetan hat, liegt eine Einwendung im Sinne der eingangs dargestellten Gesetzeslage nur dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muß jedenfalls entnommen werden können, daß überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes behauptet wird, und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Das heißt, es muß auf einen oder mehrere der in § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 im Falle des § 74 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder eine "in anderer Weise" auftretende Einwirkung) abgestellt sein.
Im vorliegenden Fall richtete der Beschwerdeführer nach Anberaumung der mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz mit Schriftsatz vom 18. September 1995 folgende Stellungnahme an die Erstbehörde:
"In der Einladung vom 30. August 1995 der Bezirkshauptmannschaft Melk/Donau hinsichtlich des Ansuchens der C-Invest AG ist nicht angeführt, auf welchem Grundstück bzw. auf welcher Parzelle ein Verkaufsmarkt errichtet werden soll.
Zu berücksichtigen ist bei einem Verkaufsmarkt im Wohngebiet, daß die Verkaufsfläche unter 400 m2 zu errichten ist. Da das Getränkelager 62,7 m2 beträgt und in diesem ein Flaschen- sowie Kastenrückgabeautomat aufgestellt ist, wo auch ausschließlich bei der Selbstbedienung aus diesem Lager die Warenentnahme durch Kunden erfolgt, vergrößert sich die Verkaufsfläche um 62,7 m2 auf (398,91 m2 + 62,7 m2) insgesamt 461,62 m2.
Hinsichtlich der zu schaffenden Parkplätze ist zu bedenken, daß ohne eines sinnvollen Verkehrskonzeptes der Errichtung eines PKW-Parkplatzes (für maximal 57 PKW) nicht zugestimmt werden kann, zumal dieser auf einer im Wohngebiet befindlichen Grundstücksfläche gebaut werden soll.
Die Anlieferung der Waren soll nicht ausschließlich während der Tageszeit (von 06.00 - 22.00) erfolgen, sondern hat und zwar zwingend nur in der Tageszeit von 06.00 - 22.00 zu erfolgen. Eine Anlieferung von Waren, auch mit PKW bzw. Autos unter 3,5 t bzw. unter 1,5 t ist außerhalb der Tageszeit nicht zu gestatten. Weiters darf die Ent- und Beladung der LKW ausschließlich in geschlossenen Verladeräumen erfolgen, sodaß auch während des Tages keine unzumutbare Lärmentwicklung entsteht.
Ein Schallschutzprojekt ist vorzulegen, aus welchem die Belastung der Anrainer infolge der Installierung einer mechanischen Lüftungsanlage hervorgeht. Grundlage für die Beurteilung der zu erwartenden Lärmbelastung sind die ortsüblichen Lärmemissionen an den exponierten Stellen der Nachbarschaft (Tagmessung-Nachtmessung von 22.00 - 06.00).
Der Grundgeräuschpegel sowie bei Tag als auch bei Nacht ist festzustellen. Weiters ist die Luftbelastung durch die Ausblas- und Ansaugöffnungen zu prüfen.
Abschließend wird festgestellt, daß dem vorliegenden Projekt der Errichtung eines Verkaufsmarktes nicht zugestimmt wird."
In der mündlichen Augenscheinsverhandlung vom 20. September 1995 verwies der Beschwerdeführer nach Ausweis der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Verhandlungsschrift auf seine schriftlich abgegebene Stellungnahme.
Diesen Erklärungen ist die Behauptung, der Beschwerdeführer befürchte durch das in Rede stehende Projekt in einem konkret bezeichneten subjektiven Recht im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 verletzt zu werden, nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer beschränkt sich in diesen Erklärungen vielmehr darauf, ohne Bezugnahme auf eine persönliche Gefährdung oder Belästigung die belangte Behörde auf verschiedene Punkte aufmerksam zu machen, die seiner Meinung nach im Verfahren zu beachten sein werden. Diese Erklärungen stellen daher entsprechend der oben dargestellten Rechtslage keine Einwendungen im Sinne des § 356 Abs. 3 GewO 1994 dar, weshalb durch sie auch eine Parteistellung des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verwaltungsverfahren nicht begründet wurde.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Gegenäußerung zur Gegenschrift der mitbeteiligten Partei anklingen läßt, er sei wegen einer Unterbrechung der Verhandlung vom 20. September 1995 gehindert gewesen, weitere Stellungnahmen abzugeben, ist er auf die Regelung des § 356 Abs. 3 zweiter Satz GewO 1994 zu verweisen. Danach kann der Nachbar selbst dann, wenn er ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Erhebung von Einwendungen im Sinne des ersten Satzes dieser Gesetzesstelle verhindert war, Parteistellung nur dadurch erwerben, daß er innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses Einwendungen erhebt. Daß dies im konkreten Fall geschehen wäre, wird weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch ergibt sich dies aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde. Dies gilt selbst dann, wenn dem Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zu Unrecht Parteistellung zuerkannt worden sein sollte (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0211).
In den in der Gewerbeordnung 1994 festgelegten Nachbarrechten können Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO 1994 durch einen nach § 77 ergehenden Genehmigungsbescheid nur im Rahmen ihrer nach § 356 Abs. 3 leg. cit. rechtzeitig erhobenen Einwendungen, mit denen sie ihre Parteistellung im Genehmigungsverfahren begründet haben, verletzt werden (vgl. auch hiezu den bereits zitierten hg. Beschluß vom 28. Jänner 1993, Zl. 92/04/0211).
Da der Beschwerdeführer, wie oben dargelegt, mangels Erhebung geeigneter qualifizierter Einwendungen keine Parteirechte erwarb, kann er auch durch den angefochtenen Bescheid nicht in diesbezüglichen Rechten verletzt sein.
Die Beschwerde war daher zufolge des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Eingehen auf den Inhalt des Beschwerdevorbringens gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1998040084.X00Im RIS seit
20.11.2000