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Verwaltungsverfahren - AVGNorm
VStG §19Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Rath und die Hofräte Dr. Draxler, Dr. Großmann, Dr. Hoffmann und Dr. Herberth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde des CA in F, vertreten durch Dr. Luitpold Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Kirchstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 19. Oktober 1982, Zl. Ia 909- 69/81, betreffend Bestrafung nach dem Zivildienstgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist zivildienstpflichtig. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. August 1980 wurde er auf Grund seiner Zivildienstpflicht der Einrichtung Rettungs- und Krankentransportdienst des Rechtsträgers "Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Vorarlberg" in F zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes mit Wirkung vom 1. Oktober 1980 zugewiesen. Der Zivildienst sollte am 31. Mai 1981 enden. Mit Wirkung vom 24. April 1981 wurde der Beschwerdeführer zur Rettungsabteilung E des Österreichischen Roten Kreuzes, Landesverband Vorarlberg, versetzt. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Mai 1981 wurde die Leistung des ordentlichen Zivildienstes mit Wirkung vom 9. Mai 1981 auf Antrag des Rechtsträgers unterbrochen.
Auf Grund einer Anzeige des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Beschwerdeführer mit der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 14. Mai 1981 zur Last gelegt, er habe a) sich vom 19. März 1981 bis 23. März 1981 und am 22. April 1981 unter grober Täuschung über Tatsachen vorsätzlich dem Zivildienst beim Rettungs- und Krankentransportdienst in F entzogen, b) durch sein Verhalten der ihm übertragenen Dienstpflicht, der Einfügung in die Gemeinschaft nachzukommen und das Betriebsklima nicht zu gefährden, nicht entsprochen und c) eine dienstliche Weisung seines Vorgesetzten zur Durchführung eines Krankentransportes im März 1981 nicht befolgt. In seiner Rechtfertigung bestritt der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Tatbestände. Er sei vom 19. bis 23. März 1981 im Krankenstand gewesen und habe hiefür eine ärztliche Bestätigung seines behandelnden Arztes vorgelegt. Am 22. April 1981 hätte er in der Zeit von 6.00 Uhr bis 13.00 Uhr Dienst zu versehen gehabt, habe aber nicht zur Arbeit gehen können, da er wieder starke Magenbeschwerden gehabt habe. Kurz vor Mittag habe er seinen Arzt aufgesucht, der ihm eine Krankheitsbescheinigung ausgestellt habe. Da über Mittag eine Besserung eingetreten sei, habe er am Nachmittag Bauarbeiten an seinem Haus durchgeführt. Auch am 20. März habe er kurzfristig dringende Arbeiten an seinem Haus durchgeführt. Er habe seinen Vorgesetzten gefragt, wie er am besten mit ihm zusammenarbeiten könne. Der Beschwerdeführer sei der Ansicht gewesen, daß diese Zusammenarbeit bestens klappe. Ein Kollege habe ihm allerdings erzählt, daß sein Vorgesetzter gesagt habe, der Beschwerdeführer würde ihn noch fertigmachen. Als er den Vorgesetzten daraufhin angesprochen habe, habe dieser erklärt, daß alles in bester Ordnung sei. Es sei richtig, daß der Beschwerdeführer sich geweigert habe, einen Krankentransport im März 1981 durchzuführen. Der Vorgesetzte habe jedoch die Verpflichtung, auf die Gesundheit der Zivildiener zu achten. Diese Voraussetzung wäre, hätte er die Weisung, den Transport durchzuführen, akzeptiert, nicht gegeben gewesen. Er habe am 17. und 18. März 1981 einen Krankentransport nach M durchgeführt und es sei ihm dabei jeweils verwehrt worden, ein Mittagessen einzunehmen; eine Begründung sei dafür nicht gegeben worden. Es sei zwar richtig, daß er die Heizung im Auto hätte einschalten können, doch habe er kein Mittagessen bekommen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 30. Oktober 1981 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt,
a) vom 19. März 1981 bis 23. März 1981 und am 22. April 1981 unter grober Täuschung über Tatsachen vorsätzlich dem Zivildienst beim Rettungs- und Krankentransportdienst in F sich entzogen, b) durch sein Verhalten, der ihm übertragenen Dienstpflicht, der Einfügung in die Gemeinschaft nachzukommen und das Betriebsklima nicht zu gefährden, nicht entsprochen und c) eine dienstliche Weisung seines Vorgesetzten zur Durchführung eines Krankentransportes im März 1981 nicht befolgt zu haben und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach a) § 63 letzter Fall Zivildienstgesetz (ZDG), BGBl. Nr. 187/1974, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 496/1980, b) § 65 in Verbindung mit § 22 Abs. 4 ZDG und
c) § 64 Abs. 1 ZDG begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde wegen dieser Übertretungen eine Geldstrafe von a) S 1.000,-- , b) S 1.000,-- und c) S 500,-- verhängt; im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafen sollten an Stelle der Geldstrafen Arreststrafen in der Dauer von a) vier Tagen, b) vier Tagen und c) zwei Tagen treten. Begründend führte die Behörde erster Instanz nach einer Darstellung des umfangreichen Ermittlungsverfahrens aus, der Beschwerdeführer sei sowohl vom 19. bis 23. März als auch am 22. April 1981 dem Dienst ferngeblieben. Der Beschwerdeführer habe dazu angegeben, am 21. März an seinem Neubau Arbeiten durchgeführt zu haben. Er habe nicht bestritten, am Nachmittag des 22. April ebenfalls an seinem Neubau gearbeitet zu haben. Auf Grund der Aussage eines Zeugen dürfte es sich hiebei um Verputzarbeiten gehandelt haben. Dem Beschwerdeführer habe die Unvereinbarkeit der Tatsachen, daß er sich einerseits in den Krankenstand begeben, andererseits jedoch an seinem Neubau Arbeiten durchgeführt habe, klar sein müssen. Für den Fall, daß jene Arbeiten, welche der Beschwerdeführer in seiner Zivildienstzeit verrichtet habe, zu übermäßigem Streß geführt haben sollten, hätte sich der Beschwerdeführer auch darum bemühen können, bei der Rettungsabteilung zu einem gewissen Zeitpunkt mit anderen Arbeiten betraut zu werden. Der Beschwerdeführer habe es abgelehnt, sich einer Gastroskopie zu unterziehen. Diese hätte möglicherweise im Interesse des Beschwerdeführers selbst dazu führen können, daß diesem eine tatsächliche Krankheit nachgewiesen hätte werden können. Die Tatsache aber, daß der Beschuldigte während seines Krankenstandes in unmittelbarer Nachbarschaft seines Vorgesetzten Arbeiten an einem Wohnbau verrichtet habe, komme einer Provokation gleich. Da der Beschwerdeführer demnach imstande gewesen sei, Arbeiten zu verrichten, wäre es ihm auch ohne weiteres möglich gewesen, diese Arbeiten sowohl in der Zeit vom 19. bis 23. März al6 auch am 22. April im Sinne seines damaligen Dienstgebers zu verrichten. Die Inanspruchnahme eines Krankenstandes sei somit nicht zwingend notwendig gewesen. Ein Vorgesetzter des Beschwerdeführers habe als Zeuge angegeben, daß sowohl Zivildiener als auch hauptamtlich Beschäftigte sich über den Beschwerdeführer bei ihm beschwert hätten. Aus den Zeugenaussagen sei ersichtlich, daß nur ein anderer Zivildiener ein angeblich kollegiales Verhältnis zu dem Beschwerdeführer gepflegt habe. Auf Grund diverser Vorkommnisse, wie diese bereits vorher geschildert worden seien, hätten sich die anderen Zivildiener teilweise vom Beschwerdeführer distanziert. Durch sein Verhalten, wie dies in den Zeugenaussagen geschildert worden sei, habe der Beschwerdeführer somit das Betriebsklima bei der Rettungs- und Transportabteilung Feldkirch zum Teil erheblich gefährdet. Der Beschwerdeführer habe zugegeben, sich geweigert zu haben, einen Krankentransport im März 1981 nach M zu begleiten; dies deshalb, weil der Vorgesetzte seine Verpflichtung gemäß § 38 Abs. 3 ZDG (in Hinsicht auf seine Gesundheit) nicht beachtet habe. Die Gründe, aus denen ein Zivildiener berechtigt sei, der Weisung eines Vorgesetzten nicht Folge zu leisten, seien in § 64 Abs. 2 ZDG erschöpfend angeführt. Demgemäß hätte sein Vorgesetzter möglicherweise eine Verwaltungsübertretung begangen, hätte der Beschwerdeführer seiner Weisung Folge geleistet. Der Beschwerdeführer sei jedoch nicht berechtigt gewesen, durch sein eigenmächtiges Handeln sich der Weisung eines Vorgesetzten zu widersetzen. Auf Grund der Beweisführung seien nach Ansicht der Behörde erster Instanz die angelasteten Verwaltungsübertretungen als erwiesen anzunehmen. Das Strafausmaß erscheine schuld- und vermögensangemessen, wobei die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, insbesondere die finanziellen Belastungen bei der Erstellung eines Neubaues, einbezogen worden und weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände zu berücksichtigen gewesen seien.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung eingebracht und diese im wesentlichen dahin ausgeführt, es lägen zum Strafvorwurf unter lit. a) keine gesicherten Tatsachen für die behauptete Erschleichung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Bezüglich des Strafvorwurfes unter lit. b) brachte der Beschwerdeführer vor, aus den Aussagen seiner Vorgesetzten, in denen Beleidigungen gegen den Beschwerdeführer zum Ausdruck kämen, sei keineswegs erwiesen, daß der Beschwerdeführer und nicht seine Vorgesetzten das friedliche Zusammenleben gestört hätten. Im übrigen sei der Auffangstraftatbestand des § 65 ZDG offenbar vom Gesetzgeber im Hinblick auf die konkreten, in den §§ 22 und 23 ZDG normierten Dienstpflichten des Zivildieners konzipiert worden.
§ 22 Abs. 4 ZDG habe dagegen einwandfrei allgemeinen, programmatischen Charakter und eigne sich generell nicht als Grundlage für eine Bestrafung. Zum Strafvorwurf unter lit. c) schließlich brachte der Beschwerdeführer vor, es fehle hier jedenfalls an der Tatbestandsmäßigkeit. Der fragliche Krankentransport hätte am 19. März 1981 stattfinden sollen; der Beschwerdeführer sei an diesem Tag laut ärztlichem Attest arbeitsunfähig gewesen. Er habe sich somit am 19. März 1981 nicht im Dienst befunden. Unter diesen Umständen habe er eine dienstliche Weisung weder bekommen noch eine solche verweigern können.
Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch neuerliche Befragung des behandelnden Arztes des Beschwerdeführers und durch Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens gab der Landeshauptmann von Vorarlberg mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 19. Oktober 1982 der Berufung nicht Folge. In der Begründung dieses Bescheides wird zum Faktum a) des Straferkenntnisses ausgeführt, vom 19. März 1981 bis einschließlich 23. März 1981 sei der Beschwerdeführer von seinem behandelnden Arzt krankgeschrieben worden. Am 20. März 1981,
12.15 Uhr, habe ein Vorgesetzter des Beschwerdeführers diesen bei Bauarbeiten beobachtet. Der Beschwerdeführer habe bekannt, am 21. März 1981 Tätigkeiten am Bau verrichtet zu haben. Der behandelnde Arzt habe am 22. April 1982, 11.00 Uhr, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wegen Erkrankung des Beschwerdeführers ausgestellt. Um 14.45 Uhr des selben Tages habe ein anderer Zivildiener den Beschwerdeführer bei Verputzarbeiten gesehen. Um zirka 16.00 Uhr sei von Gendarmeriebeamten des Gendarmeriepostenkommandos Gisingen dieselbe Beobachtung gemacht worden. Der Beschwerdeführer habe die Tätigkeit am Bau bestätigt, habe sich jedoch damit gerechtfertigt, daß seine Dienstzeit an diesem Tage von 6.00 Uhr bis 13.00 Uhr gedauert habe. Vom behandelnden Arzt des Beschwerdeführers seien Bescheinigungen über die Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers ausgestellt worden. Ein derartiger Nachweis umfasse jede Tätigkeit, die als Arbeit aufzufassen sei. Eine Ausnahme für Bauarbeiten sei nicht enthalten. Der Differenzierung zwischen der Tätigkeit als Zivildiener und der privaten Tätigkeit als Bauherr könne die belangte Behörde nicht folgen. Sie gehe vielmehr davon aus, daß der Beschwerdeführer, wenn er zu Bauarbeiten fähig gewesen sei, auch seine dienstlichen Pflichten als Zivildiener hätte erfüllen können. Nach einer Zeugenaussage habe der Beschwerdeführer nach einem Krankenstand erwähnt, daß er sich "einige schöne Tage" gemacht und an seinem Haus gearbeitet habe. Diese Aussage werde auch von einem Vorgesetzten bestätigt. Die Durchführung von Verputzarbeiten einerseits, die Äußerung des Beschuldigten über "einige schöne Tage" während eines Krankenstandes andererseits, überzeugten die belangte Behörde davon, daß sich der Beschwerdeführer unter grober Täuschung über Tatsachen vorsätzlich vom 19. bis 23. März 1981 und am 22. April 1981 dem Zivildienst entzogen habe. Weitere Erhebungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes und des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers seien angesichts dieser Beweislage entbehrlich gewesen. Hinsichtlich des Faktums b) wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe sich einerseits darüber beklagt, daß seine gesundheitliche Situation ignoriert worden sei, andererseits nütze er Krankenstände dazu aus, um Arbeiten an seinem Neubau zu verrichten. Die Zeugenaussagen hätten bis auf eine ergeben, daß der Beschwerdeführer das gute Arbeitsklima getrübt habe. Das ungerechtfertigte Fernbleiben vom Dienst sei wegen der für die anderen Zivildiener verbundenen Mehrbelastung als Unkollegialität empfunden worden. Der Beschwerdeführer habe sich nicht in die Gemeinschaft eingefügt und das Betriebsklima durch sein Verhalten stark gefährdet, sodaß eine Versetzung zu der Rettungsstelle E erforderlich geworden sei. Die Verletzung seiner Dienstpflicht als Zivildiener, zu der auch die Bestimmung des § 22 Abs. 4 ZDG über das Einfügen in die Gemeinschaft und die Erhaltung des friedlichen Zusammenlebens mit anderen Beschäftigten zähle, betrachte die belangte Behörde als erwiesen. Der Interpretation des Beschwerdeführers in bezug auf § 22 Abs. 4 ZDG könne nicht gefolgt werden. § 65 ZDG schließe eine Bestrafung nach dieser Gesetzesbestimmung nicht aus. Zum Faktum c) führt die belangte Behörde in der Begründung aus, es liege ein eindeutiges Geständnis des Beschwerdeführers vor. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer ausgeführt, es sei richtig, daß er sich geweigert habe, einen Krankentransport im März 1981 durchzuführen. In einem Schreiben des Beschwerdeführers vom 26. März 1981 sei zu lesen:
"In den folgenden Zeilen möchte ich Ihnen wahrheitsgetreu mitteilen, welche Umstände mich zu so starrem Verhalten gezwungen haben, zu einer Dienstanweisung Nein zu sagen." Die Behauptungen in der Berufung widersprächen den gemachten Aussagen des Beschwerdeführers. Weiters sei zu sagen, daß die Befolgung der dienstlichen Weisung bereits am 18. März 1981 verweigert worden sei. Der Tatbestand sei somit bereits mit diesem Tage erfüllt gewesen. Ein nachfolgender Krankenstand hebe diesen nicht auf. Der Sachverhalt der nicht befolgten dienstlichen Weisung sei erwiesen und die Übertretung des § 64 Abs. 1 ZDG gegeben. Aus den Ausführungen des Beschwerdeführers gehe hervor, daß er über die Vorschriften des Zivildienstgesetzes Bescheid gewußt habe. Es liege somit Verschulden vor. Das durch die §§ 63, 64 Abs. 1 und 65 in Verbindung mit § 22 Abs. 4 ZDG geschützte Rechtsgut sei durch diese Verwaltungsübertretungen schwer verletzt worden. Sonstige nachteilige Folgen der Tat seien nicht hervorgekommen. Bei der Bemessung der Geldstrafe sei die finanzielle Belastung durch den Hausbau, das geringe Einkommen eines jungen Lehrers und die Sorgepflicht für seine Gattin mitberücksichtigt worden. Besondere Milderungs- und Erschwerungsgründe seien nicht bekannt. Angesichts der Schwere der Rechtsgutverletzung erscheine die Bestrafung jeweils im unteren Drittel des Strafrahmens angemessen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht nach dem Zivildienstgesetz bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 63 ZDG begeht, wer vorsätzlich der Zuweisung zu einer Einrichtung nicht Folge leistet, den ihm zugewiesenen Dienst verläßt oder ihm fernbleibt oder sich auf die in den §§ 61 oder 62 angeführte Weise dem Zivildienst zu entziehen sucht, sofern nicht die Tatbestände der §§ 58 bis 62 vorliegen, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen. Gemäß § 62 Abs. 2 ZDG - nur diese Bestimmung ist für den vorliegenden Fall bei der Beurteilung der "Weise" von Bedeutung - begeht, wer sich durch grobe Täuschung über Tatsachen, insbesondere durch Vortäuschen gänzlicher oder teilweiser Dienstuntauglichkeit, wenigstens fahrlässig seinem Zivildienst für länger als dreißig Tage entzieht, sofern nicht der Tatbestand des § 59 Abs. 2 vorliegt, eine Verwaltungsübertretung ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Arrest bis zu drei Monaten zu bestrafen.
Bei der dem Beschwerdeführer unter lit. a) des Bescheides der Behörde erster Instanz angelasteten Tat ist zur Umschreibung derselben im Sinne des § 44 a lit. a VStG 1950 anzuführen, welche Tatsachen vom Beschwerdeführer vorgetäuscht wurden. Es muß sich auch bereits aus der Tatumschreibung ergeben, welche grobe Täuschungshandlungen über Tatsachen vorgenommen worden sind. Die bloße Wiedergabe einer Wortfolge des Gesetzes im Spruch des Straferkenntnisses, auch wenn sich in der Begründung des Bescheides der Behörde erster Instanz, die vom bekämpften Bescheid teilweise übernommen worden ist, Anhaltspunkte dafür finden, daß eine Krankheit vor dem behandelnden Arzt vorgetäuscht sein könnte, stellt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit dar (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom18. November 1981, Zlen. 1329, 1331/80, und vom 11. Dezember 1981, Zl. 81/02/0176).
2. Gemäß § 65 ZDG begeht ein Zivildienstleistender, der sonst eine der in den §§ 22, 23 und 23 b festgelegten Dienstpflichten verletzt, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen. Gemäß § 22 Abs. 4 ZDG - nur diese Bestimmung ist hier von Bedeutung - hat sich der Zivildienstpflichtige in die Gemeinschaft, in der er seine Dienstleistung erbringt, einzufügen und darf durch sein Verhalten das friedliche Zusammenleben mit anderen Beschäftigten nicht gefährden.
Die belangte Behörde lastete dem Beschwerdeführer als Übertretung dieser gesetzlichen Bestimmungen an, daß er durch sein Verhalten der ihm obliegenden Dienstpflicht, der Einfügung in die Gemeinschaft nachzukommen und das Betriebsklima nicht zu gefährden, nicht entsprochen habe. Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist im Spruch die als erwiesen angenommene Tat zu konkretisieren. Eine Umschreibung des Tatbildes in der Begründung allein widerspricht der zwingenden Norm der angeführten Gesetzesstelle. Die Wiedergabe der allgemeinen Formulierung der Gesetzesstelle wird dieser Forderung nicht gerecht. So fehlt in der Tatumschreibung eine Konkretisierung der Verhaltensweise des Beschwerdeführers, die den Tatbestand des § 65 ZDG erfüllt. Auch eine Präzisierung der Zeit der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat fehlt. Diese wäre insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil der Beschwerdeführer seinen Zivildienst nicht zur Gänze beim Rettungs- und Krankentransport in F absolviert hat. Auch insoweit hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
3. Gemäß § 64 ZDG begeht, wer als Zivildienstleistender vorsätzlich eine dienstliche Weisung seines Vorgesetzten nicht befolgt, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.
Voraussetzung für die Strafbarkeit nach dieser Gesetzesstelle ist demnach nicht bloß das tatbestandsmäßige Verhalten des Zivildienstleistenden, das im vorliegenden Fall im übrigen unbestritten ist, sondern auch das Vorliegen der Schuldform des Vorsatzes, der von der belangten Behörde nachzuweisen ist. Der nach dem Gesetz verlangte Vorsatz umfaßt das Bewußtsein aller Tatumstände, die das Gesetz als für die Strafbarkeit wesentlich erklärt (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnis vom 11. März 1981, Zl. 01/2613/80).
Demgegenüber hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid - der Bescheid der Behörde erster Instanz enthält in dieser Richtung überhaupt nichts - ausgeführt, aus den Ausführungen des Beschwerdeführers gehe hervor, daß er über die Vorschriften des Zivildienstgesetzes Bescheid gewußt habe. Es liege somit Verschulden vor. Die im bekämpften Bescheid herangezogene Verwaltungsvorschrift bestimmt jedoch, wie erwähnt, daß zur Strafbarkeit Vorsatz erforderlich ist. Dieses Tatbestandsmerkmal haben die Behörden des Verwaltungsverfahrens nicht im Spruch ihrer Bescheide aufgenommen und auch nicht dem Gesetz entsprechend in der Begründung der Bescheide dargetan. Die von der belangten Behörde als gegeben angesehene Kenntnis des Gesetzes allein vermag die Annahme der besonderen Schuldform des Vorsatzes nicht zu begründen.
4. In der Beschwerde wird schließlich auch die Strafbemessung gerügt, da die belangte Behörde übersehen habe, daß der Beschwerdeführer für zwei Kinder sorgepflichtig sei. Die Geldstrafen seien angesichts seiner Einkommensverhältnisse und Sorgepflichten zu hoch bemessen worden. Auch das Verhältnis zwischen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe stimme nicht.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1950 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Absatz 2 desselben Paragraphen sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Aus dem Bescheid der Behörde erster Instanz sowie dem bekämpften Bescheid und dem übrigen Akteninhalt ergibt sich, daß Feststellungen über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers nicht getroffen worden sind. So blieb insbesondere unberücksichtigt, daß der Beschwerdeführer für zwei Kinder zu sorgen hat. Die Behörde genügt ihrer Begründungspflicht nicht schon dadurch, daß sie die im konkreten Fall rechtserheblichen Strafzumessungskriterien in ihre Erwägungen formal einbezieht; sie muß darüber hinaus darlegen, aus welchen Erwägungen sie unter Zugrundelegung dieser Strafzumessungskriterien die konkrete Tat innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens hinsichtlich Strafart und Strafausmaß gerade so wertet, wie dies im Spruch zum Ausdruck kommt; nur so kann der Verwaltungsgerichtshof überprüfen, ob die Strafbemessung noch dem Gesetz entspricht (vgl. Verwaltungsgerichtshof-Erkenntnisse vom 9. Oktober 1975, Slg. Nr. 8894/A, und vom 29. September 1981, Zl. 3135/80); insoweit liegt ein Verfahrensmangel vor.
Der angefochtene Bescheid war aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 20. April 1983
Schlagworte
Erschwerende und mildernde Umstände AllgemeinSpruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Tatvorwurf Beschreibung des in der BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1983:1982010321.X00Im RIS seit
23.01.2020Zuletzt aktualisiert am
23.01.2020