TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/9 98/04/0113

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Veröffentlicht am 09.09.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
GewO 1994 §14 Abs1;
GewO 1994 §14 Abs2 idF 1997/I/010;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Mag. W, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. Mai 1998, Zl. 319.962/2-III/4/98, betreffend Verweigerung der Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 15. Mai 1998 den Antrag des Beschwerdeführers auf Gleichstellung mit Inländern zur Ausübung des Gewerbes "Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants" an einem näher bezeichneten Standort gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 ab. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgebracht, eine im volkswirtschaftlichen Interesse liegende Investitionstätigkeit sei bereits durch Kauf der kompletten Küchen- und Restauranteinrichtung zu einem Kaufpreis von S 480.000,-- erfolgt und der zu erwartende Umsatz werde ca. S 2,5 bis S.3 Mio. betragen und es werde eine nicht unerhebliche Anzahl an Arbeitsplätzen geschaffen werden. Aus einem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Bericht gehe hervor, daß sich im Umkreis von 1 km zum Standort der geplanten Gewerbeausübung 142 einschlägige Betriebe befänden. Dieser Bericht sei dem Beschwerdeführer mit der Aufforderung zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden. Dazu habe der Beschwerdeführer vorgebracht, es werde noch einmal darauf hingewiesen, daß er malaysischer Staatsbürger sei und ein "asiatisches Spezialitätenrestaurant" eröffnen wolle, wobei er insbesondere die noch unbekannten südostasiatischen kulinarischen Spezialitäten anbieten wolle; es handle sich hiebei um die thailändische, indonesische und malaysische Küche. In rechtlicher Hinsicht führte der Bundesminister dazu aus, seit der Änderung der Bestimmung des § 14 Abs. 2 GewO 1994 durch die Gewerberechtsnovelle 1996 sei es nunmehr Sache des Antragstellers, das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales des volkswirtschaftlichen Interesses von sich aus initiativ nachzuweisen, sodaß die Behörde in diesem Zusammenhang keine amtswegige Ermittlungspflicht treffe. Der Beschwerdeführer habe auch im Berufungsverfahren einen derartigen Nachweis nicht erbracht. Das Vorbringen, nur ein "asiatisches Spezialitätenrestaurant" eröffnen zu wollen, sei schon deshalb für einen derartigen Nachweis ungeeignet, weil er sein Ansuchen nicht entsprechend eingeschränkt habe. Daran vermöge auch die Berufung auf den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. Dezember 1994, mit dem

dem Beschwerdeführer für die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart Restaurant an einem anderen Standort die Gleichstellung gewährt worden sei, nichts zu ändern. Das sonstige - allgemein gehaltene - Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, den im § 14 Abs. 2 GewO 1994 geforderten Nachweis zu erbringen, weshalb die Prüfung einer etwaigen Gefährdung sonstiger öffentlicher Interessen unterbleiben habe können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Gewährung der Gleichstellung im Sinne des § 14 Abs. 2 GewO 1994 verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bekämpft der Beschwerdeführer die Rechtsansicht der belangten Behörde, nach dem nunmehr geltenden Wortlaut des § 14 Abs. 2 GewO 1994 treffe die Beweislast den Antragsteller. Durch die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung "wenn (das volkswirtschaftliche Interesse) nachgewiesen wird" würden die übrigen gesetzlichen Bestimmungen und Erkenntnisse der Judikatur zum amtswegigen Ermittlungsverfahren nicht außer Kraft gesetzt. "Wenn nachgewiesen wird", heiße nicht, "wenn (allein) der Ausländer den Nachweis erbringt". Das würde nämlich im Ergebnis dazu führen, daß dann, wenn die Behörde dem Antragsteller bloß zu einem sehr weit gefaßten generellen Tatbestandsmerkmal (hier: das volkswirtschaftliche Interesse) eine Möglichkeit zur Stellungnahme gewährt habe, sie in der Folge jede (abweisende) Entscheidung damit begründen könne, daß es der Antragsteller unterlassen habe, bestimmte einzelne (erst im nachhinein näher qualifizierte) Tatbestandsmerkmale darzulegen. Eine solche Ermessensübung seitens der Behörde sei rechtswidrig, da dann, wenn die Gesetzgebung von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absehe und die Bestimmung dieses Verhaltens der Behörde selbst überlasse, die Behörde von diesem freien Ermessen im Sinne des anzuwendenden Materiengesetzes sowie des Verfahrensgesetzes Gebrauch zu machen habe. Es wäre zu weitgehend, der Bestimmung des § 14 Abs. 2 GewO 1994 einen verfassungswidrigen Inhalt zu unterstellen, der laute, daß der Behörde hier ein gänzlich freies - der Willkür Tür und Tor öffnendes - Ermessen eingeräumt wäre. Als Folge dieses Rechtsirrtums habe die belangte Behörde die notwendigen Beweiserhebungen, insbesondere auch die Durchführung eines Augenscheins, unterlassen, welcher der Behörde die Besonderheiten des verfahrensgegenständlichen Gewerbebetriebes des Beschwerdeführers am fraglichen Standort im Unterschied zu den 142 angeblich "einschlägigen" Betrieben aufgezeigt hätte. Hätte die belangte Behörde solche Beweiserhebungen durchgeführt, hätte sie erkennen können, daß es sich bei dem Lokal des Beschwerdeführers nicht etwa um ein allgemeines "asiatisches Spezialitätenrestaurant" handle, sondern um ein solches, in dem eine spezielle südostasiatische, thailändische, indonesische und malaysische Küche angeboten werden solle, wobei es derartige Lokale in Wien nahezu überhaupt nicht gebe. Es möge schon sein, daß es in der Umgebung des Lokales des Beschwerdeführers irgendwelche "China-Restaurants" gebe. Dies habe aber mit dem vorliegenden Fall nichts zu tun. Es bestehe kein Zweifel, daß das volkswirtschaftliche Interesse ein öffentliches Interesse und nicht ein Interesse eines Individuums meine, bezeichne doch das Wort "Volk" eine Gemeinschaft von Menschen, die nach Sprache, Kultur und Geschichte zusammengehören und "Wirtschaft" alle jene Einrichtungen, Maßnahmen und Vorgänge, die mit der Produktion, dem Handel und dem Konsum von Waren und Gütern im Zusammenhang stünden und ein wirtschaftliches System ausmachten. An einem solchen wirtschaftlichen System sei aber mehr als eine einzelne Person beteiligt, sodaß es sich um ein allgemeines, sohin öffentliches Interesse handle. Der Nachweis, daß ein solches volkswirtschaftliches öffentliches Interesse vorliege, sei daher Aufgabe der im Interesse des öffentlichen Wohles agierenden Behörde. Damit stehe aber umso eindeutiger fest, daß die Ermittlung dieses Tatbestandsmerkmales der Behörde obliege und nicht dem Antragsteller. Denn zu Recht sei der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß die im öffentlichen Interesse tätige Behörde im Bereich der Wahrung öffentlicher Interessen einen hohen Erfahrungswert einzubringen habe. Der Beschwerdeführer habe die Behörde, soweit es seiner Pflicht entspreche, auch weitgehend unterstützt und zur Kenntnis gebracht, welche Besonderheiten der verfahrensgegenständliche Gewerbebetrieb habe, weshalb er mit den umliegenden 142 anderen Gewerbebetrieben nicht vergleichbar sei, und daß nicht zuletzt auch durch die Schaffung von Arbeitsplätzen der Volkswirtschaft gedient sei. Da die belangte Behörde dem Gesetz einen rechtswidrigen Inhalt, insbesondere den Worten "wenn nachgewiesen wird" und "volkswirtschaftliches Interesse" unterstellt habe, sowie die maßgeblichen Verfahrensvorschriften, insbesondere jene über die Durchführung eines amtswegigen Ermittlungsverfahrens zur Feststellung des wahren Sachverhaltes, verletzt habe, sei der Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet.

Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde nicht die Rechtsansicht der belangten Behörde, sein Vorbringen sei nicht geeignet, den im § 14 Abs. 2 GewO 1994 geforderten Nachweis des volkswirtschaftlichen Interesses zu erbringen. Er meint aber, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, die Beweislast für das Vorliegen eines volkswirtschaftlichen Interesses treffe den Antragsteller.

Gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechtsnovelle 1996, BGBl. I Nr. 10/1997, bedürfen Angehörige eines Staates, hinsichtlich dessen die Gegenseitigkeit im Sinn des § 14 Abs. 1 GewO 1994 nicht nachgewiesen werden kann, und Staatenlose für die Ausübung des Gewerbes einer Gleichstellung mit Inländern durch den Landeshauptmann. Die Gleichstellung ist auszusprechen, wenn nachgewiesen wird, daß die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen im volkswirtschaftlichen Interesse liegt und nicht den sonstigen öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Wie die belangte Behörde bereits im angefochtenen Bescheid zutreffend hervorgehoben hat, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 17. März 1998, Zl. 98/04/0011, dargelegt, daß die Ersetzung der Worte "wenn anzunehmen ist" durch die Worte "wenn nachgewiesen wird", in dieser Gesetzesstelle durch die Gewerberechtsnovelle 1996 bedeutet, daß es nunmehr Sache des Antragstellers ist, unter anderem das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales des volkswirtschaftlichen Interesses von sich aus initiativ nachzuweisen, sodaß die Behörde in diesem Zusammenhang keine amtswegige Ermittlungspflicht trifft. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch unter Beachtung des Beschwerdevorbringens nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal es für ihn nicht nachvollziehbar ist, warum der Beschwerdeführer meint, eine derartige Auslegung des Gesetzes räume der Behörde "ein gänzlich freies - der Willkür Tür und Tor öffnendes - Ermessen" ein.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde

gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 9. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040113.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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