TE Vwgh Beschluss 2019/11/28 Ra 2019/19/0478

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Veröffentlicht am 28.11.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §37
AVG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, in der Revisionssache des M R in W, vertreten durch Prof. Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, Neuer Markt 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. September 2019, W168 2196553- 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 23. Jänner 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, sein Bruder habe für eine Tageszeitung gearbeitet und sich in seinen Artikeln kritisch gegenüber den Taliban geäußert. Deswegen sei die Familie von den Taliban bedroht worden. Die Drohungen würden sich auch auf ihn erstrecken, er selbst sei von einem Mann auf einem Motorrad angehalten und mit dem Tod bedroht worden. Ein weiterer Grund für seine Ausreise sei gewesen, dass ein General die Tante des Revisionswerbers gegen ihren Willen und gegen den Willen der Familie heiraten habe wollen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass die ganze Familie von dem General mit dem Tod bedroht worden sei. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland fürchte er, entweder von den Taliban oder dem General getötet zu werden.

2 Mit Bescheid vom 18. April 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. 3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Die Revision macht zur ihrer Zulässigkeit zunächst geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe sich bei seiner Entscheidung auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes gestützt, dessen Sachverhalt mit dem gegenständlichen aber nicht vergleichbar sei. Unter dem Gesichtspunkt einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, moniert die Revision zudem, diese vom BVwG zitierte Rechtsprechung sei im gegenständlichen Fall falsch interpretiert worden. Das BVwG begründe die Abweisung vor allem damit, dass sich die vom Revisionswerber genannten Fluchtgründe nicht primär auf ihn selbst, sondern auf seinen Bruder und seine Tante beziehen würden. In der vom BVwG hiezu zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom 27. März 1996, 95/01/0479, habe es allerdings keine Indizien für eine tatsächliche persönliche Gefährdung gegeben. Im gegenständlichen Fall sei die Sachlage jedoch völlig anders, die konkreten Verfolgungsmaßnahmen hätten sich belegbar auch direkt gegen den Revisionswerber selbst gerichtet. Zudem sei auch der Tante des Revisionswerbers aufgrund der Drohungen Asyl gewährt worden.

8 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

9 Der Verwaltungsgerichtshof ist als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. zur einschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung etwa VwGH 25.2.2019, Ra 2019/19/0017, mwN).

10 Entgegen den Revisionsausführungen hat sich das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und gelangte zum Ergebnis, dass seinen Ausführungen, wonach ihm persönlich eine konkrete Verfolgung drohe, keine Glaubwürdigkeit zukomme. Dass die einzelfallbezogene Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, wird in der Revision nicht aufgezeigt.

11 Die Revision bringt weiters vor, dass die Beweisanträge des Revisionswerbers aufgrund einer grob fehlerhaften Beurteilung des BVwG abgelehnt worden wären. Auch damit wird kein relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der Unterlassung einer Beweisaufnahme dann kein Verfahrensmangel gelegen, wenn das von der Partei im Beweisantrag genannte Beweisthema unbestimmt ist. Beweisanträge dürfen weiters dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel (ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung) untauglich ist. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 9.9.2019, Ra 2019/18/0169, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben, zumal hinsichtlich des Beweisantrages zur Stellung einer Anfrage an die Staatendokumentation zur abstrakten Gefährlichkeit des Generals in vertretbarer Weise davon ausgegangen werden konnte, dass dies nicht entscheidungserheblich war.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 28. Novmeber 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019190478.L00

Im RIS seit

31.01.2020

Zuletzt aktualisiert am

31.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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