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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AHG 1949Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, in der Revisionssache der C GmbH & Co KG in K, vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50-54, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 17. Oktober 2017, Zl. LVwG 43.19-1081/2017-4, betreffend Maßnahme gemäß § 360 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
1 Die Revisionswerberin betreibt an einem näher bezeichneten Standort in K einen Gastgewerbebetrieb.
2 Mit Bescheid vom 20. März 2017 verfügte die Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag (belangte Behörde) gemäß § 360 Abs. 4 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) für diesen Gastgewerbebetrieb mehrere Maßnahmen. Konkret wurde verfügt, es dürften auf einem näher umschriebenen Parkplatz (Parkplatz 1) keine Kraftfahrzeuge von Gästen bzw. Kunden des Gastgewerbebetriebes abgestellt werden (Maßnahmenpunkt 1), auf einem weiteren, näher umschriebenen Parkplatz (Parkplatz 2) dürften in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr keine Kraftfahrzeuge von Gästen bzw. Kunden des Gastgewerbebetriebes abgestellt werden (Maßnahmenpunkt 2) und eine näher umschriebene Tür dürfe während der Öffnungszeiten nur als Fluchttüre benutzt werden (Maßnahmenpunkt 3).
3 Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin änderte das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 17. Oktober 2017 den Maßnahmenpunkt 1 dieses Bescheides dahingehend ab, dass das Verbot des Abstellens von Kraftfahrzeugen auf dem Parkplatz 1 auf den Zeitraum 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr eingeschränkt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für zulässig erklärt.
4 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 26. Februar 2018, E 4150/2017, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. 5 In der Folge erhob die Revisionswerberin die vorliegende ordentliche Revision.
6 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie auf die Rechtsausführungen in einem näher bezeichneten, im Akt befindlichen Schreiben verweist.
7 Gemäß § 360 Abs. 5 GewO 1994 sind Bescheide gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 sofort vollstreckbar und treten mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, beginnt diese Jahresfrist auch dann bereits mit der Erlassung des die Maßnahme verfügenden Bescheides zu laufen, wenn durch das Verwaltungsgericht eine teilweise Abänderung dieses Bescheides erfolgt (vgl. VwGH 22.5.2019, Ra 2017/04/0002, Rn. 4, mwN). 8 Der hier zugrunde liegende Maßnahmenbescheid nach § 360 Abs. 4 GewO 1994 wurde laut den vorliegenden Verwaltungsakten am 22. März 2017 erlassen. Die - die Maßnahme verfügende - Entscheidung ist daher mit 22. März 2018 ex lege außer Wirksamkeit getreten.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig; fällt diese Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. erneut VwGH Ra 2017/04/0002, mwN). 10 Auf Vorhalt durch den Verwaltungsgerichtshof, ob und inwieweit sie sich nach Ablauf der Frist gemäß § 360 Abs. 5 GewO 1994 noch beschwert erachte, wies die Revisionswerberin mit Stellungnahme vom 25. Juli 2019 zunächst darauf hin, dass die reale Situation unverändert und daher mit einer neuerlichen, gleich gerichteten Entscheidung gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 zu rechnen sei. Weiters sei ein rechtliches Interesse daraus ableitbar, dass die Revisionswerberin beabsichtige, Amtshaftungsansprüche geltend zu machen.
11 Damit vermag die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen, inwiefern sich ihre Rechtsstellung durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses verbessern würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vermag ein aus wirtschaftlichen Gründen bestehendes Interesse an der grundsätzlichen Klärung einer Rechtssache, etwa um Schadenersatz im Wege der Amtshaftung geltend zu machen, am Fehlen der Möglichkeit, durch einen aufgehobenen Bescheid fortdauernd in Rechten verletzt zu sein, nichts zu ändern (siehe VwGH 17.11.2015, 2015/03/0003, mwN). Nichts anderes kann für den Fall einer - wie hier - ex lege außer Kraft getretenen Entscheidung gelten. Da der Verwaltungsgerichtshof zur Klärung von bloß theoretischen Rechtsfragen nicht berufen ist, kann ein rechtliches Interesse auch nicht allein damit begründet werden, dass eine Rechtsfrage für zukünftige Verfahren von Bedeutung sein kann (vgl. VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112, 0113, mwN).
12 Darüber hinaus bringt die Revisionswerberin in ihrer Stellungnahme vor, beim Landesverwaltungsgericht Steiermark seien zwei Verwaltungsstrafverfahren (zu näher zitierten Geschäftszahlen) anhängig, denen jeweils eine Bestrafung wegen Verstößen gegen Maßnahmen zugrunde liege, die mit der hier angefochtenen Entscheidung gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 verfügt worden seien. Eine Aufhebung der vorliegend angefochtenen Entscheidung hätte Auswirkungen auf diese Verwaltungsstrafverfahren , weshalb weiterhin ein rechtliches Interesse an einer inhaltlichen Entscheidung über die Revision bestehe. 13 Der Revisionswerberin ist zuzugestehen, dass einer - wenn auch bereits gemäß § 360 Abs. 5 GewO 1994 außer Wirksamkeit getretenen - Entscheidung gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 in einem Verwaltungsstrafverfahren, das eine Nicht-Befolgung der darin verfügten Maßnahme zum Gegenstand hat, rechtliche Bedeutung zukommt und insofern grundsätzlich ein rechtliches Interesse an einer Entscheidung über die vorliegende Revision bestehen könnte.
Allerdings ist fallbezogen auf Folgendes hinzuweisen:
14 Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat die beiden Beschwerden in den von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Verwaltungsstrafverfahren jeweils mit Erkenntnis vom 6. August 2019 als unbegründet abgewiesen. Dagegen hat die Revisionswerberin jeweils außerordentliche Revision erhoben. Diesen beiden Revisionen wurde mit hg. Erkenntnissen vom heutigen Tag, Ra 2019/04/0121 sowie Ra 2019/04/0122 (auf deren Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) insoweit Folge gegeben, als sie die Bestrafung wegen eines Verstoßes gegen die Maßnahmen zum Gegenstand hatten, die mit der hier gegenständlichen Entscheidung gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 verfügt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Wege einer Entscheidung in der Sache gemäß § 42 Abs. 4 VwGG die betreffenden Spruchpunkte der zugrunde liegenden Straferkenntnisse aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren insoweit eingestellt. 15 Ausgehend davon vermag die Revisionswerberin auch mit ihrem Vorbringen betreffend die beiden - anhängig gewesenen - Verwaltungsstrafverfahren kein rechtliches Interesse mehr an einer meritorischen Entscheidung über die hier vorliegende Revision aufzuzeigen.
16 Infolge des Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses war die Revision somit als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. etwa VwGH 20.5.2010, 2009/04/0311, mwN).
17 Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG; vgl. VwGH 18.3.2009, 2008/04/0157).
Wien, am 17. Dezember 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018040008.J00Im RIS seit
20.02.2020Zuletzt aktualisiert am
20.02.2020