TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/10 96/15/0088

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Veröffentlicht am 10.09.1998
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Index

33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §2 Abs1;
BewG 1955 §2;
BewG 1955 §24;
BewG 1955 §30 Abs1;
BewG 1955 §78 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde 1. des FS, 2. der GS, beide in Großengersdorf, vertreten durch Dr. Martin Neid, Rechtsanwalt in 2120 Wolkersdorf, Bachgasse 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Februar 1996, Zl. GA 8 - 1079/93, betreffend Feststellung des Einheitswertes und Festsetzung des Grundsteuermeßbetrages auf den 1. Jänner 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Wert- und Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 9. September 1992 stellte das Finanzamt zum 1. Jänner 1992 den Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführer (eines Ehepaares) mit S 1,002.000,-- fest, wobei dem Erstbeschwerdeführer ein Anteil von S 623.944,--, der Zweitbeschwerdeführerin ein Anteil von S 378.055,-- zugerechnet wurde.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben und "zwei getrennte Bescheide entsprechend den Besitzverhältnissen" zu erlassen. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen mit insgesamt ca. 52 ha würden als wirtschaftliche Einheit ausgewiesen; in Wahrheit handle es sich aber um zwei getrennt bewirtschaftete wirtschaftliche Einheiten mit ca. 35 ha (Erstbeschwerdeführer) bzw. 17 ha (Zweitbeschwerdeführerin).

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt den Beschwerdeführern unter anderem vor, von getrennter Wirtschaftsführung, insbesondere von einer Betriebsführung von zwei Hofstellen aus, könne nicht die Rede sein. Die eheliche Wohnung und der Sitz der gemeinsamen betrieblichen Tätigkeit befänden sich im Haus H-Straße 161. Die hinter dem Haus befindliche, vom Vater des Erstbeschwerdeführers der Zweitbeschwerdeführerin gegen ein jährliches Entgelt von S 1,-- zur Verfügung gestellte Halle stelle keine "Hofstelle" dar.

Die Beschwerdeführer beantragten die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend wurde nach detaillierten Darlegungen über Ausmaß und Verwendung der Grundflächen, Ausstattung mit Maschinen und Geräten, das Anlage- und Umlaufvermögen und die Führung der Geschäfte sowie Hinweisen auf die Rechtslage (insbesondere §§ 2, 24 und 78 BewG) sowie auf Lehre und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, die in Rede stehenden Grundstücke und Betriebsmittel seien als wirtschaftliche Einheit zu erfassen. Die für die Beurteilung maßgebliche Verkehrsanschauung gehe von der Erfahrung aus, daß üblicherweise Bauer und Bäuerin, solange sie in aufrechter Ehe und häuslicher Gemeinschaft lebten, nicht unabhängig und unbeeinflußt voneinander nur mit den jeweils ihnen zivilrechtlich gehörigen Wirtschaftsgütern einen gesonderten Wirtschaftserfolg anstrebten. Vielmehr würden sie ihre wirtschaftliche Planung auch in Rücksicht auf die im zivilrechtlichen Eigentum des anderen Ehegatten stehenden Wirtschaftsgüter treffen und bei der Bewirtschaftung selbst ihre Arbeitskraft im Sinne einer Arbeitsaufteilung gegenseitig ergänzend einsetzen. Die im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Wirtschaftsgüter könnten von einer Hofstelle aus bewirtschaftet werden. Eine Verrechnung der Nutzung des Anlagevermögens und der gegenseitig erbrachten Arbeitsleistungen erfolge nicht. Die Zweitbeschwerdeführerin selbst besitze keine der Maschinen, die für die Bewirtschaftung der Flächen notwendig seien; vielmehr würden ausschließlich die Maschinen des Beschwerdeführers unentgeltlich mitbenützt. Daraus folge, daß ein innerer Zusammenhang zwischen den Betrieben der Ehegatten gegeben sei und diese einen höchstmöglichen gemeinsamen Wirtschaftserfolg anstrebten. Die Beschwerdeführer behaupteten auch selbst nicht, daß sie als Konkurrenten auftreten. Es lägen somit die in den §§ 2 und 24 BewG normierten Voraussetzungen vor, die im Eigentum des Ehepaares stehenden Grundstücke und Betriebsmittel als wirtschaftliche Einheit zu erfassen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend; die Beschwerdeführer erachten sich im Recht auf Bewertung ihrer Wirtschaftsgüter als zwei verschiedene wirtschaftliche Einheiten verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß im Beschwerdefall die zum Stichtag 1. Jänner 1992 gegebene Rechtslage (vor den Änderungen des Bewertungsgesetzes insbesondere durch die Novelle BGBl. Nr. 818/1993) maßgeblich ist.

Aus den §§ 2, 24 und 78 Abs. 1 BewG ergibt sich, daß mehrere Wirtschaftsgüter, die zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehören, einer wirtschaftlichen Einheit zuzurechnen sind, wenn diese Wirtschaftsgüter tatsächlich eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG bilden, die Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig sind und in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1991, Slg. 6584/F, und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung).

Das Vorliegen unbeschränkter Steuerpflicht und der dauernden Haushaltsgemeinschaft ist im Beschwerdefall nicht strittig. Die Entscheidung hängt somit davon ab, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Zusammenfassung der Wirtschaftsgüter der Ehegatten zu einer wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 2 Abs. 1 BewG vorliegen. Dafür ist in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 13. April 1987, Zl. 85/15/0356, und die dort zitierte Vorjudikatur) die gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung maßgebend. Diese ist nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen; auf den Willen des Eigentümers (im Fall des § 24 BewG: der Eigentümer), Grundstücke als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln, kommt es nicht an, wenn diese Absicht in der Verkehrsanschauung keine Deckung findet. Nach der Verkehrsanschauung gehören grundsätzlich zu einem einheitlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft alle Flächen, die nach Lage der Verhältnisse von einem Mittelpunkt (in der Regel: der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können und demselben Eigentümer (unter den Voraussetzungen des § 24 BewG: Ehegatten) gehören. Die privatrechtlichen Beziehungen des einzelnen Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit bleiben außer Betracht; es kommt somit nicht darauf an, wer von den beiden Ehegatten Eigentümer der wirtschaftlich zusammengehörenden Wirtschaftsgüter ist. Auch mehrere Betriebe bilden eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn zwischen den Betrieben ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht (vgl. auch hiezu das Erkenntnis vom 25. Februar 1991, Slg. Nr. 6584/F, und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung).

Die Beschwerde macht geltend, daß "das Ehepaar zwei Hofstellen hat". Ferner ergebe sich schon aus der Feststellung des angefochtenen Bescheides, daß die Maschinen des Erstbeschwerdeführers von der Zweitbeschwerdeführerin unentgeltlich mitbenützt würden, daß es zwei verschiedene landwirtschaftliche Betriebe geben müsse, "weil sonst die Geräte und Maschinen des einen Betriebes nicht vom anderen Betriebsführer mitbenützt werden könnten". Sämtliche anderen Kriterien sprächen ebenfalls für eine getrennte Wirtschaftsführung "angefangen von verschiedenen Bebauungsplänen, getrennten Einkäufen, getrennten Verkäufen, getrennter Geldkontenführung usw.". Die überbetriebliche bzw. nachbarschaftliche Zusammenarbeit bei der Maschinennutzung könne insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit der rationellen Nutzung von Geräten kein Kriterium für eine gemeinsame Wirtschafsführung darstellen. Die Trennung der landwirtschaftlichen Grundstücke, der Hofstelle, der Anbaukontingente, der Ernteverrechnung, der Einkaufskontingente "und insbesondere der Wille der Ehegattin" wiesen darauf hin, daß die Beschwerdeführer als Konkurrenten am Wirtschaftsmarkt aufträten.

Diese Darlegungen zeigen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Maßgebend ist insbesondere, ob die in Rede stehenden land- und forstwirtschaftlichen Flächen der Ehegatten von einem Mittelpunkt (in der Regel: der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können (vgl. hiezu das bereits erwähnte Erkenntnis vom 25. Februar 1991, Slg. 6584/F). Daß dies hier der Fall ist, ist schon angesichts der Lage jener Baulichkeit, die die Zweitbeschwerdeführerin als ihre Hofstelle bezeichnet (Halle hinter dem Haus H-Straße Nr. 161), unmittelbar neben dem Wohn- und Wirtschaftsgebäude H-Straße Nr. 161, in dem sich nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Berufungsvorentscheidung die Ehewohnung und der Sitz der gemeinsamen betrieblichen Tätigkeit befindet,nicht zweifelhaft. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die erwähnte Baulichkeit nach der Verkehrsauffassung als "Hofstelle" angesehen werden könnte.

Ebenso kann auf sich beruhen, ob aus den Darlegungen des angefochtenen Bescheides, die landwirtschaftlichen Maschinen des Erstbeschwerdeführers würden von der Zweitbeschwerdeführerin "unentgeltlich mitbenutzt", auf die Existenz mehrerer landwirtschaftlicher Betriebe geschlossen werden müsse. Auch mehrere an sich selbständige landwirtschaftliche Betriebe von Ehegatten bilden eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden; mit dem Hinweis auf die erwähnten Darlegungen des angefochtenen Bescheides kann somit die Auffassung, es liege eine wirtschaftliche Einheit vor, nicht widerlegt werden.

Dies trifft im erwähnten Zusammenhang auch auf das Vorbringen der Beschwerde zu, bei der Überlassung der landwirtschaftlichen Maschinen handle es sich um "überbetriebliche bzw. nachbarschaftliche Zusammenarbeit bei der Maschinennutzung". Es entspricht der Verkehrsauffassung, daß die belangte Behörde die hier vorliegenden Umstände - die Zweitbeschwerdeführerin besitzt selbst keine landwirtschaftlichen Maschinen, sondern benützt ausschließlich die Maschinen und Geräte des Erstbeschwerdeführers, ohne sich an den Anschaffungs- und Betriebskosten zu beteiligen - als Indiz für eine gemeinsame Wirtschaftsführung ansah.

Schon angesichts der bisher näher erörterten, für eine gemeinsame Wirtschaftsführung sprechenden Umstände konnte die belangte Behörde vom Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit ausgehen. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit jenem weiteren - zum Teil neuen - Vorbringen der Beschwerde, aus dem diese eine völlig getrennte Wirtschaftsführung der Ehegatten folgert.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 10. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996150088.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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