TE Vwgh Beschluss 2019/12/17 Ra 2018/04/0125

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Veröffentlicht am 17.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §74
GewO 1994 §77
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der K G in K, vertreten durch die Scheucher Rechtsanwalt GmbH in 1070 Wien, Lindengasse 39, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 29. Dezember 2017, Zl. KLVwG-1263/13/2017, betreffend gewerberechtliches Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Klagenfurt; mitbeteiligte Partei:

M GmbH & Co. KG, vertreten durch die Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH, Otto Holzbauer Straße 1, 5020 Salzburg), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juni 2017 erteilte diese der mitbeteiligten Partei gemäß §§ 74 ff, 333, 356b, 356e GewO 1994 die gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Fachmarktzentrums mit Dienstleistungsbetrieben an einem bestimmt bezeichneten Standort nach Maßgabe der eingereichten Projektunterlagen und unter Erteilung diverser Auflagen.

2 Mit diesem Bescheid wurden auch - soweit hier von Relevanz - die Einwendungen (unter anderem) der Revisionswerberin, es komme wegen der Betriebsanlage zu unzumutbaren Belastungen durch die von dieser ausgehenden Geruchs- und Staubimmissionen, Erschütterungen, Rauch- und Lärmimmissionen, unter Verweis auf die Gutachten aus dem Bereich Umweltschutz und Medizin als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.4.3. des Bescheides).

3 2. In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz vor, sie verweise darauf, dass das in ihrem Eigentum stehende Haus an der Adresse F Straße auf einer Steinschlichtung als Fundament errichtet worden sei. Dieses sei aufgrund der stetig zunehmenden Verkehrsbelastung extrem gefährdet. Da sich die Stadtgemeinde K weder im Bau- noch im Gewerbeverfahren einsichtig zeige, zusätzliche Verkehrsbelastungen von der Liegenschaft der Revisionswerberin fernzuhalten, kündige sie an, sich für alle erwachsenden Unkosten schadlos zu halten.

4 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und erklärte die Revision für unzulässig (Spruchpunkt II.).

5 In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, es sei bereits mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Mai 2017, GZ W104 2135697-1/28E, festgestellt worden, dass für das verfahrensgegenständliche Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei. Dieser Beschluss sei in Rechtskraft erwachsen. Das Beschwerdevorbringen betreffend die Kärntner Bauordnung sei im gewerberechtlichen Verfahren nicht zu prüfen. Der lärmtechnischen bzw. medizinischen Begutachtung im behördlichen Verfahren sei die Revisionswerberin nicht entgegen getreten. Die Einwendungen bezüglich der Aufstellung einer LKW-Fahrverbotstafel an der Nordseite des Kreisverkehrs in der St. Ruprechter Straße, der Errichtung einer Lärmschutzwand und der Abschaltung der Reklameleuchten in der Nachtzeit sowie zur Dämmung der Heiz- und Kühlgeräte seien von der Behörde zurecht mangels Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts zurückgewiesen worden. Das Vorbringen der Revisionswerberin betreffend das "Verschwinden von Parkplätzen" und Errichten derselben auf anderen Liegenschaften stehe in keinem Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Projekt. Der bekämpfte Bescheid sei vollinhaltlich zu bestätigen. 6 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die nach Ablehnung einer gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde und Abtretung derselben durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2018, E 548/2018-6, erhobene außerordentliche Revision mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

7 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 10 4.1. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit gemäß § 28 Abs. 3 VwGG - alleine bezugnehmend auf ihr Vorbringen betreffend die auf das erhöhte Verkehrsaufkommen zurückzuführenden Erschütterungen - vor, das Zu- und Abfahren von Kraftfahrzeugen über die genehmigte Ein- und Ausfahrt gehöre zum Betriebsgeschehen der Betriebsanlage, da es in Zusammenhang mit der beabsichtigten gewerblichen Tätigkeit stehe, und verweist in diesem Zusammenhang - offenbar zur Darstellung des Abweichens von der Rechtsprechung - auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. März 1990, Zl 87/04/0091. Die Betriebsanlage werde insbesondere Kunden anziehen, die mit Kraftfahrzeugen anreisen würden.

11 4.1.1. Insofern die Revisionswerberin mit diesem Vorbringen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darzutun sucht, ist ihr zunächst zu entgegnen, dass das von ihr ins Treffen geführte Erkenntnis vom 27. März 1990, Zl. 87/04/0091, auf der Rechtslage der Gewerbeordnung 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 1988/399, basierte und in der dortigen Begründung auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 1979, Slg. N.F. Nr. 9943/A, verwiesen wird.

12 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem zur Rechtslage nach der Gewerberechtsnovelle 1988 ergangenen Erkenntnis vom 10. September 1991, 91/04/0105, jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die im erwähnten Erkenntnis des verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Oktober 1979, Slg. N.F. Nr. 9943/A, enthaltenen Ausführungen über die Zurechnung von Vorgängen, die sich zwar außerhalb, aber im engeren örtlichen Bereich der Betriebsanlage abspielen, seit dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1988 durch die dadurch geschaffene neue Gesetzeslage überholt seien. Ein Abweichen von der Judikatur zu einer wegen Änderung der gesetzlichen Bestimmungen überholten Rechtslage vermag die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen (vgl. zur geänderten Rechtslage die Ausführungen in VwGH 10.9.1991, 91/04/0105).

13 4.1.2. Im Übrigen ist dem Vorbringen der Revision Folgendes zu entgegnen: Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Abgrenzung von Vorgängen, die einer gewerberechtlichen Betriebsanlage zuzurechnen sind, und solchen, die auf öffentlichen Straßen stattfinden und keinen Bezug zur Betriebsanlage haben, in mehreren den Immissionsschutz von Nachbarn nach der GewO 1994 betreffenden Erkenntnissen auseinandergesetzt. Dabei gelangte er zu dem Ergebnis, dass das bloße Vorbeifahren (ebenso wie das Anhalten, Halten oder Parken) von (Betriebs)Fahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, auch wenn es sich um die einzige Zufahrtsstraße zur Betriebsanlage handelt, nicht mehr als zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden könne. Als entscheidend wurde angesehen, ob die befahrene Verkehrsfläche einen Teil der gegenständlichen Betriebsanlage bildet oder als (unter anderem) bloß der Zufahrt zu dieser Betriebsanlage dienende Straße mit öffentlichem Verkehr anzusehen ist. Letzterenfalls könnten verkehrsbedingte Immissionen nicht mehr der Betriebsanlage zugerechnet werden. Für nicht der Betriebsanlage zuzurechnende öffentliche Straßen sind die entsprechenden straßenrechtlichen Bestimmungen maßgeblich (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa VwGH 16.3.2016, Ra 2016/04/0025, mit Verweis auf VwGH 8.5.2013, 2011/04/0193, mwN).

14 Fallbezogen brachte die Revisionswerberin im behördlichen Verfahren vor, dass die durch das erhöhte Verkehrsaufkommen und der größeren Zahl der an ihrer nahe der Betriebsanlage gelegenen Liegenschaft vorbeifahrenden Fahrzeuge bedingten, auf das in ihrem Eigentum stehende Gebäude einwirkenden Erschütterungen langfristig zu nicht wieder gut zu machenden Schäden an ihrem Eigentum führen würden. Damit ist ausgehend von dem Vorbringen der Revisionswerberin kein Sachverhalt dargetan, der im Sinne der oben wiedergegebenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dazu führen kann, den an der Liegenschaft der Revisionswerberin auf der öffentlichen Straße vorbeifahrenden Verkehr - mag er auch durch den Betrieb des verfahrensgegenständlichen Fachmarktzentrums in seiner Frequenz verstärkt werden - der Betriebsanlage zuzurechnen und damit in das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren miteinbeziehen zu müssen. Insofern das Verwaltungsgericht daher die Abweisung der Behörde betreffend die Einwendungen der Revisionswerberin hinsichtlich der Erschütterungen bestätigte, kann darin keine Abweichung von der Rechtsprechung erblickt werden. Fehlende Ermittlungen zu dem aus rechtlichen Erwägungen nicht zielführendem Vorbringen der Revisionswerberin können schon mangels Relevanz keinen Verfahrensmangel begründen.

15 4.2. Soweit die Revisionswerberin in ihren gemäß § 28 Abs. 3 VwGG erstatteten Ausführungen als Verfahrensmangel rügt, dass das Verwaltungsgericht sie nicht im Sinne der Manuduktionspflicht angeleitet habe, legt sie keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, weil sie nicht konkret ausführt, welches Vorbringen sie bei gesetzeskonformer Anleitung durch das Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren erstattet hätte, sodass sie die für die erfolgreiche Geltendmachung eines behaupteten Verfahrensmangels in einer Revision nötige Relevanz nicht dargestellt hat (vgl. VwGH 29.6.2016, Ra 2016/05/0052, mwN).

16 4.3. In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018040125.L00

Im RIS seit

20.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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