TE Bvwg Beschluss 2019/7/30 W156 2190216-2

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Veröffentlicht am 30.07.2019
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Entscheidungsdatum

30.07.2019

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W156 2190216-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Alexandra als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.09.2019, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend M XXXX E XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 und § 22 Abs 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Erster Antrag auf internationalen Schutz

1.1. Der Antragsteller, ein Staatsangehöriger von Afghanistan und der Volksgruppe der Tadschiken zugehörig, reiste am 28.05.2016 unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.05.2016 sowie in einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.07.2017 brachte der Antragsteller zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er in von einer terrorostischen Gruppe namens T XXXX bedroht und verfolgt worden sei. Er sei entführt und neun Tage gefangen gehalten worden. Er sei schließlich unter der Zusage, dass er für sie arbeiten werden, an seinen Vater übergeben worden und somit freigekommen.

Der Antragsteller wurde mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 16.01.2018 wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Wochen, wobei diese unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, rechtskräftig verurteilt.

Der Antragsteller wurde mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 20.09.2018 wegen des Vergehens des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Wochen, wobei diese unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, rechtskräftig verurteilt. Als erschwerend wurden der rasche Rückfall, die Tatwiederholung und die Begehung während der Probezeit gewertet.

Mit Bescheid des BFA vom 15. 02.2018 wurde der Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), weiters der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht gewährt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und eine Frist von 14 Tage für die freiwillige Ausreise gewährt. der Antragsteller gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt VI.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der vom Antragsteller zur Begründung des Asylantrages vorgebrachte Fluchtgrund mangels Glaubhaftmachung nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden habe können.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2019, W128 2190216-1/7E, als unbegründet abgewiesen.

2. Zweiter Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) und gegenständliches Verfahren über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005

2.1. Am 17.01.2019 stellte der Antragsteller einen Antrag auf internationalen Schutz in Frankreich und wurde am 10.07.2019 nach erfolgter Dublin-Zustimmung durch Österreich nach Österreich überstellt.

Der am 17.01.2019 in Frankreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 17 Abs. 2 AsylG 2005 als ein mit 10.07.2019 gestellter Folgeantrag gewertet und wurde der Antragsteller dazu am selben Tag durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei gab er an, dass sein Fluchtgrund noch aufrecht sei und sich nicht geändert habe.

2.2. Mit Verfahrensordnung gemäß § 29 Abs 3 und § 15a AsylG 2005 seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen faktischen Abschiebeschutz aufzuheben und er einer Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG 2005 unterliege.

3.4. Am 24.07.2019 wurde der Antragsteller in Anwesenheit eines Rechtsberaters vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Stellung seines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutzes einvernommen. Der Antragsteller erklärte dabei, dass die Leute, die ihn und seinen Bruder bedroht hätten, nunmehr auch seine Familie belästigten. Dies habe ihm sein Vater vor seiner Ausreise nach Frankreich am Telefon mitgeteilt, dies müsste Ende 2018 gewesen sein, ein genaues Datum könne er nicht angeben. Seitdem habe er keinen Kontakt mehr zu seiner Familie in Afghanistan. Er sei zu 100 % überzeugt, dass alle ermordet worden seien. Weiters wurde der Antragsteller über die beabsichtigte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes informiert und gefragt, ob er dazu Angaben machen wolle.

Im Anschluss an die Einvernahme wurde dem Antragsteller der Bescheid über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 iVm § 22 Abs 10 AsylG 2005 und § 62 Abs 2 AVG mündliche verkündet und die mündliche Verkündung beurkundet.

Begründend legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dar, dass sich im neuerlichen Asylverfahren kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben habe und der Antrag des Antragstellers auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein würde; hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Antragstellers habe sich seit der Rechtskraft der beiden Vorverfahren nichts geändert. Auch die Lage im Herkunftsstaat sei seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2019 im Wesentlichen unverändert. Ebenso wenig hätte sich der Gesundheitszustand des Antragstellers geändert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan und führt die im Spruch angegebenen Daten; seine präzise Identität steht nicht fest. Er hält sich zumindest seit 28.05.2016 im Bundesgebiet auf, wobei er nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens verfügte.

Der Antragsteller stellte nach irregulärer Einreise am 28.5.2016 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Dieser wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.219, W218 2190216-1, sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht gewährt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und eine Frist von 14 Tage für die freiwillige Ausreise gewährt. der Antragsteller gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt VI.).

Am 17.01.2019 brachte der Antragsteller einen Antrag auf internationalen Schutz in Frankreich ein, der vom BFA als ein mit 10.07.2019 gestellter Folgeantrag gewertet wurde.

Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 24.07.2018 wurde diesbezüglich der faktische Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des zuvor gestellten Antrages auf internationalen Schutz am 06.05.2019, W218 2190216-1, ergeben hätte, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Lage im Herkunftsstaat.

Hinweise auf entscheidungsrelevante gesundheitliche Probleme des Antragstellers liegen nicht vor. In Österreich leben keine Verwandte des Antragstellers, sonstige engere familiäre oder soziale Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich bestehen nicht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung nach Afghanistan ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit droht. Bei einer Rückkehr in die Russische Föderation läuft der Antragsteller nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose beziehungsweise existenzbedrohende Situation zu geraten.

2. Beweiswürdigung:

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Person und den privaten und familiären Verhältnissen des Antragstellers ergeben sich aus seinen Angaben, jene zum Verfahrensablauf ergeben sich aus der Aktenlage. Sein Fluchtvorbringen hinsichtlich der Verfolgung durch die Behörden des Herkunftsstaates sowie die Lage im Herkunftsstaat wurde eingehend im mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2019 rechtskräftig entschiedenen Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erörtert und abgewogen.

Wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid vom 24.07.2019 darlegte, hat sich das Vorbringen des Antragstellers lediglich auf das Fortbestehen der bereits im ersten Verfahren behaupteten und rechtskräftig als unglaubhaft bewerteten Verfolgung des Beschwerdeführers durch eine terroristische Gruppierung bezogen. Mit seinen im Verfahren über den zweiten Antrag auf internationalen Schutz erstatteten neuen Behauptungen, wonach seine Familie von dieser Gruppierung bedroht und sicher ermordet worden wäre, macht der Antragsteller bloß das "Fortbestehen und Weiterwirken" (vgl VwGH 20.03.2003, 99/20/0480) des schon im ersten Verfahren erstatteten Vorbringens geltend, nämlich Furcht vor Verfolgung durch eine terroristische Gruppierung. Im ersten Verfahren begründete der Antragsteller diese Furcht vor Verfolgung mit seiner erfolgten Entführung und Gefangenschaft, die von dieser Gruppierung gesetzt worden seien, weil er für sie arbeiten sollte. Insbesondere das nunmehrige Vorbringen, dass die noch in Afghanistan verbliebene Familie nunmehr bedroht worden sei, sowie das Vorbringen hinsichtlich des Verschwindens der Familie des Antragstellers baut auf dem bereits im Vorverfahren erstatteten und mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2019, W 218 2190216-1, für unglaubhaft befundenen Fluchtvorbringen auf.

Selbst wenn man das nunmehrige Vorbringen hinsichtlich -lediglich vermuteten Ermordung der Familie durch diese terroristische Gruppierung als neu geltend gemachte Sache sähe, käme dieser kein glaubhafter Kern zu.

Der Antragsteller brachte in der Erstbefragung am 10.07.2019 vor, dass sein Fluchtgrund noch der gleiche sei und auf Nachfrage, seit wann ihm die Änderung der Fluchtgründe bekannt sei, dass sich sein Fluchtgrund nicht geändert hätte. In der Einvernahme vor dem BFA gab er dann an, dass sein Vater ihm etwa Ende 2018 mitgeteilt habe, dass nämliche terroristische Gruppierung seine Familie belästigen würden. Seitdem habe er keinen Kontakt zu seiner Familie mehr. Die Ermordung seiner Familie vermute er nur, Beweise habe er keine.

Die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers sind dermaßen vage, dass dem diesbezüglichen Vorbringen auch schon aus diesen Gründen kein glaubhafter Kern zukommt.

Eine für den Antragsteller relevante Änderung an der Situation in seinem Herkunftsstaat kann anhand der Feststellungen im mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.07.2019, denen der Antragsteller im Verfahren nicht entgegengetreten ist, nicht erkannt werden. Umstände, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, insbesondere sein Gesundheitszustand und die privaten und familiären Verhältnisse des Antragstellers in Österreich, sind seit der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2019 im Wesentlichen unverändert, es ist lediglich zu einer Verlängerung der Dauer seines Aufenthaltes um einige Monate gekommen, wobei dieser Aufenthalt nicht rechtmäßig erfolgte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im Zuge eines Verfahrens über einen Folgeantrag gemäß § 2 Abs 1 Z 23 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Antragstellers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben.

Daher war diese Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22 BFA-VG dahingehend zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen.

Im Einzelnen bedeutet dies:

1.) Aufrechte Rückkehrentscheidung (§ 12a Abs 2 Z 1 AslyG 2005):

Gegen den Antragsteller liegt eine rechtskräftige aufrechte Rückkehrentscheidung vor, konkret die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2019, W218 2190216-1, bestätigte.

2.) Res iudicata (entschiedene Sache) (§ 12a Abs 2 Z 2 AsylG 2005):

Im Kern ist das neuerliche Fluchtvorbringen - Verschwinden der Familie - , das zudem auf das bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2019, W218 2190216-1 , als nicht glaubhafteingestufte ursprüngliche Fluchtvorbringen aufgesetzt ist, nicht glaubhaft. Objektiv nachvollziehbare und glaubhafte neue Tatsachen hat der Antragsteller somit nicht vorgebracht; insbesondere legte er auch keine Beweismittel vor. In Bezug auf die Fluchtgründe des Antragstellers liegt voraussichtlich eine entschiedene Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG vor und steht das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2019, W218 2190216-1, einer neuerlichen Absprache über diese Gründe sohin voraussichtlich entgegen.

Auch im Hinblick auf die Sicherheits- und Versorgungslage in seinem Herkunftsland brachte der Antragsteller nichts Substantiiertes vor.

Es ist daher nach einer Grobprüfung davon auszugehen, dass der gegenständliche Folgeantrag gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückzuweisen sein wird, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist.

3.) Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK (§ 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005):

Bereits im ersten Verfahren wegen internationalen Schutzes haben das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und das Bundesverwaltungsgericht ausgesprochen, dass der Antragsteller bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung der Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht (§ 50 FPG).

Auch im nunmehr zweiten Verfahren wegen internationalen Schutzes sind keine Risiken für den Antragsteller im Sinne von § 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005 hervorgekommen oder substantiiert behauptet worden. Es sind auch keine erheblichen, in der Person des Antragstellers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie beispielsweise eine asylrelevante, schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden, wie in der Beweiswürdigung umfassend dargelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Ra 2016/01/0096 vom 13.9.2016 ausgeführt, dass nach der ständigen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde - es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl etwa das Urteil des EGMR vom 5.9.2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09).

Demzufolge müsste die Gefährdung des Antragstellers im Sinne des Art 3 EMRK, sofern diese nicht von vornherein klar ersichtlich ist, von diesem belegt werden.

Eine, den Antragsteller individuell drohende Verfolgung hat dieser, wie bereits mehrfach ausgeführt, auch nicht glaubhaft vorgebracht.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl etwa VwGH vom 19.2.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zu Ra 2016/19/0036 vom 25.5.2016 ausführt, kann die Außerlandesschaffung eines Fremden auch dann gegen Art 3 EMRK verstoßen, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden könnten. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden höchstgerichtlichen Judikatur ist eine solche Situation jedoch nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK notwendig, konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Im Verfahren sind keine Umstände aufgezeigt worden beziehungsweise amtswegig hervorgekommen, dass der Antragsteller einer außergewöhnlichen, exzeptionellen Gefährdung bei einer Rückkehr ausgesetzt wäre.

Entsprechend den obigen Ausführungen, stellt - nach der Prüfung des Aktes im hier erforderlichen Ausmaß - aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Antragstellers in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK dar beziehungsweise ist ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art 8 EMRK gerechtfertigt.

Unter Hinweis auf die im Verwaltungsakt einliegenden Länderberichte ist davon auszugehen, dass für den Antragsteller als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

4.) Rechtmäßigkeit des Verfahrens: Im Verfahren zur Aberkennung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§§ 37, 45 Abs 3 AVG) zu beachten ist.

Die belangte Behörde hat das Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt.

Gemäß § 22 Abs 1 2. Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG 2005 in gegenständlichem Fall gegeben; es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des

Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind vom Antragsteller nicht vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Sofern die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Zur Verfassungsmäßigkeit des § 12a Abs 2 iVm § 22 AsylG 2005 ist festzuhalten, dass mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10.10.2018, G 186/2018-25 ua die Anträge des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes auf Aufhebung der entsprechenden Bestimmungen abgewiesen wurden, soweit sie sich gegen § 22 Abs 10 dritter, vierter und fünfter Satz AsylG 2005 sowie gegen § 22 BFA-VG richteten; im Übrigen wurden die Anträge zurückgewiesen.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W156.2190216.2.00

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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