TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/9 W158 2208059-1

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Veröffentlicht am 09.09.2019
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Entscheidungsdatum

09.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W158 2208059-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 AsylG, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) im Wesentlichen damit, dass sein Sohn eine bereits verlobte Frau geheiratet habe und die Familie deswegen bedroht und er geschlagen worden sei.

I.2. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom XXXX , zugestellt am 18.09.2018, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte die Behörde mit näherer Begründung aus, dass das vom BF vorgebrachte Fluchtvorbringen nicht glaubhaft sei, sodass ihm der Status eines Asylberechtigten nicht gewährt werden habe können. Zu Spruchpunkt II. führte die Behörde aus, dass dem BF eine Rückkehr nach Kabul möglich und zumutbar sei. Gemäß § 57 AsylG sei auch eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht zu erteilen, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen. Hinsichtlich Art. 8 EMRK führte das BFA eine Abwägung durch und kam dabei zum Schluss, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

I.3. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

I.4. Am XXXX erhob der BF durch seinen Vertreter Beschwerde in vollem Umfang und beantragte, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, ihm den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren, in eventu ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, jedenfalls die Rückkehrentscheidung dauerhaft für unzulässig zu erklären und einen entsprechenden Aufenthaltstitel zu erteilen, in eventu den Bescheid aufzuheben und dem BFA die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Begründend wurde im Wesentlichen auf die bisherigen Angaben des BF verwiesen, die entgegen der Ansicht des BFA glaubhaft seien und zur Asylgewährung führen müssten. Unabhängig davon sei ihm aufgrund der Sicherheitslage subsidiärer Schutz zu gewähren.

I.5. Am XXXX langte die gegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.6. Am XXXX wurde ein Konvolut an Integrationsunterlagen vorgelegt.

I.7. Am XXXX führte das Bundesverwaltungsgericht eine zur gemeinsamen Behandlung der Verfahren W158 2208058-1, W158 2208059-1, W158 2208062-1, W158 2208064-1, W158 2208066-1, W158 2208069-1 anberaumte öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, anlässlich derer die Frau des BF im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari zu ihren Fluchtgründen und ihrem Privat- und Familienleben in Österreich befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

-

Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF;

-

Einsicht in die Verfahrensakten seiner Familienangehörigen.

II.1. Sachverhaltsfeststellungen:

Der BF ist der Ehemann der XXXX (W158 2208064), der mit Erkenntnis vom heutigen Tag der Status der Asylberechtigten gewährt wurde. Das Ehepaar hat fünf gemeinsame Kinder: XXXX (W162 2208074-1), XXXX (W158 2208066-1), XXXX (W158 2208069-1), XXXX (W158 2208062-1) und XXXX (W158 2208058-1). Außerdem leben im Bundesgebiet seine Schwiegertochter und seine Enkelkinder (W162 2208070-1. W162 2208071-1, W162 2208076-1).

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

II.2. Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:

II.2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.

II.2.2. Die Feststellungen ergeben sich allesamt unstrittig aus den Verfahrensakten der Familie. Die Ehe mit XXXX wurde bereits vom BFA seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einem aktuellen Strafregisterauszug.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, geregelt (§ 1 leg.cit.).

§ 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 70/2015, obliegt dem BFA die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.

II.3.2. Zu Spruchpunkt A)

Nach § 34 Abs. 2 AsylG hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Z 3).

Nach § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Seiner Ehegattin, die unzweifelhaft Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist, wurde der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Dem BF ist daher aufgrund der Bestimmung des § 34 Abs. 2 AsylG ebenfalls der Status des Asylberechtigten zu gewähren, zumal er weder straffällig wurde, noch ein Aberkennungsverfahren anhängig ist. Eine Prüfung eigener Fluchtgründe kann daher entfallen (VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418).

Dem BF war daher in Stattgabe der Beschwerde der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, dies ist gemäß § 3 Abs. 5 AsylG mit der Feststellung zu verbinden, dass dem BF damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Nach § 3 Abs. 4 AsylG gilt die Aufenthaltsberechtigung drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird, zumal der BF seinen Antrag nach dem 15.11.2015 stellte (§ 75 Abs. 24 AsylG).

II.3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, befristete
Aufenthaltsberechtigung, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W158.2208059.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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