TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/20 W109 2178794-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.09.2019
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Entscheidungsdatum

20.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W109 2178794-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Afghanistan, vertreten ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland, vom 27.10.2017, Zl. XXXX - XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.07.2019 zu Recht:

A) I. Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich

Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkt II. bis IV. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan erteilt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 19.09.2019 erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 24.06.2016 stellte der Beschwerdeführer, afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 24.06.2016 gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und in XXXX geboren. Er habe keine Schulbildung und zuletzt als Hilfsarbeiter gearbeitet. Zum Fluchtgrund befragt führte er aus, er sei sehr jung gewesen, als er mit seiner Familie in den Iran geflüchtet sei. Seine Eltern seien verstorben, Aus dem Iran sei er geflüchtet, weil er dort keine Schule habe besuchen dürfen, Afghanen hätten dort keine Rechte.

Am 05.10.2017 führte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, seine Eltern seien, als er etwa vier Jahre alt gewesen sei, wegen Grundstücksstreitigkeiten getötet worden. Der Beschwerdeführer und sein Bruder seien beim Onkel gewesen, der mit ihnen gemeinsam in den Iran geflüchtet sei. Der Onkel sei vor vier Jahren verstorben, dann habe er beim Cousin gelebt. Falls er nach Afghanistan zurückkehre, würden die Leute, die die Eltern getötet hätten, auch ihn umbringen. Er habe auch Angst, von den Taliban oder Daesh getötet zu werden.

Am 25.10.2017 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein, in der ausgeführt wird, der Beschwerdeführer werde aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner religiösen Einstellung sowie seinem langjährigen Aufenthalt im Ausland verfolgt. Der Beschwerdeführer würde als "verwestlicht" wahrgenommen werden. Außerdem drohe ihm Verfolgung von Seiten der Mörder der Eltern. Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz sei schlecht, eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zumutbar.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27.10.2017, zugestellt am 30.10.2017, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe keine asylrelevanten Gründe vorgebracht. Der Beschwerdeführer könne in Kabul oder Mazar-e Sharif ungehindert leben. Die Lage der schiitischen Hazara gleiche keiner systematischen Verfolgung. Die Gefährdungslage hinsichtlich der Taliban und dem IS beziehe sich nicht auf den gesamten Staat.

3. Am 24.11.2017 langte die vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der belangten Behörde des verwaltungsgerichtlich Verfahrens, ein in der im Wesentlichen ausgeführt wird, der Beschwerdeführer sei westlich orientiert und von als Angehöriger einer ethnischen und religiösen Minderheit und Rückkehrer aus dem Ausland von Verfolgung bedroht. Auch als Angehöriger seiner Eltern drohe ihm Verfolgung durch deren Mörder. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei nicht zumutbar.

Am 25.07.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, sein bevollmächtigter Rechtsvertreter, ein Vertreter der belangten Behörde und ein Dolmetscher für die Sprache Farsi teilnahmen.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen hinsichtlich Grundstücksstreitigkeiten aufrecht.

Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

-

diverse Teilnahmebestätigungen für Deutschkurse und andere Bildungsangebote;

-

Teilnahmebestätigung für Werte- und Orientierungskurs;

-

diverse Schulunterlagen;

-

Betreuungsbericht der Betreuungsstelle;

-

Bestätigung über gemeinnützige Arbeit.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Lebensumständen Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen, wurde spätestens am XXXX in XXXX geboren und ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan und Angehöriger der Volksgruppe der Hazara. Er bekennt sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer spricht Farsi.

Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren und reiste nach dem Tod seiner Eltern im Alter von etwa vier Jahren mit seinem jüngeren Bruder und der Familie seines Onkels väterlicherseits in den Iran aus, wo er bei seinem Onkel aufwuchs. Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan oder dem Iran nie eine Schule besucht und ist Analphabet. Mit etwa 14 Jahren begann der Beschwerdeführer als Gebäudereiniger auf Baustellen zu arbeiten. Nach dem Tod des Onkels etwa im Jahr 2015 lebten der Beschwerdeführer und sein jüngerer Bruder beim Cousin im Iran. Das Verhältnis des Beschwerdeführers zum Cousin ist nicht gut.

Seit seiner Ausreise ist der Beschwerdeführer nie wieder nach Afghanistan zurückgekehrt. Er hat dort weder Verwandte noch Bekannte.

Der jüngere Bruder des Beschwerdeführers lebt weiterhin im Iran.

Im Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer die Übergangsstufe einer BMHS besucht, jedoch mit negativen Noten in Mathematik und Deutsch abgeschlossen. Der Beschwerdeführer hat auch Deutschkurse besucht und eine Deutschprüfung absolviert, die er jedoch nicht bestanden hat.

Der Beschwerdeführer ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Eltern des Beschwerdeführers wurden im Zuge von Grundstücksstreitigkeiten mit Paschtunen getötet, als der Beschwerdeführer etwa vier Jahre alt war. Deshalb reisten der Beschwerdeführer und sein jüngerer Bruder mit dem Onkel väterlicherseits in den Iran aus.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Herkunftsprovinz Übergriffen durch die Mörder seiner Eltern ausgesetzt wäre.

Dem Beschwerdeführer drohen im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Übergriffe durch staatliche oder private Akteure wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam, wegen "westlicher Orientierung" oder weil er nach einem langen Aufenthalt im Ausland nach Afghanistan zurückkehrt.

1. 3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Provinz Ghazni zählt zu den volatilen, stark vom Konflikt betroffenen Provinzen, wobei die dortige Sicherheitslage sich insbesondere seit dem Jahr 2017 verschlechtert hat. Insbesondere kam es im Jahr 2018 auch zu Angriffen auf die Hazara-Gebiete sowie auf Ghazni (Stadt). Aufständische sind in gewissen Distrikten aktiv und es kommt zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Aufständischen. Es werden Luftangriffe durchgeführt. Die Taliban konnten seit 2001 an Einfluss gewinnen.

Im Fall einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz droht ihm die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übergriffe von regierungsfeindlichen Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Hauptstadt Kabul ist von innerstaatlichen Konflikt und insbesondere stark von öffentlichkeitswirksamen Angriffen der Taliban, des Haqqani-Netzwerkes und des IS betroffen. Kabul verzeichnet die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans. Die afghanische Regierung führt regelmäßig Sicherheitsoperationen in der Hauptstadt durch. Im Fall einer Niederlassung in Kabul droht dem Beschwerdeführer die Gefahr, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Städte Mazar-e Sharif und Herat sind vom Konflikt relativ wenig betroffen und stehen unter Regierungskontrolle. Beide Städte verfügen über einen internationalen Flughafen, über den sie sicher erreicht werden können.

Für den Fall einer Niederlassung des Beschwerdeführers in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat kann nicht festgestellt werden, dass diesem die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Dem Beschwerdeführer wäre es im Fall einer Niederlassung in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat nicht möglich, Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, so wie es auch seine Landsleute führen können. Im Fall einer dortigen Ansiedlung liefe er Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung nicht befriedigen zu können und so in eine ausweglose Situation zu geraten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu Person und Lebensumständen des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie seinen Lebensumständen bis zur Einreise nach Österreich ergeben sich aus seinen gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch die belangte Behörde ging in ihrem Bescheid bereits von der Glaubwürdigkeit der diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers aus.

Das festgestellte spätestmögliche Geburtsdatum ergibt sich aus dem Sachverständigengutachten zur Volljährigkeitsbeurteilung vom 13.09.2016 (AS 75 ff.), wobei anzumerken ist, dass dieses Ergebnis im Wesentlichen mit den Angaben des Beschwerdeführers übereinstimmt:

so wurde in der Erstbefragung das Datum XXXX protokolliert, woraus ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer entweder ein Geburtsjahr - höchstwahrscheinlich nach dem iranischen Kalender mit XXXX - oder sein Alter mit etwa XXXX oder XXXX Jahren angegeben hat. Das festgestellte spätestmögliche Geburtsdatum ist mit beiden Angaben vereinbar.

Zur Feststellung, dass der Beschwerdeführer Farsi spricht, ist auf die Einschätzung des Dolmetschers in der mündlichen Verhandlung zu verweisen, der zufolge der Beschwerdeführer reines Farsi mit iranischem ländlichem Akzent spricht (Verhandlungsprotkoll S. 10), wobei sich das Bundesverwaltungsgericht hier der von den Parteien unangezweifelten Expertise des Dolmetschers folgt. Angesichts der Sprachfärbung des Beschwerdeführers erscheint die vom Beschwerdeführer geschilderte Lebensgeschichte ebenso glaubhaft.

Dass das Verhältnis des Beschwerdeführers zum Cousin nicht gut ist, beruht auf den Schilderungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.07.2019 (Verhandlungsprotokoll S. 6). So machte der Beschwerdeführer, als er das Verhältnis zum Cousin schilderte, einen aufrichtigen Eindruck und gab insbesondere spezifisch und diesbezüglich offenkundig verärgert an, dass ihre Differenzen insbesondere darin bestanden, wie viel Gebet und Beschäftigung mit Religion notwendig seien.

Dass der Beschwerdeführer nie nach Afghanistan zurückgekehrt ist, beruht auf den vor dem Hintergrund seiner Lebensgeschichte plausiblen Angaben.

Die Feststellung zum Verbleib des jüngeren Bruders des Beschwerdeführers beruht auf den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.07.2019 (Verhandlungprotokoll S. 5).

Die Feststellung zu Schul- und Deutschkursbesuch im Bundesgebiet ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers sowie aus den dazu vorgelegten Bestätigungen.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich daraus, dass im Lauf des Verfahrens kein anderslautendes Vorbringen erstattet und auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt wurden, die eine gesundheitliche Beeinträchtigung oder Erkrankung des Beschwerdeführers nachweisen würden.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Die Feststellung zum Tod der Eltern im Zuge von Grundstücksstreitigkeiten beruht auf den gleichbleibenden Angaben des Beschwerdeführers im Lauf des gesamten Verfahrens. So gab er bereits in der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 05.10.2017 an, seine Eltern seien bei Grundstücksstreitigkeiten getötet worden (Einvernahmeprotokoll S. 5, AS 153) und schilderte dies gleichbleibend auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.07.2019 (Verhandlungprotokoll S. 5 und 7).

Befragt dazu, wer die Leute gewesen seien, die seine Eltern getötet hätten, gibt der Beschwerdeführer jedoch wiederholt an, sie nicht zu kennen (Einvernahmeprotokoll S. 6, AS 155). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht präzisiert er zwar, es habe sich um Paschtunen gehandelt, die behauptet hätten, dass das Grundstück ihnen gehöre und die Eltern seien nicht zurückgekehrt, nachdem sie zu den Paschtunen gegangen seien, um über das Problem zu sprechen (Verhandlungsprotokoll S. 7). Hierin erschöpfen sich allerdings die Angaben des Beschwerdeführers.

Eine konkrete und individuelle Bedrohung für den Beschwerdeführer lässt sich aus diesen vagen Angaben jedoch nicht ableiten. So bleibt etwa unklar, was die Grundstücksstreitigkeiten ausgelöst hat, ob es sich etwa um Streitigkeiten im Rahmen der jährlichen Wanderung der Kutchi-Nomaden, oder um Streitigkeiten im Zuge eines Grundstückverkaufes oder ähnlicher Vorfälle gehandelt hat. Auch legt der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dar, warum die Mörder der Eltern Interesse an der Person des Beschwerdeführers haben sollten.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei nicht, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Vorfalles ein Kleinkind war und bei Minderjährigen eine besonders sorgfältige Beurteilung erforderlich ist. So darf nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Dichte des Vorbringens nicht mit "normalen Maßstäben" gemessen werden und es muss darauf Bedacht genommen werden, aus welchem Blickwinkel die Schilderung der Fluchtgründe erfolgte. Hierauf ist beweiswürdigend einzugehen (zuletzt VwGH 06.09.2018). Der Beschwerdeführer berichtet jedoch nicht selbst erlebtes aus eigener Erinnerung, sondern lediglich, was er - wie er auch selbst sagt - von seinem Onkel "mitbekommen" hat (Verhandlungsprotokoll S. 5). Das Bundesverwaltungsgericht spricht auch dem Beschwerdeführer nicht die persönliche Glaubwürdigkeit ab und hat insbesondere den Tod der Eltern im Zuge von Grundstücksstreitigkeiten vorbringensgemäß festgestellt. Dies und das jugendliche Alter des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Ausreise ändert jedoch nichts daran, dass der Beschwerdeführer zu seiner Rückehrbefürchtung hinsichtlich der Mörder seiner Eltern nur vage und unkonkrete Angaben machen kann, weil er nicht mehr von der Angelegenheit weiß. Damit ist allerdings das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, er werde im Rückkehrfall von den Mördern der Eltern angegriffen, lediglich eine vage Mutmaßung, für die der Beschwerdeführer keine Grundlage substantiiert darstellen kann. Dementsprechend konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in die Herkunftsprovinz Übergriffen durch die Mörder seiner Eltern ausgesetzt wäre.

Zur Behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers ist zunächst auszuführen, dass dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Afghanistan, Gesamtaktualisierung am 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019 (in der Folge: Länderinformationsblatt) zufolge die schiitische Religionszugehörigkeit wesentlich zum ethnischen Selbstverständnis der Hazara zählt (Länderinformationsblatt, Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 16.1. Hazara). Bedingt durch die nach der Berichtslage untrennbare Verbundenheit von Ethnie und Religionszugehörigkeit kann oftmals nicht eindeutig zwischen einer Diskriminierung und Misshandlung aufgrund der Religion einerseits oder aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit andererseits unterschieden werden (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 [in der Folge UNHCR-Richtlinien], Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel 5. Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, Buchstabe a) Religiöse Minderheiten, Unterabschnitt Schiiten, S. 69-70). Daher scheint in diesem Fall eine gemeinsame Betrachtung der Merkmale der Religions- und der Volksgruppenzugehörigkeit geboten.

Weder aus dem Länderinformationsblatt (Kapitel 15.

Religionsfreiheit, insbesondere Unterkapitel 15.1. Schiiten sowie Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, insbesondere Unterkapitel 16.2. Hazara) noch aus den UNHCR-Richtlinien (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 5. Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, Buchstabe a) religiöse Minderheiten [S. 66 ff.], insbesondere Unterabschnitt Schiiten [S 69 f.] und Unterkapitel 13. Angehörige ethnischer (Minderheiten-)Gruppen, Buchstabe b) Hazara [S. 106 f.]), ergibt sich, dass es systematisch und verbreitet zu so intensiven Übergriffen gegen schiitische Hazara kommt, dass gleichsam jeder Angehörige dieser Volksgruppe aufgrund seiner Anwesenheit im afghanischen Staatsgebiet mit Übergriffen rechnen muss. Zwar berichtet das Länderinformationsblatt von sozialen Ausgrenzungen und Diskriminierung ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag, die nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert werden und auch, dass ethnische Spannungen weiterhin zu Konflikten und Tötungen führen, gleichzeitig ist aber auch von einer grundsätzlichen Verbesserung der Lage der Hazara seit dem Ende der Taliban-Herrschaft sowie von deren Etablierung in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft die Rede. Auch berichtet wird von sozialer Diskriminierung, illegaler Besteuerung, Zwangsrekrutierung, physischer Misshandlung und Festnahme. Eine konkrete Betroffenheit des Beschwerdeführers von derartigen Übergriffen wurde allerdings nicht substantiiert dargetan, während sich eine automatische Betroffenheit aller Hazara aus dem soeben zitierten Länderinformationsmaterial nicht ergibt. Insbesondere gab der Beschwerdeführer selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 25.07.2019 befragt zu seinen Rückkehrbefürchtungen hinsichtlich dieses Fluchtvorbringens lediglich an, es gebe auch Konflikte zwischen Hazara und Taliban (Verhandlungsprotokoll S. 7). Diese Angaben des Beschwerdeführers stimmen zwar grundsätzlich mit den vorliegenden Länderinformationen überein (etwa UNHCR-Richtlinien, S. 106-107), wo berichtet wird, es komme zu Schikanen, Einschüchterungen und Tötung durch die Taliban, den Islamischen Staat und andere regierungsfeindliche Kräfte. Eine konkrete Betroffenheit des Beschwerdeführers von einem solchen Übergriff ist damit jedoch noch nicht dargetan. Folglich wurde eine entsprechende Feststellung getroffen.

Zur "westlichen Orientierung" ist zunächst auszuführen, dass der Beschwerdeführer selbst in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht keine dahingehenden Rückkehrbefürchtungen äußerte, ihm könne wegen seiner Lebenseinstellung oder Wertehaltung Gefahr drohen. Dieses Vorbringen ist demnach auf die eingebrachten Schriftsätze beschränkt. Das Bundesverwaltungsgericht gesteht dem Beschwerdeführer bedingt durch seinen nunmehr etwa dreijährigen Aufenthalt in Österreich sowie sein Aufwachsen im Iran seit dem Alter von vier Jahren durchaus zu, dass sich sei Lebensstil und seine Lebenseinstellung von einem jungen Mann, der seit jeher im Herkunftsstaat lebt und diesen nie für längere Zeit verlassen hat, unterscheidet. Jedoch ist dem vorliegenden Länderberichten nicht zu entnehmen, dass für Männer - im Unterschied zu Frauen, die einen am "westlichen Gesellschaftsbild" orientierten selbstbestimmten Lebensstil pflegen wollen - eine gelebte "westliche Gesinnung" mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe gegen die betroffene Person auslösen.

Den Länderinformationen lässt sich etwa entnehmen, dass Frauen in Afghanistan aufgrund bestehender Vorurteile und traditioneller Praktiken, durch die sie marginalisiert werden, mit allgegenwärtiger sozialer, politischer und ökonomischer Diskriminierung konfrontiert sind. Frauen, die vermeintliche soziale Normen und Sitten verletzen - dies sind zum Beispiel Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch die Forderung nach männlicher Begleitung in der Öffentlichkeit oder Beschränkungen der Erwerbsmöglichkeiten - werden stigmatisiert, diskriminiert und ihre Sicherheit ist gefährdet. Besonders gefährdet und kaum in der Lage, zu überleben, sind Frauen ohne männlichen Schutz. (siehe dazu UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 1. Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen, Buchstabe h) Frauen im öffentlichen Leben, S. 51 und Buchstabe i) Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen, S. 52 sowie Länderinformationsblatt, Kapitel 17. Frauen). Vergleichbare Einschränkungen in der Lebensführung für Männer ergeben sich aus den vorliegenden Länderinformationen nicht und hat der Beschwerdeführer eine damit vergleichbare Situation für Männer auch nicht behauptet.

Den EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge: EASO Country Guidance) ist viel mehr zu entnehmen, dass das Verfolgungsrisiko für Männer minimal ist und von sehr spezifischen individuellen Umständen abhängt, es gebe nur sehr wenige Fälle (Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel II. Refugee status, Unterkapitel 13. Individuals perceived as 'Westernised', S. 65 - 66). Eine spezifische Betroffenheit des Beschwerdeführers von diesen wenigen Fällen wurde jedoch nicht substantiiert dargetan. Folglich wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat keine Übergriffe durch staatliche oder private Akteure wegen "westlicher Orientierung" drohen.

Zur Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat aufgrund seines langen Aufenthaltes im Ausland keine Übergriffe durch private oder staatliche Akteure drohen, ist auszuführen, dass das Länderinformationsblatt in seinem Kapitel 23. Rückkehr keine Anhaltspunkte dafür bietet, dass es im Herkunftsstaat zu systematischen Übergriffen gegen Rückkehrer kommt. Die vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachten UNHCR-Richtlinien erwähnen zwar Fälle von Rückkehrern, die von Aufständischen bedroht, gefoltert und ermordet worden seien (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel A. Riskoprofile, Unterkapitel 1. Personen die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vemeintlich unterstützen, Buchstabe i) Als "verwestlicht" wahrgenommene Personen [S. 52 f.]), belegen aber nicht, dass systematisch Übergriffe gegen Rückkehrer stattfinden. Inwiefern eine konkrete Gefahr, dass sich eines der abstrakt geschilderten manche Rückkehrer treffenden Risiken gerade für den Beschwerdeführer aufgrund seiner spezifischen individuellen Umstände verwirklichen könnte, wurde allerdings nicht substantiiert dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Eine entsprechende Feststellung wurde folglich getroffen.

2.3. Zur Rückkehr in den Herkunftsstaat:

Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan basiert auf der UNHCR-Richtlinie (siehe insbesondere Kapitel II. Überblick, Unterkapitel A. Die wichtigsten Entwicklungen in Afghanistan, S. 13 f. und Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel B. Flüchtlingsstatus nach den weitergehenden Kriterien gemäß dem UNHCR-Mandat oder nach regionalen Instrumenten und Schutz nach ergänzenden Schutzformen, Unterkapitel

2. Subsidiärer Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie der EU [Richtlinie 2011/95/EU], S. 117 f.) und findet Bestätigung im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien betonen die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete vom innerstaatlichen Konflikt. Diese lässt sich auch aus den Erläuterungen des Länderinformationsblattes zu den einzelnen Provinzen gut nachvollziehen.

Die Feststellungen zu Sicherheitslage in Ghazni ergeben sich im Wesentlichen aus dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.10. Ghazni. Zur Verschlechterung der Sicherheitslage in Ghazni ist im Besonderen auszuführen, dass die UNHCR-Richtlinien von Angriffen der Taliban im Südosten der Provinz berichten (S. 17). Auch das Länderinformationsblatt berichtet, dass bis Oktober 2018 die meisten Angriffe regierungsfeindlicher Gruppierungen unter anderem in der Provinz Ghazni stattgefunden hätten sowie von einem Angriff auf Ghazni-Stadt im August 2018. Insbesondere auch in den Siedlungsgebieten Ghaznis der Hazara hätten sich die Sicherheitsbedingungen verschlechtert, es seien im Zuge von großangelegten Taliban-Angriffen zahlreiche Hazara-Familien vertrieben worden (KI vom 1.3.2019, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2018 [relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage]).

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Herkunftsprovinz die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Übergriffe durch Aufständische zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden, speist sich aus den oben bereits zitierten Berichten zur Herkunftsprovinz, aus denen sich die starke Betroffenheit der Herkunftsregion des Beschwerdeführers vom innerstaatlichen Konflikt ergibt, weswegen auch eine diesbezügliche den Beschwerdeführer konkret und individuell treffende Gefahr festzustellen war.

Die Feststellungen zur Sicherheitslage in Kabul beruhen im Wesentlich auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.1. Kabul. Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Niederlassung in Kabul die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden, basiert auf den bereits zitierten Informationen zur Sicherheitslage in Kabul aus dem Länderinformationsblatt sowie auf der Einschätzung in der UNHCR-Richtlinien, der zufolge Zivilisten in Kabul auf ihren täglichen Wegen einem erheblichen Risiko, Opfer einer der in der Stadt allgegenwärtigen Gefahren, wie sie auch festgestellt sind, (S. 126 - 127), ausgesetzt sind. Dieses Risiko bestünde im Fall einer Niederlassung in Kabul auch für den Beschwerdeführer.

Hinsichtlich der geringen Konfliktbetroffenheit von Mazar-e Sharif und Herat ist auf die EASO Country Guidance, die die beiden Städte als relativ sicher einstuft und von einem geringen Gewaltniveau berichtet (Abschnitt Guidance note: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, S. 28 ff.). Die Feststellung zu den internationalen Flughäfen basiert auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel 3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Internationale Flughäfen in Afghanistan).

Aufgrund der relativ geringen Konfliktbetroffenheit und weil im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf eine spezifische Betroffenheit des Beschwerdeführers hervorgekommen sind, konnte für den Fall einer Niederlassung des Beschwerdeführers in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat nicht festgestellt werden, dass diesem die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Feststellung zu den Folgen einer Niederlassung des Beschwerdeführers in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat ergibt sich insbesondere aus einer Zusammenschau der individuellen Umstände und Merkmale, die der Beschwerdeführer in seiner Person vereint.

Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob sich der Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif eine Lebensgrundlage wird aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, ethnischer und sprachlicher Hintergrund, Religion, das Vorhandensein von Identitätsdokumenten, Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten, sozialer und ökonomischer Hintergrund, Bildungshintergrund, Zugang zu einem sozialen Unterstützungsnetzwerk und Religion (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 135 ff.). Damit übereinstimmend stellen nach den UNHCR-Richtlinien insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122) relevante Faktoren dar, wobei neben der Berücksichtigung dieser spezifischen persönlichen Umstände den UNHCR-Richtlinien zufolge auch darauf Bedacht zu nehmen ist, ob der Betreffende seine grundlegenden Menschenrechte wird ausüben können sowie ob er im für die Neuansiedelung in Betracht gezogenen Gebiet Möglichkeiten für ein wirtschaftliches Überleben (Zugang zu Unterkunft, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur [Trinkwasser, sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung], Lebensgrundlage) unter würdigen Bedingungen vorfindet (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.).

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen, gesunden Mann ohne zusätzliche Verantwortung für andere Personen. Folglich sind unter den Aspekten Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand spezifische Schwierigkeiten bei der Wiederansiedelung nicht zu erwarten. Hinsichtlich der sprachlichen und ethnischen Komponente lässt sich der EASO Country Guidance entnehmen, dass die Städte Herat, Mazar-e Sharif und Kabul von allen afghanischen Ethnien und Sprachgruppen bewohnt werden. Kenntnisse der Sprachen Dari oder Paschtu würden für eine Niederlassung ausreichen (S. 135 - 136). Der Beschwerdeführer spricht eigenen Angaben zufolge auch Dari (Einvernahmeprotokoll S. 3, AS 149). Mit an der Volksgruppenzugehörigkeit anknüpfenden Schwierigkeiten oder einer Sprachbarriere ist folglich nicht zu rechnen.

Der Beschwerdeführer verfügt allerdings nicht über eine Berufsausbildung und im Wesentlichen auch nicht über Schulbildung, hat er doch im Herkunftssaat und im Iran nie eine Schule besucht. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei nicht, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet die Übergangsstufe einer BMHS besucht hat, diese hat er allerdings nicht mit positiven Noten abgeschlossen und es ist auch angesichts dieses nunmehr erfolgten Schulbesuchs unverändert von einer sehr geringen Schulbildung des Beschwerdeführers auszugehen. Zur Berufserfahrung des Beschwerdeführers darf angemerkt werden, dass er zwar etwa zwei Jahre als Gebäudereiniger auf Baustellen gearbeitet hat. Allerdings war der Beschwerdeführer in diesem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt, weswegen von wesentlicher Berufserfahrung nicht auszugehen ist.

Weiter ist der Beschwerdeführer außerhalb Afghanistans aufgewachsen und war seit er vier Jahre alt war nicht mehr in Afghanistan aufhältig, weswegen nicht davon ausgegangen werden kann, dass er mit den dortigen örtlichen und intrastrukturellen Gegebenheiten sowie den Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist. Er hat die prägenden Jahre seine Sozialisation im Iran verbracht. Folglich kann, trotzdem der Beschwerdeführer bei seinem Onkel aufgewachsen ist, nicht davon ausgegangen werden, dass ihm die afghanischen Gebräuche und Traditionen ausreichend vermittelt und der Bezug zur afghanischen Kultur, Lebensgewohnheiten und Gegebenheiten so weit aufrechterhalten werden konnte, dass dem Beschwerdeführer ein Einblick in deren aktuell gelebte Form im Herkunftsstaat vermittelt hätte werden können. Damit wäre der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr gezwungen, sich als Fremder im eigenen Land ohne Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten niederzulassen und hätte aufgrund dessen mit Diskriminierung und Stigmatisierung zu rechnen. Insbesondere betont die EASO Country Guidance unter dem Profil Applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time (S. 139), dass unter anderem Antragsteller, die für lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt haben - wie auch der Beschwerdeführer - auf ein Unterstützungsnetzwerk angewiesen seien. Die EASO Country Guidance betont auch, dass Rückkehrer insbesondere, um Zugang zum Arbeitsmarkt sowie zu Wohnraum zu erhalten, auf ein soziales Netzwerk - insbesondere die erweiterte Familie oder andere Bekanntschaften (Schule, Ausbildung, Arbeit) - angewiesen sind (Unterabbschnitt Means of basic subsistence, S.134).

Auch von den UNHCR-Richtlinien wird insbesondere die Bedeutung der Verfügbarkeit und des Zugangs zu sozialen Netzen, bestehend aus der erweiterten Familie oder aus Mitgliedern der ethnischen Gemeinschaft zur Sicherung des wirtschaftlichen Überlebens, betont (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.). Eine Unterstützung durch Mitglieder der ethnischen Gemeinschaft würde in der Regel konkrete früherer gesellschaftliche Beziehungen zu einzelnen Mitgliedern der betreffenden ethnischen Gemeinschaft voraussetzen. Die Prüfung müsse auch im Lichte der Stigmatisierung und Diskriminierung von Personen, die nach einem Aufenthalt im Ausland nach Afghanistan zurückkehren erfolgen (S. 124). Auch dem Länderinformationsblatt ist zu entnehmen, dass das soziale Netzwerk für die Anpassung an das Leben in Afghanistan und das Überleben besonders ausschlaggebend ist (Kapitel 23. Rückkehr, Abschnitt Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen). Einzige Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung stellen den UNHCR-Richtlinien zufolge alleinstehende, leistungsfähige Männer ohne besondere Gefährdungsfaktoren dar (S. 125). Nachdem aber auf den Beschwerdeführer mehrere der von UNHCR beschriebenen Gefährdungsfaktoren zutreffen (mangelnde Schulbildung, Berufsausbildung und Berufserfahrung, fehlende Kenntnis der lokalen Gegebenheiten, mangelnde Vertrautheit mit den afghanischen "Gepflogenheiten" bedingt durch das Aufwachsen des Beschwerdeführers im Iran), ist davon auszugehen, dass seine Wiedereingliederung ohne ein Unterstützungsnetzwerk vor Ort nicht gelingt, insbesondere weil sein Zugang zu Wohnraum und Arbeitsmarkt nicht gesichert ist und damit auch nicht gesichert ist, dass er sich eine Lebensgrundlage erwirtschaften und eine Unterkunft wird finden können. Insbesondere kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer vom Iran aus durch seinen minderjährigen Bruder oder seinen Cousin, zu dem kein gutes Verhältnis besteht, mit dauerhafter Unterstützung rechnen kann.

Bedingt durch die besonderen Gefährdungsfaktoren (mangelnde Schulbildung, keine Berufsausbildung, kaum Berufserfahrung, fehlende Kenntnis der lokalen Gegebenheiten, mangelnde Vertrautheit mit den afghanischen "Gepflogenheiten" bedingt durch das Aufwachsen des Beschwerdeführers im Iran, fehlendes Unterstützungsnetzwerk vor Ort) wurde daher festgestellt, dass es dem Beschwerdeführer im Fall einer Niederlassung in Kabul, Mazar-e Sharif oder Herat nicht möglich wäre, Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, so wie es auch seine Landsleute führen können sowie, dass er im Fall einer dortigen Ansiedlung Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten.

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114). Auch EASO wird in den vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Normen durch explizite Nennung als Quelle für Herkunftslandinformationen besonders hervorgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Asyl):

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierung ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010 mwN).

3.1.1. Zum Fluchtvorbringen einer von den Mördern der Eltern ausgehenden Verfolgungsgefahr:

Der VwGH hat in seiner Rechtsprechung den Familienverband als "soziale Gruppe" gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anerkannt. Verfolgung kann daher schon dann Asylrelevanz zukommen, wenn ihr Grund in der bloßen Angehörigeneigenschaft des Asylwerbers, somit in seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe iSd Art. 1 Z 2 GFK, etwa jener der Familie liegt (Vgl. VwGH vom 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 mwN).

Zwar konnte der Beschwerdeführer glaubhaft machen, dass seine Eltern im Zuge von Grundstücksstreitigkeiten ermordet wurde. Dass dem Beschwerdeführer daraus als Sohn seiner Eltern durch die Mörder seiner Eltern Übergriffe drohen, wurde allerdings nicht substantiiert dargetan und folglich - wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt - auch nicht glaubhaft gemacht. Der Beschwerdeführer konnte sohin für den Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat auch keine Verfolgungsgefahr unter dem GFK-Anknüpfungspunkt der sozialen Gruppe im Sinne der oben zitierten Judikatur glaubhaft machen.

3.1.2. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der Volksgruppen- bzw. Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeine Gefahr eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", so hat jedes einzelne Mitglied schon aufgrund seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten. Diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (zuletzt VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428 mwN).

Der Beschwerdeführer konnte wie festgestellt seine Zugehörigkeit zur Gruppe der schiitischen Hazara glaubhaft machen.

Zur behaupteten Gruppenverfolgung ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt nicht glaubhaft machen konnte, dass schiitische Hazara im Herkunftsstaat allein aufgrund ihrer Volksgruppen- bzw. Religionszugehörigkeit ohne hinzutreten konkreter individueller Gefährdungsmomente gleichsam automatisch Übergriffen ausgesetzt sind.

Der Verwaltungsgerichthof nahm in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara irgendwo in Afghanistan an (zuletzt VwGH 28.03.2019, Ra 2018/14/0428). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).

Da eine Gruppenverfolgung - in Hinblick auf die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit - von Hazara und Schiiten in Afghanistan wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt nicht gegeben ist und der Beschwerdeführer auch keine individuelle Bedrohung dargetan hat, lässt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen eine asylrelevante Verfolgung nicht ableiten.

3.1.3. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen der "Rückkehrer"-Eigenschaft des Beschwerdeführers:

Da es wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt im Herkunftsstaat nicht gleichsam systematisch zu Übergriffen gegen Personen kommt, die - wie es auch beim Beschwerdeführer der Fall wäre - aus dem westlichen Ausland bzw. dem Iran oder Pakistan nach Afghanistan zurückkehren, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass ihm Aufgrund seiner Eigenschaft als "Rückkehrer" automatisch Verfolgung droht. Eine konkrete und individuelle Betroffenheit des Beschwerdeführers von Übergriffen, wie sie gegen manche "Rückkehrer" vorkommen können, konnte dieser - wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt - nicht glaubhaft machen. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, unter welchen GFK-Gesichtspunkt die behauptete Verfolgungsgefahr allenfalls zu subsumieren wäre, erübrigt sich damit.

3.1.4. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr wegen "westlicher Orientierung":

Nach der Rechtsprechung des VwGH können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden (vgl. etwa VwGH vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017-0018, mwN). Gemeint ist damit eine von ihnen angenommene Lebensweise, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt. Voraussetzung ist, dass diese Lebensführung zu einem solch wesentlichen Bestandteil der Identität der Frauen geworden ist, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken, um einer drohenden Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen zu entgehen (zuletzt VwGH 22.02.2018, Ra 2017/18/0357). Dabei führt nicht jede Änderung in der Lebensführung während ihres Aufenthaltes in Österreich, die im Fall der Rückkehr nicht mehr aufrechterhalten werden könnte, dazu, dass der Asylwerberin internationaler Schutz gewährt werden muss, sondern nur eine grundlegende und auch entsprechend verfestigte Änderung der Lebensführung, in der die Inanspruchnahme oder Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt und die im Herkunftsstaat nicht gelebt werden könnte (zuletzt VwGH 05.08.2019, Ra 2018/20/0320).

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der VwGH in seiner bisherigen Judikatur die Asylgewährung aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils auf Frauen beschränkt hat (Vgl. auch VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0329). Weiter ist zum Gehalt der "westlichen" Orientierung auszuführen, dass diese vor allem eine selbstbestimmte Lebensweise umfasst, insbesondere Zugang zu Bildung und Ausbildung, Berufstätigkeit (ohne männliche Zustimmung), selbstständige Lebensführung auch außer Haus, Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung, Entscheidungshoheit über die eigene Lebensführung, etc. Dass dem Beschwerdeführer als Mann aufgrund einer solchen eine mögliche "westliche" Orientierung ausdrückenden Lebensstils Übergriffe drohen, konnte - wie beweiswürdigend ausgeführt - nicht glaubhaft gemacht werden, weswegen auch eine daraus resultierende Verfolgungsgefahr zu verneinen ist.

3.1.5. Zum auf den Iran bezogenen Fluchtvorbringen:

Soweit sich das fluchtkausale Vorbringen des Beschwerdeführers auf die Zwangsrekrutierungsgefahr im Iran sowie auf die schwierigen Lebensbedingungen dort illegal aufhältiger Afghanen bezieht, ist ihm entgegen zu halten, dass § 3 Abs. 1 AsylG die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Herkunftsstaat ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 jener Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes als Herkunftsstaat. Auf Grund der afghanischen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers kann somit das Vorbringen im Hinblick auf den Iran außer Betracht bleiben (vgl. VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).

3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (subsidiärer Schutz):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Mit Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 hat der Verwaltungsgerichtshof sich mit der Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auseinandergesetzt. Danach sei subsidiärer Schutz nur in jenen Fällen zu gewähren, in denen die reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK auf einen ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zurückzuführen ist, der vom Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie verursacht wird (Art. 15 lit a. und b.), bzw. auf eine Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) zurückzuführen ist. Nicht umfasst sei dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführende Verletzungen von Art. 3 EMRK. Insofern habe der nationale Gesetzgeber die Bestimmungen der Statusrichtlinie fehlerhaft umgesetzt, weil nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2. Art. EMRK, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führe (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

An diese Judikatur anschließend spricht der der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 aus, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausschließlich anhand Art. 15 Statusrichtlinie geprüft werden könne. Die Bestimmung sei - obgleich fehlerhaft in das nationale Recht umgesetzt - nicht unmittelbar anwendbar, weil dies zulasten eines bzw. zur Vorenthaltung von Rechten des Einzelnen nicht in Frage komme. Die nationale Regelung des § 8 Abs. 1 AsylG sei günstiger. Deren unionsrechtskonforme bzw. richtlinienkonforme Auslegung finde ihre Schranke jedoch in einer Auslegung contra legem des nationalen Rechtes. Eine einschränkende Auslegung des Wortlautes des § 8 Abs. 1 AsylG im Sinne einer teleologischen Reduktion sei vor dem Hintergrund des klaren gesetzgeberischen Willens - den der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung herausarbeitet - nicht zu rechtfertigen. Daher halte der Verwaltungsgerichtshof an seiner Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG begründen kann (VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006 m.w.N.).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht es, um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf viel mehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0109 m.w.N.). Es obliegt dabei der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines solchen Risikos nachzuweisen. Es reicht nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen (VwGH 03.05.2018, Ra 2018/20/0191).

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/14/0196).

3.2.1. Zur Rückkehr in die Herkunftsprovinz:

Für die Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers ist dem festgestellten Sachverhalt zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr dorthin die Gefahr droht, aufgrund deren starker Betroffenheit vom innerstaatlichen bewaffneten Konflikt im Zuge von Kampfhandlungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen und Streitkräften der Regierung oder durch Übe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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