TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/23 W196 2100950-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.10.2019
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Entscheidungsdatum

23.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W196 2100950-2/5E

W196 2114940-2/5E

W196 2211454-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX (BF1), geb. XXXX ; 2.) XXXX (BF2), geb. XXXX ; 3.) XXXX (BF3), geb. XXXX , alle StA. Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.11.2018, Zl. 655178104-170324215 (ad 1.) und jeweils vom 12.11.2018 Zl. 1074092505-170324229 (ad 2.), Zl. 1145607406-170324237 (ad. 3.), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Erstes Verfahren:

Die Erstbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 08.12.2013 ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 10.12.2013 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie aus Grosny stamme. Im Herkunftsland würden ihre Eltern, ein Bruder und eine Schwester leben. Sie sei mit ihrem älteren Bruder, der gemeinsam mit einem Schlepper die Reise organisiert habe, ausgereist. Zum Grund für das Verlassen ihres Herkunftslandes gab sie an, dass ihr Bruder in Tschetschenien Probleme gehabt habe. Genauere wisse sie nicht. Sie sei mit ihm mitgekommen und habe keine eigenen Fluchtgründe.

Am 22.01.2015 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte sie vor, dass sie in Österreich jemand kennen gelernt habe, den sie nach moslemischen Recht geheiratet habe. Sie sei schwanger und brachte die Erstbeschwerdeführerin einen Mutter-Kind Pass in Vorlage. Des Weiteren gab sie an, dass sie vor ihrer Ausreise gemeinsam mit ihrer Familie in Tschetschenien gelebt habe. Ihre Angehörigen, Eltern und Geschwister, würden sich nach wie vor in ihrem Heimatland aufhalten und sei das Verhältnis zu ihren Angehörigen sehr gut. Zu ihren Fluchtgründen brachte sie zusammengefasst vor, dass sie in dem Geschäft, wo sie gearbeitet habe, von einem Burschen, der mit ihr eine Beziehung hätte haben wollen, im Sommer 2013 vergewaltigt worden sei. Ihre Mutter habe gemerkt, dass etwas nicht stimme, woraufhin ihr die Erstbeschwerdeführerin alles erzählt habe. Deswegen sei sie von ihrer Mutter gemeinsam mit ihrem Bruder, der selbst davon nicht wisse, weggeschickt worden.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag der Erstbeschwerdeführerin bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde der Erstbeschwerdeführerin unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist und wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für ihre freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Die Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass die Erstbeschwerdeführerin ihr Fluchtvorbringen nicht habe glaubhaft machen können. So habe sie ihr Vorbringen in der Einvernahme, in Abgleich zu jenem in der Erstbefragung gesteigert, obwohl sie selbst angegeben habe in der Erstbefragung die Wahrheit gesagt zu haben. Soweit sie in der Einvernahme vorgebracht habe, vergewaltigt worden zu sein, habe sie dies nicht glaubhaft machen können, da sie den besagten Vorfall vage, oberflächlich und detailarm geschildert habe und zudem mit einem ständigen begleitenden Lächeln und Schmunzeln schilderte. Die Inhaltsleere ihres Vorbringens und die konkreten Reaktionen der Erstbeschwerdeführerin zeige auf, dass sie das Geschilderte nie erlebt habe. Eine persönliche Betroffenheit habe sie nicht glaubhaft machen können und habe sie die nötigen Glaubwürdigkeitskriterien nicht erfüllt. Sie habe insgesamt Behauptungen in den Raum gestellt, ohne diese belegen oder durch konkrete Anhaltspunkte glaubhaft machen zu können. Zu ihrer Situation im Falle einer Rückkehr führte die Behörde aus, dass die Erstbeschwerdeführerin weder an einer lebensbedrohenden Erkrankung leide noch auf ihre Person außergewöhnliche Umstände behauptet oder bescheinigt habe, weshalb die Behörde auch nicht von Gefahren in ihrem Herkunftsstaat ausgehe, die die Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Im Fall der Erstbeschwerdeführerin handle es sich um eine arbeitsfähige Frau, der einer Erwerbstätigkeit zugemutet werden könne, weswegen nicht davon auszugehen sei, dass sie, von möglicherweise vorhandenen anfänglichen Schwierigkeiten abgesehen, in eine aussichtslose Lebenslage geraten werde. Ebenso hätte sie bei einer Rückkehr weiterhin finanzielle Unterstützung und Betreuung durch ihre Eltern. Zudem habe sie glaubhaft vorgebracht keine wirtschaftlichen Probleme zu haben. Ebenso habe sie die Möglichkeit bei einer Rückkehr in ihrem gewohnten Umfeld zu leben und bestehe für russische Staatsangehörige das in der Verfassung verankerte Recht der freien Wohnsitzwahl.

Dagegen erhob die Erstbeschwerdeführerin nicht fristgerecht Beschwerde, weshalb ihre Beschwerde, nachdem ihr von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes Parteiengehör eingeräumt wurde, mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.06.2015, Zl. W215 2100950-1/6E, gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz BFA-Verfahrensgesetz als verspätet zurückgewiesen wurde.

Am XXXX wurde der Zweitbeschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet geboren und stellte die Erstbeschwerdeführerin als seine gesetzliche Vertreterin am 18.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG, der mit Bescheid vom 04.09.2015, Zl. 1074092505-150696407 in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen wurde.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellungen zur Person, zu den Fluchtgründen, zur Situation des Zweitbeschwerdeführers im Fall der Rückkehr sowie zu seinem Privat-und Familienleben aus den Angaben seiner gesetzlichen Vertreterin, den vorgelegten Dokumenten und den niederschriftlichen Aussagen ergeben hätten. Zu den Feststellungen der Situation im Fall der Rückkehr führte das Bundesamt aus, dass seitens der gesetzlichen Vertreterin keine asylrelevanten Gründe vorgebracht worden seien. Die Feststellungen zur Russischen Föderation bzw. zu Tschetschenien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass dem Zweitbeschwerdeführer kein Recht auf Asyl zukomme, da keine wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung vorliege. Dazu führte die belangte Behörde aus, dass die gesetzliche Vertreterin weder gegen den minderjährigen Zweitbeschwerdeführers gerichtete Verfolgungshandlungen noch ihn betreffende Fluchtgründe vorgebracht habe. Zu Spruchpunkt II. wurde in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass sich weder aus dem Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin noch aus den amtswegigen Ermittlungen -den Feststellungen zur Russischen Föderation -eine Gefährdung des Zweitbeschwerdeführers im Sinne des § 8 AsylG für den Fall der Rückkehr ergebe. Im Fall des Zweitbeschwerdeführers sei auch keinem anderen Familienmitglied der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden, sodass eine Schutzgewährung aus Gründen des Familienverfahrens nicht in Betracht komme. Rechtlich folgerte das Bundesamt zu Spruchpunkt III. betreffend die Rückkehrentscheidung und die Beurteilung des zu berücksichtigenden Privat-und Familienlebens des Zweitbeschwerdeführers, dass die Ausweisung des Zweitbeschwerdeführers keinen Eingriff in sein Recht auf Familienleben darstelle, da sich seine Eltern unrechtmäßig in Österreich befinden würden und geboten wäre, dass sie in ihr Herkunftsland ausreisen würden. Wie festgestellt, sei das Verfahren seiner gesetzlichen Vertreterin negativ beschieden worden und verfüge diese über kein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet. Nachdem der Zweitbeschwerdeführer kaum das Kleinkindalter erreicht habe, sei davon auszugehen, dass der Zweitbeschwerdeführer sehr lernfähig sei und seine Muttersprache sowie die Gepflogenheiten seines Herkunftslandes mühelos erlernen werde. Demgegenüber stehe das Interesse der Öffentlichkeit an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens, dem seine gesetzliche Vertreterin insofern widersprochen habe, als sie illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und ihren Aufenthalt trotz negativen Abschluss ihres Asylverfahrens rechtswidrig im Bundesgebiet fortsetze. Vielmehr sei sie entgegen dem Gebot in das Herkunftsland zurückzureisen im Bundesgebiet verharrt und habe eine Familie zu einem Zeitpunkt, als der Ausgang ihres Verfahrens und das damit verbundene Recht in Österreich zu bleiben, ungewiss gewesen seien, gegründet. Da dem Zweitbeschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, sei diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Zu Spruchpunkt IV. wurde ausgeführt, dass der Zweitbeschwerdeführer ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung binnen 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise verpflichtet sei.

Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Zweitbeschwerdeführer im Wege seiner gesetzlichen Vertreterin am 23.09.2015 fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde zunächst darauf verwiesen, dass dem Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers der Status des Asylberechtigten nicht wegen Wegfalls der Verfolgungsgefahr, sondern wegen Straffälligkeit aberkannt worden sei. Das Bundesamt hätte daher prüfen müssen, ob sich die Verfolgungsgefahr, die bei seinen Angehörigen väterlicherseits bestehe, auf den Zweitbeschwerdeführer selbst als männlichen Nachkommen niederschlagen könnte. Zudem wurde moniert, dass die Behörde übersehen habe, dass die aktuelle Sicherheitslage in der Russischen Föderation, insbesondere für einen Säugling mit einer alleinstehenden Mutter, aufgrund dessen besonderer Vulnerabilität jedenfalls eine Bedrohung im Sinne des Art. 3 EMRK darstelle. Der Vater des Zweitbeschwerdeführers könne nämlich in Ermangelung eines russischen Reisedokuments nicht nach Tschetschenien zurückkehren, weshalb der Zweitbeschwerdeführer und seine Mutter schutzlos wären. Unter Zitierung einiger Berichte wurde darauf verwiesen, dass die Sicherheitslage in Tschetschenien immer noch prekär und das Gesundheitswesen nicht fortschrittlich sei. Dies habe die belangte Behörde weder eruiert noch einer eingehenden Würdigung unterzogen. Weiters hätte die belangte Behörde unter Berücksichtigung des Kindeswohls jedenfalls zu würdigen müssen, ob eine Fortführung des Familienlebens mit dem Vater in der Russischen Föderation überhaupt möglich sei. Demnach hätte die Behörde eine entsprechende Abwägung im Sinne des Art. 8 EMRK vornehmen müssen.

Mit am 30.09.2016 eingelangter Stellungnahme wurde zu den im Rahmen eines Parteiengehörs übermittelten Länderfeststellungen vorgebracht, dass der Zweitbeschwerdeführer im Fall der Rückkehr zu befürchten habe, als uneheliches Kind angesehen und beschimpft zu werden. Auch liefe die Mutter des Zweitbeschwerdeführers nach dortigem Verständnis Gefahr -ohne Ehemann und Vater ihres Kindes -als leichte Frau zu gelten und aufgrund dessen attackiert und massiven Verfolgungshandlungen ausgesetzt zu sein, woraus sich wiederum die begründete Furcht vor Verfolgung des Zweitbeschwerdeführers ergebe, zumal die Eltern des Zweitbeschwerdeführers nicht streng gläubig seien und sohin auch er nicht nach streng muslimischen Regeln erzogen werde. Im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation außerhalb Tschetscheniens würde der Zweitbeschwerdeführer in eine existenzielle Notlage geraten, da seine Mutter über kein soziales Netzwerk verfüge, auf welches sie zurückgreifen könnte und seien die staatlichen Hilfen für alleinerziehende Mütter dürftig bis faktisch nicht vorhanden. Unter Verweis auf Berichte aus dem Jahr 2014 wurde angeführt, dass die Kindergartenkosten sehr hoch seien und die Mutter des Zweitbeschwerdeführers diese alleine nicht bestreiten könne. International finanzierte Projekte könnten nicht alle hilfsbedürftigen Frauen beherbergen und bekomme man ohne Kontakte nicht so schnell einen Platz. Alleinerziehende Frauen hätten es in der Russischen Föderation insgesamt sehr schwer. Das Projekt "Mutterschaftskapital" laufe nur bis 2016. Diese Form der Unterstützung sei keine Hilfe, um im Falle einer Rückkehr wieder Fuß fassen zu können. Aus den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid gehe hervor, dass Rückkehrer in der Regel bei Verwandten wohnen würden. Diese Möglichkeit hätten der Zweitbeschwerdeführer und seine Mutter nicht, sondern wären auf sich alleine gestellt. Jene Sozialleistungen, die auf die Mutter des Zweitbeschwerdeführers zutreffen würden, kämen insofern nicht in Betracht, da der Erhalt dieser Leistungen an die Anforderung einer Vollzeitbeschäftigung im Jahr vor deren Beantragung geknüpft sei. Zudem sei das Minimum dieser Leistungen nicht ausreichend, um ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Auch sei die Arbeitslosigkeit von Frauen in der Russischen Föderation sehr hoch. Neben den aufgrund bürokratischer Hürden uneinbringlichen Beihilfen seien Frauen von ihrem sozialen und familiären Netzwerk abhängig. Demnach könne nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers in der Lage sein werde, den unbedingt notwendigen Unterhalt zu erwirtschaften. Zudem lebe der Vater des Zweitbeschwerdeführers seit ungefähr 15 Jahren in Österreich und könne seit ca. fünf Jahren aus faktischen Gründen nicht in die Russische Föderation abgeschoben werden. Auch sei das familiäre Umfeld in Österreich und würde eine Abschiebung in das Recht auf Familien-und Privatleben eingreifen.

Der oben angeführte Bescheid betreffend den Zweitbeschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.02.2017, Zl. W235 2114940-1/7E, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs am 02.03.2017 in Rechtskraft.

Darin folgerte das erkennende Gericht, dass die gesetzliche Vertreterin mit ihrem Vorbringen bezogen auf den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht habe. Nicht festgestellt werden könne, dass der minderjährige Zweitbeschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Russische Föderation aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur tschetschenischen Volksgruppe einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wurde festgestellt, dass der Zweitbeschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen sei nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführer noch aus amtswegiger Wahrnehmung. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer verfüge über eine gesicherte Existenzgrundlage in der Russischen Föderation und sei nicht davon auszugehen, dass ihm die notwendige Lebensgrundlage entzogen sei, da er unter der Obhut seiner Mutter stehe, welche weiterhin für den Zweitbeschwerdeführer sorgen werde. Zudem handle es sich beim Herkunftsstaat des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers nicht um ein wirtschaftlich derart schwaches Land, in dem es keine staatliche Fürsorge bzw. keine staatlichen Sozialleistungen gebe. In der Russischen Föderation und auch in der Teilrepublik Tschetschenien sei die Grundversorgung der Bevölkerung jedenfalls gewährleistet. Hinzu kommt, dass die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers durchaus als gebildete Frau bezeichnet werden könne. Sie habe zehn Jahre die Schule besucht und im familieneigenen Geschäft mitgearbeitet. Weiters würden die Großeltern und ein Onkel mütterlicherseits des Zweitbeschwerdeführers in der Nähe von Grosny leben. Zu diesen Familienangehörigen bestehe Kontakt und sei die wirtschaftliche Situation der Familie als gut zu bezeichnen. Nicht festgestellt werde, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Zweitbeschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Der Zweitbeschwerdeführer sei strafunmündig und sohin strafrechtlich unbescholten. Er sei in Österreich geboren worden und im Wege seiner gesetzlichen Vertreterin am 18.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Seit diesem Zeitpunkt lebe er auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG in Österreich. Ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht sei nicht ersichtlich. Der Mutter des Zweitbeschwerdeführers komme seit ihrem rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren - sohin seit dem 12.02.2015 - kein Aufenthaltsrecht in Österreich mehr zu. Auch dem Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers komme seit der rechtskräftigen Aberkennung seines Status als Asylberechtigter seit dem 10.12.2010 kein Aufenthaltsrecht in Österreich mehr zu. Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer lebe in Österreich mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt. Die Großmutter väterlicherseits sei in Österreich asylberechtigt. Darüber hinaus verfüge der Zweitbeschwerdeführer in Österreich nicht über verwandtschaftliche Beziehungen zu österreichischen Staatsangehörigen bzw. dauerhaft aufenthaltsberechtigten Fremden. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kämen nicht hervor. Im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die gesetzliche Vertreterin des Zweitbeschwerdeführer sowohl im Antrag auf internationalen Schutz als auch in ihrer Einvernahme dezidiert angegeben habe, dass dieser keine eigenen Fluchtgründe habe. Wenn in der Beschwerde erstmals ausgeführt werde, dass überprüft hätte werden müssen, ob sich die Verfolgungsgefahr, die bei den Angehörigen des minderjährigen Zweitbeschwerdeführer väterlicherseits bestehe, auf den Zweitbeschwerdeführer selbst als männlichen Nachkommen niederschlagen könnte, zunächst anzuführen sei, dass dieses Beschwerdevorbringen lediglich unsubstanziiert in den Raum gestellt worden. Es sei weder angeführt worden sei, worin die "Verfolgungsgefahr, die bei den Angehörigen väterlicherseits bestehe" liege noch um welche "Angehörigen" es sich eigentlich handle. Wenn darauf verwiesen werde, dass dem Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführer des Status des Asylberechtigten aufgrund seiner Straffälligkeit und nicht wegen Wegfalls der Verfolgungsgefahr aberkannt worden sei, ist dem zu entgegnen, dass dem Vater des Zweitbeschwerdeführer der Status des Asylberechtigten lediglich im Familienverfahren zuerkannt wurde, sodass das Vorliegen einer tatsächlich ihn treffenden Verfolgungsgefahr niemals festgestellt worden sei. Hinzu komme, dass dem Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführer nicht nur der Status des Asylberechtigten aberkannt worden sei, sondern auch sein Antrag auf subsidiären Schutz abgewiesen und seine Ausweisung in die Russische Föderation verfügt wurde, was bei einer tatsächlich vorliegenden Gefährdung nicht erfolgt wäre. Die Negativfeststellung, es könne nicht festgestellt werden, dass der Zweitbeschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung ausgesetzt sei, die asylrelevante Intensität erreiche, ergebe sich darüber hinaus aus dem Umstand, dass sich das diesbezügliche Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers im Zuge der Einvernahme vom 28.07.2015 als inhaltsleer erwiesen habe und über vage Befürchtungen nicht hinausgehe. Die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführer habe selbst angegeben, keine neuen Fluchtgründe zu haben und in ihrem Herkunftsstaat weder aus Gründen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch aufgrund ihrer Religion oder aufgrund einer politischen Tätigkeit Probleme gehabt zu haben. Sie habe lediglich vorgebracht, dass aufgrund ihrer (der tschetschenischen bzw. muslimischen) Tradition, das Kind beim Vater bleiben müsse und sie daher nicht zurückkehren könne. Diesem Vorbringen widerspreche sie allerdings selbst in ihrer Stellungnahme vom 30.09.2016, in welcher angeführt worden, dass sie selbst und der Vater des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers nicht streng gläubig seien und den Zweitbeschwerdeführer auch nicht streng nach muslimischen Regeln erziehen würden. Das weitere Vorbringen in der Stellungnahme, es würde sich eine Verfolgungsgefahr daraus ergeben, dass der Zweitbeschwerdeführer als uneheliches Kind angesehen und beschimpft werden könne sowie seine Mutter würde ohne Ehemann und Vater als "leichte Frau" gelten und seien daher auch Verfolgungshandlungen für den Zweitbeschwerdeführer zu befürchten, sei aufgrund der eigenen Angaben der Mutter bzw. gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers nicht nachvollziehbar. Die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers habe selbst angegeben, mit seinem Vater traditionell verheiratet zu sein, was sie ja wohl leicht mit einer Bestätigung des Islamischen Zentrums in Wien, in welchem die traditionelle Ehe geschlossen worden sei nachweisen könnte, sodass der Zweitbeschwerdeführer bei einer Rückkehr jedenfalls nicht als uneheliches Kind angesehen werden würde und sohin auch keine Verfolgungshandlungen zu befürchten hätte. Die Feststellung zum Vorliegen einer Existenzgrundlage des Zweitbeschwerdeführers aufgrund der Obhut seiner Mutter ergebe sich aus dem Akteninhalt und sei nicht ersichtlich, dass die Mutter als die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers für diesen im Fall der Rückkehr nicht sorgen könnte. Dass in der Russischen Föderation die Grundversorgung der Bevölkerung gegeben sei und sohin auch für den Zweitbeschwerdeführer (sowie für seine gesetzliche Vertreterin) eine Existenzgrundlage vorhanden sei, ergebe sich aus den Länderfeststellungen im gegenständlichen Erkenntnis und aus dem Amtswissen. Ferner ergebe sich aus den Länderfeststellungen, dass die Verhältnisse in der Russischen Föderation nicht das Ausmaß erreichen, um von einer Gefährdung ausgehen zu können, die in den Nahebereich des Art. 3 EMRK gelangen könnte. Die Feststellungen zur schulischen bzw. beruflichen Tätigkeit der Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführer, zum Aufenthaltsort seiner Familienangehörigen (Großeltern und Onkel mütterlicherseits) in der Nähe von Grosny und zum bestehenden Kontakt zu diesen Familienangehörigen ergebe sich aus dem bezüglich dieser Feststellungen widerspruchsfreien und daher glaubwürdigen Vorbringen der gesetzlichen Vertreterin des Zweitbeschwerdeführers im gesamten Verfahren. Die gegenteiligen Ausführungen in der Stellungnahme vom 30.09.2016, wonach der Zweitbeschwerdeführer und seine Mutter in der Russischen Föderation kein soziales Netzwerk hätten und nicht die Möglichkeit hätten, bei Verwandten zu wohnen, sei lediglich als Schutzbehauptung zu werten, zumal diese Ausführungen nicht begründet seien und den eigenen Angaben der Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführer widersprechen. Dass zwischenzeitig eine Änderungen im Verhältnis zu den in der Russischen Föderation aufhältigen Familienangehörigen eingetreten wäre, sei dem Vorbringen jedenfalls nicht zu entnehmen.

Am XXXX wurde der Drittbeschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet geboren.

Gegenständliches Verfahren:

Am 14.03.2017 stellte die Erstbeschwerdeführerin für sich und den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer deren zweiten und für den minderjährigen Drittbeschwerdeführer dessen ersten Antrag auf internationalen Schutz, zu welchen die Erstbeschwerdeführerin am Tag der Antragstellung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurde. Dabei gab sie zu ihren Gründen für die Asylantragstellung befragt im Wesentlichen an, dass sie zwischenzeitig in Österreich mit ihrem Lebensgefährten eine Familie gegründet habe, mit dem sie seit November oder Dezember 2016 nach islamischen Ritus verheiratet sei. Sie hätten zwei Kinder und habe sie in ihrer Heimat kein zuhause.

Im Zuge der Einvernahme am 23.08.2018 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass der Grund für die gegenständliche Antragstellung Stellung ihre Kinder seien. Wenn sie in die Heimat zurückkehren würde, hätte sie Probleme. Sie wolle eine Zukunft für ihre Kinder hier in Österreich. Sie wolle für ihre hier in Österreich geborenen Kinder eine Zukunft in Österreich, da in Tschetschenien eine andere Atmosphäre herrsche. Ferner könne sie wegen ihres damals im Erstverfahren geschilderten Fluchtgrundes nicht mehr nach Tschetschenien zurückkehren. Nachgefragt, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass es stimme, dass sich an ihren alten Fluchtgründen nichts geändert habe und den gegenständlichen Antrag wegen ihrer Kinder und der allgemeinen Situation in Tschetschenien stelle. Sie, als auch ihre Kinder, könnten dort so nicht leben. Nach dem Brauch des Landes sei ihr Leben in Gefahr, wenn sie zurückkehre und somit auch das Leben ihrer Kinder.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz im Fall der Erstbeschwerdeführerin des dem Zweitbeschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und der Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.).

Im Fall des Drittbeschwerdeführers wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und unter Spruchpunkt II. wurde der Antrag des Drittbeschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

In allen drei Bescheiden wurde unter den Spruchpunkten III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Unter den Spruchpunkten IV. und V. wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Unter den Spruchpunkten VI. wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für ihre freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Die Behörde hielt in der Entscheidungsbegründung im Wesentlichen fest, dass die Erstbeschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Gründe für die Antragstellung auf internationalen Schutz vorbrachte, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren nach wie vor bestehen könnten. Neue Fluchtgründe seien demnach nicht zu Tage getreten und habe sich die Erstbeschwerdeführerin bei der Stellung des neuerlichen Antrages einzig und alleine auf die Geburt ihrer nun mittlerweile geborenen Kinder, die nach dem Brauch ihres Landes in Gefahr wären, bezogen. Zudem habe sie um die Möglichkeit, in Österreich eine Ausbildung zu machen, ersucht. Gleiches habe sie für ihre Kinder vorgebracht. Weiters folgerte die Behörde, dass die Erstbeschwerdeführerin in keinem geführten Verfahren Fluchtgründe vorgebracht habe. Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens folgerte die Behörde, dass die Erstbeschwerdeführerin vorgebracht habe eine intime Beziehung zu führen. Aus ihren Angaben gehe ebenso hervor, dass sie mit ihrem Partner in einem gemeinsamen Haushalt lebe und sie nicht verheiratet seien. Die Partnerschaft gründe auf einem traditionellen muslimischen Ritus. Sie hätten gemeinsame Kinder. Allerdings müsse darauf hingewiesen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin diese Beziehung im vollen Bewusstsein eingegangen sei, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet aufgrund ihrer illegalen Einreise und des abgelehnten Asylverfahren als unsicher einzustufen sei. Ihre Kinder würde von ihr nicht getrennt, da diese laut ihren Angaben keine eigenen Fluchtgründe hätten und auch gegen diese eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei, weshalb nichts dagegenspreche, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Kindern nach ihrer Rückkehr in die Russische Föderation sich zukünftig um eine legale Einreise im Bundesgebiet bemühe und ihren jetzigen Lebensgefährten besuche. Daher würden sich der Behörde dahingehend keine Ansatzpunkte für ein schützenswertes Privat- und Familienleben erschließen. Hinsichtlich der Integrationsbemühungen der Erstbeschwerdeführerin sei anzuführen, dass sie trotz ihres relativ langen und größtenteils rechtswidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet von fünf Jahren über keine österreichischen Freunde verfüge und auch bestätigt habe, keinerlei sonstige integrative Maßnahmen gesetzt zu haben. Da sich weder in der maßgeblichen Sachlage - und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Erstbeschwerdeführerin gelegen sei, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei - noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, stehe die Rechtskraft des ergangenen Bescheides vom 24.01.2015, Zahl: 655178104/1765021, dem neuerlichen Antrag der Erstbeschwerdeführerin entgegen, weswegen das Bundesamt zu einer Zurückweisung verpflichtet sei.

In den Bescheiden des Zweitbeschwerdeführers- und des Drittbeschwerdeführers wurde zusammengefasst ausgeführt, dass deren gesetzliche Vertreterin, die Erstbeschwerdeführerin, keine Gefährdung für den Fall ihrer Rückkehr vorgebracht habe. Ihre Bezugsperson sei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gesund und arbeitsfähig. Sie beherrsche die Landessprache und sei mit der Landeskultur vertraut. Sie habe zehn Jahre lang die Schule besucht. Weiters habe diese bereits mehrjährige Arbeitserfahrung als Verkäuferin im familieneigenen Unternehmen. Im Bescheid des Zweitbeschwerdeführers wurde ausgeführt, dass er in einer tschetschenisch sozialisierten Umgebung aufgewachsen und daher schon seit seiner Geburt mit der Sprache und den Gebräuchen seiner Volksgruppe vertraut sei. Es sei ihm zumutbar Schulbildung und berufliche Ausbildung in seinem Herkunftsstaat zu absolvieren. Der gesetzlichen Vertretung des minderjährigen Zweit- bis Drittbeschwerdeführers sei es zumutbar, dass diese sich eine Arbeitsstelle suche und für sich und ihr Kinder, den Zweit- und Drittbeschwerdeführer, den Lebensunterhalt bestreite. Ihre Großeltern und sonstige enge Verwandte würden nach wie vor in der Russischen Föderation leben und würden sie demnach über soziale Anknüpfungspunkte in deren Heimatland verfügen. Die Bezugsperson der minderjährigen Zweit- bis Drittbeschwerdeführer habe den überwiegenden Teil ihres Lebens in der Russischen Föderation zugebracht und würden die Zweit- bis Drittbeschwerdeführer selbst in einem tschetschenisch organisierten Beziehungsverband aufwachsen. Festgestellt werde, dass im Entscheidungszeitpunkt die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung in die Russische Föderation keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen könnte. Die Mutter der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer befinde sich in Österreich. Eine Rückkehrentscheidung und damit verbundene Ausreise aus dem Bundesgebiet sei nur zusammen mit ihrer gesetzlichen Vertreterin zulässig. Das Asylverfahren der Mutter sei bereits mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Zahl 655178104/1765021/BMI-BFA_STM_RD am 24.01.2015 negativ entschieden worden und am 12.02.2015 in Rechtskraft erwachsen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde mit Beschluss des BVwG gem. § 16 Abs. 1 BFA - VG als verspätet zurückgewiesen. Der seitens der Mutter der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer eingebrachte Folgeantrag am 14.03.2017 sei seitens des BFA aufgrund § 68 Abs.1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Die Mutter der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer verfüge somit über keine Aufenthaltsrecht in Österreich. Dem Vater der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer, XXXX , sei mit Bescheid des Bundesasylamtes am 10.12.2010 der Asylstatus rechtskräftig aberkannt worden. Der Antrag auf subsidiären Schutz sei abgewiesen und eine Ausweisung in die Russische Föderation erlassen worden. Demnach verfüge auch der Vater der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer über kein Aufenthaltsrecht in Österreich. Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutzes des Zweitbeschwerdeführers und den Antrag des Drittbeschwerdeführers folgerte die Behörde, dass deren gesetzliche Vertretung keine asylrelevanten Gründe vorgebracht habe. So habe deren gesetzliche Vertretung in ihrer Einvernahme am 11.04.2018 angegeben, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren nach wie vor bestehen könnten. Neue Fluchtgründe wären nicht zu Tage getreten und der neuerliche Antrag beziehe sich einzig und alleine auf die Geburt ihrer nun mittlerweile geborenen Kinder, die nach dem Brauch ihres Landes in Gefahr wären. Sie habe um die Möglichkeit ersucht, in Österreich eine Ausbildung zu machen. Gleiches habe sie für den Zweit- bis Drittbeschwerdeführer vorgebracht. Für den Zweitbis Drittbeschwerdeführer seien keine Fluchtgründe vorgebracht worden. Hinsichtlich der nach muslimischen Ritus geschlossenen Partnerschaft der Mutter der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer wurde angemerkt, dass ihre gesetzliche Vertretung diese eingegangen sei, obwohl ihr bewusst gewesen sei, dass ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet als unsicher einzustufen wäre. Zu den Feststelllungen zum Privat- und Familienleben wurde ausgeführt, dass sich die Mutter der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer in Österreich befinde und eine Rückkehrentscheidung und damit verbundene Ausreise aus dem Bundesgebiet nur zusammen mit deren gesetzlichen Vertreterin zulässig sei. Weitere, einer Rückkehrentscheidung entgegenstehende, familiäre, private oder sonstige Anknüpfungspunkte habe die gesetzliche Vertreterin der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer, die Erstbeschwerdeführerin, nicht vorgebracht. Der Zweit- bis Drittbeschwerdeführer würden von ihrer Mutter nicht getrennt, da auch gegen diese eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei. Es spreche nichts dagegen, dass deren Mutter nach deren gemeinsamen Rückkehr in die Russische Föderation sich zukünftig um eine legale Einreise in das Bundesgebiet bemühe und sie damit ihren Vater besuchen könnten. Daher erschließe sich dem BFA dahingehend keine Ansatzpunkte für ein schützenswertes Privat- und Familienleben.

Gegen die oben angeführten Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 12.12.2018 fristgerecht Beschwerde. Im Wesentlichen wurde darin, erneut auf das Privat- und Familienleben hingewiesen. Ferner sei die Weiterführung eines Familienlebens in der Russischen Föderation nicht möglich, da der Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin, den sie im Jahr 2016 nach islamischen Ritus geheiratet habe, einen Aufenthaltstitel erhalten werde. Weiters wurde das Fluchtvorbringen, das die Erstbeschwerdeführerin im Zuge ihrer ersten Antragstellung vorgebracht habe erneut ins Treffen geführt und ausgeführt, dass dies in ihrer Heimat eine Schande sei. Im Falle einer Rückkehr fürchte sie aufgrund des Umstandes, dass sie mit zwei Kindern in die Russische Föderation zurückkehre, einen Ehrenmord, da man glauben könnte, dass sie während ihrer Flucht einen zu offenen und schlechten Lebensstil angenommen habe, welcher nicht der Tradition entspreche. Zudem würde im Hinblick auf die Lage in der Russischen Föderation, laut Länderberichte, nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden können, dass im Falle einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihr Heimatland eine Gefahr im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe, weshalb die angefochtenen Bescheide zu beheben seien. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Familie bereits sehr gut in Österreich integriert sei. So lerne die ganze Familie Deutsch, und würden beide Kinder den Kindergarten besuchen und würden die Kinder kein Russisch sprechen, wodurch eine innerstaatliche Fluchtalternative ausgeschlossen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, der tschetschenischen Volksgruppe und dem moslemischen Glauben zugehörig. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführers.

Die Erstbeschwerdeführerin stellte bereits zuvor am 08.12.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2015, Zl. 655178104-1765021 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen wurde. Ferner wurde Erstbeschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.06.2015, Zl. W215 2100950-1/6E, als verspätet zurückgewiesen, sodass der Bescheid des Bundesamtes vom 24.01.2015 mit 12.02.2015 in Rechtskraft erwuchs.

Der minderjährige Zweitbeschwerdeführer wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren und brachte er im Wege seiner gesetzlichen Vertreterin am 18.06.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz ein. Mit Bescheid vom 04.09.2015, Zl. 1074092505-150696407 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Zweitbeschwerdeführers in allen Spruchpunkten abgewiesen und die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.02.2017, Zl. W235 2114940-1/7E, als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung erwuchs am 02.03.2017 in Rechtskraft.

Die Erst- bis Zweitbeschwerdeführer reisten trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung nicht aus, sondern verblieben unrechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet.

Der minderjährige Drittbeschwerdeführer wurde am XXXX im österreichischen Bundesgebiet geboren und stellte seine gesetzliche Vertreterin (Mutter), die Erstbeschwerdeführerin, am 14.03.2017 für sich und den minderjährigen Zweitbeschwerdeführer deren zweiten Antrag und im Fall des minderjährigen Drittbeschwerdeführers dessen ersten Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren.

Eine maßgebliche Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat seit rechtskräftigem Abschluss der Verfahren der Erst-bis Zweitbeschwerdeführer über deren ersten Anträge auf internationalen Schutz kann nicht festgestellt werden. Nicht festgestellt werden kann, dass die Erst-bis Zweitbeschwerdeführer seit Rechtskraft der letzten Entscheidung über ihre Anträge auf internationalen Schutz ein neues entscheidungsrelevantes individuelles Vorbringen dartun konnten.

Nicht festgestellt werden kann ferner, dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sind, wonach den Erst-bis Zweitbeschwerdeführer in der Russischen Föderation aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder, dass ihnen im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Festgestellt wird, dass die gesetzliche Vertreterin mit ihrem Vorbringen bezogen auf den minderjährigen Drittbeschwerdeführer keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht hat.

Nicht festgestellt wird, dass der minderjährige Drittbeschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Russische Föderation aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur tschetschenischen Volksgruppe einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Drittbeschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens der gesetzlichen Vertreterin des minderjährigen Drittbeschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

Die minderjährigen Beschwerdeführer verfügen über eine gesicherte Existenzgrundlage in der Russischen Föderation und ist nicht davon auszugehen, dass ihnen die notwendige Lebensgrundlage entzogen wird, da sie unter der Obhut ihrer Mutter stehen, welche weiterhin für die Beschwerdeführer sorgen wird. Zudem handelt es sich beim Herkunftsstaat der minderjährigen Beschwerdeführer nicht um ein wirtschaftlich derart schwaches Land, in dem es keine staatliche Fürsorge bzw. keine staatlichen Sozialleistungen gibt. In der Russischen Föderation und auch in der Teilrepublik Tschetschenien ist die Grundversorgung der Bevölkerung jedenfalls gewährleistet. Hinzu kommt, dass die Erstbeschwerdeführerin durchaus als gebildete Frau bezeichnet werden kann. Sie hat zehn Jahre die Schule besucht und im familieneigenen Geschäft mitgearbeitet. Weiters leben die Eltern der Erstbeschwerdeführerin und somit Großeltern der minderjährigen Beschwerdeführer sowie ein Bruder der Erstbeschwerdeführerin und demnach Onkel mütterlicherseits der mj. Beschwerdeführer in der Nähe von Grosny. Zu diesen Familienangehörigen besteht Kontakt und ist die wirtschaftliche Situation der Familie als gut zu bezeichnen.

Dem Vater der minderjährigen Beschwerdeführer wurde der Status eines Asylberechtigten mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29.12.2010 rechtskräftig aberkannt, sein Antrag auf subsidiären Schutz abgewiesen und seine Ausweisung in die Russische Föderation verfügt wurde.

Die Beschwerdeführer sind gesund.

Die Erstbeschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten. Die minderjährigen Zweit- bis Drittbeschwerdeführer sind strafunmündig und sohin strafrechtlich unbescholten. Die Erstbeschwerdeführerin ist seit dem Zeitpunkt ihrer Asylantragestellung und die minderjährigen Zweit- bis Drittbeschwerdeführer seit deren Geburt in Österreich aufhältig.

Seit diesem Zeitpunkt leben sie auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG in Österreich. Ein nicht auf das AsylG gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Erstbeschwerdeführerin kommt seit ihrem rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren - sohin seit dem 12.02.2015 - kein Aufenthaltsrecht in Österreich mehr zu. Dem minderjährigen Zweitbeschwerdeführer kommt seit 02.03.2017 kein Aufenthaltsrecht in Österreich mehr zu. Auch dem Vater des minderjährigen Beschwerdeführers kommt seit der rechtskräftigen Aberkennung seines Status als Asylberechtigter seit dem 29.12.2010 kein Aufenthaltsrecht in Österreich mehr zu. Die minderjährigen Beschwerdeführe leben in Österreich mit ihren Eltern im gemeinsamen Haushalt, eine finanzielle Abhängigkeit besteht nicht. Die Erstbeschwerdeführerin hat den Vater der minderjährigen Zweit- bis Drittbeschwerdeführer vor ihrem ersten rechtskräftigen Abschluss ihres ersten Asylverfahrens nach moslemischen Recht geheiratet. Die Beschwerdeführer als auch der Vater der minderjährigen Zweit-bist Drittbeschwerdeführer leben von Leistungen aus der Grundversorgung. Die Erstbeschwerdeführerin als auch der Vater der minderjährigen Beschwerdeführer gehen keiner Erwerbstätigkeit nach. Die Beschwerdeführer haben sich keine nachgewiesenen Deutschkenntnisse angeeignet. Die Erstbeschwerdeführerin hat keine sonstigen Ausbildungen absolviert, gehörte keinem Verein an und engagiert sich nicht ehrenamtlich.

Die Schwester der Erstbeschwerdeführerin ist in Österreich, in Klagenfurt, aufhältig zu der die Beschwerdeführer in keinem gemeinsamen Haushalt leben und zu der sie nicht in einem persönlichen oder finanziellen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Der Bruder der Erstbeschwerdeführerin ist wieder nach Tschetschenien zurückgekehrt. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Die Situation im Herkunftsstaat hat sich gegenüber der in der rechtskräftigen Entscheidung der Erst- bis Zweitbeschwerdeführer über die Abweisung der ersten Anträge auf internationalen Schutz festgestellten Lage in keiner für das vorliegende Verfahren relevanten Weise geändert.

Auch aus den Länderberichte zum gegenständlichen Zeitpunkt, die im Fall des Drittbeschwerdeführers miteinzubeziehen sind, zumal in seinem Fall betreffend die Zuerkennung des Status des Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten inhaltlich abzusprechen ist, da es sich um seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz handelt, kann ebenfalls kein Element erkannt werden, die zu einem anderen Ergebnis führen würde. So wurden zur aktuellen Lage in der Russischen Föderation umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für das gegenständliche Erkenntnis herangezogen werden. Diesen Feststellungen ist insbesondere zu entnehmen, dass in der Russischen Föderation nicht eine solche Situation herrscht, in der praktisch jedermann ein reales Risiko einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und Art. 3 EMRK oder nach dem 6. oder 13. ZPEMRK droht. Insbesondere ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass im gesamten Staatsgebiet der Russischen Föderation nicht jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, die die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt. Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, wird eine in die Russische Föderation abgeschobene Person durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine "unmenschliche Lage" versetzt und herrscht jedenfalls nicht eine solche Situation, die praktisch für jede Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Wie auch im Rahmen der Vorfahren, ist darauf zu verweisen, dass in der Russischen Föderation ein Rechtsschutz- und Justizwesen vorhanden ist; es gibt in der Russischen Föderation Gerichte bezüglich Verfassung, Zivil, Administrativ und Strafrecht. Es gibt den Verfassungsgerichtshof, den Obersten Gerichtshof, föderale Gerichtshöfe und die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft ist verantwortlich für Strafverfolgung und hat die Aufsicht über die Rechtmäßigkeit der Handlungen von Regierungsbeamten. Strafrechtliche Ermittlungen werden vom Ermittlungskomitee geleitet. Die Strafen in der Russischen Föderation sind generell erheblich höher, besonders im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität. Es gibt Bestrebungen zu einer weiteren Entkriminalisierung leichterer Straftaten, bislang allerdings ohne konkrete Ergebnisse. Bemerkenswert ist die unverändert extrem hohe Verurteilungsquote im Strafprozess. Das russische föderale Recht gilt für die gesamte Russische Föderation einschließlich Tschetscheniens. Vor diesem Hintergrund gibt es keinen einzigen Anhaltspunkt, wonach - anders als in der Beschwerde behauptet - ein Ehrenmord von Gesetzes wegen vorgeschrieben sei bzw. dass die Sicherheitsbehörden sowie die Regierung nicht gewillt seien einen diesbezüglich notwendigen Schutz zu bieten. Ferner ist den Länderberichten zu entnehmen, dass es in der Russischen Föderation ein reguläres Sozialversicherungs-, Wohlfahrts- und Rentensystem gibt. Im Rahmen der Krankenpflichtversicherung (OMS) können russische Staatsbürger eine kostenlose medizinische Grundversorgung in Anspruch nehmen, die durch staatliche Finanzmittel, Versicherungsbeiträge und andere Quellen finanziert wird. Zudem ist das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung für alle Bürger in der Verfassung verankert. Im Bereich der medizinischen Versorgung von Rückkehrern sind der Botschaft keine Abweichungen von der landesweit geltenden Rechtslage bekannt. Auch in Tschetschenien ist die primäre als auch spezialisierte Gesundheitsversorgung verfügbar. Aufgrund der Bewegungsfreiheit im Land ist es - wie für alle Bürger der Russischen Föderation - auch für Tschetschenen möglich, bei Krankheiten, die in Tschetschenien [oder anderen Teilrepubliken] nicht behandelbar sind, zur Behandlung in andere Teile der Russischen Föderation zu reisen.

Zur Situation in Tschetschenien / in der Russischen Föderation wird festgestellt:

NEUESTE EREIGNISSE - INTEGRIERTE KURZINFORMATIONEN

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit heutigem Datum in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 19. Bewegungsfreiheit bzw. 19.2. Tschetschenen in der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens).

Bekanntlich werden innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten innerhalb Russlands seitens renommierter Menschenrechtseinrichtungen meist unter Verweis auf die Umtriebe der Schergen des tschetschenischen Machthabers Kadyrow im ganzen Land in Abrede gestellt. Der medialen Berichterstattung zufolge scheint das Netzwerk von Kadyrow auch in der tschetschenischen Diaspora im Ausland tätig zu sein. Dem ist entgegenzuhalten, dass renommierte Denkfabriken auf die hauptsächlich ökonomischen Gründe für die Migration aus dem Nordkaukasus und die Grenzen der Macht von Kadyrow außerhalb Tschetscheniens hinweisen. So sollen laut einer Analyse des Moskauer Carnegie-Zentrums die meisten Tschetschenen derzeit aus rein ökonomischen Gründen emigrieren: Tschetschenien bleibe zwar unter der Kontrolle von Kadyrow, seine Macht reiche allerdings nicht über die Grenzen der Teilrepublik hinaus. Zur Förderung der sozio-ökonomischen Entwicklung des Nordkaukasus dient ein eigenständiges Ministerium, das sich dabei gezielt um die Zusammenarbeit mit dem Ausland bemüht (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

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ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit heutigem Datum in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 4. Rechtsschutz / Justizwesen).

Die russischen Behörden zeigen sich durchaus bemüht, den Vorwürfen der Verfolgung von bestimmten Personengruppen in Tschetschenien nachzugehen. Bei einem Treffen mit Präsident Putin Anfang Mai 2017 betonte die russische Ombudsfrau für Menschenrechte allerdings, dass zur Inanspruchnahme von staatlichem Schutz eine gewisse Kooperationsbereitschaft der mutmaßlichen Opfer erforderlich sei. Das von der Ombudsfrau Moskalkova gegenüber Präsident Putin genannte Gesetz sieht staatlichen Schutz von Opfern, Zeugen, Experten und anderen Teilnehmern von Strafverfahren sowie deren Angehörigen vor. Unter den Schutzmaßnahmen sind im Gesetz Bewachung der betroffenen Personen und deren Wohnungen, strengere Schutzmaßnahmen in Bezug auf die personenbezogenen Daten der Betroffenen sowie vorläufige Unterbringung an einem sicheren Ort vorgesehen. Wenn es sich um schwere oder besonders schwere Verbrechen handelt, sind auch Schutzmaßnahmen wie Umsiedlung in andere Regionen, Ausstellung neuer Dokumente, Veränderung des Aussehens etc. möglich. Die Möglichkeiten des russischen Staates zum Schutz von Teilnehmern von Strafverfahren beschränken sich allerdings nicht nur auf den innerstaatlichen Bereich. So wurde im Rahmen der GUS ein internationales Abkommen über den Schutz von Teilnehmern im Strafverfahren erarbeitet, das im Jahr 2006 in Minsk unterzeichnet, im Jahr 2008 von Russland ratifiziert und im Jahr 2009 in Kraft getreten ist. Das Dokument sieht vor, dass die Teilnehmerstaaten einander um Hilfe beim Schutz von Opfern, Zeugen und anderen Teilnehmern von Strafverfahren ersuchen können. Unter den Schutzmaßnahmen sind vorläufige Unterbringungen an einem sicheren Ort in einem der Teilnehmerstaaten, die Umsiedlung der betroffenen Personen in einen der Teilnehmerstaaten, etc. vorgesehen (ÖB Moskau 10.10.2018).

Quellen:

-

ÖB Moskau (10.10.2018): Information per Email

0. POLITISCHE LAGE

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 12.7.2018, vgl. GIZ 7.2018c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 7.2018a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 7.2018a). Wladimir Putin ist im März 2018, bei der Präsidentschaftswahl im Amt mit 76,7% bestätigt worden. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Parlament - Staatsduma und Föderationsrat - ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als "obere Parlamentskammer" das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine Siebenprozentklausel. Wichtige Parteien sind die regierungsnahen Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern. Die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern, die die Nachfolgepartei der früheren KP ist. Die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist, die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern, die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern, die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 7.2018a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 5.2018b).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Einordnung der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges, Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 7.2018a, vgl. AA 5.2018b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 7.2018a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der G

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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