TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/25 G310 2217170-1

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Veröffentlicht am 25.10.2019
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Entscheidungsdatum

25.10.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

G310 2217170-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, serbischer Staatsangehöriger, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 11.03.2019, Zahl: XXXX, betreffend den Antrag auf Aufhebung des Einreiseverbots zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 17.08.2016, Zahl XXXX, wurde gegen den Beschwerdeführer (BF) unter anderem eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erlassen.

Mit Schreiben vom 18.02.2019 beantragte der BF die Aufhebung des Einreiseverbots oder die Gebietsbeschränkung auf das österreichische Bundesgebiet, da Aussicht auf eine Arbeitsstelle in Deutschland bestehe.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag des BF gemäß § 60 Abs. 2 FPG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 78 AVG die Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von EUR 6,50 mit einer Zahlungsfrist von zwei Wochen auferlegt (Spruchpunkt II.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF keinen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbots im Ausland verbracht hat.

Gegen Spruchpunkt I. richtet sich die Beschwerde des BF mit den Anträgen, das erlassene Einreiseverbot aufzuheben, in eventu die Dauer herabzusetzen, in eventu eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 10.04.2019 einlangten.

Feststellungen:

Der BF ist serbischer Staatsbürger und ledig. Er ist gesund und arbeitsfähig. Zuletzt war er als Transporteur tätig. Ihm wurde nie ein österreichischer Aufenthaltstitel erteilt. Er ging in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Abgesehen von seinen Aufenthalten in Justizanstalten verfügt der BF über keinen Wohnsitz in Österreich. Wesentliche familiäre oder soziale Bindungen des BF in Österreich, können nicht festgestellt werden, ebenso wenig eine sprachliche oder gesellschaftliche Integration.

Er weist eine strafgerichtliche Verurteilung auf. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 28.10.2015, XXXX, wurden er wegen des Verbrechens der Schlepperei nach §§ 114 Abs. 1, 114 Abs. 3 Z 2 und 3 FPG zu einer achtzehnmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er wurde zusammen mit zwei Mittätern für schuldig befunden, im August 2015 in XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken die rechtswidrige Einreise und Durchreise von Fremden in einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert zu haben, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem der BF in einem LKW 35 Fremde verschiedener Nationalitäten, darunter 10 Kinder, die über keine gültigen Einreisepapiere für den Schengenraum verfügten, von XXXX nach Österreich beförderte, wobei die Fremden während der Fahrt (ca. 5 Stunden) im Laderaum zusammengepfercht waren und ohne ausreichende Luftzufuhr ausharren mussten, und die beiden Mittäter in einem PKW als Absicherung fungierten und nach Polizeikontrollen Ausschau hielten, wobei die Tat in Bezug auf eine größere Zahl von Fremden auf eine Art und Weise begangen wurde, durch die die Fremden insbesondere während der Beförderung längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden.

Bei der Strafzumessung wurde die mehrfache Deliktsqualifikation als erschwerend gewertet. Mildernd wirkten sich der bisher tadellose Lebenswandel, das reumütige Geständnis, und die Konfiskation des Handys des BF aus.

Am XXXX08.2016 reiste der BF freiwillig unter Gewährung von Rückkehrhilfe aus dem Bundesgebiet aus.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Identität des BF und die Feststellungen zu seinen persönlichen Verhältnissen beruhen auf den entsprechenden Konstatierungen im angefochtenen Bescheid und im Strafurteil.

Es sind keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Probleme des BF, der in einem erwerbsfähigen Alter ist.

Weder der Beschwerde noch dem übrigen Akteninhalt lässt sich entnehmen, dass der BF je über eine Aufenthaltsgenehmigung in Österreich verfügte oder hier legal erwerbstätig war. Im Fremdenregister ist weder ein Aufenthaltstitel noch ein entsprechender Antrag gespeichert.

Da im Zentralen Melderegister (ZMR) nur Wohnsitzmeldungen des BF in Justizanstalten ersichtlich sind, ist davon auszugehen, dass er sich vor seiner Inhaftierung und nach seiner freiwilligen Ausreise nicht weiter im Bundesgebiet aufgehalten hat.

Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seiner Verurteilung und zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen basieren auf dem Strafurteil. Im Strafregister scheinen keine weiteren Verurteilungen des BF auf.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG und wurde gegen ihn gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein achtjähriges Einreiseverbot erlassen. Die Ausreise des BF erfolgte am XXXX08.2016.

Gemäß § 60 Abs. 2 FPG kann das BFA ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 FPG auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

Die Frist des Einreiseverbots beginnt laut § 53 Abs. 4 FPG mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

Dem Wortlaut des oben zitierten § 60 Abs. 2 FPG folgend kommt im Falle einer Verhängung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG eine Aufhebung desselben gar nicht, eine Verkürzung nur dann, wenn der BF mehr als die Hälfte seiner Einreiseverbotsdauer im Ausland zugebracht hat, in Frage. Im konkreten Fall hätte der BF sohin zumindest einen 4 Jahre übersteigenden Zeitraum im Ausland zubringen müssen. Unter Beachtung des Geltungsbeginns des Einreiseverbotes mit Ablauf des XXXX08.2016 und des seit der Gültigkeit des Einreiseverbotes bisher verstrichenen Zeitraumes von nur rund 3 Jahren erfüllt der BF diese Voraussetzung nicht.

Demzufolge kommt eine Verkürzung des verfahrensgegenständlichen Einreiseverbotes in Ermangelung des Vorliegens der Formalvoraussetzungen nicht in Betracht.

Das Vorbringen allfälliger Art 8 EMRK relevanter Sachverhalte vermag daran nichts zu ändern. Aufgrund des Nichtvorliegens der geforderten Voraussetzung einer maßgeblichen Aufenthaltsdauer im Ausland war im Rahmen der gegenständlichen Prüfung des Antrages auf Verkürzung des Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 2 FPG eine inhaltliche Prüfung hinsichtlich des Vorliegens eines geänderten Sachverhaltes nicht vorzunehmen.

So erkannte auch der VwGH, dass bei Konstellationen, bei denen eine Aufhebung oder Verkürzung eines verhängten Einreiseverbotes nach § 60 Abs. 1 oder 2 nicht in Frage käme, bei zwingenden Gründen des Art 8 EMRK der Weg über eine Antragstellung nach § 55 AsylG zu gehen sei, um allenfalls eine Gegenstandslosigkeit der Rückkehrentscheidung und eines damit verbundenen Einreiseverbotes zu erwirken (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0256).

Für die angestrebte Einschränkung des räumlichen Geltungsbereichs des Einreiseverbots auf Österreich gibt es keine gesetzliche Grundlage (vgl VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037). Das Einreiseverbot erstreckt sich gemäß § 53 Abs. 1 zweiter Satz FPG auf das "Gebiet der Mitgliedstaaten", also auf jene Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG) gilt (VwGH 22.05.2013, 2013/18/0021). Eine Einschränkung der Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthalts gilt, ist nicht möglich. Gemäß Art 11 Abs. 4 Rückführungsrichtlinie kann ein Mitgliedstaat aber einen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung für Drittstaatsangehörige ausstellen, gegen die ein Einreiseverbot eines anderen Mitgliedstaats besteht.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

§ 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt das Unterbleiben einer Verhandlung sogar dann, wenn deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC.

Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht klärungsbedürftig ist und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine Verkürzung des Einreiseverbots möglich wäre, konnte hier eine mündliche Verhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten.

Zu Spruchteil B:

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

Einreiseverbot, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G310.2217170.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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