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31/05 Förderungen Fonds Zuschüsse;Norm
BAO §115 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt über die Beschwerde des M S in R, vertreten durch Dr. Werner Stolarz, Rechtsanwalt in 2020 Hollabrunn, Hauptplatz 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VII) vom 11. November 1996, Zl. GA 17-96/4078/05, betreffend Einkommensteuer 1992 und 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 13.040 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt eine Landwirtschaft, für die er den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittelt. In den Jahren 1992 und 1993 erhielt er aus Mitteln des Katastrophenfonds (aufgrund des Katastrophenfondsgesetzes 1986 idF BGBl. 647/1992) Entschädigungen für Dürreschäden (1991: 715.356 S; 1992: 369.271 S).
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer die Einkommensteuer für 1992 und 1993 fest und behandelte dabei die Entschädigungen als steuerpflichtige Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus der Landwirtschaft. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers liege kein Anwendungsfall des § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 - nach dieser Bestimmung seien wegen Hilfsbedürftigkeit gewährte Bezüge oder Beihilfen aus öffentlichen Mitteln steuerbefreit - vor. Wirtschaftlich hilfsbedürftig sei eine Person, wenn ihr Einkommen und Vermögen nicht zur Deckung des notwendigen Unterhaltes hinreichten. Solches treffe auf den Beschwerdeführer nicht zu. In der Vermögensteuererklärung zum 1. Jänner 1993 sei zwar im Hinblick auf die Schulden von 16,7 Mio. S ein negatives Vermögen ausgewiesen, dabei seien aber das land- und forstwirtschaftliche Vermögen und das Grundvermögen mit dem Einheitswert bewertet, der bekanntermaßen nur einen Bruchteil des Verkehrswertes der Liegenschaften ausmache. Es liege daher in Wahrheit ein hohes positives Vermögen vor. In wirtschaftlicher Hinsicht sei es sinnvoll, Anlagevermögen (im gegenständlichen Fall Liegenschaften) zu verkaufen, um einen Betrieb wirtschaftlich weiterzuführen und den notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Da der landwirtschaftliche Betrieb 361 ha umfasse, wären von einer solchen Veräußerung nur Grundflächen von untergeordnetem Ausmaß betroffen. Bei Opfern von Elementarereignissen wäre zwar Hilfsbedürftigkeit auch unabhängig von der Einkommens- und Vermögenslage denkbar. Unter Elementarereignissen bzw Naturkatastrophen würden allerdings in der Literatur Hochwasser, Erdbeben, Unwetter, Erdrutsch, Vermurung, Lawinen, Steinschlag, Hagel und Blitz verstanden, also Ereignisse, welche die Einkunftsquelle an sich beträfen und zerstörten. Elementarereignisse lägen nicht vor, wenn lediglich die aus der Einkunftsquelle zu beziehenden Einnahmen beeinträchtigt würden. Ereignisse, die zwar außergewöhnlich, aber nicht so schwerwiegend seien, daß die Existenzgrundlage bzw Erwerbsquelle auf Dauer verloren gehe - solches wäre etwa beim Verlust des fruchtbaren Bodens der Fall -, seien keine Naturkatastrophen. Die gegenständlichen Entschädigungen für Dürreschäden würden nur den entgangenen Gewinn abgelten. Die Dürreschäden, die in der Landwirtschaft an den Früchten entstanden seien, träfen nicht die Erwerbsquelle, sondern nur den Gewinn. Die Entschädigungen erfüllten daher keinen Steuerbefreiungstatbestand.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bezüge oder Beihilfen aus öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen Stiftung wegen Hilfsbedürftigkeit sind gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 von der Einkommensteuer befreit.
Die Beurteilung der Frage, ob Hilfsbedürftigkeit im Sinne der genannten Bestimmung vorliegt, obliegt den Abgabenbehörden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1997, 95/13/0034).
Hilfsbedürftigkeit aufgrund der wirtschaftlichen Situation liegt vor, wenn weder Einkommen noch Vermögen des Steuerpflichtigen noch beides zusammen ausreichen, um seinen notwendigen Lebensunterhalt zu gewährleisten (vgl. nochmals das hg Erkenntnis 95/13/0034). Eine solche Hilfsbedürftigkeit ist im Beschwerdefall unbestritten nicht gegeben.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Hilfsbedürftigkeit aber auch bei den Opfern von Naturkatastrophen anzunehmen, und zwar unabhängig von der Einkommens- und Vermögenssituation der Betroffenen. Die Hilfsbedürftigkeit ergibt sich in solchen Fällen ausschließlich aus der Natur des Katastrophenereignisses (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1970, 1859/69). Leistungen aus dem Katastrophenfonds sind daher regelmäßig nach § 3 Abs. 1 Z. lit. a EStG 1988 steuerfrei (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz 6.3. zu § 3 EStG 1988).
Mit BGBl. 647/1992 wurde dem § 4 des KatastrophenfondsG 1986 die Z. 7 angefügt, nach welcher Mittel des Fonds zur verwenden sind
"zur Deckung außerordentlicher Erfordernisse, die bei einem Land dadurch entstehen, daß das Land zur Abgeltung von Dürreschäden, die
a)
in der Landwirtschaft mit Ausnahme des Weinbaus und
b)
im Jahr 1992 im Vermögen physischer und juristischer Personen mit Ausnahme der Gebietskörperschaften entstanden sind, finanzielle Hilfe gewährt. sofern bei der Schadensermittlung der Schaden je Fruchtart des Betriebes mit mehr als 30 vH und insgesamt je Betrieb mit mehr als 5.000 S festgestellt wurde. Die Fondsmittel dürfen im einzelnen Schadensfall 60 vH der insgesamt gewährten Beihilfe nicht übersteigen. ..."
Der im gegenständlichen Fall strittigen Entschädigung liegen nach den Feststellungen der belangten Behörde Dürreschäden iSd vorzitierten Bestimmung zugrunde. Eine Dürre, die zu derartigen Schäden führt, ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes einer Naturkatastrophe gleichzuhalten, bei welcher sich
iSd hg. Erkenntnisses vom 23. März 1970, 1859/69, die Hilfsbedüftigkeit aus der Betroffenheit vom Ereignis ergibt.
Dem § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 ist eine Einschränkung auf die Abgeltung bestimmter Arten von Schäden nicht zu entnehmen. Es kann daher auch die Entschädigung für einen Ernteausfall dieser Bestimmung subsumiert werden.
Soweit die belangte Behörde darin eine zu weitgehende Begünstigung des Steuerpflichtigen erblickt, daß die Entschädigung für entgangene Gewinne steuerbefreit sei, sei darauf verwiesen, daß dem Gesetz eine derartige Einschränkung nicht zu entnehmen ist. Für den Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer im übrigen aufzeigen können, daß er - dieses Vorbringen deckt sich mit dem Akteninhalt (vgl. OZ 5/4) - keine Vollentschädigung, sondern nur eine teilweise Abgeltung der Ausfälle erhalten habe.
Der angefochtene Bescheid ist somit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.
Wien, am 10. September 1998
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996150272.X00Im RIS seit
19.02.2002Zuletzt aktualisiert am
27.07.2015