Entscheidungsdatum
08.01.2020Norm
LSD-BG 2016 §19Text
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Ellensohn über die Beschwerde des R R, D-O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 15.10.2018, Zl X-9-2018/19176, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe in Anwendung des § 20 VStG auf 500 Euro und die für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
Der gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG zu leistende Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens verringert sich auf 50 Euro.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten wie folgt vorgeworfen:
„Sie haben nachstehende Verwaltungsübertretung(en) begangen:
Sie haben zu verantworten, dass Sie die Beschäftigung in Österreich des nachgenannten, von Ihnen nach Österreich entsandten mobilen Arbeitnehmers nicht vor dessen Einreise nach Österreich der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen gemeldet haben. Gemäß § 19 Lohn-und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) haben Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft die Beschäftigung von nach Österreich entsandten mobilen Arbeitnehmern im Transportbereich vor deren Einreise in das Bundesgebiet der Zentralen Koordinationsstelle zu melden.
Im Zuge einer Kontrolle des Fahrzeuglenkers G G, StA: B) durch die Finanzpolizei am 26.04.2018 wurde festgestellt, dass für diesen mobilen Arbeitnehmer vor dessen Einreise nach Österreich am 26.04.2018 keine ZKO-Meldung erstattet worden war.
Tatzeit:
26.04.2018
Tatort:
H, A14, Richtung D, Parkplatz kurz vor der d-ö Grenze
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 19 Abs. 1 und 2 iVm § 26 Abs. 1 Z 1 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG), BGBl I Nr 44/2016 idgF.“
Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 19 Abs 1 und 2 iVm § 26 Abs 1 Z 1 LSD-BG. Es wurde eine Geldstrafe von 1.000 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden festgesetzt.
2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, dass die über ihn verhängte Strafe unverhältnismäßig sei. Gegenständlich würden für Bagatellverstöße gegen Nebenpflichten, die der besseren Kontrolle dienen würden, schematisierend übertriebene Strafen verhängt werden. Er habe durch Nachreichen der erforderlichen Unterlagen bewiesen, dass er nicht gegen den vom LSD-BG bezweckten sozialen Schutz verstoßen habe, sondern nur gegen Melde- und Mitführpflichten. Er sei wirtschaftlich nicht im Stande, die gegen ihn verhängten Geldstrafen zu bezahlen.
3. Folgender Sachverhalt steht fest:
Im Zuge einer Kontrolle am 26.04.2018 um 20:50 Uhr in H, A 14, Richtung D, Parkplatz kurz vor der d-ö Grenze, konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer es zu verantworten hat, dass er die Beschäftigung in Österreich des von ihm nach Österreich entsandten mobilen Arbeitnehmers im Transportbereich, G G (StA: B), nicht vor dessen Einreise nach Österreich der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen gemeldet hat.
4. Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen angenommen. Dieser wurde von Seiten des Beschwerdeführers nicht bestritten.
Es waren gegenständlich lediglich Rechtsfragen zu beurteilen, weshalb auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden konnte (vgl Urteil des EGMR vom 29.3.2016 im Fall Gómez Olmeda). Artikel 6 der EMRK wurde somit entsprochen. Darüber hinaus wurde keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt. Der Beschwerdeführer hat zudem auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
5. Gemäß § 19 Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) haben Arbeitgeber und Überlasser mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft die Beschäftigung von nach Österreich entsandten Arbeitnehmern und nach Österreich überlassenen Arbeitskräften zu melden (ZKO-Meldung). Die Meldung hat für jede Entsendung oder Überlassung gesondert zu erfolgen. Die Entsendung oder Überlassung ist im Fall von mobilen Arbeitnehmern im Transportbereich vor der Einreise nach Österreich der „Zentralen Koordinationsstelle“ des Bundesministeriums für Finanzen zu melden.
Der Beschuldigte hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen.
6.1. Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Schutzzweck des LSD-BG besteht in der Vermeidung von Lohn- und Sozialdumping, indem Arbeitnehmern, welche von Arbeitgebern aus dem EWR-Raum oder aus Drittstaaten zur Erbringung von Arbeitsleistungen nach Österreich entsandt werden, zumindest das durch Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt gewährleistet werden soll, welches am Arbeitsort für vergleichbare Leistungen gebührt. Dadurch soll zum einen vermieden werden, dass sich Arbeitgeber im Falle von grenzüberschreitenden Entsendungen oder grenzüberschreitenden Überlassungen durch den Einsatz „billiger“ Arbeitskräfte einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil gegenüber heimischen Unternehmen verschaffen. Zum anderen sollen gerade auch Arbeitnehmer mit niedrigem Qualifikationsniveau und/oder Migrationshintergrund, die schon längere Zeit in Österreich arbeiten, vor „Lohndruck“ durch Billiglohnkonkurrenz aus dem Ausland geschützt werden (Erläuterungen zum LSDB-G BGBl 24/2011). Schließlich sollen die gegenständlichen Vorschriften dazu beitragen, dass Kontrollen möglichst schnell und reibungslos durchgeführt werden können.
Diesem Schutzzweck hat der Beschuldige in nicht unerheblichen Maße zuwidergehandelt.
Nach § 26 Abs 1 Z 1 LSD-BG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jeden Arbeitnehmer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber oder Überlasser iSd § 19 Abs 1 LSD-BG die Meldung oder die Meldung über nachträgliche Änderungen bei den Angaben (Änderungsmeldung) entgegen § 19 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet.
Im gegenständlichen Fall kommt für die Strafbemessung der erste Strafrahmen des § 26 Abs 1 Z 1 LSD-BG (1.000 bis 10.000 Euro) zur Anwendung. Gegenständlich liegt kein Wiederholungsfall vor.
Als Verschuldensform ist Fahrlässigkeit anzunehmen.
Nach § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder wenn der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Im vorliegenden Fall konnte die Mindeststrafe aus folgenden Gründen um die Hälfte unterschritten werden: Der Beschwerdeführer ist einerseits absolut unbescholten. Andererseits wurden die erforderlichen Unterlagen rasch der Kontrollbehörde nachgereicht. Schließlich konnten diese Unterlagen den Verdacht einer Unterentlohnung nicht bestätigen. Erschwerungsgründe sind nicht hervorgekommen.
Die Finanzpolizei B hat sich mit der Herabsetzung der Strafe auf die Hälfte gemäß § 20 VStG einverstanden erklärt.
Da im gegenständlichen Fall die Mindeststrafe sogar unterschritten wurde, erübrigt sich das Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten.
Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers findet das Landesverwaltungsgericht die nunmehr festgesetzte Strafe schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.
Hinsichtlich eines allfälligen Antrages auf Ratenzahlung oder Stundung kann sich die beschwerdeführende Person mit der Bezirkshauptmannschaft B in Verbindung setzen.
6.2. Das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH vom 12.09.2019, Maksimovic, C-64/18, ua sowie dem Erkenntnis des VwGH vom 15.10.2019, Ra 2019/11/0033.
7. Da der Beschwerde teilweise Folge gegeben wurde, entfällt gemäß § 52 Abs 8 VwGVG die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außerdem verringert sich der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens auf 10% der nunmehr herabgesetzten Strafe, mindestens jedoch auf 10 Euro.
8. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Lohndumpinggesetz, ZKO Meldung unterlassen, außerordentliche StrafmilderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2020:LVwG.1.591.2018.R8Zuletzt aktualisiert am
17.01.2020