TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/11 98/19/0166

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Veröffentlicht am 11.09.1998
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;
AVG §73 Abs2;
VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1958 geborenen BB, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Mai 1998, Zl. 123.035/2-III/11/97, betreffend den Übergang der Entscheidungspflicht in der Angelegenheit einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid geht übereinstimmend hervor, daß der Beschwerdeführer am 10. April 1997 bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt hatte, in welchem als Aufenthaltszweck Familiengemeinschaft mit der in Österreich lebenden Ehegattin angegeben wurde. Am 23. Oktober 1997 wurde durch den rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein Devolutionsantrag eingebracht, welcher mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Mai 1998 abgewiesen (gemeint wohl: zurückgewiesen) wurde. Die belangte Behörde stützte sich nach Wiedergabe des Wortlautes des § 73 Abs. 1 und 2 AVG und des § 22 des Fremdengesetzes 1997 (FrG) darauf, daß der vorliegende Antrag nach der damaligen Rechtslage im Sinn des § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) quotenpflichtig gewesen sei. Am 2. Juli 1997 habe das Amt der Wiener Landesregierung gemeldet, daß die Quote gemäß der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1997 hinsichtlich der 2600 Bewilligungen für den Familiennachzug "per heute" erschöpft sei. Somit sei festzuhalten, daß die im § 73 AVG normierte Frist ab 2. Juli 1997 gehemmt worden und die formale Voraussetzung der Fristversäumung der erstinstanzlich zuständigen Behörde nicht gegeben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

§ 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 hatte folgenden Wortlaut:

"(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG ist in diesem Fall nicht anwendbar."

§ 1 Abs. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, sah für das Bundesland Wien eine Anzahl von insgesamt höchstens 5.400 Bewilligungen vor, davon höchstens

2.600 Bewilligungen für den Familiennachzug.

Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Wenn der Bescheid der Partei nicht innerhalb dieser Frist zugestellt wird, so geht nach Abs. 2 dieser Bestimmung auf den schriftlichen Antrag hin die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über. Der Antrag ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Nach dem Inhalt von Beschwerde und angefochtenem Bescheid handelt es sich beim Antrag des Beschwerdeführers vom 10. April 1997 um einen solchen auf erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Unbestritten ist auch, daß die Aufenthaltsbewilligung zum Zweck des Familiennachzuges beantragt wurde. Eine Bewilligung konnte dem Beschwerdeführer im Jahr 1997, somit vor Inkrafttreten des FrG 1997, nur unter Beachtung der gemäß § 2 AufG erlassenen Verordnungen sowie unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Land des beabsichtigten Aufenthaltes erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorlag. Lediglich auf Verlängerungsanträge fanden die gemäß § 2 erlassenen Verordnungen keine Anwendung (vgl. § 4 Abs. 1 AufG).

Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde nicht, daß die in der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1997 festgesetzte Höchstzahl für Bewilligungen für den Familiennachzug am 2. Juli 1997 erschöpft war. Dem Beschwerdevorbringen, wonach die diesbezügliche Darstellung des angefochtenen Bescheides ("Quote ... per heute erschöpft") nicht nachvollziehbar sei, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen, ergibt sich doch aus dieser Darstellung mit ausreichender Deutlichkeit, daß der Landeshauptmann von Wien am Tag der Erteilung der letzten (der 2600.) Bewilligung für 1997, das war der 2. Juli 1997, die belangte Behörde von der damit eingetretenen Erschöpfung der Quote "per heute" informierte. Daß dies nicht an diesem Tag, sondern zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt sei, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Ebensowenig ist dem Beschwerdevorbringen, wonach es unklar sei, um welche Höchstzahl es sich handle, zu folgen, verweist die belangte Behörde doch auf die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1997 und die (in Wien) zur Verfügung stehende Anzahl von 2600 Bewilligungen für den Familiennachzug. Der Verwaltungsgerichtshof legt somit die entscheidungswesentliche Feststellung, wonach die Quote für Familiennachzug für das Jahr 1997 am 2. Juli 1997 erschöpft gewesen sei, der Überprüfung des angefochtenen Bescheides zugrunde.

Ausgehend davon ergibt sich, daß der Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht vom 23. Oktober 1997 zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem die Quote bereits erschöpft war. Erst ab dem 1. Jänner 1998 stand der Behörde die Quote für 1998 zur Verfügung (vgl. die Verordnung der Bundesregierung, mit der die Höchstzahlen der quotenpflichtigen Aufenthaltstitel für das Jahr 1998 festgelegt werden - Niederlassungsverordnung 1998, BGBl. II Nr. 371/1997). Der Zeitraum zwischen der am 10. April 1997 erfolgten Antragstellung und dem Zeitpunkt, an dem die Quote erschöpft war (2. Juli 1997) betrug nicht einmal drei Monate. Die Zeiten der geschlossenen Quote waren aber auf die Frist des § 73 AVG nicht anzurechnen (vgl. dazu den hg. Beschluß vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208), die Behörde erster Instanz traf in diesem Zeitraum (3. Juli 1997 bis 31. Dezember 1997) keine Entscheidungspflicht. Die Frist von sechs Monaten des § 73 AVG war daher im Zeitpunkt der Stellung des Devolutionsantrages noch nicht abgelaufen. Der Devolutionsantrag erwies sich daher als zu früh gestellt, weil die Behörde erster Instanz noch keine sechs Monate zur Entscheidung über den vorliegenden Antrag zur Verfügung hatte.

Die belangte Behörde gelangte somit zutreffenderweise zum Ergebnis, daß dem Devolutionsantrag mangels Vorliegens der Voraussetzung der Fristversäumung der erstinstanzlich zuständigen Behörde nicht stattzugeben war.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Angesichts dessen erübrigte sich auch ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 11. September 1998

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998190166.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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