TE Bvwg Erkenntnis 2019/6/24 W168 2214700-1

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Veröffentlicht am 24.06.2019
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Entscheidungsdatum

24.06.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W168 2214700-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX ,

StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2019, Zl. 1114053200/160640115/BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG, und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 07.05.2016 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016BF.

2. Bei der mit einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung des Beschwerdeführers führte dieser zu seinem Fluchtgrund befragt zusammenfassend aus, dass sein Vater Mitglied der kommunistischen Partei gewesen sei und dieser von Angehörigen der "Jamiat Partei" getötet worden sei. Seine Familienmitglieder und er seien als Kommunisten abgestempelt worden und alle Besitztümer weggenommen worden. Da er ebenfalls von Anhängern dieser Partei bedroht worden sei, habe er sich zur Ausreise entschlossen. Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat habe er Angst um sein Leben. Zu seinen persönlichen Angaben befragt, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, aus der Provinz Parwan zu stammen und der Volksgruppenzugehörigkeit der Tadschiken anzugehören. In Afghanistan habe er 12 Jahre die Grundschule besucht und anschließend als Automechaniker gearbeitet. Seine Mutter und drei seiner Schwestern würden in Pakistan leben, eine seiner Schwestern sei nach wie vor in Afghanistan wohnhaft.

3. Am 08.11.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA" genannt), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Dabei führte dieser zusammenfassend aus, dass er keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen könne und in Kabul geboren worden sei. Er sei Tadschike und sunnitscher Muslim.

Zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in Kabul geboren worden sei und seine Familie nach Pakistan übersiedelt sei. Nach der Machtübernahme Karzais hätten sie sich zurück nach Kabul begeben und nach einer einjährigen Anwesenheit in Samangan seien sie nach dem Tod seines Vaters zurück nach Kabul gezogen. Auf Vorhalt, dass er im Rahmen der Erstbefragung angegeben habe, dass er in Parwan geboren sei, erklärte der Beschwerdeführer, dass er ursprünglich aus dieser Provinz stamme, jedoch nicht dort geboren worden sei. In Kabul habe er 12 Klassen der Grundschule besucht und anschließend eine Ausbildung als KFZ-Mechaniker absolviert. Seinen Lebensunterhalt habe er durch eine Tätigkeit als Elektriker bestritten. Zum weiteren Vorhalt, dass er im Zuge der Erstbefragung angegeben habe, als Automechaniker tätig gewesen zu sein, entgegnete der Beschwerdeführer, dass ihn der Dolmetscher lediglich nach seinem erlernten Beruf gefragt habe. Zur Frage, wie lange er seinen Beruf ausgeübt habe, erwiderte der Beschwerdeführer, dass er bereits nach der zehnten Schulstufe als Elektriker gearbeitet habe und nach etwa einem Jahr die dazugehörige Ausbildung abgeschlossen habe. Sein Bruder sei ebenfalls als Elektriker tätig, weshalb sie oftmals zusammengearbeitet hätten. Befragt, wie viel er verdient habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass es kein bestimmtes Einkommen gegeben habe und sie nur gegen Bezahlung einer Pauschale gearbeitet hätten, die von der konkreten Auftragslage abhängig gewesen sei. Er stamme aus der Provinz Parwan und könne nicht angeben, wie lange er sich in Pakistan aufgehalten habe und wisse lediglich, dass Karzai in Afghanistan an der Macht gewesen sei. Nach ihrer Rückkehr nach Afghanistan habe er bis zu seiner Ausreise am 06.10.2016 mit seiner Mutter, seinem Bruder und seiner Schwester immer an derselben Adresse gewohnt. Befragt, welche Familienangehörige noch in seinem Heimatland leben würden, entgegnete der Beschwerdeführer, dass seine Mutter, sein Bruder und seine Schwester derzeit in Pakistan leben und beabsichtigen würden, nach Indien zu übersiedeln. Er sei mit diesen Familienangehörigen zuletzt vor etwa sechs Monaten in Kontakt gestanden. In Afghanistan würden nach wie vor seine verheirateten Schwestern leben. Zurzeit sei er lediglich mit seinen afghanischen Freunden, nicht aber mit seinen Verwandten in Kontakt. Zur Frage, wie sich der Kontakt mit seiner Familie gestalte, gab der Beschwerdeführer an, dass ihn seine Familie bei Gelegenheit aus einer Telefonzelle anrufe. Ansonsten stehe er mit Freunden über "Facebook" in Kontakt. Befragt, ob er noch weitere Verwandte im Heimatstaat habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass er zwar Onkeln und Tanten habe, mit denen er jedoch keinen Kontakt mehr habe. Seine Familie habe auch in Kabul und in Parwan Grundstücke. Zur Frage, wovon ihre Angehörigen in Afghanistan ihren Lebensunterhalt bestreiten würden, brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine Schwester von ihren Ehemännern leben würden. Ansonsten habe seine Familie von Ersparnissen gelebt und der Beschwerdeführer selbst habe als Elektriker gearbeitet. Die Fragen, ob er in seiner Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft sei bzw. im Herkunftsland Strafrechtsdelikte begangen habe oder von der Polizei oder Staatsanwaltschaft gesucht werde, wurden vom Beschwerdeführer verneint. Er sei in seiner Heimat auch nicht festgenommen worden, habe keine Probleme mit den örtlichen Behörden gehabt und sei nie wegen seiner politischen Gesinnung, Religion, Rasse oder Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder bestimmten sozialen Gruppe verfolgt worden.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der Beschwerdeführer aus, dass sein Vater als Beamter für die Regierung gearbeitet habe und Mitglied der Demokratischen Partei gewesen sei, als die Mujaheddin Krieg gegen die Regierung geführt habe. Seine Mutter habe ihm erzählt, dass über die Feinde seines Vaters aufgeklärt, die in weiterer Folge jedoch seinen Bruder getötet hätten, da sie seinen Vater nicht aufgespürt hätten, weshalb sich die gesamte Familie nach Pakistan begeben habe. Da sie mit der Machtübernahme Karzais eine Verbesserung der Lage erwartet hätten, seien sie nach Kabul und anschließend für zwei Jahre nach Samagan zurückgekehrt, wo sein Vater als Beamter für die Regierung ermordet worden sei. Vor seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer beabsichtigt, die Grundstücke seiner Mutter ausfindig zu machen und sei bewaffnet in Begleitung eines Taxifahrers und dessen Freund zu einem Kommandanten nach Baghlan gefahren, der ihn darüber informiert habe, dass die gegenständlichen Grundstücke bereits von einem Parlamentsabgeordneten in Besitz genommen worden seien. In einem darauffolgenden Telefongespräch hätten sich der Beschwerdeführer und der erwähnte Abgeordnete beschimpft und gegenseitig beleidigt. Während eines Telefongesprächs mit einem Bauern, der sich als Manager des Parlamentsabgeordneten ausgegeben habe, sei vom Beschwerdeführer die Veröffentlichung eines Berichtes angedroht worden, falls ihm der Abgeordnete die Grundstücke nicht zurückgebe. In weiterer Folge habe sich der Beschwerdeführer beobachtet gefühlt und sei eines Tages von einem unbekannten Mann attackiert worden, der zweimal auf ihn geschossen habe. Da seine Nachbarn aufmerksam geworden seien und Warnschüsse abgegeben hätten, sei der Beschwerdeführer unverletzt geblieben. Nach diesem Vorfall am 06.10.2016 habe der Beschwerdeführer das Land mit seiner Familie in Richtung Pakistan verlassen. Die Frage, ob er wegen diesem Angriff Anzeige bei der Polizei erstattet habe, wurde vom Beschwerdeführer verneint. Befragt, wieso er auf das Angebot einer einvernehmlichen Lösung des Grundstückstreits nicht eingegangen sei, entgegnete der Beschwerdeführer, dass er vom Taxifahrer eine Warnung vor einer drohenden Ermordung erhalten habe. Zudem würden die besagten Grundstücke sowieso ihm gehören, weshalb er auf ein ausgehandeltes Angebot nicht eingehen müsse. Zur Frage, weshalb der Taxisfahrer über einen bevorstehenden Mord informiert sei, erklärte der Beschwerdeführer, dass der beauftragte Auftragskiller dessen Freund gewesen sei. Auf die weitere Frage, weshalb er davon ausgehe, dass zwischen dem Auftragsmörder und den Grundstücksstreitigkeiten ein Zusammenhang bestehe, entgegnete der Beschwerdeführer, dass der Taxifahrer den erwähnten Mann kenne, da er ein Freund jenes Mannes sei, der ihm die Waffe für den Beschwerdeführer überreicht habe. Den Namen des genannten Parlamentsabgeordneten konnte der Beschwerdeführer nicht mehr in Erinnerung rufen, er sei jedenfalls ca. 25 Tage vor seiner Ausreise nach Baghlan gefahren und sei eine Woche später vom Taxifahrer kontaktiert worden. Danach habe er noch etwa ein-oder zweimal mit dem Taxifahrer telefoniert. Auf Vorhalt, wieso er nicht zur Polizei gegangen sei, gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass ihn der Kommandant dazu geraten habe, sich eher an die Taliban als an die staatlichen Behörden zu wenden, da es sich beim Auftragsmörder um einen Polizisten gehandelt habe. Befragt, was die Funktion seines Vaters gewesen sei, erklärte der Beschwerdeführer, dass dieser bei der Kriminalpolizei als Direktor des Sicherheitsdienstes in Samangan tätig gewesen sei und mit uniformierten Polizisten zusammengearbeitet habe. Der Vater des Beschwerdeführers sei im Auftrag eines Kommandanten umgebracht worden sei. Befragt, woher er diese Information wisse, entgegnete der Beschwerdeführer, dass man die verantwortlichen Personen eine Woche später verhaftet habe. Die Geschehnisse zum Tod seines Bruders könne der Beschwerdeführer nicht wiedergeben, da er damals noch zu jung gewesen sei. Zum Vorhalt, weshalb er sich nicht in eine andere Stadt begeben habe, da Afghanistan über kein Meldewesen verfüge, erwiderte der Beschwerdeführer, dass er einen ausgefallenen Familiennamen habe und er deswegen im gesamten Staatsgebiet gefunden werden könne. Die Frage, ob er den Parlamentsabgeordneten nochmals angerufen habe, verneinte der Beschwerdeführer und gab an, dass er Mitglied der "Jamiat" Partei sei und er ansonsten keine näheren Details über diesen wisse. Sein Vorbringen könne er aber nicht durch die Vorlage von Beweismitteln untermauern. Zur Frage, ob er sich bezüglich seiner Probleme an den Dorfältesten oder die staatlichen Behörden gewandt habe, erklärte der Beschwerdeführer, dass er keine Anzeige erstattet habe und der Kommandant ihm nahegelegt habe, sich an die Taliban zu wenden. Bei einer Rückkehr habe der Beschwerdeführer Angst um sein Leben.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er von der Grundversorgung lebe und keiner beruflichen Tätigkeit nachgehe.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom Beschwerdeführer eine Bestätigung vom 29.08.2017 über die Absolvierung eines Deutschkurses im Rahmen eines Projektes der Universität Graz im Ausmaß von 42 Unterrichtseinheiten zu je 50 Minuten, eine Bestätigung vom 29.06.2017 über die Teilnahme eines Deutschkurses im Rahmen des Projekts SprachCall 2017, eine Bestätigung eines absolvierten Deutschkurses A1.1 im Rahmen des Projekts Sprachcalls 2017 des Landes Steiermark im Gesamtausmaß von 50 Einheiten teilgenommen habe, mehrere Facebook Postings in der Sprache Dari, die Kopie einer Tazkira und ein Zertifikat über die Absolvierung eines Berufsbildungstrainings sowie ein Schulabschlusszertifikat und ein Schulabschlusszeugnis in englischer Sprache sowie auf Dari zur Vorlage gebracht.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß §§ 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Zusammenfassend führte das BFA aus, dass die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz damit im Wesentlichen zu begründen sei, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung vorgebracht habe, dass sein Vater Mitglied der kommunistischen Partei gewesen sei und deshalb von Angehörigen der "Jamiat Partei" getötet worden sei. Der Beschwerdeführer sei als Kommunist abgestempelt worden und ihm seien auch alle Besitztümer weggenommen worden. Er sei auch von den Angehörigen dieser Partei bedroht worden und sei deshalb geflüchtet. Die Ausführungen des Beschwerdeführers vor dem BFA würden eklatant jenen im Rahmen der Erstbefragung getätigten widersprechen, wo er behauptet habe, dass er und seine Familienangehörigen aufgrund der Mitgliedschaft des Vaters in der Demokratischen Partei als Kommunisten abgestempelt worden und es seien ihm alle Besitztümer weggenommen worden. Der Beschwerdeführer selbst sei von den Angehörigen der Jamiat Partei bedroht worden und deshalb geflüchtet. Vor dem BFA habe er jedoch angegeben, aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten mit einem Abgeordneten und einem angeblichen Attentat auf ihn ausgereist zu sein. Wenn auch die Aussagen der Erstbefragung zu den Fluchtgründen nur einen kurzen Überblick geben sollten, so sei dennoch nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer den unmittelbaren Fluchtgrund und den zentralen Kern seines Fluchtvorbringens, nämlich das angebliche Attentat auf ihn, das der unmittelbare Anlass für seine Flucht gewesen sei, nicht bereits im Zuge der Erstbefragung angegeben habe. Es sei nämlich nicht lebensnah, dass ein Asylwerber nicht die erstbeste Gelegenheit ergreife, zentral fluchtauslösende Sachverhalte zu Protokoll zu geben. Es sei jedenfalls nicht glaubhaft, dass jemand, auf den ein Mordanschlag verübt worden sei, nicht wisse, wann dieser stattgefunden habe. Auch habe es in diesem Fall auch möglich sein müssen, das Datum nach afghanischem Kalender wiederzugeben. Seine sonstigen zeitlichen Angaben seien ebenfalls durchaus vage gewesen. Im Zusammenhang mit dem angeblichen Schussattentat stelle sich auch die Frage, wie der Beschwerdeführer bei Dunkelheit den Mann, der angeblich auf ihn geschossen habe, als jenen Mann identifizieren habe können, den er bereits zuvor am selben Tag in seiner Gasse gesehen habe. Darüber hinaus habe er behauptet, die Nachbarn hätten Warnschüsse abgegeben und ein paar Absätze später angegeben, es sei überhaupt nur ein Nachbar gewesen, der Waffen gehabt habe. Es sei jedoch nicht plausibel, dass der Taxifahrer, wenn er tatsächlich mit dem angeblichen Attentäter befreundet gewesen wäre, diesen an den Beschwerdeführer verraten hätte. Nicht nachvollziehbar sei zudem, dass er zwar einen Kommandanten erwähne, mit dem er die Besitzurkunde seiner Grundstücke angesehen habe, jedoch nicht dessen Namen nennen habe können. Auch der Name des Abgeordneten, der ihm angeblich seine Grundstücke weggenommen habe, sei ihm nicht auf Anhieb eingefallen. Absolut nicht lebensnah stelle sich für die Behörde die Tatsache dar, dass der Beschwerdeführer nicht schon vorher von der Inbesitznahme der Grundstücke erfahren habe. In Zusammenschau all dieser Ungereimtheiten der vom Beschwerdeführer der Behörde in Kopie gegebenen Besitzurkunden von Grundstücken in Baghlan sei davon auszugehen, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen nicht authentisch seien, was die von ihm geäußerten Fluchtgründe noch zusätzlich schwäche. Es gehe auch aus dem Amtswissen hervor, dass es in Afghanistan Fälschwerkstätten gebe, bei denen jedes beliebige Dokument käuflich erworben werden könne. Aufgrund dieser Unstimmigkeiten in den vorgelegten Beweismitteln sowie den bereits dargelegten Widersprüchen und Ungereimtheiten in den Aussagen des Beschwerdeführers, sehe es die Behörde als erwiesen an, dass er sich eine fiktive Geschichte zurechtgelegt habe, die lediglich der Asylerlangung dienen hätte sollen und die bei der Erstbefragung zu Protokoll gegebenen Behauptungen gesteigert habe. Der Beschwerdeführer habe nur emotionslos Behauptungen und Spekulationen in den Raum gestellt, ohne diese durch stichhaltige Beweismittel zu belegen oder durch konkrete Anhaltspunkte glaubhaft zu machen. Sein Vorbringen sei darüber hinaus weder in sich schlüssig gewesen, noch habe es den allgemeinen menschlichen Erfahrungswerten oder der Logik entsprochen und entspreche somit auch nicht den Glaubwürdigkeitskriterien und könne daher den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden. Unter Zugrundelegung der Angaben des Beschwerdeführers sei anzumerken, dass eine Racheaktion des Parlamentsabgeordneten allein aus diesem Grund bereits höchst unwahrscheinlich gewesen sei, da der Beschwerdeführer weder Anzeige erstattet habe noch an den Dorfältesten mit der Bitte um Hilfe gewandt habe. Außerdem wäre es dem Beschwerdeführer jederzeit offen gestanden, sich im Falle einer Bedrohungssituation in andere Landesteile zu begeben. Eine Verfolgung durch den afghanischen Staat habe der Beschwerdeführer explizit ausgeschlossen. Parwan gehöre mittlerweile zu den volatilen Provinzen Afghanistans, weshalb eine Rückkehr dorthin nicht zuzumuten sei. Die Situation in Kabul sei nach wie vor angespannt und es seien vermehrt öffentlichkeitswirksame Anschläge verzeichnet worden. Mit Mazar-e Sharif und Herat würden dem Beschwerdeführer zwei innerstaatliche Fluchtalternativen zur Verfügung. Eine Rückkehr in diese sei ihm auf Grundlage der aktuellen Länderfeststellungen ebenfalls zumutbar. Wie aus den Länderfeststellungen hervorgehe, lasse sich keine Verfolgung von ethnischen Tadschiken in Afghanistan feststellen, auch habe er derartiges nicht behauptet. Der Beschwerdeführer sei in Kabul geboren und habe den Großteil seines Lebens dort verbracht. Darüber hinaus lebe eine Schwester mit ihrer Familie sowie eine Tante in Kabul, auch besitze seine Familie vier Häuser in der Hauptstadt, die derzeit leer stehen würden. Eine Unterkunftsmöglichkeit bzw. familiäre Unterstützung sei ihm daher sicher. Die Familie des Beschwerdeführers habe außerdem Einkünfte aus Grundstücken. Er verfüge sowohl über familiäre Anknüpfungspunkte und pflege auch mit seinen Schulkollegen Kontakt. Der Beschwerdeführer habe eine für afghanische Verhältnisse gute Grundschulausbildung und Berufsausbildung genossen. Es sei ihm zumutbar, eine Arbeit aufzunehmen und wieder selbst für seinen Unterhalt aufzukommen.

6. Gegen den oben genannten Bescheid richtet sich die erhobene Beschwerde, welche fristgerecht beim BFA einlangte. In dieser wird zusammenfassend insbesondere ausgeführt, dass der genannte Bescheid infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, in Folge einer mangelhaften Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten werde. Hinsichtlich der Feststellung zur Glaubwürdigkeit sei auszuführen, dass die belangte Behörde die von ihr festgestellte Unglaubwürdigkeit unter anderem mit Widersprüchen zwischen der Erstbefragung und der behördlichen Einvernahme begründet habe. Dabei habe die belangte Behörde allerdings nicht auf die Besonderheiten der Erstbefragung Rücksicht genommen, die nicht primär der Ermittlung von Fluchtgründen diene, sondern sei lediglich auf Widersprüche zwischen dieser Erstbefragung und der behördlichen Einvernahme eingegangen. Alleine die Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der behördlichen Einvernahme würden aber unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs nicht die fehlende Glaubwürdigkeit begründen. Aus Sicht des Beschwerdeführers stelle es keinen Widerspruch dar, wenn man auf die Fragen im Rahmen der Erstbefragung, wenn man auf die Frage im Rahmen der Erstbefragung, warum man Afghanistan verlassen habe, ausführe, dass dies wegen der Drohung von den Angehörigen der "Jamiat Partei" erfolgt sei, da der Kommandant, der den Vater des Beschwerdeführers ermordet habe und der Parlamentsabgeordnete, welcher die Besitztümer der Familie weggenommen und den Beschwerdeführer bedroht habe, beide Mitglieder der "Jamiat Partei" seien. Eine Bewertung der Möglichkeiten für eine Neuansiedelung setze eine Bewertung der Relevanz und der Zumutbarkeit der vorgeschlagenen internen Schutzalternative voraus. In Fällen, in denen eine begründete Furcht vor Verfolgung in einem bestimmten Gebiet des Herkunftslandes festgestellt worden sei, erfordere die Feststellung, ob die vorgeschlagene interne Schutzalternative eine angemessene Alternative für die betreffende Person darstelle, eine Bewertung, die nicht nur die Umstände berücksichtige, die Anlass zu der begründeten Furcht gegeben hätten und der Grund für die Flucht aus dem Herkunftsgebiet gewesen seien. Weiters habe inmitten der prekären Sicherheitslage in Afghanistan die schlimmste Dürre der jüngsten Geschichte, das Leben von Zivilisten destabilisiert. Frau Stahlmann sehe gerade in den Rückkehrern aus dem westlichen Ausland eine besonders gefährdete Personengruppe, die aufgrund fehlender Ortskenntnisse und der fehlenden Vertrautheit mit den derzeitigen Lebensumständen in Afghanistan besonderer Gefahr ausgesetzt seien. Der Beschwerdeführer sei seit Mai 2016 in Österreich aufhältig und sei strafrechtlich unbescholten. Er besuche die Deutschkurse und habe im Laufe der Zeit solide Deutschkenntnisse erworben. Beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Mit Schriftsatz vom 27.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer ein Zertifikat A 1/1 nach europäischen Referenzrahmen für Sprachen vom 20.02.2017-01.05.2017, eine Bestätigung Caritas Akademie im Rahmen des Projekts SprachCall 2017 von Juni 2017 und vom August 2017 sowie die Urkunde "Live Smart" Energie und Klima Workshop vom September 2017, ausgestellt vom Klimabündnis Steiermark zur Vorlage gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, ist in Kabul geboren, in der Provinz Parwan aufgewachsen und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Seine Identität steht nicht fest. Die Mutter, vier Schwestern und der Bruder des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Afghanistan. Im Heimatstaat befinden sich zudem mehrere Onkel des Beschwerdeführers. Der BF besuchte im Herkunftsstaat 12 Jahre lang die Grundschule, absolvierte eine Ausbildung zum KFZ-Mechaniker sowie zum Elektriker und arbeitete anschließend als Elektriker. Der BF hält sich seit Mai 2016 im Bundesgebiet auf. Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen jungen gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter. Dem Beschwerdeführer ist eine Teilnahme am Erwerbsleben im Herkunftsstaat zumutbar.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keinen Personen, zu denen ein besonders zu berücksichtigendes Nahe - bzw. Abhängigkeitsverhältnis besteht.

Der strafrechtlich unbescholtene Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse; er hat in Österreich Deutschkurse besucht.

Das Bestehen von besonderen Gründen, die für ein Verbleiben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann in casu nicht festgestellt werden.

1.2. Zu den Beschwerdegründen:

Es kann nicht festgestellt werden, bzw. hat der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, dass er Afghanistan aufgrund einer ihn unmittelbaren und konkret betreffenden asylrelevanten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Die angegebenen Fluchtgründe des Beschwerdeführers sind insgesamt nicht glaubwürdig und werden dem Verfahren nicht zugrunde gelegt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tadschiken konkret und individuell bedroht wurde oder bei einer Rückkehr bedroht wird bzw. dass jedem Angehörigen der Volksgruppe der Tadschiken physische und/oder psychische Gewalt in Afghanistan droht.

Es konnte vom Beschwerdeführer insgesamt nicht glaubhaft dargelegt werden, dass er im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Niederlassung insbesondere in der Stadt Mazar-e Sharif oder Herat besteht für den BF als arbeitsfähigen Mann im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf keine berücksichtigungswürdige Bedrohungssituation, bzw. läuft dieser dort auch nicht in Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Die Städte Mazar - e Sharif als auch Herat sind über internationale Flughäfen erreichbar.

Der strafrechtlich unbescholtene BF ist seit seiner Antragstellung durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Der BF verfügt über Deutschkenntnisse; er hat in Österreich Deutschkurse besucht.

Das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich kann in casu nicht festgestellt werden.

Das Bestehen von besonderen Gründen die für ein Verbleiben des BF im Bundesgebiet sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Die belangte Behörde hat ein insgesamt mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen bzw. substantiiert begründeten und konkret auf den Beschwerdeführer bezogenen relevanten Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war im gegenständlichen Verfahren nicht erforderlich.

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

(gekürzt und zusammengefasst durch das BVwG)

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 22.1.2019, Anschlag auf Ausbildungszentrum des National Directorate of Security (NDS) in der Provinz Wardak und weitere (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Anschlag auf einen Stützpunk des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) in der zentralen Provinz Wardak (auch Maidan Wardak) kamen am 21.1.2019 zwischen zwölf und 126 NDS-Mitarbeiter ums Leben (TG 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019). Quellen zufolge begann der Angriff am Montagmorgen, als ein Humvee-Fahrzeug der U.S.-amerikanischen Streitkräfte in den Militärstützpunkt gefahren und in die Luft gesprengt wurde. Daraufhin eröffneten Angreifer das Feuer und wurden in der Folge von den Sicherheitskräften getötet (TG 21.1.2019; vgl. NYT 21.1.2019). Die Taliban bekannten sich zum Anschlag, der, Quellen zufolge, einer der tödlichsten Angriffe auf den afghanischen Geheimdienst der letzten 17 Jahre war (NYT 21.1.2019; IM 22.1.2019). Am selben Tag verkündeten die Taliban die Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den U.S.-amerikanischen Vertretern in Doha, Qatar (NYT 21.1.2019; vgl. IM 22.1.2019, Tolonews 21.1.2019).

Am Vortag, dem 20.1.2019, war der Konvoi des Provinzgouverneurs der Provinz Logar, Shahpoor Ahmadzai, auf dem Autobahnabschnitt zwischen Kabul und Logar durch eine Autobombe der Taliban angegriffen worden. Die Explosion verfehlte die hochrangigen Beamten, tötete jedoch acht afghanische Sicherheitskräfte und verletzte zehn weitere (AJ 20.1.2019; vgl. IM 22.1.2019).

Des Weiteren detonierte am 14.1.2019 vor dem gesicherten Green Village in Kabul, wo zahlreiche internationale Organisationen und NGOs angesiedelt sind, eine Autobombe (Reuters 15.1.2019). Quellen zufolge starben bei dem Anschlag fünf Menschen und über 100, darunter auch Zivilisten, wurden verletzt (TG 21.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019, RFE/RL 14.1.2019). Auch zu diesem Anschlag bekannten sich die Taliban (TN 15.1.2019; vgl. Reuters 15.1.2019).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (20.1.2019): Taliban attack in Afghanistan's Logar kills eight security forces,

https://www.aljazeera.com/news/2019/01/taliban-attack-afghanistan-logar-kills-security-forces-190120093626695.html, Zugriff 22.1.2019

IM - Il Messaggero (22.1.2019): Afghanistan, sangue sul disimpegno Usa: autobomba dei talebani contro scuola militare, 130 vittime, https://www.ilmessaggero.it/pay/edicola/afghanistan_autobomba_morti_talebani-4246561.html, Zugriff 22.1.2019

NYT - The New York Times (21.1.2019): After Deadly Assault on Afghan Base, Taliban Sit for Talks With U.S. Diplomats, https://www.nytimes.com/2019/01/21/world/asia/afghanistan-taliban-attack-intelligence-wardak.html, Zugriff 22.1.2019

Reuters (15.1.2019): Afghan Taliban claim lethal car bomb attack in Kabul,https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-blast-idUSKCN1P909T, Zugriff 22.1.2019

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (14.1.2019): Four Killed, 90 Wounded In Kabul Car-Bomb Attack, https://www.rferl.org/a/huge-blast-rocks-foreign-compound-in-kabul/29709334.html, Zugriff 22.1.2019

TG - The Guardian (21.1.2019): Taliban kill 'more than 100 people' in attack on Afghan military base, https://www.theguardian.com/world/2019/jan/21/taliban-kill-more-than-100-in-attack-on-afghan-military-base, Zugriff 22.1.2019

TN - The National (15.1.2019): Kabul attack: Taliban claims truck bomb and warns of more to follow, https://www.thenational.ae/world/mena/kabul-attack-taliban-claims-truck-bomb-and-warns-of-more-to-follow-1.813516, Zugriff 22.1.2019

Tolonews (21.1.2019) US, Taliban Hold Talks In Qatar With Peace Still Distant,

https://www.tolonews.com/afghanistan/us-taliban-hold-talks-qatar-peace-still-distant, Zugriff 22.1.2019

KI vom 8.1.2019, Anschlag in Kabul und Verschiebung der Präsidentschaftswahl (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage und Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Anschlag auf Regierungsgebäude in Kabul

Am 24.12.2018 detonierte vor dem Ministerium für öffentliches Bauwesen im Osten Kabuls (PD 16) eine Autobombe; daraufhin stürmten Angreifer das nahe gelegene Gebäude des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Märtyrer und Behinderte und beschossen weitere Regierungseinrichtungen in der Umgebung (ORF 24.12.2018; vgl. ZO 24.12.2018, Tolonews 25.12.2018). Nach einem mehrstündigen Gefecht zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Angreifern konnten diese besiegt werden. Quellen zufolge kamen ca. 43 Menschen ums Leben (AJ 25.12.2018; vgl. Tolonews 25.12.2018, NYT 24.12.2018). Bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 25.12.2018; vgl. AJ 25.12.2018).

Problematische Stimmenauszählung nach Parlamentswahlen und Verschiebung der Präsidentschaftswahl

Am 6.12.2018 erklärte die afghanische Wahlbeschwerdekommission (IECC) alle in der Provinz Kabul abgegebenen Stimmen für ungültig (RFE/RL 6.12.2018). Somit wurden die Stimmen von ungefähr einer Million Kabulis annulliert (Telepolis 15.12.2018; vgl. TAZ 6.12.2018). Die Gründe für die Entscheidung der IECC seien mehrere, darunter Korruption, Wahlfälschung und die mangelhafte Durchführung der Wahl durch die Unabhängige Wahlkommission (IEC) (Telepolis 15.12.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2018). Die Entscheidung wurde von der IEC als "politisch motiviert" und "illegal" bezeichnet (Tolonews 12.12.2018). Am 8.12.2018 erklärte die IECC dennoch, die Kommission würde ihre Entscheidung revidieren, wenn sich die IEC kooperationswillig zeige (Tolonews 8.12.2018). Einer Quelle zufolge einigten sich am 12.12.2018 die beiden Wahlkommissionen auf eine neue Methode zur Zählung der abgegebenen Stimmen, welche die Transparenz und Glaubhaftigkeit dieser wahren sollte; ca. 10% der Stimmen in Kabul sollen durch diese neue Methode nochmals gezählt werden (Tolonews 12.12.2018). Die Überprüfung der Wahlstimmen in der Provinz Kabul ist weiterhin im Gange (Tolonews 7.1.2019). Dem Gesetz zufolge müssen im Falle der Annullierung der Stimmen innerhalb von einer Woche Neuwahlen stattfinden, was jedoch unrealistisch zu sein scheint (Telepolis 15.12.2018). Bisher hat die IEC die vorläufigen Ergebnisse der Wahl für 32 Provinzen veröffentlicht (IEC o.D.).

Am 30.12.2018 wurde die Verschiebung der Präsidentschaftswahl vom 20.4.2019 auf den 20.7.2019 verkündet. Als Gründe dafür werden u.a. die zahlreichen Probleme während und nach der Parlamentswahlen im Oktober genannt (WP 30.12.2018; vgl. AJ 30.12.2018, Reuters 30.12.2018).

Quellen:

AJ - Al Jazeera (30.12.2018): Afghan presidential elections postponed until July 20: official, https://www.aljazeera.com/news/2018/12/afghan-presidential-elections-postponed-july-20-official-181230185336213.html, Zugriff 8.1.2019

AJ - Al Jazeera (25.12.2018): Kabul attack: Gunmen storm government building, kill dozens,

https://www.aljazeera.com/news/southasia/2018/12/gunmen-storm-kabul-government-compound-gun-battle-ensues-181224115249492.html, Zugriff 8.1.2019

IEC - Independent Electoral Commission (o.D.): 2018 Afghanistan Wolesi Jirga Elections, http://www.iec.org.af/results/en/home, Zugriff 17.12.2018

NYT - The New York Times (24.12.2018): Militants Storm Afghan Offices in Kabul, Killing Dozens, https://www.nytimes.com/2018/12/24/world/middleeast/kabul-militant-attack.html, Zugriff 8.1.2019

ORF - Österreichischer Rundfunk (24.12.2018): Tote bei Angriff auf Regierungsgebäude in Kabul, https://orf.at/stories/3105448/, Zugriff 8.1.2019

Reuters (30.12.2018): Afghanistan to delay presidential election to July: election body,

https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-election/afghanistan-to-delay-presidential-election-to-july-election-body-idUSKCN1OT0FR, Zugriff 8.1.2018

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (6.12.2018): Afghan Commission Invalidates All Kabul Votes In October Parliamentary Election,

https://www.rferl.org/a/afghan-commission-invalidates-all-kabul-votes-in-october-parliamentary-election/29640679.html, Zugriff 17.12.2018

TAZ - Die Tageszeitung (6.12.2018): Erste Wahl, dann das Chaos, https://www.taz.de/Parlamentswahl-in-Afghanistan/!5553677/, Zugriff 17.12.2018

Telepolis (15.12.2018): Chaos nach Parlamentswahlen, https://www.heise.de/tp/features/Chaos-nach-Parlamentswahlen-4248743.html, Zugriff 17.12.2018

Tolonews (7.1.2019) IEC Accused of Making 'Fake Result Sheets' For Polling Stations,

https://www.tolonews.com/elections-2018/%E2%80%98iec-make-fake-result-sheets-polling-stations%E2%80%99, Zugriff 8.1.2019

Tolonews (25.12.2018): Kabul Attack Death Toll Rises To 43, https://www.tolonews.com/afghanistan/kabul-attack%C2%A0death-toll-rises-43, Zugriff 8.1.2019

Tolonews (12.12.2018): IEC Resumes Recounting Of Kabul Votes Under New Method,

https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iec-resumes-recounting-kabul-votes-under-new-method, Zugriff 17.12.2018

Tolonews (8.12.2018): IECC Conditions Decision To Review Kabul Votes,

https://www.tolonews.com/index.php/elections-2018/iecc-conditions%C2%A0decision%C2%A0%C2%A0review-kabul-votes, Zugriff 17.12.2018

WP - The Washington Post (30.12.2018): Afghanistan's presidential elections delayed until July,

https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/afghanistans-presidential-elections-delayed-until-july/2018/12/30/038faea0-0c45-11e9-8f0c-6f878a26288a_story.html?noredirect=on&utm_term=.07428f9afbb6, Zugriff 8.1.2019

ZO - Zeit Online (24.12.2018): Mindestens 32 Tote bei Angriff in Kabul,

https://www.zeit.de/news/2018-12/24/mindestens-32-tote-bei-angriff-in-kabul-181224-99-340827, Zugriff 8.1.2018.

KI vom 23.11.2018, Anschläge in Kabul (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 20.11.2018 ca. 55 Menschen ums Leben und ca. 94 weitere wurden verletzt (AJ 21.11.2018; vgl. NYT 20.11.2018, TS 21.11.2018, LE 21.11.2018). Der Anschlag fand in der Hochzeitshalle "Uranus" statt, wo sich Islamgelehrte aus ganz Afghanistan anlässlich des Nationalfeiertages zu Maulid an-Nabi, dem Geburtstag des Propheten Mohammed, versammelt hatten (AJ 21.11.2018; vgl. TS 21.11.2018, TNAE 21.11.2018, IFQ 20.11.2018, Tolonews 20.11.2018). Quellen zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion zwischen 1.000 und 2.000 Personen, darunter hauptsächlich Islamgelehrte und Mitglieder des Ulemarates, aber auch Mitglieder der afghanischen Sufi-Gemeinschaft und andere Zivilisten, in der Hochzeitshalle (AJ 21.11.2018; vgl. LE 21.11.2018, NYT 20.11.2018, DZ 20.11.2018, IFQ 20.11.2018). Gemäß einer Quelle fand die Detonation im ersten Stock der Hochzeitshalle statt, wo sich zahlreiche Geistliche der afghanischen Sufi-Gemeinschaft versammelt hatten. Es ist nicht klar, ob das Ziel des Anschlags das Treffen der sufistischen Gemeinschaft oder das im Erdgeschoss stattfindende Treffen der Ulema und anderer Islamgelehrten war (LE 21.11.2018; vgl. TNAE 21.11.2018). Weder die Taliban noch der Islamische Staat (IS) bekannten sich zum Angriff, der dennoch von den Taliban offiziell verurteilt wurde (LE 21.11.2018; vgl. AJ 21.11.2018, IFQ 20.11.2018).

Am 12.11.2018 kamen bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt ca. sechs Personen ums Leben und 20 weitere wurden verletzt (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, ANSA 12.11.2018). Anlass dafür war eine Demonstration in der Nähe des "Pashtunistan Square" im Stadtzentrum, an der hunderte von Besuchern, darunter hauptsächlich Mitglieder und Unterstützer der Hazara-Gemeinschaft, teilnahmen, um gegen die während des Berichtszeitraums anhaltenden Kämpfe in den Provinzen Ghazni und Uruzgan zu demonstrieren (Tolonews 12.11.2018; vgl. DZ 12.11.2018, KP 12.11.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (DZ 12.11.2018; vgl. AJ 12.11.2018).

Bei einem Selbstmordanschlag in Kabul-Stadt kamen am 31.10.2018 ca. sieben Personen ums Leben und weitere acht wurden verletzt (Dawn 1.11.20181; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Unter den Opfern befanden sich auch Zivilisten (Pajhwok 31.10.2018; vgl. 1TV 31.10.2018). Die Explosion fand in der Nähe des Kabuler Gefängnisses Pul-i-Charkhi statt und hatte dessen Mitarbeiter zum Ziel (Dawn 1.11.2018; vgl. 1TV 31.10.2018, Pajhwok 31.10.2018). Der IS bekannte sich zum Anschlag (Dawn 1.11.2018, vgl. 1TV 31.10.2018).

Quellen:

1TV (31.10.2018): Suicide attack kills seven outside Kabul prison, http://www.1tvnews.af/en/news/afghanistan/36271-suicide-attack-kills-seven-outside-kabul-prison?fbclid=IwAR2WADPVHTuF8LZMwm0-LYci05vz1p06BygjhELlFr-wLKNDNo8XQRLXnuQ, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (21.11.2018): 'Brutal and barbaric': Victims recount horror of Kabul attack,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/barbaric-victims-recount-horror-kabul-attack-181121162807917.html, Zugriff 22.11.2018

AJ - Al Jazeera (12.11.2018): Kabul: Suicide bomber targets protesters demanding security,

https://www.aljazeera.com/news/2018/11/afghanistan-suicide-bomber-targets-protesters-kabul-181112094659291.html, Zugriff 22.11.2018

ANSA - Agenzia Nazionale Stampa Associata (12.11.2018): Afghanistan:

67 morti in 24 ore,

http://www.ansa.it/sito/notizie/topnews/2018/11/12/afghanistan-67-morti-in-24-ore_71bfd73c-c68f-4182-a798-34b9ace3ae65.html, Zugriff 22.11.2018

Dawn (1.11.2018): Seven killed in suicide attack near Kabul prison, https://www.dawn.com/news/1442782/seven-killed-in-suicide-attack-near-kabul-prison, Zugriff 22.11.2018

DZ - Die Zeit (20.11.2018): Mehr als 50 Tote bei Anschlag in Kabul, https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-11/afghanistan-kabul-explosion-anschlag-attentat-ulema-rat-versammlung-tote, Zugriff 22.11.2018

DZ - Die Zeit (12.11.2018): Mehrere Tote bei Anschlag nahe Anti-Taliban-Demo,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-11/kabul-anschlag-explosion-demonstration-taliban-regierungstruppen-ghasni, Zugriff 12.11.2018

IFQ - Il Fatto Quotidiano (20.11.2018): Afghanistan, attacco kamikaze a Kabul durante incontro religioso: almeno 50 morti e 80 feriti gravi,

https://www.ilfattoquotidiano.it/2018/11/20/afghanistan-attacco-kamikaze-a-kabul-durante-incontro-religioso-almeno-40-morti-e-80-feriti/4779194/, Zugriff 22.11.2018

KP - Khaama Press (12.11.2018): Protesters gather near Presidential Palace in Kabul over recent wave of violence, https://www.khaama.com/protesters-gather-near-presidential-palace-in-kabul-over-recent-wave-of-violence-02722/?fbclid=IwAR2cNyRcLjWNmzaEoWNieBq37J1eVAKL2aT_4yCqbU9HdYKpr30O1NoXe-g, Zugriff 22.11.2018

LE - L'Express (21.11.2018): Attentat à Kaboul : la lecture de verset du Coran soudain interrompue, raconte un blessé, https://www.lexpress.fr/actualites/1/monde/attentat-a-kaboul-la-lecture-de-versets-du-coran-soudain-interrompue-raconte-un-blesse_2049660.html, Zugriff 22.11.2018

NYT - New York Times (20.11.2018): At Leas 55 Killed in Bombing of Afghan Religious Gathering,

https://www.nytimes.com/2018/11/20/world/asia/afghanistan-wedding-hall-bombing.html, Zugriff 22.11.2018

Pajhwok Afghan News (31.10.2018): Suicide blast in front of Pul-i-Charhi prison leave 6 people dead, https://www.pajhwok.com/en/2018/10/31/suicide-blast-front-pul-i-charkhi-prison-leave-6-people-dead, Zugriff 22.11.2018

SS - Stars and Stripes (20.11.2018): Suicide bomb attack in Kabul kills at least 43, wounds 83,

https://www.stripes.com/news/suicide-bomb-attack-in-kabul-kills-at-least-43-wounds-83-1.557397, Zugriff 22.11.2018

TNAE - The National (21.11.2018): Kabul reels in grief after wedding hall attack,

https://www.thenational.ae/world/asia/kabul-reels-in-grief-after-wedding-hall-attack-1.794365, Zugriff 22.11.2018

Tolonews (20.11.2018): Death Toll Rises To 50 In Kabul Wedding Hall Explosion,

https://www.tolonews.com/afghanistan/40-killed-80-wounded-kabul-wedding-hall-blast, Zugriff 22.11.2018

Tolonews (12.11.2018): MoI Confirms 6 Death In Kabul Explosion, https://www.tolonews.com/afghanistan/casualties-feared-explosion-rocks-kabul, Zugriff 22.11.2018

TS - Tagesschau (21.11.2018): Deutschland verurteilt Anschlag in Kabul, https://www.tagesschau.de/ausland/anschlag-kabul-135.html, Zugriff 22.11.2018.

KI vom 29.10.2018, Parlamentswahlen und UNAMA-Update zu zivilen Opfern (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage und Abschnitt 2/Politische Lage)

Am 20. und am 21.10.2018 fand in Afghanistan die Wahl für das Unterhaus (Wolesi Jirga, Anm.) in 32 der 34 Provinzen statt (AAN 21.10.2018b; vgl. LS 21.10.2018). In der Provinz Ghazni wurde die Parlamentswahl verschoben, voraussichtlich auf den 20.4.2019, wenn u. a. auch die Präsidentschafts- und Distriktwahlen stattfinden sollen (siehe hierzu KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018). In der Provinz Kandahar fand die Wahl am 27.10.2018 mit Ausnahme der Distrikte Nesh und Maruf statt (AAN 26.10.2018; vgl. CNN 27.10.2018). Grund für die Verzögerung war die Ermordung u.a. des lokalen Polizeichefs General Abdul Raziq am 18.10.2018 (AJ 19.10.2018; vgl. LS 21.10.2018). Während der Wahl in der Provinz Kandahar wurden keine sicherheitsrelevanten Vorfälle gemeldet (CNN 27.10.2018). Die Wahl, die für den 20.10.2018 geplant war, wurde um einen Tag verlängert, weil die Wähler aus sicherheits- und technischen Gründen in zahlreichen Provinzen nicht wählen konnten:

Lange Wartezeiten vor den Wahllokalen sowie verspätete Öffnungszeiten, Mangel an Wahlunterlagen, Probleme bei der biometrischen Verifizierung der Wähler, sicherheitsrelevante Vorfälle usw. waren die Hauptprobleme während der beiden Wahltage (AAN 20.10.2018; vgl. AAN 21.10.2018a). Von den ca. neun Millionen Afghanen und Afghaninnen, die sich für die Wahl registriert hatten, wählten laut Schätzungen der Independent Election Commission (IEC) zwischen drei und vier Millionen (CNN 27.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018b). In den Städten und Gebieten, die als sicherer gelten, war der Wahlandrang höher als in den ländlichen Gegenden, in denen die Taliban Einfluss ausüben (AAN 20.10.2018; vgl. RN 21.10.2018, AAN 21.10.2018a).

Während der beiden Wahltage fanden Quellen zufolge landesweit ca. 200 sicherheitsrelevante Vorfälle statt und ca. 170 Zivilisten kamen während des ersten Wahltages ums Leben bzw. wurden verwundet: In Kabul wurden 15 Tote, in Baghlan 12, in Nangarhar 11 und in Kunduz 3 Tote verzeichnet. Auch Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte befanden sich unter den Opfern (vgl. AAN 21.10.2018a, RN 21.10.2018, AFP 20.10.2018).

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte zwischen 1.1.2018 und 30.9.2018 im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen insgesamt 366 zivile Opfer (126 Tote und 240 Verletzte) (UNAMA 10.10.2018).

Anmerkung: Weiterführende Informationen über den Wahlprozess in Afghanistan können der KI der Staatendokumentation vom 19.10.2018 entnommen werden.

Zivile Opfer

Insgesamt wurden im selben Berichtszeitraum 8.050 zivile Opfer (2.798 Tote und 5.252 Verletzte) verzeichnet. Die meisten zivilen Opfer wurden durch Selbstmord- und Nicht-Selbstmord-IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer (UNAMA 10.10.2018).

(UNAMA 10.10.2018

Zivilisten in den Provinzen Nangarhar, Kabul, Helmand, Ghazni und Faryab waren am stärksten betroffen. In Nangarhar wurde bis 30.9.2018 die höchste Zahl an zivilen Opfern (1.494) registriert:

davon 554 Tote und 940 Verletzte (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfeindliche Gruppierungen verursachten 65% der zivilen Opfer (5.243): davon 1.743 Tote und 3.500 Verletze. 35% der Opfer wurden den Taliban, 25% dem Islamic State Khorasan Province (ISKP) und 5% unidentifizierten regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben (darunter 1% selbsternannten Mitgliedern des ISKP) (UNAMA 10.10.2018).

Regierungsfreundliche Gruppierungen waren für 1.753 (761 Tote und 992 Verletzte) zivile Opfer verantwortlich: 16% wurden durch die afghanischen, 5% durch die internationalen Sicherheitskräfte und 1% durch regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen verursacht (UNAMA 10.10.2018).

Quellen:

AAN - Afghanistan Analysts Network (26.10.2018): Before Election Day

Three: Looking at Kandahar's upcoming vote, https://www.afghanistan-analysts.org/before-election-day-three-looking-at-kandahars-upcoming-vote/, Zugriff 29.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018a): Election Day One (Evening Update): Voter determination and technical shambles, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-evening-update-voter-determination-and-technical-shambles/ Zugriff 22.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.10.2018b): Election Day Two:

A triumph of administrative chaos, https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-two-a-triumph-of-administrative-chaos/, Zugriff 22.10.2018

AAN - Afghanistan Analysts Network (20.10.2018): Election Day One: A rural-urban divide emerging,

https://www.afghanistan-analysts.org/election-day-one-a-rural-urban-divide-emerging/, Zugriff 22.10.2018

AFP - Agence France Presse (20.10.2018): Nearly 170 casualties as violence rocks chaotic Afghan elections, https://www.afp.com/en/news/15/nearly-170-casualties-violence-rocks-chaotic-afghan-elections-doc-1a599v9, Zugriff 22.10.2018

AJ - Al Jazeera (19.10.2018): Afghanistan: Kandahar elections delayed by a week after killings, https://www.aljazeera.com/news/2018/10/afghan-election-polls-kandahar-delayed-week-181019082632025.html Zugriff 22.10.2018

CNN - Cable News Network (27.10.2018): Kandahar goes to the polls in Afghan parliamentary vote delayed by violence, https://edition.cnn.com/2018/10/27/asia/afghan-elections-kandahar-intl/index.html, Zugriff 29.10.2018

LS - La Stampa (21.10.2018): Ancora sangue sul secondo giorno di voto in Afghanistan,

http://www.lastampa.it/2018/10/21/esteri/ancora-sangue-sul-secondo-giorno-di-voto-in-afghanistan-quhK2AP00HBuCKGBEHU8TN/pagina.html, Zugriff 22.10.2018

RN - Rainews (21.10.2018): Chiusi I seggi in Afghanistan, 4 milioni al voto nonostante gli attacchi dei Talebani, http://www.rainews.it/dl/rainews/articoli/Chiusi-i-seggi-in-Afghanistan-4-milioni-al-voto-nonostante-gli-attacchi-52f120d0-cda8-4c1c-b469-363549cb767c.html, Zugriff 22.10.2018

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (10.10.2018),

https://unama.unmissions.org/sites/default/files/unama_protection_of_civilians_in_armed_conflict_3rd_quarter_report_2018_10_oct.pdf, Zugriff 25.10.2018

KI vom 19.10.2018, Aktualisierung: Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2018 (relevant für Abschnitt 3 / Sicherheitslage)

Allgemeine Sicherheitslage und sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt volatil (UNGASC 10.9.2018). Am 19.8.2018 kündigte der afghanische Präsident Ashraf Ghani einen dreimonatigen Waffenstillstand mit den Taliban vom 20.8.2018 bis 19.11.2018 an, der von diesen jedoch nicht angenommen wurde (UNGASC 10.9.2018; vgl. Tolonews 19.8.2018, TG 19.8.2018, AJ 19.8.2018). Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.5.2018 - 15.8.2018) 5.800 sicherheitsrelevante Vorfälle, was einen Rückgang von 10% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet. Bewaffnete Zusammenstöße gingen um 14% zurück, machten aber weiterhin den Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle (61%) aus. Selbstmordanschläge nahmen um 38% zu, Luftangriffe durch die afghanische Luftwaffe (AAF) sowie internationale Kräfte stiegen um 46%. Die am stärksten betroffenen Regionen waren der Süden, der Osten und der Süd-Osten, wo insgesamt 67% der Vorfälle stattfanden. Es gibt weiterhin Bedenken bezüglich sich verschlechternder Sicherheitsbedingungen im Norden des Landes:

Eine große Zahl von Kampfhandlungen am Boden wurde in den Provinzen Balkh, Faryab und Jawzjan registriert, und Vorfälle entlang der Ring Road beeinträchtigten die Bewegungsfreiheit zwischen den Hauptstädten der drei Provinzen (UNGASC 10.9.2018).

Zum ersten Mal seit 2016 wurden wieder Provinzhauptstädte von den Taliban angegriffen: Farah-Stadt im Mai, Ghazni-Stadt im August und Sar-e Pul im September (UNGASC 10.9.2018; vgl. Kapitel 1., KI 11.9.2018, SIGAR 30.7.2018, UNGASC 6.6.2018). Bei den Angriffen kam es zu heftigen Kämpfen, aber die afghanischen Sicherheitskräfte konnten u.a. durch Unterstützung der internationalen Kräfte die Oberhand gewinnen (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018, GT 12.9.2018). Auch verübten die Taliban Angriffe in den Provinzen Baghlan, Logar und Zabul (UNGASC 10.9.2018). Im Laufe verschiedener Kampfoperationen wurden sowohl Taliban- als auch ISKP-Kämpfer (ISKP, Islamic State Khorasan Province, Anm.) getötet (SIGAR 30.7.2018).

Sowohl die Aufständischen als auch die afghanischen Sicherheitskräfte verzeichneten hohe Verluste, wobei die Zahl der Opfer auf Seite der ANDSF im August und September 2018 deutlich gestiegen ist (Tolonews 23.9.2018; vgl. NYT 21.9.2018, ANSA 13.8.2018, CBS 14.8.2018). Trotzdem gab es bei der Kontrolle des Territoriums durch Regierung oder Taliban keine signifikante Veränderung (UNGASC 10.9.2018; vgl. UNGASC 6.6.2018). Die Regierung kontrollierte - laut Angaben der Resolute Support (RS) Mission - mit Stand 15.5.2018 56,3% der Distrikte, was einen leichten Rückgang gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 (57%) bedeutet. 30% der Distrikte waren umkämpft und 14% befanden sich unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen. Ca. 67% der Bevölkerung lebten in Gebieten, die sich unter Regierungskontrolle oder -einfluss befanden, 12% in Gegenden unter Einfluss bzw. Kontrolle der Aufständischen und 23% lebten in umkämpften Gebieten (SIGAR 30.7.2018).

Der Islamische Staat - Provinz Khorasan (ISKP) ist weiterhin in den Provinzen Nangarhar, Kunar und Jawzjan aktiv (USGASC 6.6.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018). Auch war die terroristische Gruppierung im August und im September für öffentlichkeitswirksame Angriffe auf die schiitische Glaubensgemeinschaft in Kabul und Paktia verantwortlich (UNGASC 10.9.2018; vgl. KI vom 11.9.2018, KI vom 22.8.2018). Anfang August besiegten die Taliban den in den Distrikten Qush Tepa und Darzab (Provinz Jawzjan) aktiven "selbsternannten" ISKP (dessen Verbindung mit dem ISKP in Nangarhar nicht bewiesen sein soll) und wurden zur dominanten Macht in diesen beiden Distrikten (AAN 4.8.2018; vgl. UNGASC 10.9.2018).

Global Incident Map zufolge wurden im Berichtszeitraum (1.5.2018 - 30.9.2018) 1.969 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Durch die folgende kartografische Darstellung der Staatendokumentation soll die Verteilung des Konflikts landesweit veranschaulicht werden.

Im Folgenden wird das Verhältnis zwischen den diversen sicherheitsrelevanten Vorfällen für den Zeitraum 1.4.2018 - 30.9.2018 durch eine Grafik der Staatendokumentation veranschaulicht.

Zivile Opfer

Die United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) registrierte im Berichtszeitraum (1.1.2018 - 30.6.2018) 5.122 zivile Opfer (1.692 Tote und 3.430 Verletzte), ein Rückgang von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. 45% der zivilen Opfer wurden durch IED [Improvisierte Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen, aber auch Selbstmordanschläge, Anm.] regierungsfeindlicher Gruppierungen verursacht. Zusammenstöße am Boden, gezielte Tötungen, Luftangriffe und explosive Kampfmittelrückstände waren weitere Ursachen für zivile Opfer. Zivilisten in den Provinzen Kabul, Nangarhar, Fary

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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