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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung des §18 AlVG mangels Legitimation; Verwaltungsrechtsweg zumutbarSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Schreiben vom 11. Mai 1996 stellt der Einschreiter den Antrag, "§18 AlVG wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes gem. Art7 Abs1 B-VG u. Art2 StGG, sowie wegen Verletzung des Eigentums gem. Art5 StGG u. Art1, 1 ZP zur MRK aufzuheben."
Hiezu wird im wesentlichen vorgebracht:
"Nach ca 11 Jahren unselbständiger Tätigkeit (vom 20.10.69 - 12.09.80), habe ich danach bis zum 31.03.93 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt, bzw. zwei Jahre davon zur Weiterbildung verwendet.
In den Jahren 93-95 war ich jeweils als Vertragsbediensteter (Saisonstelle) in der Zeit vom 01.04.-31.10. beschäftigt. Nach dem ersten Saisonende, also im Herbst 93 habe ich einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt, dies unter Hinweis auf rahmenfristerstreckende Tatbestände in der Zeit vom 13.09.80 bis zum 31.03.93 (§15 Abs1 litd u. e ALVG).
...
Bei einer Vorsprache beim zuständigen Arbeitsmarktservice Innsbruck wurde ich darüber aufgeklärt, daß sich die Rahmenfristerstreckungszeiten wohl für die Berechnung der Anwartschaft auswirken (§14 ALVG), nicht jedoch auf die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes, dafür würden nach §18 ALVG starre Zeiträume gelten. Dies heißt für mich konkret, daß ca 11 Jahre Arbeitslosenversicherungszeit (vom 20.10.69-12.09.80) quasi 'gelöscht' werden und ich mit inzwischen
ca 14 Versicherungsjahren gleich lange Arbeitslosengeld erhalte, wie ein Arbeitnehmer nach einer Beschäftigungszeit von gesamt einem Jahr, nämlich der Mindestdauer von lediglich 20 Wochen.
Bei Berechnung meiner tatsächlichen Versicherungszeit, bzw. der Berücksichtigung von Rahmenfristerstreckungszeiten, würde mir eine Bezugsdauer von 39 Wochen zustehen (§18 Abs2 ALVG).
Durch diese sachlich nicht begründbare Ungleichbehandlung von Versicherungszeiten, wird der Gleichheitsgrundsatz und der (sozialrechtliche) Eigentumsschutz aufs gröblichste verletzt. Außerdem kann die Ausübung von verfassungsmäßig garantierten Rechten (freie Berufswahl, Recht auf Bildung) niemals zum Anlaß genommen werden, dies mit sozialrechtlichen Sanktionen zu belegen.
...
Wie mir inzwischen glaubhaft versichert wurde ..., besteht aufgrund der Formulierung des §18 ALVG keinerlei Ermessensspielraum. Da die Behörden an die Gesetze gebunden sind, wäre ein Bescheidverfahren nicht nur aussichtslos, sondern auch sinnlos.
Es würde den meiner Ansicht nach rechtswidrigen Zustand, der aufgrund eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §18 ALVG ab 24.04.96 eingetreten ist, nur zu meinen Lasten unnötig verzögern, was jedenfalls unzumutbar wäre."
2. Der Antrag ist unzulässig.
2.1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - wegen dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn er nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 11726/1988).
2.2. Ein solcher zumutbarer Umweg steht dem Antragsteller jedoch offen:
Wie er in seinem Antrag selbst einräumt, hat er die Möglichkeit, eine bescheidmäßige Erledigung der Frage, ob bei der Beurteilung der Bezugsdauer Rahmenfristerstreckungstatbestände des §15 AlVG heranzuziehen sind, zu erwirken. Der Antragsteller kann einen solchen auf §18 AlVG gestützten Bescheid nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges beim Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG bekämpfen. Dem Vorbringen des Antragstellers, daß ein solches Verfahren aussichtslos wäre, ist entgegenzuhalten, daß es auf die Erfolgsaussichten bei der Beurteilung der Frage der Zumutbarkeit eines anderen Weges zur Herantragung der Bedenken an den Verfassungsgerichtshof nicht ankommt (vgl. zB VfSlg. 13754/1994).
Der Antrag war daher schon allein aus diesem Grund zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis war es nicht notwendig, das Vorliegen der sonstigen Prozeßvoraussetzungen zu prüfen.
3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, ArbeitslosenversicherungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:G147.1996Dokumentnummer
JFT_10038998_96G00147_00