TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/5 W214 2187212-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.09.2019
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Entscheidungsdatum

05.09.2019

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W214 2187212-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2018, Zl. XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) iVm § 34 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, syrische Staatsangehörige und Zugehörige der Volksgruppe der Araber, stellte am XXXX 03.2016 bei der österreichischen Botschaft in Damaskus einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG. Dazu brachte sie vor, dass ihrem Ehemann mit Bescheid vom XXXX 01.2016 der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Ihr Fluchtgrund sei der Krieg in Syrien, sie habe Angst, im Krieg zu sterben.

2. Die österreichische Botschaft in Damaskus übermittelte den Antrag der Beschwerdeführerin am XXXX 03.2016 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) zur weiteren Veranlassung und wies auf die Anmerkungen des Dokumentenberaters der Botschaft hin, wonach keine Empfehlung zur Visaerteilung ausgesprochen werde, da zum Zeitpunkt des Asylansuchens keine aufrechte Ehe bestanden habe.

3. Mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG und Stellungnahme vom 08.08.2016 teilte die belangte Behörde der österreichischen Botschaft in Damaskus mit, dass nach Prüfung der Sachlage die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG sei. Es hätten sich massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden ergeben und seien bei einer Gegenüberstellung der Angaben gravierende Widersprüche aufgetreten. Es sei daher keineswegs von einem Nachweis im Sinn eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen.

4. Die österreichische Botschaft in Damaskus übermittelte der Beschwerdeführerin die Stellungnahme der belangten Behörde und räumte ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme ein.

5. Mit E-Mail vom 29.08.2016 erstattete die Beschwerdeführerin durch ihren gewählten Rechtsvertreter Äußerung dahingehend, dass die gravierenden Zweifel am tatsächlichen Bestehen des Familienverhältnisses nicht begründet seien.

Die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson sei zweifellos vor der Flucht der Bezugsperson nach Österreich geschlossen und ein gemeinsames Familienleben geführt worden. Die Registrierung der Ehe beim Gericht sei nach der Ausreise erfolgt, dies sei aber keine unbedingte Voraussetzung für die Gültigkeit der Ehe, die Registrierung wirke rückwirkend. Die Anwesenheit der beiden Ehepartner bei der Registrierung sei bei besonderen Umständen nicht unbedingt notwendig. Solche Umstände seien vorgelegen, da die Bezugsperson der Beschwerdeführerin bei einem Behördenkontakt sofort verhaftet und zum Militär eingezogen worden wäre.

6. Am 30.11.2016 brachte die Beschwerdeführerin, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, eine ergänzende Stellungnahme ein. Darin führte sie aus, dass aus dem beiliegenden Ehevertrag hervorgehe, dass die Heirat bereits am XXXX erfolgt sei. Dass diese Ehe nicht unmittelbar danach im syrischen Zivilregister habe registriert werden können, könne damit begründet werden, dass die Bezugsperson zum Militärdienst hätte eingezogen werden sollen. Dies gehe aus dem beiliegenden Militärbuch hervor. Nach der Hochzeit habe sie mit ihrem Mann bis zur Flucht des Mannes im XXXX 2014 in einer gemeinsamen Wohnung in XXXX gelebt, es habe somit ein aufrechtes Familienleben bereits vor der Flucht bestanden. Wie aus den beiliegenden Dokumenten hervorgehe, sei die Ehe am XXXX im Personenstandsregister registriert worden, nachdem sie durch das Scharia-Gericht XXXX am XXXX als legal bestätigt worden sei. Demnach handle es sich eindeutig um eine rechtsgültige Ehe bereits seit der Eheschließung am XXXX . Die Registrierung sei durch den bevollmächtigten Bruder des Ehemanns der Beschwerdeführerin vorgenommen worden, was aber der Rechtsgültigkeit seit Abschluss des Ehevertrages am XXXX keinen Abbruch tue. Es liege also zweifelsfrei eine rechtsgültige Ehe vor, die vor der Einreise der Bezugsperson im Herkunftsstaat geschlossen worden sei. Weshalb die belangte Behörde an der Echtheit der eingereichten Dokumente zweifle, sei nicht nachvollziehbar, allgemeine Zweifel seien nach höchstgerichtlicher Judikatur aber nicht ausreichend, konkret eingereichten Dokumenten die Beweiskraft zu versagen, vielmehr müsse eine kriminaltechnologische Untersuchung durchgeführt werden, um eine Fälschung festzustellen. Die belangte Behörde lege auch nicht offen, welche Widersprüche bei der Gegenüberstellung der Angaben aufgetreten seien, sodass es der Beschwerdeführerin nicht möglich sei, diese Widersprüche aufzuklären. Zudem müsse die Familieneigenschaft im Einreiseverfahren lediglich wahrscheinlich sein, sodass bei bloßer Wahrscheinlichkeit ein Einreisetitel erteilt werden müsse, damit der Antragsteller ein ordentliches Asylverfahren in Österreich durchlaufen könne.

Der ergänzenden Stellungnahme wurde u.a. ein Ehevertrag inklusive Übersetzung, eine Erklärung zum Beweis einer Ehe des Scharia Gericht XXXX in beglaubigter Form, ein Marriage Statement inklusive Übersetzung, ein Family Statement inklusive Übersetzung, ein Statement of Marriage und ein Wehrpflichtbuch inklusive Übersetzung, beigelegt.

7. Mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG und zweiter Stellungnahme vom 10.03.2017 teilte die belangte Behörde der österreichischen Botschaft in Damaskus mit, dass nach Prüfung der Sachlage die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe, weshalb die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des 4. Hauptstücks des AsylG sei. Es hätten sich massive Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Urkunden ergeben. Die Bezugsperson der Beschwerdeführerin sei nach eigenen Angaben im XXXX 2014 aus Syrien geflüchtet, sei am XXXX 03.2015 nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt. Die Eheschließung sei am XXXX am Scharia-Gericht in XXXX durch Anwälte erfolgt. Die Eintragung der Eheschließung sei am XXXX in XXXX erfolgt. Somit sei die Eheschließung erst 1,5 Jahre nach der angeblichen tatsächlich geschlossen worden. Es seien bei einer Gegenüberstellung der Angaben gravierende Widersprüche aufgetreten. Es sei daher keineswegs von einem Nachweis im Sinn eines vollen Beweises des Familienverhältnisses auszugehen.

8. Die Beschwerdeführerin stellte am XXXX 08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung am selben Tag gab die Beschwerdeführerin an, am XXXX 04.2017 Syrien verlassen zu haben und über die Türkei, Griechenland und Ungarn schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet eingereist zu sein. Weiters gab sie an, ihr Mann habe zum Militär müssen, aufgrund dessen habe er vor ca. einem Jahr Syrien verlassen und sei nach Österreich gekommen, sie habe zu ihm wollen. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte sie den Besuch von Militärbehörden, welche sie aufsuchten, abermals nach ihrem Mann gefragt und ihr gedroht hätten. Sie könnte für ihren Mann in Haft genommen werden.

9. Am 14.11.2017 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für Arabisch niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Einvernahme legte die Beschwerdeführerin einen Auszug aus dem Familienbuch im Original sowie diverse Heiratsbetätigungen in deutscher Übersetzung vor.

Die Beschwerdeführerin gab an, syrische Staatsangehörige, Zugehörige der Volksgruppe der Araber und muslimisch-sunnitischen Glaubens zu sein. Sie habe in Syrien im Jahr 2016/2017 maturiert. Sie sei verheiratet, habe aber keine Kinder.

Näher befragt zu ihrer Heirat gab die Beschwerdeführerin an, am XXXX in XXXX auf traditionelle Art und beim Gericht geheiratet zu haben. Die Heirat sei aber erst am XXXX vom Gericht anerkannt worden, weil ihr Mann erst habe den Militärdienst ableisten müssen und dem Gericht darüber eine Bestätigung habe vorlegen müssen. Ein Gesetz in Syrien besage, dass ein Mann nicht heiraten könne, wenn er den Militärdienst nicht abgeleistet habe. Ihr Mann sei bei der Eheschließung am XXXX nicht anwesend gewesen, da er bereits in Österreich gewesen sei, der Bruder ihres Mannes habe diesen vertreten. Diesfalls sei eine Registrierung möglich gewesen, auch wenn ihr Mann den Militärdienst nicht abgeleistet habe. Nach der traditionellen Heirat im XXXX hätten sie und ihr Mann ca. fünf Monate in XXXX , im Viertel XXXX zusammengelebt, im XXXX 2014 habe ihr Mann Syrien verlassen.

Befragt zu ihren Fluchtgründen gab die Beschwerdeführerin an, sie habe die gleichen Fluchtgründe wie ihr Mann. Sie sei wegen ihres Mannes geflüchtet, aber auch selbst bedroht worden. "Sie" seien des Öftern zu ihr nach Hause gekommen und hätten nach ihrem Mann gefragt. Die Beschwerdeführerin sei daraufhin zu ihren Schwiegereltern gegangen und habe bei ihnen gewohnt. Aber auch dort seien sie gekommen und hätten ihr gedroht, sie an Stelle ihres Mannes einzusperren oder zu töten, wenn er nicht zurückkommen würde. Sie habe große Angst gehabt.

10. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 21.01.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).

Die belangte Behörde stellte neben allgemeinen herkunftsbezogenen Länderfeststellungen und der Identität der Beschwerdeführerin fest, dass die Beschwerdeführerin zu einem unbekannten Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und am XXXX 08.2017 einen Asylantrag gestellt habe. Weiters wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin eine gesunde und arbeitsfähige junge Frau sei. Nicht festgestellt werden konnte, dass sie in Syrien damit rechnen müsse, konkret asylrelevant verfolgt oder bedroht zu werden.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass die behauptete Ehe der Beschwerdeführerin sich als nicht glaubhaft darstelle. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumente würden von der belangten Behörde als Fälschungen angesehen. Aus deren zeitlichen Abfolge werde zudem abgeleitet, dass zum Zeitpunkt der Asylantragstellung keine aufrechte Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem angeblichen Ehemann bestanden habe und es somit auch kein eheliches Zusammenleben gegeben haben könne.

Auch der Dokumentenberater der österreichischen Botschaft in Beirut habe dies festgestellt. Die Bezugsperson der Beschwerdeführerin sei nach eigenen Angaben im XXXX 2014 aus Syrien geflüchtet und habe am XXXX 2015 einen Asylantrag in Österreich gestellt. Die Eheschließung sei am XXXX am Scharia-Gericht in XXXX durch Anwälte (beide Eheleute seien nicht anwesend gewesen) erfolgt. Die Eintragung der Eheschließung sei am XXXX , also 1,5 Jahre nach der angeblich richtigen am XXXX , erfolgt. Die Erklärungen der Beschwerdeführerin seien nicht glaubhaft und widersprüchlich gewesen. Es sei anzunehmen, dass die angebliche Eheschließung dem Mittel der Asyl Erlangung in Österreich habe dienen sollen. Die Beschwerdeführerin habe keine glaubhafte individuelle Verfolgungssituation durch oder in ihrem Herkunftsstaat Syrien glaubhaft machen können.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde daher abgewiesen, hingegen wurde der Beschwerdeführerin aufgrund der allgemeinen Lage in Syrien der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG wurde der Beschwerdeführerin ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

11. Gegen Spruchpunkt I. des oben genannten Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin führte die Beschwerdeführerin (nach Wiederholung des Sachverhaltes) unter anderem aus, dass sie ihren Mann am XXXX in XXXX geheiratet habe. Wenn die belangte Behörde davon ausgehe, dass die von ihr vorgelegten Dokumente Fälschungen seien, habe sie ihre Ermittlungspflicht dadurch verletzt, dass sie die Dokumente nicht untersuchen ließ bzw. nicht einer kriminaltechnischen Untersuchung unterzogen habe. Die Urkunden würden belegen, dass die Ehe am XXXX im Personenstandsregister registriert worden sei, nachdem sie durch das Sharia-Gericht XXXX am

XXXX als legal bestätigt worden sei. Demnach handle es sich eindeutig um eine rechtsgültige Ehe bereits seit der Eheschließung am XXXX . Die Registrierung wurde durch den bevollmächtigten Bruder des Ehemanns der Beschwerdeführerin vorgenommen, was aber der Rechtsgültigkeit seit Abschluss des Ehevertrages am XXXX keinen Abbruch tue.

Die belangte Behörde habe es zur Gänze unterlassen, sich mit der Frage der nachträglichen Registrierung von bereits traditionell geschlossenen Ehe auseinanderzusetzen. Eine solche nachträgliche Registrierung stelle in Syrien keine Seltenheit dar, generell werde eine nachträglich registrierte Ehe in Syrien durch diese Registrierung für gültig seit dem Abschluss des Ehevertrages erklärt. Die Beschwerdeführerin habe die Gültigkeit ihrer bereits am XXXX durch einen Ehevertrag geschlossenen Ehe durch das Scharia-Gericht am XXXX bestätigen und die Ehe daraufhin am XXXX im syrischen Zivilregister nachträglich registrieren lassen. Die Registrierung belege, dass die Ehe am XXXX und damit bereits fast ein Jahr vor dem Antrag auf internationalen Schutz der Bezugsperson im Herkunftsstaat geschlossen worden sei.

Zudem sei die Bedrohungslage für die Beschwerdeführerin als Frau, sunnitische Muslimin und Familienangehörige eines Wehrdienstverweigerers äußerst prekär. Auf die Beschwerdeführerin würden daher zumindest drei der von UNHCR verfassten Risikoprofile zutreffen. Die belangte Behörde habe es gänzlich unterlassen zu ermitteln, ob der Beschwerdeführerin aufgrund dieser Umstände asylrelevante Verfolgung drohe. Wenn die belangte Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung durchgeführt hätte, hätte sie zu dem Schluss kommen müssen, dass der Beschwerdeführerin aus den angeführten Gründen eindeutig asylrelevante Verfolgung in Syrien drohe.

12. Die Beschwerde wurde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

13. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumente hinsichtlich ihrer Eheschließung wurden vom Bundesverwaltungsgericht zwecks Dokumentenprüfung im Original dem Bundeskriminalamt übermittelt. Die Untersuchungsberichte des Bundeskriminalamtes ergaben jeweils, dass nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine Beurteilung der Authentizität des Formularvordrucks und der Ausstellungsmodalitäten möglich sei. Bezüglich Abänderungen oder Hinzufügungen bei den Schriftzeichen hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird den Feststellungen zu Grunde gelegt.

1.1. Zur Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist syrische Staatsangehörige, Zugehörige der arabischen Volksgruppe und muslimisch-sunnitischen Glaubens. Sie stammt aus XXXX

Sie trägt den im Spruchkopf angeführten Namen und hat das im Spruch genannte Geburtsdatum.

Die Beschwerdeführerin stellte am XXXX 08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführerin ist mit XXXX , geb. am XXXX , verheiratet, welcher am XXXX 2015 in das österreichische Bundesgebiet einreiste und am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. XXXX wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 01.2016, Zl. XXXX , der Status des Asylberechtigten zuerkannt, da er sich durch seine Flucht aus Syrien dem Wehrdienst entzogen hatte.

Die traditionelle-muslimische Eheschließung nach Scharia-Recht erfolgte am XXXX in XXXX , Syrien. Es wurde an diesem Tag auch ein Ehevertrag abgeschlossen. Die Ehe wurde am XXXX vom Scharia-Gericht zu XXXX mit dem Datum XXXX bestätigt. Am XXXX wurde die Ehe im syrischen Personenstandsregister registriert.

Eine Fälschung der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Dokumente die Eheschließung betreffend kann nicht festgestellt werden.

Die Anwesenheit der Eheleute war jedenfalls bei der traditionell-muslimischen Heirat gegeben und bestehen daher am Willen beider Eheleute zur Eheschließung keine Zweifel. Die Eheleute lebten auch bis zur Flucht des Mannes gemeinsam in Syrien.

Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.

Es liegen keine Asylausschlussgründe vor.

1.2 Zur hier relevanten Situation in Syrien

Politische Lage

Die syrische Verfassung sieht die Baath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 13.3.2019). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten zur Regierung Assads entwickeln könnten (FH 1.2018).

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Baath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018). Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 10.8.2016).

Es gibt weiterhin Landesteile, in denen die syrische Regierung effektiv keine Kontrolle ausübt. Diese werden entweder durch Teile der Opposition, kurdische Einheiten, ausländische Staaten oder auch durch terroristische Gruppierungen kontrolliert (AA 13.11.2018; vgl. MPG 2018).

Am 13.4.2016 fanden in Syrien Parlamentswahlen statt. Das Parlament wird im Vier-Jahres-Rhythmus gewählt, und so waren dies bereits die zweiten Parlamentswahlen, welche in Kriegszeiten stattfanden (Reuters 13.4.2016; vgl. France24 17.4.2017). Die in Syrien regierende Baath-Partei gewann gemeinsam mit ihren Verbündeten unter dem Namen der Koalition der "Nationalen Einheit" 200 der 250 Parlamentssitze. Die syrische Opposition bezeichnete auch diese Wahl, welche erneut nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten stattfand, als "Farce". Die Vereinten Nationen gaben an, die Wahl nicht anzuerkennen (France24 17.4.2016).

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position. Seit der Machtergreifung Assads haben weder Vater noch Sohn politische Opposition geduldet. Jegliche Versuche eine politische Alternative zu schaffen wurden sofort unterbunden, auch mit Gewalt (USCIRF 26.4.2017). 2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Assad führten (USDOS 13.3.2019), wodurch dieser für weitere 7 Jahre im Amt bestätigt wurde (WKO 11.2018). Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abgehalten. Sie wurde von der EU und den USA als undemokratisch kritisiert, die syrische Opposition sprach von einer "Farce" (Haaretz 4.6.2014).

Mitte September 2018 wurden in den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten zum ersten Mal seit 2011 wieder Kommunalwahlen abgehalten (IFK 10.2018; vgl. WKO 11.2018). Der Sieg von Assads Baath Partei galt als wenig überraschend. Geflohene und IDPs waren von der Wahl ausgeschlossen (WKO 11.2018).

Mit russischer und iranischer Unterstützung hat die syrische Regierung mittlerweile wieder große Landesteile von bewaffneten oppositionellen Gruppierungen zurückerobert. Trotz der großen Gebietsgewinne durch das Regime besteht die Fragmentierung des Landes in Gebiete, in denen die territoriale Kontrolle von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt wird, weiter fort (AA 13.11.2018).

Die Provinz Idlib im Norden Syriens an der Grenze zur Türkei wird derzeit noch von diversen Rebellengruppierungen kontrolliert (MPG 2018). Im Norden bzw. Nordosten Syriens gibt es Gebiete, welche unter kurdischer Kontrolle stehen (SWP 7.2018). Die Partei der Demokratischen Union (PYD) ist die politisch und militärisch stärkste Kraft der syrischen Kurden. Sie gilt als syrischer Ableger der verbotenen türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) (KAS 4.12.2018b). 2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der PKK, deren Mitglieder die PYD gründeten, gekommen sein. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine "zweite Front" in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Baath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrin, Ain al-Arab (Kobane) und die Jazira von PYD und YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (BFA 8.2017). Im März 2016 wurde in dem Gebiet, das zuvor unter dem Namen "Rojava" bekannt war, die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte (SWP 7.2018; vgl. KAS 4.12.2018b). Afrin im Nordwesten Syriens ist territorial nicht mit den beiden anderen Kantonen Jazira und Kobane verbunden und steht seit März 2018 unter türkischer Besatzung (KAS 4.12.2018b; vgl. MPG 2018).

Die syrischen Kurden unter Führung der PYD beanspruchen in den Selbstverwaltungskantonen ein Gesellschaftsprojekt aufzubauen, das nicht von islamistischen, sondern von basisdemokratischen Ideen, von Geschlechtergerechtigkeit, Ökologie und Inklusion von Minderheiten geleitet ist. Während Befürworter das syrisch-kurdische Gesellschaftsprojekt als Chance für eine künftige demokratische Struktur Syriens sehen, betrachten Kritiker es als realitätsfremd und autoritär. Das Ziel der PYD ist nicht die Gründung eines kurdischen Staates in Syrien, sondern die Autonomie der kurdischen Kantone als Bestandteil eines neuen, demokratischen und dezentralen Syrien (KAS 4.12.2018a). Die PYD hat sich in den kurdisch kontrollierten Gebieten als die mächtigste politische Partei im sogenannten Kurdischen Nationalrat etabliert, ähnlich der hegemonialen Rolle der Baath-Partei in der Nationalen Front (BS 2018). Ihr militärischer Arm, die YPG sind zudem die dominierende Kraft innerhalb des von den USA unterstützten Militärbündnisses Syrian Democratic Forces (SDF). Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Flüchtlingswelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen. Diese schwierige Situation führt auch dazu, dass die Kurden wieder vermehrt das Gespräch mit der syrischen Zentralregierung suchen (KAS 4.12.2018b).

Die syrische Regierung erkennt die kurdische Enklave oder Wahlen, die in diesem Gebiet durchgeführt werden, nicht an (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-AA - Deutsches Auswärtiges Amt (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 10.12.2018

-BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Syria, Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Syria.pd f , Zugriff 12.12.2018

-BFA - Eva Savelsberg: Der Aufstieg der kurdischen PYD im syrischen Bürgerkrieg (2011 bis 2017) in BFA Staatendokumentation (8.2017):

Fact Finding Mission Report Syrien - mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak,

https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 13.12.2018

-DSO - Der Spiegel Online (10.8.2016): Die Fakten zum Krieg in Syrien,

https://www.spiegel.de/politik/ausland/krieg-in-syrien-alle-wichtigen-fakten-erklaert-endlich-verstaendlich-a-1057039.html#sponfakt=1, Zugriff 9.4.2019

-FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Syria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/syria, Zugriff 10.12.2018

-France24 (17.4.2016): Assad's Party wins majority in Syrian election,

https://www.france24.com/en/20160417-syria-bashar-assad-baath-party-wins-majority-parliamentary-vote, Zugriff 10.12.2018

-Haaretz (4.6.2014): Landslide Win for Assad in Syria's Presidential Elections, http://www.haaretz.com/middle-east-news/1.597052, Zugriff 10.12.2018

-IFK - Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement (10.2018): Factsheet Syrien No. 70, 14. August 2018 - 2.10.2018, http://www.bundesheer.at/pdf_pool/publikationen/fact_sheet_syr_70_deu.pdf, Zugriff 1.3.2019

-KAS - Konrad Adenauer Stiftung [Nils Wörmer] (4.12.2018a): Assads afghanische Söldner,

https://www.kas.de/web/die-politische-meinung/artikel/detail/-/content/assads-afghanische-soldner, Zugriff 15.1.2019

-KAS - Konrad Adenauer Stiftung [Gülistan Gürbey] (4.12.2018b):

Zwischen den Fronten - Die Kurden in Syrien, https://www.kas.de/web/die-politische-meinung/artikel/detail/-/content/zwischen-den-fronten-1, Zugriff 15.1.2019

-MPG - Max-Planck-Gesellschaft (2018): Familienrecht im Nahen Osten - Zum gegenwärtigen Stand der Rechtsordnung und des Familienrechts in Syrien [Stand Herbst 2018],

https://www.familienrecht-in-nahost.de/11318/Syrien-Rechtslage, Zugriff 17.1.2019

-Reuters (13.4.2016): Assad holds parliamentary election as Syrian peace talks resume,

http://https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-idUSKCN0XA2C5, Zugriff 10.12.2018

-SHRC - Syrian Human Rights Committee (24.1.2019): The 17th Annual Report on Human Rights in Syria 2018, http://www.shrc.org/en/wp-content/uploads/2019/01/English_Web.pdf, Zugriff 31.1.2019

-SWP - Stiftung Wissenschaft und Politik (7.2018): Die Kurden im Irak und in Syrien nach dem Ende der Territorialherrschaft des "Islamischen Staates",

https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2018S11_srt.pdf, Zugriff 9.1.2018

-USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (26.4.2017): United States Commission on International Religious Freedom 2017 Annual Report; 2017 Country Reports: USCIRF Recommended Countries of Particular Concern (CPC): Syria, https://www.ecoi.net/en/file/local/1399549/5250_1494489917_syria-2017.pdf, Zugriff 10.12.2018

-USDOS - United States Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Syria, https://www.ecoi.net/local_link/337226/479990_de.html, Zugriff 12.12.2018

-USDOS - United States Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2004226.html, Zugriff 19.3.2019

-WKO - Wirtschaftskammer Österreich - Außenwirtschaftscenter Amman (11.2018): Außenwirtschaft: Update Syrien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/syrien-wirtschaftsbericht.pdf, Zugriff 1.3.2019

Sicherheitslage

Die militärische Intervention Russlands und die damit einhergehende Luftunterstützung für Assads Streitkräfte sowie die erheblich ausgeweitete indirekte Bodenintervention des Iran in Form eines Einsatzes ausländischer Milizen konnten 2015 den Zusammenbruch des syrischen Regimes abwenden (KAS 4.12.2018a). Mitte des Jahres 2016 kontrollierte die syrische Regierung ca. ein Drittel des syrischen Staatsgebietes, inklusive der "wichtigsten" Städte im Westen, in denen der Großteil der Syrer lebt (Reuters 13.4.2016).

Am Beginn des Jahres 2019 sind noch drei größere Gebiete außerhalb der Kontrolle der syrischen Regierung: die Provinz Idlib und angrenzende Gebiete im Westen der Provinz Aleppo und Norden der Provinz Hama; die Gebiete im Norden und Osten Syriens, die unter Kontrolle der kurdisch dominierten Syrian Democratic Forces (SDF) stehen; außerdem die Konfliktschutzzone (de-confliction zone) bei Tanf in Homs bzw. in der Nähe des Rukban Flüchtlingslagers (UNHRC 31.1.2019).

Trotz weitreichender militärischer Erfolge des syrischen Regimes und seiner Unterstützer sind Teile Syriens noch immer von Kampfhandlungen betroffen, allen voran die Provinzen Idlib, Teile Aleppos, Raqqas und Deir ez-Zours (AA 13.11.2018).

Laut UNMAS (United Nations Mine Action Service) sind 43% der besiedelten Gebiete Syriens mit Mienen und Fundmunition kontaminiert (AA 13.11.2018). Es kommt immer wieder zu Zwischenfällen mit derartigen Hinterlassenschaften des bewaffneten Konfliktes zum Beispiel im Osten der Stadt Aleppo, Ost-Ghouta und im Osten Hamas (DIS/DRC 2.2019).

Der sogenannte Islamische Staat (IS) kontrollierte im Sommer 2014 große Teile Syriens und des Irak (FAZ 10.3.2019). Ende März 2019 wurde mit Baghus die letzte Bastion des IS von den oppositionellen "Syrian Democratic Forces" erobert. Der IS ist zwar zerschlagen, verfügt aber noch immer über militärische Einheiten, die sich in den Wüstengebieten Syriens und des Irak versteckt halten (DZO 24.3.2019). Schläferzellen des IS sind sowohl im Irak als auch in Syrien weiterhin aktiv (FAZ 10.3.2019). Gegenwärtig sollen im Untergrund mehr als 20.000 IS-Kämpfer auf eine Gelegenheit zur Rückkehr warten (FAZ 22.3.2019). Auch IS-Führer Abu Bakr al-Bagdadi bleibt weiterhin verschwunden (FAZ 23.3.2019).

US-Präsident Donald Trump kündigte im Dezember 2018 an, alle 2.000 US-Soldaten aus Syrien abziehen zu wollen. Er erklärte jedoch später noch Soldaten vor Ort belassen zu wollen. Für die von den Amerikanern unterstützen Kurden ist ein Abzug der amerikanischen Truppen ein herber Schlag (Qantara 28.2.2019).

Die NGO Syrian Network for Human Rights (SNHR) versucht die Zahlen ziviler Todesopfer zu erfassen, für die einzelnen Monate des Jahres 2018 finden sich deren Daten in der unten befindlichen Grafik. Getötete Kämpfer werden in dem Bericht nicht berücksichtigt. Betont wird außerdem, dass die Organisation in vielen Fällen Vorkommnisse nicht dokumentieren konnte, besonders im Fall von Massakern, bei denen Städte und Dörfer komplett abgeriegelt wurden. Die hohe Zahl solcher Berichte lässt darauf schließen, dass die eigentlichen Zahlen ziviler Opfer weit höher als die unten angegebenen sind (SNHR 1.1.2019). Für Januar 2019 erfasste SNHR zumindest 197 getötete Zivilisten (SNHR 1.2.2019) für Februar 2019 246 (SNHR 1.3.2019), für März 2019 334 (SNHR 1.4.2019) und für April 2019 324. Zudem sind im April 2019 54 Personen aufgrund Folter verstorben, 50 davon durch Einheiten der syrischen Regierung (SNHR 1.5.2019).

Quellen:

-AA - Deutsches Auswärtiges Amt (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-

amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 10.12.2018

-DIS/DRC - Danish Immigration Service / Danish Refugee Council (2.2019): Security Situation in Damascus Province and Issues Regarding Return to Syria,

https://nyidanmark.dk/-/media/Files/US/Landerapporter/Syrien_FFM_rapport_2019_Final_31012019.pdf?la=da&hash=A4D0089B4FB64FC6E812AF6240757FC0097849AC, Zugriff 27.2.2019

-DZO - Die Zeit Online (24.3.2019): Kurden warnen vor Wiederaufstieg des IS,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-03/syrien-islamischer-staat-terrormiliz-kalifat-wiederaufstieg, Zugriff 25.3.2019

-FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (10.3.2019): Die letzte Schlacht gegen den "Islamischen Staat" hat begonnen, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kurden-beginnen-angriff-auf-letzte-is-bastion-in-syrien-16082097.html, Zugriff 12.3.2019

-FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (22.3.2019): Sieg über Terrormiliz: Warum der IS weiter gefährlich bleibt, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/warum-der-is-weiter-gefaehrlich-bleibt-16103411.html, Zugriff 25.3.2019

-FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (23.3.2019): IS-Führer Al-Bagdadi bleibt verschwunden, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-03/irak-islamischer-staat-abu-bakr-al-bagdadi, Zugriff 25.3.2019

-ISW - Institute for the Study of War (20.5.2019): Syria Situation Report: April 27 - May 14, 2019, http://www.understandingwar.org/backgrounder/syria-situation-report, Zugriff 2.7.2019

-KAS - Konrad Adenauer Stiftung [Nils Wörmer] (4.12.2018a): Assads afghanische Söldner,

https://www.kas.de/web/die-politische-meinung/artikel/detail/-/content/assads-afghanische-soldner, Zugriff 15.1.2019

-Liveuamap - Live Universal Awareness Map (1.7.2019): Map of Syrian Civil War, https://syria.liveuamap.com/en/time/01.07.2019, Zugriff 2.7.2019

-Qantara (28.2.2019): Das Ende des "Islamischen Staates" - Neues Kapitel im Syrien-Konflikt,

https://de.qantara.de/inhalt/das-ende-des-islamischen-staats-neues-kapitel-im-syrien-konflikt, Zugriff 12.3.2019

-Reuters (13.4.2016): Assad holds parliamentary election as Syrian peace talks resume,

http://https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-syria-idUSKCN0XA2C5, Zugriff 10.12.2018

-SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.1.2019): Documenting the Death of 6,964 Civilians in Syria in 2018, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Documenting_the_Death_of_6964_Civilians_in_Syria_in_2018_en.pdf, Zugriff 13.3.2019

-SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.2.2019): 197 Civilians, Including Two Medical Personnel, Documented Killed in Syria in January 2019, http://sn4hr.org/blog/2019/02/01/53297/, Zugriff 13.3.2019

-SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.3.2019): 246 Civilians, Including One Media Worker and Six Medical and Civil Defense Personnel, Documented Killed in Syria in February 2019, http://sn4hr.org/blog/2019/03/01/53385/, Zugriff 13.3.2019

-SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.4.2019): 334 Civilians, Including Two Media Workers and Two Civil Defense Personnel, Documented Killed in Syria in March 2019, http://sn4hr.org/blog/2019/04/01/53508/, Zugriff 26.4.2019

-SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.5.2019): 324 Civilians, Including One Media Worker, Documented Killed in Syria in April 2019, http://sn4hr.org/blog/2019/05/01/53639/, Zugriff 8.5.2019

-SNHR - Syrian Network for Human Rights (1.7.2019): 1,864 Civilians, Including Six Media Workers and 21 Medical and Civil Defense Personnel, Documented Killed in Syria in the First Half of 2019, http://sn4hr.org/wp-content/pdf/english/1864_Civilians_Including_Six_Media_Workers_and_21_Medical_and_Civil_Defense_Personnel_en.pdf, Zugriff 2.7.2019

-UNHRC - United Nations Human Rights Council (31.1.2019): Report of the Independent International Commission of Inquiry on the Syrian Arab Republic [A/HRC/40/70],

https://www.ohchr.org/Documents/HRBodies/HRCouncil/CoISyria/A_HRC_40_70.pdf, Zugriff 11.3.2019

Versöhnungsabkommen

Die sogenannten Versöhnungsabkommen sind Vereinbarungen, die ein Gebiet, das zuvor unter der Kontrolle einer oppositionellen Gruppierung stand, offiziell wieder unter die Kontrolle des Regimes bringen. Die Regierung bietet, meist nach schwerem Beschuss oder Belagerung, ein Versöhnungsabkommen an, das an verschiedene Bedingungen geknüpft ist. Diese Bedingungen unterscheiden sich von Abkommen zu Abkommen (BFA 8.2017). Zivilisten bzw. Kämpfer können in den Gebieten bleiben oder jene, die sich nicht den Bedingungen der Vereinbarung unterwerfen wollen, können mit ihren Familien nach Idlib oder in andere von der Opposition kontrollierte Gebiete evakuiert werden (FIS 14.12.2018). Die übrigen Personen können 6 Monate lang eine Amnestie nutzen und können sich in dieser Zeit stellen, um den Militärdienst abzuleisten (AA 13.11.2018, FIS 14.12.2018). Die Wehrpflicht war bisher meist ein zentraler Bestandteil der Versöhnungsabkommen (AA 13.11.2018). Manche Vereinbarungen besagen, dass Männer nicht an die Front geschickt werden, sondern stattdessen bei der örtlichen Polizei eingesetzt werden, oder dass sich Personen verpflichten müssen, der Regierung z. B. für Spionage zur Verfügung zu stehen (BFA 8.2017). Im Rahmen von Versöhnungsvereinbarungen gemachte Garantien der Regierung, gegenüber Individuen oder Gemeinschaften werden jedoch nicht eingehalten (EIP 6-2019; vgl. AA 13.11.2018, FIS 14.12.2018). Glaubhafte Berichte von Organisationen aus zuletzt zurückeroberten Gebieten wie Dara'a im südlichen Syrien und Ost-Ghouta nahe Damaskus sprechen von Verhaftungen sowie Zwangsrekrutierungen ehemaliger Oppositionskämpfer binnen kurzer Zeit (AA 13.11.2018). Berichten zufolge sind Personen in Gebieten, die erst vor kurzer Zeit durch die Regierung wiedererobert wurden, aus Angst vor Repressalien oft zurückhaltend über die Situation in diesen Gebieten zu berichten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-AA - Deutsches Auswärtiges Amt (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 10.12.2018

-BFA - BFA Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Syrien - mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak,

https://www.ecoi.net/file_upload/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 13.12.2018

-EIP - European Institute of Peace (6.2019): Refugee return in Syria: Dangers, security risks and information scarcity, https://www.fln.dk/-/media/FLN/Materiale/Baggrundsmateriale/2019/06/19/07/03/Syri1040.pdf, Zugriff 4.7.2019

-FIS - Finnish Immigration Service (14.12.2018): Syria: Fact-Finding Mission to Beirut and Damascus, April 2018, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Syria_Fact-finding+mission+to+Beirut+and+Damascus%2C+April+2018.pdf, Zugriff 1.2.2019

-USDOS - United States Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2004226.html, Zugriff 19.3.2019

Gebiete unter Regierungskontrolle inkl. Damaskus und Umland, Westsyrien

Seit Mai 2018 hat sich die allgemeine Sicherheitslage in den von der Regierung kontrollierten Gebieten Syriens, darunter finden sich auch die wichtigsten Städte wie Lattakia, Homs, Hama, Tartous und Damaskus, deutlich verbessert. Im Allgemeinen kam es im Vergleich mit den Zahlen vor Juli 2018 zu einem signifikanten Rückgang der militärischen Auseinandersetzungen und der sicherheitsrelevanten Vorfälle in von der Regierung kontrollierten Gebieten. Die Situation bleibt in einigen Gegenden jedoch angespannt, wie im Osten der Provinz Lattakia, im Westen der Provinz Aleppo und im Norden der Provinz Hama. In Bezug auf die Art der sicherheitsrelevanten Vorfälle gibt es Berichte von Beschuss, bewaffneten Zusammenstößen, Entführungen sowie Explosionen von Kampfmittelresten (DIS/DRC 2.2019).

Die Regierung besitzt nicht die nötigen Kapazitäten, um alle von ihr gehaltenen Gebiete auch tatsächlich zu kontrollieren. Daher greift die Regierung auf unterschiedliche Milizen zurück, um manche Gegenden und Checkpoints in Aleppo, Lattakia, Tartous, Hama, Homs und Deir ez-Zour zu kontrollieren. Es gibt auch Berichte, wonach es in einigen Gebieten zu Zusammenstößen sowohl zwischen den unterschiedlichen Pro-Regierungs-Milizen als auch zwischen diesen und Regierungstruppen gekommen ist (DIS/DRC 2.2019).

In den ersten Monaten des Jahres 2018 erlebte Ost-Ghouta, nahe der Hauptstadt Damaskus, die heftigste Angriffswelle der Regierung seit Beginn des Bürgerkrieges (Presse 1.4.2018). Mitte April 2018 wurde die Militäroffensive der syrischen Armee auf die Rebellenenklave von Seiten der russischen Behörden und der syrischen Streitkräfte für beendet erklärt (DS 15.4.2018; vgl. SD 12.4.2018). Ende Mai 2018 zogen sich die letzten Rebellen aus dem Großraum Damaskus zurück, wodurch die Hauptstadt und ihre Umgebung erstmals wieder in ihrer Gesamtheit unter der Kontrolle der Regierung standen (DSO 21.5.2018; vgl. ISW 1.6.2018). Seitdem hat sich die Sicherheitslage in Damaskus und Damaskus-Umland (Rif Dimashq) deutlich verbessert (DIS/DRC 2.2019). Im Januar kam es zu zwei Bombenanschlägen in Damaskus Stadt. Einem in der Nähe eines Büros des Militärischen Nachrichtendienstes im Süden mit mehreren Todesopfern, und einem mittels einer Autobombe in der Nähe der russischen Botschaft mit Verletzten (DIS/DRC 2.2019; vgl. TN 20.1.2019). Einer internationalen humanitären Organisation zufolge ist es weniger wahrscheinlich, dass Angriffe dieser Art in Damaskus (im Gegensatz zu anderen großen Städten) passieren, weil die Hauptstadt durch Sicherheitskräfte schwer bewacht ist (DIS/DRC 2.2019).

Seit 2012 führte Israel dutzende Luftschläge auf syrischem Staatsgebiet durch, hauptsächlich auf Orte oder Konvois in der Nähe der libanesischen Grenze, die mit Waffenlieferungen an die Hizbollah in Verbindung stehen (CRS 2.1.2019), bzw. generell auf iranische Ziele und Ziele mit dem Iran verbündeter Milizen (AJ 5.2.2019). Es soll etwa ein bis zweimal im Monat zu Angriffen der israelischen Luftwaffe auf Ziele in der Provinz Damaskus kommen (Jane's 14.1.2019). Bis Ende Januar 2019 äußerte sich die israelische Armee nicht oder nur selten und erst nach einiger Zeit über Spekulationen zu Luftangriffen auf syrischem Staatsgebiet, für die die israelische Armee verantwortlich sein soll. Ende Januar berichteten die israelischen Streitkräfte beinahe zeitgleich über einen Angriff auf iranische Ziele in Syrien (DS 21.1.2019). Laut dem pensionierten Generalstabsschef der israelischen Streitkräfte Gadi Eisenkot hätte Israel sogar tausende Luftangriffe durchgeführt. Seit 2017 soll es nahezu täglich zu israelischen Angriffen kommen. Im Jahr 2018 wurden demnach 2.000 Bomben abgeworfen (TNYT 11.1.2019). Syrischen Staatsmedien zufolge wurden Anfang Juli 2019, bei israelischen Luftangriffen nahe der Hauptstadt Damaskus und in der Provinz Homs, vier Zivilisten getötet und 21 Personen verletzt (DS 1.7.2019).

Quellen:

-AJ - Al Jazeera (5.2.2019): Iran warns Israel of ‚firm' response to air raids in Syria,

https://www.aljazeera.com/news/2019/02/iran-warns-israel-firm-response-air-strikes-syria-190205133522150.html, Zugriff 13.3.2019

-CRS - Congressional Research Service (2.1.2019): Armed Conflict in Syria: Overview and U.S. Response, https://fas.org/sgp/crs/mideast/RL33487.pdf, Zugriff 7.3.2019

-DIS/DRC - Danish Immigration Service / Danish Refugee Council (2.2019): Security Situation in Damascus Province and Issues Regarding Return to Syria,

https://nyidanmark.dk/-/media/Files/US/Landerapporter/Syrien_FFM_rapport_2019_Final_31012019.pdf?la=da&hash=A4D0089B4FB64FC6E812AF6240757FC0097849AC, Zugriff 27.2.2019

-DP - Die Presse (1.4.2018): Ost-Ghouta: Rebellen und Russen einigen sich über Abzug der Zivilisten, https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5398698/OstGhouta_Rebellen-und-Russen-einigen-sich-ueber-Abzug-der-Zivilisten, Zugriff 7.3.2019

-DS - Der Standard (15.4.2018): Syrische Armee verkündet Rückeroberung von Ost-Ghouta,

https://derstandard.at/2000077954344/Syrische-Armee-verkuendet-vollstaendige-Rueckeroberung-von-Ost-Ghouta, Zugriff 7.3.2019

-DS - Der Standard (21.1.2019): Israels fliegende Warnung an den Iran,

https://derstandard.at/2000096712048/Israel-gab-Luftangriffe-auf-iranische-Ziele-in-Syrien-bekannt, Zugriff 13.3.2019

-DS - Der Standard (1.7.2019): Syrische Zivilisten offenbar bei israelischen Luftangriffen getötet, https://www.derstandard.at/story/2000105707026/syrische-zivilisten-offenbar-bei-israelischen-luftangriffen-getoetet, Zugriff 4.7.2019

-DSO - Der Spiegel Online (21.5.2018): IS-Terroristen offenbar aus Großraum Damaskus abgezogen,

http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-letzte-is-terroristen-offenbar-aus-grossraum-damaskus-abgezogen-a- 1208822.html , Zugriff 7.3.2019

-ISW - Institute for the Study of War (1.6.2018): Syria Situation Report: May 2-29, 2018,

http://iswresearch.blogspot.com/2018/06/syria-situation-report-may-2-29-2018.html, Zugriff 7.3.2019

-Jane's 360 (14.1.2019): Despite security improvements, residual elevated risk of collateral damage at Damascus Airport, mainly from Israeli airstrikes,

https://www.janes.com/article/85685/despite-security-improvements-residual-elevated-risk-of-collateral-damage-at-damascus-airport-mainly-from-israeli-airstrikes, Zugriff 13.3.2019

-TN - The National (20.1.2019): Fatalities reported after 'huge explosion' in Damascus,

https://www.thenational.ae/world/mena/fatalities-reported-after-huge-explosion-in-damascus-1.815495, Zugriff 5.4.2019

-TNYT - The New York Times (11.1.2019): The Man Who Humbled Qassim Suleimani,

https://www.nytimes.com/2019/01/11/opinion/gadi-eisenkot-israel-iran-syria.html, Zugriff 13.3.2019

-SD - Syria Direct (12.4.2018): Russian authorities announce government in 'full control' of East Ghouta amidst continued evacuations,

http://syriadirect.org/news/russian-authorities-announce-government-in-%e2%80%9cfull-control%e2%80%9d-of-east-ghouta-amidst-continued-evacuations/, Zugriff 7.3.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Gebiete unter der Kontrolle des syrischen Regimes

Das Justizsystem Syriens besteht aus Zivil-, Straf-, Militär-, Sicherheits- und religiösen Gerichten sowie einem Kassationsgericht. Gerichte für Personenstandsangelegenheiten regeln das Familienrecht (SLJ 5.9.2016). 2012 wurde in Syrien ein Anti-Terror-Gericht (Counter Terrorism Court - CTC) eingerichtet. Dieses soll Verhandlungen aufgrund "terroristischer Taten" gegen Zivilisten und Militärpersonal führen, wobei die Definition von Terrorismus im entsprechenden Gesetz sehr weit gefasst ist (SJAC 9.2018). Verschiedene Organisationen kritisieren das Anti-Terror-Gericht (CTC) oder Militärgerichte wegen Mängeln bezüglich des fairen Verfahrens. Die Verhandlungen dauern angeblich oft nur wenige Minuten und enthielten als Beweise oft nur unter Folter erzwungene Geständnisse (USDOS 13.3.2019). Für die Militärgerichte gibt es keine Berufungsmöglichkeit und sie können die Bestellung eines Rechtsanwaltes verweigern (EIP 6.2019).

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, die Behörden üben auf die Gerichte jedoch oft politischen Einfluss aus. Staatsanwälte und Strafverteidiger sind oft Gegenstand von Einschüchterung und Misshandlung. Die Ergebnisse von Fällen mit politischem Kontext scheinen schon vorbestimmt zu sein. Das Recht auf ein öffentliches Verfahren ist in der Verfassung festgehalten, wird jedoch in der Praxis nicht respektiert. Regierungsbehörden verhafteten Zehntausende Menschen, u.a. Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, religiöse Führer sowie Mitarbeiter von NGOs, Hilfsorganisationen und medizinischen Einrichtungen ohne diesen Zugang zu einem fairen öffentlichen Verfahren zu garantieren. Berichten zufolge werden Verdächtige auch ohne Kontakt zur Außenwelt ("incommunicado") und für überlange Zeit festgehalten. Bei Vorwürfen, welche die nationale Sicherheit oder politische Vergehen betreffen, soll es häufig zu geheimen Verhaftungen kommen (USDOS 13.3.2019).

Das deutsche Auswärtige Amt beurteilte die Unabhängigkeit der syrischen Justiz bereits vor dem Aufstand als mangelhaft. Der Aufstand und der bewaffnete Konflikt in Syrien gehen mit massiver Repression, grassierender Korruption und einer Politisierung des Gerichtswesens durch die Regierung einher. Mittlerweile sind syrische Gerichte, ganz gleich ob Straf-, Zivil- oder Verwaltungsgerichtsbarkeit, korrupt, nicht unabhängig, und werden für politische Zwecke missbraucht. In keinem Teil Syriens gibt es Rechtssicherheit oder verlässlichen Schutz vor politischer Verfolgung, willkürlicher Verhaftung und Folter (AA 13.11.2018). Generell ist die Willkür in Syrien seit dem Ausbruch des Konfliktes gestiegen (FIS 14.12.2018).

Die Verwaltung, in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, arbeitet in Routineangelegenheiten mit einer gewissen Zuverlässigkeit, vor allem in Personenstandsangelegenheiten (AA 13.11.2018). Die religiösen Gerichte behandeln das Familien- und Personenstandsrecht und regeln Angelegenheiten wie Eheschließungen, Scheidungen, Erb- und Sorgerecht (IA 7.2017). Hierbei sind Scharia-Gerichte für sunnitische und schiitische Muslime zuständig. Drusen, Christen und Juden haben ihre eigenen gerichtlichen Strukturen. Für diese Gerichte gibt es auch eigene Berufungsgerichte (SLJ 5.9.2016). Manche Personenstandsgesetze wenden die Scharia unabhängig von der Religionszugehörigkeit der Beteiligten an (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-AA - Deutsches Auswärtiges Amt (13.11.2018): Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, https://www.ecoi.net/en/file/local/1451486/4598_1542722823_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-lage-in-der-arabischen-republik-syrien-stand-november-2018-13-11-2018.pdf, Zugriff 10.12.2018

-EIP - European Institute of Peace (6.2019): Refugee return in Syria: Dangers, security risks and information scarcity, https://www.fln.dk/-/media/FLN/Materiale/Baggrundsmateriale/2019/06/19/07/03/Syri1040.pdf, Zugriff 4.7.2019

-FIS - Finnish Immigration Service (14.12.2018): Syria: Fact-Finding Mission to Beirut and Damascus, April 2018, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Syria_Fact-finding+mission+to+Beirut+and+Damascus%2C+April+2018.pdf, Zugriff 1.2.2019

-IA - International Alert (7.2017): "Most of the Men want to leave":

Armed groups, displacement and the gendered webs of vulnerability in Syria,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Gender_VulnerabilitySyria_EN_2017.pdf, Zugriff 10.12.2018

-SJAC - The Syria Justice and Accountability Centre (9.2018): Return is a Dream - Options for Post-Conflict Property Restitution in Syria,

http://syriaaccountability.org/wp-content/uploads/Property-Restitution.pdf, Zugriff 13.2.2019

-SLJ - Syrian Law Journal (5.9.2016): An Overview of the Syrian Court System,

http://www.syrianlawjournal.com/index.php/overview-syrian-court-system/, Zugriff 10.12.2018

-USDOS - United States Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Syria, https://www.ecoi.net/en/document/2004226.html, Zugriff 19.3.2019

Sicherheitsbehörden und regierungstreue Milizen

Die Regierung hat zwar die effektive Kontrolle über die uniformierten Polizei-, Militär- und Staatssicherheitskräfte, nicht jedoch über ausländische und einheimische militärische oder paramilitärische Einheiten, z.B. russische Streitkräfte, Hisbollah, Islamische Revolutionsgarden und nicht uniformierte Milizen wie die National Defense Forces (NDF) (USDOS 13.3.2019). Der Präsident stützt seine Herrschaft auf die Loyalität der Streitkräfte sowie der militärischen und zivilen Geheimdienste. Die Befugnisse dieser Dienste, die von Verwandten oder engen Vertrauten des Präsidenten geleitet werden und sich auch gegenseitig kontrollieren, unterliegen keinen definierten Beschränkungen (AA 13.11.2018). Straflosigkeit unter den Sicherheitsbehörden bleibt ein weit verbreitetes Problem. Das Generalkommando der Armee und der Streitkräfte kann im Fall von Verbrechen von Militäroffizieren, Mitgliedern der internen Sicherheitskräfte oder Zollpolizeioffizieren im Rahmen ihrer beruflichen Pflichten, einen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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