Entscheidungsdatum
11.09.2019Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W113 2206926-1/10E
Schriftliche Ausfertigung des am 25.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. DAVID über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. AFGHANISTAN, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2018, Zl. 1103641308-160142492, nach am heutigen Tage durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die im Spruch genannte Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), eine Staatsangehörige Afghanistans, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 28.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die BF reiste gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem damals noch minderjährigen Bruder in Österreich ein; der Vater war 5 Monate zuvor nach Österreich gekommen und zwei weitere volljährige Brüder sind seit einigen Jahren in Österreich.
2. In der Erstbefragung der BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion am 28.01.2016 verwies diese zum Fluchtgrund befragt auf die Fluchtgründe des Vaters, der in Afghanistan Feinde hätte.
3. In der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 02.10.2017 gab die BF ergänzend an, an das Leben in Afghanistan könne sie sich nicht mehr so erinnern, da sie als Kind in den Iran ausgereist sei. In Österreich lerne sie Deutsch und wolle Zahnärztin werden.
4. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge belangte Behörde oder BFA) abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde der Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und in Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel nicht erteilt. Im Weiteren wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen.
Begründend führte die Behörde zu Spruchpunkt I. aus, die BF hätte keine persönliche Bedrohung oder Verfolgung vorgebracht und glaubhaft gemacht, sodass ihr der Status als Asylberechtige nicht zuerkannt werden könne.
5. Mit Verfahrensanordnungen wurde der BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
6. Gegen diesen Bescheide erhob die BF Beschwerde in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigte (Spruchpunkte I.) und gegen die übrigen Spruchpunkte.
Begründend wird auf das Wesentlichste zusammengefasst ausgeführt, es liege eine asylrelevante Verfolgungsgefahr wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe der westlich orientierten Frau vor, da sie den Lebensstil einer westlichen Frau lebe.
7. Die Beschwerden und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 25.07.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der die BF, die im Spruch genannte Rechtsvertretung und das BFA teilnahmen. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde die BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Dari zu ihrer Identität und Herkunft, zu den persönlichen Lebensumständen, zu ihrem Gesundheitszustand, ihren Familienangehörigen, ihren Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen sowie zu ihrem Privat- und Familienleben in Österreich ausführlich befragt.
Als Beilage zur Niederschrift wurde ein Konvolut an Integrationsunterlagen sowie das Verhandlungsprotokoll des BVwG vom gleichen Tag betreffend die Anträge auf internationalen Schutz der Mutter, des Vaters sowie eines Bruders genommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
-
Einsicht in die die BF betreffenden und dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakte des BFA, insbesondere in die Befragungsprotokolle;
-
Befragung der BF im Rahmen einer öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG sowie Einsicht in das Verhandlungsprotokoll betreffend die Beschwerdeverfahren des Vaters, der Mutter und eines Bruders;
-
Einsicht in die in das Verfahren eingeführten Länderberichte zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat und in die von der BF vorgelegten Unterlagen;
-
Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.
1. Feststellungen
Zur Person der BF
Die BF hat den im Spruch genannten Namen und Geburtsdatum. Sie ist afghanische Staatsangehörige, stammt aus der Provinz Kapisa und ist Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken. Sie bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Ihre Muttersprache ist Dari.
Die BF ist ledig und hat keine Kinder. Sie ist mit ihrer Familie in den Iran ausgewandert, als sie ein Kind war. Sie reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 28.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Die BF besuchte weder in Afghanistan noch im Iran eine Schule. Im Iran hat sie im Haushalt geholfen, anderen Beschäftigungen ging sie nicht nach.
In Österreich besucht die BF die Schule. Im Zeitraum vom 03.10.2016 bis 29.06.2019 besuchte sie das Jugendcollege (Start Wien). Sie bestand am 06.12.2018 die Integrationsprüfung, in deren Rahmen sie Deutschkenntnisse auf A2-Niveau vorweisen kann; einen B1-Kurs hatte sie zum Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlung bereits besucht und zeigten sich auch in der Verhandlung ihre sehr guten Deutschkenntnisse.
Sie arbeitet daran ihren Pflichtschulabschluss zu erlangen und plant zunächst Kindergärtnerin zu werden. Ihr Berufswunsch ist Zahnärztin und sie ist sich dessen bewusst, dass dafür eine gute Ausbildung Grundvoraussetzung ist.
Für ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein der 24-jährigen BF spricht, dass sie in Österreich viele Freunde hat, sie alleine einkaufen geht, gerne shoppen geht und sich mit Freundinnen an der Donau trifft, bei denen sie gelegentlich übernachtet. Regelmäßig macht sie mit Mitgliedern der Zeugen Jehovas ein Picknick zu dem auch ihr jüngerer Bruder mitkommt. Sie fährt viel mit dem Fahrrad und konzentriert sich im Wesentlichen auf das Lernen.
Trotz ihres Alters pflegt sie außerhalb der Schule keine Männerbekanntschaften und trägt ein Kopftuch, allerdings sehr locker gebunden. Ihr Kleidungsstil (in der Beschwerdeverhandlung mit roter Bluse, schwarzen Leggins und Sneakers) kann als modern, aber auch nicht besonders westlich geprägt bezeichnet werden. Den Vorschlag ihrer Mutter, endlich zu heiraten konnte sie erfolgreich ablehnen. Sie ist überzeugt davon, im Iran längst verheiratet worden zu sein.
Auch äußert sie ihre persönliche Meinung im Zuge von Gesprächen sehr eloquent und vermittelt sie den Eindruck einer selbstbestimmten und selbstbewussten jungen Frau, die sich ihrer Rechte als Frau bewusst ist. Sie hat insgesamt seit ihrer Einreise in Österreich eine Wertehaltung eingenommen und eine Lebensweise ausreichend verinnerlicht, welche sie so in Afghanistan nicht mehr fortsetzen könnte und ihr eine Anpassung auch nicht mehr zumutbar ist.
Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
Zum Fluchtgrund des Vaters, auf den sich die BF in ihren bisherigen Einvernahmen bezog, wurde die Beschwerde aus diesem Grund ausdrücklich nicht aufrechterhalten, da auch die Eltern in ihrer Verhandlung am gleichen Tag darauf verzichteten.
Zur allgemeinen Lage der Frauen in Afghanistan (LIB, S. 328)
Die Lage der afghanischen Frauen hat sich in den letzten 15 Jahren zwar insgesamt ein wenig verbessert, jedoch nicht so sehr wie erhofft. Wenngleich es in den unterschiedlichen Bereichen viele Fortschritte gab, bedarf die Lage afghanischer Frauen spezieller Beachtung. Die afghanische Regierung ist bemüht, die Errungenschaften der letzten eineinhalb Jahrzehnte zu verfestigen - eine Institutionalisierung der Gleichberechtigung von Frauen in Afghanistan wird als wichtig für Stabilität und Entwicklung betrachtet. In einigen Bereichen hat der Fortschritt für Frauen stagniert, was Großteils aus der Talibanzeit stammenden, unnachgiebigen konservativen Einstellungen ihnen gegenüber geschuldet ist. Viel hat sich seit dem Ende des Talibanregimes geändert: Frauen haben das verfassungsgemäße Recht an politischen Vorgängen teilzunehmen, sie streben nach Bildung und viele gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Art. 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligungen oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der Umsetzung dieser Rechte. Auch kann sich die konkrete Situation von Frauen je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden.
Zu den Bildungsmöglichkeiten für Frauen in Afghanistan (LIB S. 328-329)
Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt. Laut Verfassung haben alle afghanischen Staatsbürger/innen das Recht auf Bildung. Öffentliche Kindergärten und Schulen sind bis zur Hochschulebene kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten sind kostenpflichtig. Aufgeschlossene und gebildete Afghanen, welche die finanziellen Mittel haben, schicken ihre Familien ins Ausland, damit sie dort leben und eine Ausbildung genießen können (z.B. in die Türkei); während die Familienväter oftmals in Afghanistan zurückbleiben.
Eine der Herausforderungen für alle in Afghanistan tätigen Organisationen ist der Zugang zu jenen Gegenden, die außerhalb der Reichweite öffentlicher Bildung liegen. Der Bildungsstand der Kinder in solchen Gegenden ist unbekannt und Regierungsprogramme sind für sie unzugänglich; speziell, wenn die einzigen verfügbaren Bildungsstätten Madrassen sind. In den Jahren 2016 und 2017 wurden durch den United Nations Children's Fund (UNICEF) mit Unterstützung der United States Agency for International Development (USAID) landesweit 4.055 Dorfschulen errichtet - damit kann die Bildung von mehr als 119.000 Kindern in ländlichen Gebieten sichergestellt werden, darunter mehr als 58.000 Mädchen. Weitere 2.437 Ausbildungszentren in Afghanistan wurden mit Unterstützung von USAID errichtet, etwa für Personen, die ihre Ausbildung in frühen Bildungsjahren unterbrechen mussten. Mehr als 49.000 Student/innen sind in diesen Ausbildungszentren eingeschrieben (davon mehr als 23.000 Mädchen). USAID hat mehr als 154.000 Lehrer ausgebildet (davon mehr als 54.000 Lehrerinnen) sowie 17.000 Schuldirektoren bzw. Schulverwalter (mehr als 3.000 davon Frauen).
Sowohl Männer als auch Frauen schließen Hochschulstudien ab - derzeit sind etwa 300.000 Student/innen an afghanischen Hochschulen eingeschrieben - darunter 100.000 Frauen. Dem afghanischen Statistikbüro (CSO) zufolge gab es im Zeitraum 2016-2017 in den landesweit 16.049 Schulen, insgesamt 8.868.122 Schüler, davon waren
3.418.877 weiblich. Diese Zahlen beziehen sich auf Schüler/innen der Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren sowie Religionsschulen. Im Vergleich mit den Zahlen aus dem Zeitraum 2015-2016 hat sich die Anzahl der Studentinnen um 5,8% verringert. Die Gesamtzahl der Lehrer für den Zeitraum 2016-2017 betrug 197.160, davon waren 64.271 Frauen. Insgesamt existieren neun medizinische Fakultäten, an diesen sind 342.043 Studierende eingeschrieben, davon 77.909 weiblich. Verglichen mit dem Zeitraum 2015-2016 hat sich die Anzahl der Frauen um 18.7% erhöht.
Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. Im Jahr 2017 wurde ein Programm ins Leben gerufen, bei dem 70 Mädchen aus Waisenhäusern in Afghanistan, die Gelegenheit bekommen ihre höhere Bildung an der Moraa Universität genießen zu können. Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies". Im Jahr 2017 haben die ersten Absolvent/innen des Masterprogramms den Lehrgang abgeschlossen: 15 Frauen und sieben Männer, haben sich in ihrem Studium zu Aspekten der Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte ausbilden lassen; dazu zählen Bereiche wie der Rechtsschutz, die Rolle von Frauen bei der Armutsbekämpfung, Konfliktschlichtung etc.
Zur Berufstätigkeit von Frauen in Afghanistan (LIB S. 330-332)
Berufstätige Frauen sind oft Ziel von sexueller Belästigung durch ihre männlichen Kollegen. Die Akzeptanz der Berufstätigkeit von Frauen variiert je nach Region und ethnischer bzw. Stammeszugehörigkeit. Aus einer Umfrage der Asia Foundation (AF) aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass die Akzeptanz der Berufstätigkeit von Frauen außerhalb des Hauses unter den Hazara 82,5% beträgt und am höchsten ist. Es folgen die Usbeken (77,2%), die Tadschiken (75,5%) und die Paschtunen (63,4%). In der zentralen Region bzw. Hazarajat tragen 52,6% der Frauen zum Haushaltseinkommen bei, während es im Südwesten nur 12% sind. Insgesamt sind 72,4% der befragten Afghanen und Afghaninnen der Meinung, dass Frauen außerhalb ihres Hauses arbeiten sollen. Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig erhöht und betrug im Jahr 2016 19%. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung.
Nichtsdestotrotz arbeiten viele afghanische Frauen grundlegend an der Veränderung patriarchaler Einstellungen mit. Viele von ihnen partizipieren an der afghanischen Zivilgesellschaft oder arbeiten im Dienstleistungssektor. Aber noch immer halten soziale und wirtschaftliche Hindernisse (Unsicherheit, hartnäckige soziale Normen, Analphabetismus, fehlende Arbeitsmöglichkeiten und mangelnder Zugang zu Märkten) viele afghanische Frauen davon ab, ihr volles Potential auszuschöpfen.
Die Einstellung gegenüber der Berufstätigkeit von Frauen hat sich in Afghanistan in den letzten Jahren geändert; dies hängt auch mit den NGOs und den privaten Firmen zusammen, die in Afghanistan aktiv sind. Die städtische Bevölkerung hat kaum ein Problem mit der Berufstätigkeit ihrer Ehefrauen oder Töchter. Davor war der Widerstand gegen arbeitende Frauen groß und wurde damit begründet, dass ein Arbeitsplatz ein schlechtes Umfeld für Frauen darstelle, etc. In den meisten ländlichen Gemeinschaften sind konservative Einstellungen nach wie vor präsent und afghanische Frauen sehen sich immer noch Hindernissen ausgesetzt, wenn es um Arbeit außerhalb ihres Heimes geht. Im ländlichen Afghanistan gehen viele Frauen, aus Furcht vor sozialer Ächtung, keiner Arbeit außerhalb des Hauses nach.
Das Gesetz sieht zwar die Gleichstellung von Mann und Frau im Beruf vor, jedoch beinhaltet es keine egalitären Zahlungsvorschriften bei gleicher Arbeit. Das Gesetz kriminalisiert Eingriffe in das Recht auf Arbeit der Frauen; dennoch werden diese beim Zugang zu Beschäftigung und Anstellungsbedingungen diskriminiert. Dennoch hat in Afghanistan aufgrund vieler Sensibilisierungsprogramme sowie Projekte zu Kapazitätsaufbau und Geschlechtergleichheit ein landesweiter Wandel stattgefunden, wie Frauen ihre Rolle in- und außerhalb des Hauses sehen. Immer mehr Frauen werden sich ihrer Möglichkeiten und Chancen bewusst. Sie beginnen auch wirtschaftliche Macht zu erlangen, indem eine wachsende Zahl Teil der Erwerbsbevölkerung wird - in den Städten mehr als in den ländlichen Gebieten. Frauen als Ernährerinnen mit Verantwortung für die gesamte Familie während ihr Mann arbeitslos ist, sind keine Seltenheit mehr. Mittlerweile existieren in Afghanistan oft mehr Arbeitsmöglichkeiten für Frauen als für Männer, da Arbeitsstellen für letztere oftmals schon besetzt sind. In und um Kabul eröffnen laufend neue Restaurants, die entweder von Frauen geführt werden oder in ihrem Besitz sind. Der Dienstleistungssektor ist zwar von Männern dominiert, dennoch arbeitet eine kleine, aber nicht unwesentliche Anzahl afghanischer Frauen in diesem Sektor und erledigt damit Arbeiten, die bis vor zehn Jahren für Frauen noch als unangebracht angesehen wurden (und teilweise heute noch werden). Auch soll die Anzahl der Mitarbeiterinnen im Finanzsektor erhöht werden. In Kabul zum Beispiel eröffnete im Sommer 2017 eine Filiale der First MicroFinance Bank, Afghanistan (FMFB-A), die nur für Frauen gedacht ist und nur von diesen betrieben wird. Diese Initiative soll es Frauen ermöglichen, ihre Finanzen in einer sicheren und fördernden Umgebung zu verwalten, um soziale und kulturelle Hindernisse, die ihrem wirtschaftlichen Empowerment im Wege stehen, zu überwinden. Geplant sind zwei weitere Filialen in Mazar-e Sharif bis 2019. In Kabul gibt es eine weitere Bank, die - ausschließlich von Frauen betrieben - hauptsächlich für Frauen da ist und in deren Filiale sogar ein eigener Spielbereich für Kinder eingerichtet wurde.
Eine Position in der Öffentlichkeit ist für Frauen in Afghanistan noch immer keine Selbstverständlichkeit. Dass etwa der afghanische Präsident dies seiner Ehefrau zugesteht, ist Zeichen des Fortschritts. Frauen in öffentlichen bzw. semi-öffentlichen Positionen sehen sich deshalb durchaus in einer gewissen Vorbildfunktion. So polarisiert die Talent-Show "Afghan Star" zwar einerseits das Land wegen ihrer weiblichen Teilnehmer und für viele Familien ist es inakzeptabel, ihre Töchter vor den Augen der Öffentlichkeit singen oder tanzen zu lassen. Dennoch gehört die Sendung zu den populärsten des Landes.
Politische Partizipation und Öffentlichkeit (LIB S. 332-333)
Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt. Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Das per Präsidialdekret erlassene Wahlgesetz sieht eine Frauenquote von min. 25% in den Provinzräten vor. Zudem sind min. zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Indpendent Electoral Commission, IEC) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung veröffentlichte im Jänner 2018 einen Strategieplan zur Erhöhung des Frauenanteils im öffentlichen Dienst um 2% für das Jahr 2018. Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden. Im Winter 2017 wurde mit Khojesta Fana Ebrahimkhel eine weitere Frau zur afghanischen Botschafterin (in Österreich) ernannt. Dennoch sehen sich Frauen, die in Regierungspositionen und in der Politik aktiv sind, weiterhin mit Bedrohungen und Gewalt konfrontiert und sind Ziele von Angriffen der Taliban und anderer aufständischer Gruppen.
Traditionelle gesellschaftliche Praktiken schränken die Teilnahme der Frauen am politischen Geschehen und Aktivitäten außerhalb des Hauses und der Gemeinschaft weiterhin ein. Der Bedarf einer männlichen Begleitung bzw. einer Arbeitserlaubnis ist weiterhin gängig. Diese Faktoren sowie ein Mangel an Bildung und Arbeitserfahrung haben wahrscheinlich zu einer männlich dominierten Zusammensetzung der Zentralregierung beigetragen.
Strafverfolgung und rechtliche Unterstützung (LIB S. 333-334)
Afghanistan verpflichtet sich in seiner Verfassung durch die Ratifizierung internationaler Konventionen und durch nationale Gesetze, die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen zu achten und zu stärken. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der praktischen Umsetzung dieser Rechte. Viele Frauen sind sich ihrer in der Verfassung garantierten und auch gewisser vom Islam vorgegebener, Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern oder traditionellen Stammesstrukturen bestimmt wird, nur in eingeschränktem Maße möglich. Staatliche Akteure aller drei Gewalten sind häufig nicht in der Lage oder auf Grund tradierter Wertevorstellungen nicht gewillt, Frauenrechte zu schützen. Gesetze zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Frauen werden nur langsam umgesetzt. Das Personenstandsgesetz enthält diskriminierende Vorschriften für Frauen, insbesondere in Bezug auf Heirat, Erbschaft und Beschränkung der Bewegungsfreiheit.
Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte, sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z.B. im Erbrecht, nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen. Andere Frauen, die nicht zu ihren Familien zurückkehren können, erhalten in einigen Fällen Unterstützung vom Ministerium für Frauenangelegenheiten und Nichtregierungsinstitutionen, indem Ehen für diese arrangiert werden. Eine erhöhte Sensibilisierung seitens der afghanischen Polizei und Justiz führt zu einer sich langsam, aber stetig verbessernden Lage der Frauen in Afghanistan. Insbesondere die Schaffung von auf Frauen spezialisierte Staatsanwaltschaften in einigen Provinzen hatte positive Auswirkungen. Um Frauen und Kindern, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden, beizustehen, hat das Innenministerium (MoI) landesweit Family Response Units (FRU) eingerichtet. Die FRU sind mit Fachleuten wie Psychologen und Sozialarbeitern besetzt, welche die Opfer befragen und aufklären und ihre physische sowie psychische medizinische Behandlung nachverfolgen. Im Jahr 2017 existierten 208 FRU im Land.
Das Law on Elimination of Violence against Women (EVAW-Gesetz) wurde durch ein Präsidialdekret im Jahr 2009 eingeführt und ist eine wichtige Grundlage für den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen - inklusive der weit verbreiteten häuslichen Gewalt. Das EVAW-Gesetz ist nach wie vor in seiner Form als eigenständiges Gesetz gültig; und bietet rechtlichen Schutz für Frauen.
Das EVAW-Gesetz definiert fünf schwere Straftaten gegen Frauen:
Vergewaltigung, Zwangsprostitution, die Bekanntgabe der Identität eines Opfers, Verbrennung oder Verwendung von chemischen Substanzen und erzwungene Selbstverbrennung oder erzwungener Selbstmord. Dem EVAW-Gesetz zufolge muss der Staat genannte Verbrechen untersuchen und verfolgen, auch, wenn die Frau die Beschwerde nicht einreichen kann bzw. diese zurückzieht. Dieselben Taten werden auch im neuen afghanischen Strafgesetzbuch kriminalisiert. Das EVAW-Gesetz wird jedoch weiterhin nur unzureichend umgesetzt. Frauen können sich grundsätzlich, abgesehen von großen Städten wie Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif nicht ohne einen männlichen Begleiter in der Öffentlichkeit bewegen. Es gelten strenge soziale Anforderungen an ihr äußeres Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, deren Einhaltung sie jedoch nicht zuverlässig vor sexueller Belästigung schützt.
Frauenhäuser (LIB S. 334-335)
Nichtregierungsorganisation in Afghanistan betreiben etwa 40 Frauenhäuser, zu denen auch Rechtsschutzbüros und andere Einrichtungen für Frauen, die vor Gewalt fliehen, zählen. Alle Einrichtungen sind auf Spenden internationaler Gruppen angewiesen - diese Einrichtungen werden zwar im Einklang mit dem afghanischen Gesetz betrieben, stehen aber im Widerspruch zur patriarchalen Kultur in Afghanistan. Oftmals versuchen Väter ihre Töchter aus den Frauenhäusern zu holen und sie in Beziehungen zurückzudrängen, aus denen sie geflohen sind, oder Ehen mit älteren Männern oder den Vergewaltigern zu arrangieren. Die EVAW-Institutionen und andere Einrichtungen, die Gewaltmeldungen annehmen und für die Schlichtung zuständig sind, bringen die Gewaltopfer während des Verfahrens oft in Schutzhäuser (z.B. Frauenhäuser).
Weibliche Opfer von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung oder Zwangsehe sind meist auf Schutzmöglichkeiten außerhalb der Familie angewiesen, da die Familie oft für die Notlage (mit-)verantwortlich ist. Landesweit gibt es in den großen Städten Frauenhäuser, deren Angebot sehr oft in Anspruch genommen wird. Manche Frauen finden vorübergehend Zuflucht, andere wiederum verbringen dort viele Jahre. Die Frauenhäuser sind in der afghanischen Gesellschaft höchst umstritten, da immer wieder Gerüchte gestreut werden, diese Häuser seien Orte für unmoralische Handlungen und die Frauen in Wahrheit Prostituierte. Sind Frauen erst einmal im Frauenhaus untergekommen, ist es für sie sehr schwer, danach wieder in ein Leben außerhalb zurückzufinden. Das Schicksal von Frauen, die auf Dauer weder zu ihren Familien noch zu ihren Ehemännern zurückkehren können, ist bisher ohne Perspektive. Für diese erste "Generation" von Frauen, die sich seit Ende der Taliban-Herrschaft in den Schutzeinrichtungen eingefunden haben, hat man in Afghanistan bisher keine Lösung gefunden. Generell ist in Afghanistan das Prinzip eines individuellen Lebens weitgehend unbekannt. Auch unverheiratete Erwachsene leben in der Regel im Familienverband. Für Frauen ist ein alleinstehendes Leben außerhalb des Familienverbandes kaum möglich und wird gemeinhin als unvorstellbar oder gänzlich unbekannt beschrieben. Die EVAW-Institutionen konsultieren in der Regel die Familie und das Opfer, bevor sie es in ein Frauenhaus bringen.
Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung (LIB S. 335-336)
Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet und kaum dokumentiert. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzung und Misshandlung über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigung und Mord. Zu geschlechtsspezifischer und sexueller Gewalt zählen außerdem noch die Praxis der badal-Hochzeiten (Frauen und Mädchen, die im Rahmen von Heiratsabmachungen zwischen Familien getauscht werden, Anm.) bzw. des ba'ad (Mädchen, die zur Konfliktlösung abgegeben werden, Anm.) Dem Bericht der AIHRC zufolge wurden für das Jahr 2017 4.340 Fälle von Gewalt gegen Frauen registriert. Die Anzahl der gemeldeten Gewaltvorfälle und der Gewaltopfer steigt.
Soziale Medien in Afghanistan haben Frauen und Mädchen neue Möglichkeiten eröffnet, um ihr Schicksal zu teilen. In den Medien ist der Kampf afghanischer Frauen, Mädchen und Buben gegen geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt in all ihren Formen tiefgründig dokumentiert. Die afghanische Regierung hat anerkannt, dass geschlechtsspezifische Gewalt ein Problem ist und eliminiert werden muss. Das soll mit Mitteln der Rechtsstaatlichkeit und angemessenen Vollzugsmechanismen geschehen. Zu diesen zählen das in Afghanistan eingeführte EVAW-Gesetz zur Eliminierung von Gewalt an Frauen, die Errichtung der EVAW-Kommission auf nationaler und lokaler Ebene und die EVAW-Strafverfolgungseinheiten. Auch wurden Schutzzentren für Frauen errichtet und die Rekrutierung von Frauen in der Polizei verstärkt. Mittlerweile existieren für Frauen 205 Spezialeinsatzeinheiten, die hauptsächlich von weiblichen Mitarbeiterinnen der afghanischen Nationalpolizei geleitet werden.
Familienplanung und Verhütung sowie Ehrenmorde (LIB S. 336-337)
Das Recht auf Familienplanung wird von wenigen Frauen genutzt. Auch wenn der weit überwiegende Teil der afghanischen Frauen Kenntnisse über Verhütungsmethoden hat, nutzen nur etwa 22% (überwiegend in den Städten und gebildeteren Schichten) die entsprechenden Möglichkeiten. Ohne Diskriminierung, Gewalt und Nötigung durch die Regierung steht es Paaren frei, ihren Kinderwunsch nach ihrem Zeitplan, Anzahl der Kinder usw. zu verwirklichen.
Es sind u.a. die Familie und die Gemeinschaft, die Druck auf Paare zur Reproduktion ausüben. Auch existieren keine Berichte zu Zwangsabtreibungen, unfreiwilliger Sterilisation oder anderen zwangsverabreichten Verhütungsmitteln zur Geburtenkontrolle. Viele Frauen gebären Kinder bereits in sehr jungem Alter.
Orale Empfängnisverhütungsmittel, Intrauterinpessare, injizierbare Verhütungsmethoden und Kondome sind erhältlich; diese werden kostenfrei in öffentlichen Gesundheitskliniken und zu subventionierten Preisen in Privatkliniken und durch Community Health Workers (CHW) zur Verfügung gestellt.
Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt und kommen auch weiterhin vor. Laut AIHRC waren von 277 Mordfällen an Frauen im Jahr 2017 136 Ehrenmorde. Afghanische Expert/innen sind der Meinung, dass die Zahl der Mordfälle an Frauen und Mädchen viel höher ist, da sie normalerweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Grund dafür ist das Misstrauen eines Großteils der afghanischen Bevölkerung in das juristische System.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Feststellungen zur Identität, zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zur Muttersprache der BF traf bereits das BFA aufgrund der Angaben der BF. Diese werden in der Beschwerde nicht bestritten und konnten daher auch der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden.
Zur Person der Beschwerdeführerin und ihrem Fluchtgrund
Die Angaben der persönlichen Verhältnisse der BF ergeben sich aus dem Akt und insbesondere auch aus der persönlichen Einvernahmen der BF vor dem BVwG am 25.07.2019 und vor der belangten Behörde. Das Vorbringen der BF hinsichtlich ihrer Lebensumstände sind für das erkennende Gericht glaubhaft und nachvollziehbar und, insoweit es die Feststellungen zu deren Leben in Österreich betrifft, auch durch die von der BF im Laufe des Verfahrens vorgelegten Integrationsunterlagen belegt.
Die Feststellungen zum Fluchtgrund der westlichen Orientierung basieren ganz überwiegenden aus dem persönlichen Eindruck, den die BF in der Beschwerdeverhandlung am 25.07.2019 hinterlassen hat.
Die Feststellungen bezüglich der Sprachkenntnisse der BF und ihrer bisher erlangten Bildung ergaben sich insbesondere aus der Beschwerdeverhandlung und den dort zur Verhandlungsschrift genommenen Unterlagen. Ihre sehr guten Deutschkenntnisse konnte sie in der Verhandlung auch unter Beweis stellen. Am Beginn der Vernehmung antwortete die BF ohne Aufforderung mehrmals in Deutsch (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 3-4). Nach der Aufforderung auf Deutsch zu antworten, tat sie die grammatikalisch fast einwandfrei (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 6-7). Auch danach beantwortete sie Fragen immer wieder in Deutsch (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 7-10) und ergab sich damit der persönliche Eindruck, dass sie diese Sprache schon gut verinnerlicht hat.
Die Feststellungen dazu, dass es sich bei der BF um eine selbstbewusste Frau handelt, die sich ihrer Rechte als Frau bewusst ist, ergaben sich ebenso aus dem Eindruck, den die BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung hinterlassen hat. Trotzdem eine Beschwerdeverhandlung betreffend ihre Familienmitglieder direkt vor ihrer Beschwerdeverhandlung stattfand (Mutter, Vater und jüngerer Bruder), erschien die 24-jährige BF in ihrer Beschwerdeverhandlung lediglich in Begleitung ihrer Rechtsvertretung und ohne Begleitung ihrer Familienmitglieder (dies ergibt sich aus der Verhandlungsschrift und den Beilagen).
Sie vermittelte glaubhaft den Eindruck, dass sie sich ihrer Rechte als Frau bewusst ist und strebt nach einer Ausbildung um später berufstätig sein zu können. Ihr Selbstbewusstsein und ihre Eigenständigkeit zeigten sich nicht nur in den eloquenten Antworten der BF, wie sich dies aus der gesamten Verhandlungsschrift vom 25.07.2019 ergibt, sondern auch aus dem Wissen, über das die BF beispielsweise über die finanzielle Situation der Familie (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 8: Wir bekommen Grundversorgung von der Caritas. Ich habe ein eigenes Bankkonto und mein Geld wird auf mein Konto überwiesen. Mein jüngerer Bruder bekommt sein Geld auf sein eigenes Bankkonto überwiesen. Das Geld für meine Eltern wird auf das Bankkonto meiner Mutter überwiesen. Mein Vater ist der Einzige, der noch kein Bankkonto hat. Das Geld wird zwar auf unsere Konten überwiesen, aber wir kommen gemeinsam für alle Kosten zu Hause auf. Wir bezahlen gemeinsam die Miete, die Stromkosten, aber auch den Einkauf für zu Hause. Wir bekommen unser Geld alle zwei Monate ausbezahlt. Monatlich kommen wir auf 365 Euro, aber überwiesen wird alle zwei Monate 730 Euro.) oder die realistische Einschätzung ihres Bildungsweges (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 7: [...] Als ich nach Österreich gekommen bin, hatte ich in den ersten 9 Monaten keinen Deutschkurs, aber nach 9 Monaten haben die Kurse begonnen und ich habe diese ohne Unterbrechung bis zum vorigen Monat besucht. Vormittags hatte ich jeden Tag die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik und nachmittags wurde Farsi unterrichtet. Überdies habe ich auch mit Nachhilfelehrern gelernt. [...] Als Kind wollte ich einmal Zahnärztin werden, aber zuerst brauche ich eine Base. Ich möchte den Pflichtschulabschluss machen und vielleicht eine Ausbildung als Kindergärtnerin.) verfügt.
Auf die Frage, was für sie der größte Unterschied zwischen ihrem Leben in Österreich und dem das sie zuvor führte, war, gab sie an:
Der größte Unterschied zu meinem Leben im Iran ist, dass ich als Analphabetin nach Österreich gekommen bin und mir Deutsch, Englisch und ein Allgemeinwissen angeeignet habe. Im Iran war ich nur Hausfrau und wäre es für immer geblieben, wenn ich den Iran nicht verlassen und nicht nach Europa gekommen wäre. Hier habe ich die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen und zu arbeiten. Ein weiterer großer Unterschied für mich ist, dass ich in Österreich nachdem meine Mutter gesagt hat, dass ich heiraten soll, frei darüber entscheiden konnte, ob ich jetzt heiraten möchte oder nicht. Wenn ich aber im Iran oder in Afghanistan gewesen wäre, wäre ich schon längst verheiratet. Ich bin nämlich schon 24 Jahre alt. Ich bin froh, dass ich in Österreich bin. Hier konnte ich die Angebote meiner Mutter ablehnen und über mein Leben selber bestimmen. [...] Vielleicht wären meine Eltern in die Situation gekommen, in der sie auch gezwungen wären, mich mit jemandem zu verheiraten. In Österreich kann das aber nicht passieren, weil ich mich bei der Polizei über sie beschweren würde. Aus Angst vor der Polizei, aber auch, weil sie mit der Zeit viele Dinge gesehen und gelernt haben, würden sie in Österreich nicht auf die Idee kommen, mich zwangs zu verheiraten. (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 5). Damit ließ die BF erkennen, dass sie bereits gegen die Versuche der Eltern, sie zu verheiraten, aufgetreten ist und sich erfolgreich dagegen zur Wehr gesetzt hat. Sie wählte auch nicht den Weg einer Heirat, trotzdem sie bereits 24 Jahre alt war - was in muslimisch geprägten Ländern als längst "heiratsüberfällig" gilt, vgl. Länderfeststellungen oben - sondern ist bestrebt, eine Ausbildung zu erlangen um sich eine auch wirtschaftliche Unabhängigkeit zu verschaffen.
Zudem erwies sich für das Gericht als entscheidungswesentlich, wie sich aus der rechtlichen Würdigung ergibt, dass die BF als Kind in den Iran verzogen ist und die in Afghanistan vorherrschenden sozialen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Werte, insbesondere, was die Stellung der Frau in Afghanistan betrifft, nicht gewöhnt ist und ihr eine derartige Anpassung auch nicht mehr zumutbar wäre. Dass die BF einen großen Teil ihrer Kindheit und die Anfänge als Erwachsene im Iran verbrachte, ergibt sich aus ihren glaubwürdigen Angaben dazu (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 4-5; Niederschrift des BFA vom 02.10.2017, S. 3).
Die Feststellung, dass die BF ein locker gebundenes Kopftuch trägt und sich nicht betont westlich kleidet, ergab sich aus der mündlichen Beschwerdeverhandlung und den glaubwürdigen Aussagen der BF. Sie gab überzeugend an, dass sie das Kopftuch nicht so streng wie eine echte Muslima trägt und, dass sie es aus reiner Gewohnheit mache und auch selber darüber entscheiden kann, ob sie es tragen möchte oder nicht (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 8-9). Die weiteren Feststellungen zu ihren Bekanntschaften und Freundschaften, die sie in Österreich pflegt, ergeben sich ebenso aus ihren Angaben in der Verhandlung (vgl. Verhandlungsschrift vom 25.07.2019, S. 6-9).
Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit der BF beruht auf dem vom BVwG eingeholten Auszug aus dem Strafregister.
Zu den Länderfeststellungen
Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen, zusammengefasst im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018.
Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen bestand kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten. Sie erwiesen sich für das Vorbringen der BF auch als hinreichend aktuell. Die getroffenen Länderfeststellungen enthalten eine Vielzahl von Berichten, legen damit ein ausgewogenes Bild betreffend die allgemeine Situation in Afghanistan dar und beziehen sich zudem auch auf die persönlichen Umstände der BF.
Die BF wurde darüber informiert, welche Länderinformationen das Gericht seiner Entscheidung zu Grunde zu legen gedachte und wurde ihr in der mündlichen Beschwerdeverhandlung die Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was gegenständlich nicht der Fall ist.
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (im Folgenden AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (im Folgenden GFK) droht.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. zB VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, 95/01/0454, 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse, sondern erfordert eine Prognose (vgl. VwGH 16.02.2000, 99/01/0397). Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (vgl. VwGH 16.06.1994, 94/19/0183).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheid-/Erkenntniserlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK, gegeben.
Das Fluchtvorbringen einer Verfolgung der Familie durch eine Bedrohung des Vaters der BF wurde in der Beschwerdeverhandlung zurückgezogen und war daher nicht weiter zu prüfen.
Eine asylrelevante Verfolgungsgefahr wurde von der BF lediglich hinsichtlich ihres "westlich" geprägten Lebensstils vorgebracht. Dazu wurden bereits in der mündlich verkündeten Entscheidung die wesentlichen Entscheidungsgründe dargelegt:
Im Hinblick auf die BF droht allerdings bei Gesamtschau aller gegenständlich von Relevanz seienden Umstände die Gefahr einer Verfolgung aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat. Die festgestellte Lebensweise der BF und die verinnerlichten Aspekte sind den Umständen im Heimatstaat Afghanistan gegenüberzustellen. Die BF ist sich ihrer Person bewusst und strebt nach Eigenständigkeit. Insbesondere der Umstand, dass die BF als Kind mit ihrer Familie in den Iran verzogen ist und sie dort aufgewachsen ist, bewirkt in Kombination mit ihrem Bildungswunsch und den vorzeigbaren Bildungsnachweisen, dass die BF eine Lebensweise ausreichend verinnerlicht hat, welche sie so in Afghanistan nicht mehr fortsetzen könnte und ihr eine Anpassung auch nicht mehr zumutbar ist.
Zum vorgebrachten Fluchtgrund ist auszuführen: Die Eigenschaft des Frau-Seins führt in der Judikatur alleine an sich nicht zur Asylgewährung. Lediglich die Glaubhaftmachung einer persönlichen Wertehaltung, die sich an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als "westlich" bezeichneten Frauen- und Gesellschaftsbild (selbstbestimmt leben zu wollen) orientiert und eine Verfolgung im Heimatland hervorrufen könnte, wird als asylrelevant erachtet.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden. Gemeint ist damit eine von ihnen angenommene Lebensweise, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt.
Voraussetzung ist, dass diese Lebensführung zu einem solch wesentlichen Bestandteil der Identität der Frauen geworden ist, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken, um einer drohenden Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen zu entgehen (VfGH 12.06.2015, E 573/2015-9). Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese Verfolgung vom Heimatstaat ausgeht. Auch eine private Verfolgung kann insoweit maßgeblich sein, als der Heimatstaat nicht gewillt oder in der Lage ist, Schutz vor solcher Verfolgung zu gewähren (vgl. VwGH 22.03.2017, Ra 2016/18/0388, mit weiteren Nachweisen).
Nicht entscheidend ist, ob die Asylwerberin schon vor ihrer Ausreise aus dem Herkunftsstaat eine derartige Lebensweise gelebt hatte bzw. deshalb bereits verfolgt worden ist. Es reicht vielmehr aus, dass sie diese Lebensweise im Zuge ihres Aufenthalts in Österreich angenommen hat und bei Fortsetzung dieses Lebensstils im Falle der Rückkehr mit Verfolgung rechnen müsste (vgl. etwa VwGH 06.07.2011, 2008/19/0994 bis 1000).
Nicht jede Änderung der Lebensführung einer Asylwerberin während ihres Aufenthalts in Österreich, die im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mehr aufrechterhalten werden könnte, führt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber dazu, dass der Asylwerberin deshalb internationaler Schutz gewährt werden muss. Entscheidend ist vielmehr eine grundlegende und auch entsprechend verfestigte Änderung der Lebensführung der Asylwerberin, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt, die zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Identität geworden ist, und die bei Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht gelebt werden könnte (vgl. VwGH 01.02.2019, Ra 2018/18/0544 bis 0547-3; 23.01.2018, Ra 2017/18/0301 bis 0306).
Im vorliegenden Fall führte das Ermittlungsverfahren zu dem Ergebnis, dass die BF seit ihrer Einreise in Österreich eine westliche Lebensweise angenommen hat, die einen wesentlichen bzw. nachthaltigen Bestandteil ihrer Identität und einen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlich-religiösen Werten in Afghanistan darstellt. Den bisherigen Aktivitäten und der Lebensweise der BF seit ihrer Einreise ist insgesamt zu entnehmen, dass diese einen westlichen, selbstbestimmen Lebensstil anstrebt oder bereits pflegt. Zum Entscheidungszeitpunkt konnte eine entsprechende innere Wertehaltung glaubhaft gemacht werden.
Zudem erwies sich für das Gericht als entscheidungswesentlich, dass die BF als Kind in den Iran verzogen ist und die in Afghanistan vorherrschenden sozialen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten und Werte, insbesondere, was die Stellung der Frau in Afghanistan betrifft, nicht gewöhnt ist und ihr eine derartige Anpassung auch nicht mehr zumutbar wäre. Zudem besteht im Herkunftsland die Gefahr der Zwangsverheiratung, wie die BF ebenso glaubhaft vermittelte.
Dieser Würdigung tat auch die Tatsache keinen Abbruch, dass die BF in Österreich ein Kopftuch - locker gebunden - trägt, da sie frei darüber entscheiden kann und sie es als einen Teil ihrer Gewohnheit betrachtet.
Diese genannten Gründe führen in Kumulation dazu, dass der BF ob ihres Alters, Familienstandes und ihrer Wertehaltung im Herkunftsland eine asylrelevante Verfolgungsgefahr iSd § 3 AsylG 2005 drohen würde.
Weitere asylrelevante Gründe für eine mögliche Verfolgung wurden nicht vorgebracht und ergaben sich für das BVwG auch nicht aus der Akten- und Berichtslage. Wegen des Vorliegens einer maßgeblich wahrscheinlichen und aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem der Gründe, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt sind, war der Beschwerde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 stattzugegeben.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
asylrechtlich relevante Verfolgung, geschlechtsspezifischeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W113.2206926.1.00Zuletzt aktualisiert am
22.01.2020