TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/17 G314 2222955-1

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Veröffentlicht am 17.09.2019
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Entscheidungsdatum

17.09.2019

Norm

AsylG 2005 §2
B-VG Art. 133 Abs4
VVG §8

Spruch

G314 2222955-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des italienischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, gegen den Bescheid (Vollstreckungsverfügung) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2019, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 8 Abs 1 VVG zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid

ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF), der von XXXX.2018 bis XXXX.2019 in der Justizanstalt XXXX angehalten wurde und seither in der Justizanstalt XXXX in Haft ist, wurde am 12.03.2019 im Beisein einer Dolmetscherin für Italienisch vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vernommen. Die Dolmetscherin verzeichnete dafür eine Gebühr von EUR 109,70, die antragsgemäß bestimmt wurde.

Mit dem Mandatsbescheid des BFA vom 17.04.2019 wurde dem BF gemäß § 53 Abs 1

BFA-VG aufgetragen, dem Bund die Dolmetschkosten von EUR 109,70 zu ersetzen.

Mit der nunmehr angefochtenen Vollstreckungsverfügung, die dem BF am 19.08.2019 zugestellt wurde, wurde ausgesprochen, dass gemäß § 8 Abs 1 VVG seine Pflicht zur Leistung von EUR 109,70 wahrscheinlich sei und zur Sicherung dieser Leistung die einstweilige Verfügung getroffen werde, dass dieser Betrag von den in seinem Besitz befindlichen Geldmitteln einbehalten werde. Die einstweilige Verfügung sei gemäß § 8 Abs 2 VVG sofort vollstreckbar. Die Vollstreckungsverfügung wurde auf § 8 VVG gestützt und mit dem Kostenbescheid vom 17.04.2019 sowie damit begründet, dass das BFA gemäß § 3 Abs 3 BFA-VG Vollstreckungsbehörde ua für die von ihm erlassenen Bescheide sei und dabei das VVG anwende.

Gegen die Vollstreckungsverfügung richtet sich die Beschwerde des BF, in der er vorbringt, dass er einkommenslos sei und von seiner Familie nur eingeschränkt unterstützt werden könne. Er benötige aus gesundheitlichen Gründen Hygieneprodukte und Nahrungszusatzartikel, die er durch das Hausgeld nicht finanzieren könne. Er spreche ausreichend Deutsch und hätte gar keinen Dolmetscher gebraucht. Es sei nicht rechtmäßig, die Dolmetschkosten noch vor Zustellung der Vollstreckungsverfügung auf einmal einzuziehen. Diese seien vielmehr für uneinbringlich zu erklären; allenfalls sei ihm eine Ratenzahlung oder ein Zahlungsaufschub zu gewähren.

Die Beschwerde und die Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vorgelegt, wo sie am 29.08.2019 einlangten.

Weder der Vollstreckungsverfügung noch dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten lassen sich Anhaltspunkte für eine allfällige Gefahr entnehmen, dass sich der BF der Leistung der Dolmetschkosten entziehen und deren Vollstreckung vereiteln oder gefährden werde.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens. Die Zeiten der Anhaltung des BF in den Justizanstalten Innsbruck und Stein ergeben sich aus dem Zentralen Melderegister.

Mangels entscheidungswesentlicher Widersprüche erübrigt sich eine eingehendere Beweiswürdigung.

Rechtliche Beurteilung:

Steht die Pflicht zu einer Leistung fest oder ist sie wahrscheinlich, so kann die Vollstreckungsbehörde gemäß § 8 Abs 1 VVG zur Sicherung der Leistung einstweilige Verfügungen treffen, wenn die Gefahr besteht, dass sich der Verpflichtete durch Verfügungen über Gegenstände seines Vermögens, durch Vereinbarungen mit dritten Personen oder durch andere Maßnahmen der Leistung entziehen und deren Vollstreckung vereiteln oder gefährden werde.

Eine einstweilige Verfügung nach § 8 VVG ist nur zulässig, wenn die Gefahr, dass sich der Verpflichtete der Leistung entziehen oder deren Vollstreckung vereiteln oder gefährden werde, nicht auf andere Art gebannt werden kann (VwGH 25.06.1996, 96/05/0145). Eine solche Gefahr kann z.B. angenommen werden, wenn er in Vollstreckung eines Aufenthaltsverbots gegen seinen Willen in sein Heimatland abgeschoben werden muss (VwGH 18.05.2001, 97/02/0351).

Hier hat die Behörde nicht begründet, warum eine Gefahr iSd § 8 Abs 1 VVG besteht. Auch den Akten lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, zumal der BF nach wie vor in Österreich in Haft ist und weder eine gegen ihn erlassene aufenthaltsbeendende Maßnahme noch eine konkret bevorstehende Haftentlassung oder Abschiebung aktenkundig sind. Schon aufgrund des Fehlens dieses Tatbestandsmerkmals ist die angefochtene Vollstreckungsverfügung in Stattgebung der Beschwerde ersatzlos zu beheben.

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine (ohnedies nicht beantragte) Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG.

Die Revision ist nicht zu zulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte.

Schlagworte

Haft, Vollstreckungsverfügung, Voraussetzungen, Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2222955.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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