TE Vwgh Erkenntnis 1998/9/11 97/19/1621

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.09.1998
beobachten
merken

Index

E1E;
E3L E05100000;
E3L E20100000;
E3R E05100000;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

11992E008A EGV Art8a;
31968L0360 Aufhebungs-RL Aufenthaltsbeschränkungen Arbeitnehmer;
31968R1612 Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft;
31990L0364 Aufenthaltsrecht-RL Art1 Abs1;
31990L0364 Aufenthaltsrecht-RL Art1 Abs2 litb;
31990L0364 Aufenthaltsrecht-RL Präambel;
AufG 1992 §1 Abs3 Z1 idF 1995/351;
AufG 1992 §2 Abs1 idF 1995/351;
AufG 1992 §2 Abs3 Z4 idF 1995/351;
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;
AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §3 Z2;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
FrG 1993 §29;
MRK Art14;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des 1967 geborenen MM in Wien, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Juni 1997, Zl. 111.417/11-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 9. Mai 1996 ausdrücklich die erstmalige Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehegattin.

Nachdem der Landeshauptmann von Wien bis dahin keine Entscheidung über seinen Antrag getroffen hatte, machte der Beschwerdeführer mit einer am 20. Dezember 1996 bei der belangten Behörde eingelangten Eingabe den Übergang der Entscheidungspflicht auf diese geltend.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Juni 1997 gab dieser dem Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 20. Dezember 1996 gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG statt und wies den Antrag vom 9. Mai 1996 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung - unter anderem - gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab. Begründend führte die belangte Behörde in Ansehung dieses Versagungsgrundes aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Dieser Bestimmung habe der Beschwerdeführer nicht Genüge getan, weil er sich im Zeitpunkt seiner Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe. Die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei daher ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er beantragt, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Mit Note vom 9. Dezember 1997 legte die belangte Behörde ihren Bescheid vom 2. Dezember 1997 vor, mit dem ein Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. August 1994, mit dem ein Vorantrag des Beschwerdeführers vom 19. Mai 1994 abgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG ersatzlos behoben wurde. In diesem Bescheid vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Beschwerdeführer benötige gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG als Angehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin auf Basis des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 17. Juni 1997, B 592/96, keine Aufenthaltsbewilligung. Es mangle daher an einer Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde zur Entscheidung über seinen Antrag vom 19. Mai 1994. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, der Beschwerdeführer sei durch diesen Bescheid klaglos gestellt. Es werde daher beantragt, das diesbezügliche Verfahren einzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Abs. 3 Z. 1, § 2 Abs. 3 Z. 4, § 6 Abs. 2 und § 9 Abs. 3 AufG

lauteten:

"§ 1. ...

...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

1. auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts, eines Staatsvertrages, unmittelbar anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Union oder anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in Österreich Niederlassungsfreiheit genießen;

...

§ 2. ...

...

(3) Die Bundesregierung kann in dieser Verordnung insbesondere

...

4. in Österreich geborene Kinder von Fremden (§ 3 Abs. 1 Z 2), Angehörige österreichischer Staatsbürger (§ 3 Abs. 1 Z 1), Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 aufenthaltsberechtigt sind oder waren, ...

insoweit von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligung ausnehmen, als dadurch das Ziel der Zuwanderungsregelung nicht beeinträchtigt wird, und ...

§ 6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z 1; ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist.

§ 9. ...

...

(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solchen Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG ist in diesem Fall nicht anwendbar."

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (30. Juni 1997) ist für die Überprüfung der Frage, ob der Beschwerdeführer zur Antragstellung im Inland berechtigt war, die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, maßgeblich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475).

§ 4 Z. 2 und 3 dieser Verordnung lauteten:

"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

2. Angehörigen von österreichischen Staatsbürgern (§ 3 Abs. 1 Z 1 Aufenthaltsgesetz), die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde,

3. Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 des Aufenthaltsgesetzes auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrags aufenthaltsberechtigt sind oder waren und ..."

§ 3 Z. 2 der im Zeitpunkt der Antragstellung und des Einlangens des Devolutionsantrages bei der belangten Behörde in Geltung gestandenen Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, lautete:

"§ 3. Folgende Personengruppen werden von der Anrechnung auf die in § 1 festgelegte Zahl von Bewilligungen ausgenommen:

...

2. eheliche und außereheliche minderjährige Kinder und Ehegatten von österreichischen Staatsbürgern,"

Der Beschwerdeführer verfügte nach der Aktenlage niemals über eine Aufenthaltsbewilligung oder über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Sinne des § 13 Abs. 1 AufG. Die belangte Behörde wertete seinen Antrag daher zutreffend als Erstantrag. Ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 liegt nicht vor. Der angefochtene Bescheid blieb daher vom Inkrafttreten des Fremdengesetzes 1997 unberührt. Durch den von der belangten Behörde vorgelegten Bescheid vom 2. Dezember 1997 erfolgte keine formelle Klaglosstellung, weil mit diesem Bescheid nicht der angefochtene Bescheid, sondern ein Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 25. August 1994 ersatzlos aufgehoben wurde. Auch bewirkte diese ersatzlose Aufhebung eines einen anderen Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abweisenden Bescheides keine sonstige Gegenstandslosigkeit der Beschwerde, weil der Beschwerdeführer hiedurch keine Aufenthaltsbewilligung erlangte. Der Verwaltungsgerichtshof hatte über die vorliegende Beschwerde daher meritorisch zu entscheiden.

Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangte Behörde, er habe sich im Zeitpunkt seiner Antragstellung im Inland aufgehalten, nicht entgegen.

Damit ist aber der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan. Im Gegensatz zu der vom Beschwerdeführer unter Hinweis auf Muzak, Die Aufenthaltsberechtigung im österreichischen Fremdenrecht, 1995, 208 f, vertretenen Auffassung handelt es sich bei dem in § 6 Abs. 2 AufG umschriebenen Erfordernis, den Antrag im Ausland zu stellen und die Entscheidung hierüber auch im Ausland abzuwarten, um eine Erfolgsvoraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, mit weiteren Hinweisen). Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG gebrauchte Formulierung, die Antragstellung im Inland sei "ausnahmsweise zulässig", vermag keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes gegen die Richtigkeit der vorzitierten, auf teleologischen Erwägungen aufbauenden Judikatur zu erwecken.

Von dem in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG umschriebenen Erfordernis wäre der Beschwerdeführer nur dann ausgenommen, wenn er zu dem in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung umschriebenen Personenkreis erfaßt wäre.

Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, eine Antragstellung im Inland sei ihm schon deshalb eröffnet, weil ihm ein Aufenthaltsrecht gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG zukomme. Er genieße nämlich im Sinne dieser Gesetzesbestimmung "aufgrund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in Österreich Niederlassungsfreiheit". §§ 28 ff FrG seien nämlich auf ihn als Angehörigen einer österreichischen Staatsbürgerin anzuwenden, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Juni 1997, B 592/96, ausgesprochen habe. Selbst dann, wenn man die Meinung vertreten wollte, der Beschwerdeführer benötige aus dem Grunde des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG keine Aufenthaltsbewilligung, weshalb ihm auch keine zu erteilen sei, erwiese sich der bekämpfte Bescheid als rechtswidrig, weil die belangte Behörde diesfalls seinen Antrag nicht hätte ab-, sondern zurückweisen müssen.

Mit dieser Argumentation vermag der Beschwerdeführer zunächst nicht aufzuzeigen, daß er zu jenem Personenkreis zählte, der ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt war:

Weiters sieht § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG unmittelbar die Zulässigkeit der ausnahmsweisen Antragstellung im Inland nur im Fall des Verlustes eines Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG vor. Selbst wenn die Behauptung des Beschwerdeführers also zuträfe, daß er Personen gleichzuhalten sei, welche aufgrund "anderer bundesgesetzlicher Vorschriften" Niederlassungsfreiheit genießen, fiele er unter diese Ausnahmebestimmung nicht, weil es an Hinweisen darauf fehlt, daß er dieses Aufenthaltsrecht verloren hätte.

Unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, fiel der Beschwerdeführer deshalb nicht, weil ihm nach der Aktenlage niemals ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde und ein Abkommen gemäß § 14 Abs. 3 FrG zwischen Österreich und dem Heimatstaat des Beschwerdeführers, Pakistan, nicht existiert.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997, Zl. 96/19/1526, mit näherer Begründung dargelegt hat, sind Angehörige österreichischer Staatsbürger, die sich - wie der Beschwerdeführer und seine Ehegattin - im Bundesgebiet aufhalten, durch den Regelungsinhalt der die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (und ihrer Drittstaatsangehörigen, die nicht EWR-Bürger sind) betreffenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft nicht erfaßt und durch sie nicht begünstigt.

Im vorliegenden Fall kann es dahingestellt bleiben, ob - wie der Verfassungsgerichtshof in dem vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis meint - das Sachlichkeitsgebot des Art. 7 Abs. 1 B-VG, Art. 14 MRK oder das bundesverfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung Fremder untereinander die Gleichstellung von Drittstaatsangehörigen österreichischer Staatsbürger mit solchen von EWR-Bürgern, verlangt. Auch bejahendenfalls läge der Grund für die Ungleichbehandlung nicht in § 6 Abs. 2 AufG. Eine allenfalls gebotene Gleichbehandlung zwischen Angehörigen von Österreichern und solchen von EWR-Bürgern, die jeweils Drittstaatsangehörige sind, hätte zur Folge, daß die - für Drittstaatsangehörige von EWR-Bürgern geltenden - Bestimmungen des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG und des § 29 FrG allenfalls verfassungswidrig (weil zu eng) oder aber - wie vom Verfassungsgerichtshof vertreten - verfassungskonform dahingehend zu interpretieren wären, daß sie auch auf Drittstaatsangehörige von Österreichern anzuwenden sind.

Diese Normen sind hier aber vom Verwaltungsgerichtshof nicht anzuwenden, weil "Sache" des Verwaltungsverfahrens nicht die Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 29 FrG, sondern die Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung war. Schon die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG, welche die Bundesregierung berechtigt, Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG aufenthaltsberechtigt sind, unter näher umschriebenen Voraussetzungen von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligungen auszunehmen, zeigt, daß auch für Personen, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Z. 1 erfüllen, eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt werden kann. Daher ist die Frage, ob einem gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG Niederlassungsfreiheit genießenden Fremden (dem der Beschwerdeführer allenfalls gleichzuhalten wäre) eine Bewilligung nach dem AufG erteilt werden durfte, allein danach zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorlagen oder nicht. Die Aufenthaltsbehörde wäre daher auch bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG zur meritorischen Behandlung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zuständig.

Selbst wenn der Beschwerdeführer also Drittstaatsangehörigen von EWR-Bürgern gleichstehen sollte, fiele er aus den im hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 95/19/0897, für die gleichlautende Bestimmung des § 3 Z. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 genannten Gründen nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 707/1996, weil auf ihn die Voraussetzungen, er sei aufgrund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrages aufenthaltsberechtigt, nicht zutreffen. Auf Fremde, die aufgrund eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union oder aufgrund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften Niederlassungsfreiheit genießen, ist die in Rede stehende Ausnahmebestimmung aber nicht anwendbar (vgl. auch hiezu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997).

Da es nach dem Vorgesagten dahingestellt bleiben kann, ob die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG auf den Beschwerdeführer anwendbar ist oder nicht, ist auch die Frage, ob § 3 AufG einer Anwendung des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG entgegensteht, hier nicht zu prüfen. Der Anregung des Beschwerdeführers, beim Verfassungsgerichtshof die Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 3 AufG zu beantragen, war daher nicht aufzugreifen.

Insoweit der Beschwerdeführer auf die durch die Anwesenheit seiner österreichischen Ehegattin im Bundesgebiet begründeten familiären Interessen in Österreich verweist, vermag auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, hat mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger auf die durch Art. 8 MRK geschützten Rechtsgüter Bedacht genommen. Dagegen, daß die Bundesregierung diese Verordnungsermächtigung lediglich in Ansehung von Angehörigen österreichischer Staatsbürger, die gemäß § 14 Abs. 3 FrG einreisen oder denen vor der Einreise ein gewöhnlicher Sichtvermerk erteilt wurde, genutzt hat, bestehen beim Verwaltungsgerichtshof im Hinblick darauf, daß § 4 Z. 4 der in Rede stehenden Verordnung sinngemäß auch auf Angehörige österreichischer Staatsbürger, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten, anzuwenden ist, keine Bedenken aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 1 MRK (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1997).

Wenn der Beschwerdeführer schließlich die Auffassung vertritt, sein Devolutionsantrag vom 20. Dezember 1996 habe keinen Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über seinen Antrag vom 9. Mai 1996 auf die belangte Behörde bewirkt, weil die in § 73 Abs. 1 AVG festgelegte Entscheidungsfrist für die erstinstanzliche Behörde im Hinblick auf die in § 9 Abs. 3 AufG vorgesehene Fortlaufhemmung bei erschöpfter Quote noch offen gewesen sei, ist im folgendes zu erwidern:

Die Anwendung des § 9 Abs. 3 AufG setzt das Vorliegen eines der Quotenregelung des § 2 Abs. 1 AufG unterliegenden Antrages voraus. Im Zeitraum zwischen der gegenständlichen Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und dem Einlangen des Devolutionsantrages bei der belangten Behörde bestand aber aus dem Grunde des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG in Verbindung mit § 3 Z. 2 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, für Ehegatten österreichischer Staatsbürger keine Quotenpflicht. Eine Entscheidung der erstinstanzlichen Behörde über den Bewilligungsantrag des Beschwerdeführers wäre daher vom Vorliegen eines freien Quotenplatzes unabhängig gewesen. Hieraus folgt, daß die in § 73 Abs. 1 AVG vorgesehene sechsmonatige Entscheidungsfrist im Zeitpunkt der Überreichung des Devolutionsantrages bereits verstrichen war. Dieser bewirkte daher den Zuständigkeitsübergang auf die belangte Behörde. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die belangte Behörde sei zur meritorischen Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung funktionell unzuständig gewesen, trifft daher ebenfalls nicht zu.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. September 1998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997191621.X00

Im RIS seit

02.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten