Entscheidungsdatum
20.11.2019Norm
B-VG Art. 133 Abs4Spruch
W256 2214855-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Caroline Kimm als Vorsitzende, der fachkundigen Laienrichterin Dr. Claudia Rosenmayr-Klemenz und dem fachkundigen Laienrichter Mag. Matthias Schachner als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 21. Jänner 2019, GZ: DSB- XXXX beschlossen:
A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz
VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Datenschutzbehörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit mehreren an die belangte Behörde gerichteten E-Mails vom 23. Juni 2018 erstattete XXXX (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) "Anzeige" an die Datenschutzbehörde. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, sie werde auf dem gemeinsam mit ihrem geschiedenen Ehemann, dem Beschwerdeführer, bewohnten Grundstück anhand von - vom gemeinsamen Sohn, XXXX installierten - Kameras permanent überwacht und legte sie dazu u.a. Fotos, welche die Kameras und deren Montage zeigen sollen, vor.
Mit Schreiben vom 13. Juli 2018 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, zu diesen Vorwürfen der mitbeteiligten Partei Stellung zu nehmen.
Dazu führte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26. Juli 2018 aus, es sei zwar richtig, dass er Kameras an seinem Hausteil angebracht habe, weil es u.a. "in der letzten Zeit immer zum Verschwinden von Post gekommen" sei. Mit seinen vier Kameras filme er aber ausschließlich sein Eigentum und seinen Grund und keinesfalls die mitbeteiligte Partei oder deren Wohnungsgebrauchsgegenstand.
In ihrer am 26. Juli 2018 bei der belangten Behörde eingelangten E-Mail weist die mitbeteiligte Partei die belangte Behörde darauf hin, dass sie seit Jahren näher dargestellte "Repressalien und Attacken" durch den Beschwerdeführer erleiden müsse. Der Beschwerdeführer verbreite diverse unwahre Behauptungen, wie z.B. dass seine Post gestohlen werde. Damit suche der Beschwerdeführer jedoch lediglich einen Grund für seine rechtswidrigen Kamerainstallationen. Im Übrigen leugne der Beschwerdeführer die Kameras konsequent, weil er mittlerweile einige große Kameras durch versteckte Kameras ersetzt habe. Unter anderem legte die mitbeteiligte Partei eine "WhatsApp Korrespondenz" zwischen ihr und ihrem Sohn, XXXX vor. Darin teilt XXXX der mitbeteiligten Partei (ohne konkrete Bezugnahme zu einem bestimmten Sachverhalt) mit, dass "da Ton überall drauf sei" und er zwei Mikrofone auf einem Server mit der Festplatte verbunden habe, sodass alles immer doppelt gesichert sei.
Mit Schreiben vom 27. Juli 2018 richtete die belangte Behörde folgendes (auszugsweise wiedergegebenes) Amtshilfeersuchen an die Bezirkshauptmannschaft XXXX (im Folgenden: Bezirkshauptmannschaft):
"...
Im Rahmen des datenschutzrechtlichen Verfahrens geht es um die Frage der Zulässigkeit einer Bildverarbeitung. Die Beschwerdeführerin brachte zusammengefasst vor, dass an der genannten Liegenschaft durch den Beschwerdegegner mehrere Kameras montiert wären, deren Aufnahmebereich den Lebensbereich der Beschwerdeführerin erfasst (vgl. die übermittelten Bilder). Um den vorliegenden Fall beurteilen zu können, ist ein Augenschein vor Ort notwendig.
Die Datenschutzbehörde darf daher das höfliche Ersuchen stellen,
dass die Bezirkshauptmannschaft XXXX an der Liegenschaft .... einen
Augenschein durchführt, sich einen persönlichen Eindruck verschafft und gegebenenfalls Bilder der gegenständlichen Kameras an die Datenschutzbehörde übermittelt.
.."
In Entsprechung des Amtshilfeersuchens der belangten Behörde führte die Bezirkshauptmannschaft mit Schreiben vom 17. September 2018 u.a. gegenüber der belangten Behörde aus, dass am 13. September 2018 in Anwesenheit der mitbeteiligten Partei ein Ortsaugenschein durchgeführt worden sei. Dabei sei festgestellt worden, dass die auf den übermittelten Lichtbildern ersichtlichen Kameras abmontiert worden seien, die Verkabelung jedoch nach wie vor vorhanden sei. Der Beschwerdeführer habe der Bezirkshauptmannschaft gegenüber ausgeführt, dass er von seinem Rechtsanwalt informiert worden sei, dass sich die mitbeteiligte Partei auf dem gesamten Grundstück aufhalten dürfe, woraufhin er sämtliche Kameras entfernt habe.
In ihrer Stellungnahme vom 7. Dezember 2018 führte die mittlerweile anwaltlich vertretene mitbeteiligte Partei aus, dass sie aufgrund der gegenständlichen Überwachung zwischenzeitig auch eine Unterlassungsklage beim Bezirksgericht gegen den Beschwerdeführer eingebracht habe. Seither seien vom Beschwerdeführer die in der "Klage" aufgezählten und genau umschriebenen Kameras mit wenigen Ausnahmen entfernt und durch neue näher dargestellte Kameras und "Mini-Linsen" ersetzt worden. Die mitbeteiligte Partei bewohne aufgrund eines dinglichen Wohnungsgebrauchsrechts eine Doppelhaushälfte auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers und komme ihr das freie Aufenthalts-, Bewegungs- und Benützungsrecht auf der gesamten Liegenschaft zu. Davon ausgenommen seien lediglich die Räumlichkeiten in der Doppelhaushälfte, die vom Beschwerdeführer bewohnt werde. Unter einem legte die mitbeteiligte Partei Fotos der nunmehr auf der Liegenschaft befindlichen Kameras vor.
Mit Schreiben vom 10. Jänner 2019 äußerte sich der Beschwerdeführer zu den von der mitbeteiligten Partei behaupteten neuen Kameras und "Mini-Linsen".
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer die mitbeteiligte Partei dadurch in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt habe, "indem dieser auf der durch [die] Beschwerdeführerin und [den] Beschwerdegegner gemeinsam bewohnten Liegenschaft .. zumindest [von] Juni 2018 bis September 2018 unzulässiger Weise Bildaufnahmen vorgenommen" habe. Dazu stellte die belangte Behörde zunächst fest, dass - wie das Ermittlungsverfahren hervorgebracht habe - zum Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Verfahrens vor der Datenschutzbehörde keine vom Beschwerdeführer betriebenen Kameras auf der gegenständlichen Liegenschaft mehr ersichtlich seien. Der Beschwerdeführer habe jedoch zumindest von Juni 2018 bis September 2018 mindestens 6 funktionstüchtige Kameras auf der gemeinsam bewohnten Liegenschaft installiert und betrieben. Dies ergebe sich aus der Eingabe der mitbeteiligten Partei vom 23. Juni 2018 und den vorgelegten Lichtbildern. So gehe aus den Lichtbildern eindeutig hervor, dass am Fenster der Doppelhaushälfte des Beschwerdeführers eine Kamera abgestellt sei, die auf den Vorplatz ausgerichtet sei. Auf einem Schrägbalken würden sich drei weitere Kameras, die jeweils in eine andere Richtung ausgerichtet seien, befinden. Auf einem zweiten Schrägbalken sowie im Carport sei ebenfalls je eine Kamera befestigt. Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme vom 28. September 2018 selbst ausgeführt, dass an seinem Hausteil vier Kameras angebracht gewesen seien. Auch die vorgelegte WhatsApp-Korrespondenz zwischen der mitbeteiligten Partei und XXXX indiziere, dass mehrere Kameras samt möglicher Tonaufnahme auf der gemeinsamen Liegenschaft installiert gewesen seien. So habe XXXX gegenüber der mitbeteiligten Partei sinngemäß angegeben, dass "da überall Ton" sei und "zwei Mikrofone auf einem Server mit der Festplatte verbunden" seien. Im Übrigen führe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 23. November 2018 selbst aus, das "sämtliche Kameras inklusive Verkabelung" zwischenzeitlich abmontiert seien. Es sei daher im Ergebnis davon auszugehen gewesen, dass zumindest 6 Kameras auf der gegenständlichen Liegenschaft montiert gewesen seien. Der festgestellte Zeitraum gründe sich auf den Zeitpunkt der Eingabe und der Begehung durch die Bezirkshauptmannschaft, wonach die gut sichtbaren Kameras offenbar abmontiert und somit nicht mehr ersichtlich seien. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung, anders als die Rechtsprechung nach § 16 ABGB, welche auch Kameraattrappen erfasse, auf einen Personenbezug abstelle. Im vorliegenden Fall sei mit dem Betrieb der zumindest 6 Kameras unbestritten eine Bildaufnahme im Sinne des § 12 DSG vorgelegen. Aus der Rechtsprechung des OGH könne abgeleitet werden, dass das Äußere einer Wohnungstüre den höchstpersönlichen Lebensbereich umfasse, weil damit das Betreten und Verlassen der Wohnungstüre der betroffenen Person erfasst werden könne. Es handle sich im gegenständlichen Fall insofern um Kameras, deren Aufnahmebereich den höchstpersönlichen Lebensbereich der mitbeteiligten Partei umfasst hätten. Sofern der Beschwerdeführer diesbezüglich vorbringe, dass es sich um Kameras handle, die an seinem Hausteil angebracht gewesen seien, ist ihm unter Verweis auf die Verordnung betreffend die Ausnahmen von der Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA-AV), BGBl. II Nr. 108/2018 entgegenzuhalten, dass die Installation von Kameras auf einer gemeinsam bewohnten Liegenschaft die Zustimmung sämtlicher Nutzungsberechtigten voraussetze. Vor diesem Hintergrund sei die verfahrensgegenständliche Bildverarbeitung einer rechtfertigenden Interessensabwägung nicht zugänglich. Zulässig wäre eine solche Bildverarbeitung lediglich mit der ausdrücklichen Einwilligung der mitbeteiligten Partei, welche gegenständlich nicht vorgelegen sei.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde des Beschwerdeführers. Darin bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, aus dem angefochtenen Bescheid lasse sich nicht entnehmen, wo sich überhaupt die 6 inkriminierten Kameras befunden hätten und welche von diesen Kameras, welche unzulässigen Bildaufnahmen gemacht haben sollen. Wie bereits vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2018 ausgeführt wurde, habe er anhand der Kameras ausschließlich seinen Bereich gefilmt. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer auch keine Kamera selbst installiert, sondern sei dies XXXX gewesen. Mit Ausnahme jener Kamera, welche ausschließlich den Briefkasten des Beschwerdeführers gefilmt habe, sei XXXX bei der Montage der Kameras eigenständig vorgegangen.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor und erstattete eine Gegenschrift.
II. Beweiswürdigung: Der oben wiedergegebene Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt nach § 28 Abs. 2 Ziffer 2 voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Zl. Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungs-gerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2017, Zl. Ra 2016/12/0109, Rz 18ff.).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde aufgrund einer "Anzeige" der mitbeteiligten Partei mit dem angefochtenen Bescheid eine Verletzung der mitbeteiligten Partei in ihrem Recht auf Geheimhaltung durch den Beschwerdeführer festgestellt, weil dieser auf der (zum Teil) gemeinsam bewohnten Liegenschaft bis zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheins der Bezirkshauptmannschaft im September 2018 ohne Zustimmung der mitbeteiligten Partei unzulässiger Weise Bildaufnahmen anhand mittlerweile demontierter Kameras vorgenommen habe.
Nähere Ausführungen dazu, ob und bejahendenfalls inwieweit der vom Nutzungsrecht der mitbeteiligten Partei umfasste Liegenschaftsteil bzw. die mitbeteiligte Partei von solchen Bildaufnahmen in der Vergangenheit überhaupt betroffen gewesen ist, finden sich im gesamten Bescheid hingegen nicht und wurde darauf von Seiten der belangten Behörde im gesamten Ermittlungsverfahren auch gar nicht abgestellt.
Zwar forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. Juli 2018 insgesamt auf, zum Vorwurf der mitbeteiligten Partei, sie werde durch ihn permanent überwacht, Stellung zu beziehen. Der Beschwerdeführer hat dazu in seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2018 jedoch ausgeführt, dass er anhand der Kameras nicht die mitbeteiligte Partei filmen würde.
Eine weitere Auseinandersetzung mit einer in der Vergangenheit erfolgten Bildaufnahme der mitbeteiligten Partei durch den Beschwerdeführer fand von Seiten der belangten Behörde nicht (mehr) statt. Vielmehr beschränkte sich auch das in weiterer Folge ergangene Amtshilfeersuchen auf die aktuelle Situation vor Ort und das Anfertigen von Lichtbildern von (noch vorhandenen) Kameras.
Dem von der belangten Behörde geführten und oben aufgezeigten Ermittlungsverfahren entsprechend finden sich auch im angefochtenen Bescheid insgesamt keine Feststellungen, die die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe durch spätestens im Zeitpunkt des Ortsaugenscheins abmontierte Kameras die Bewegungsabläufe der mitbeteiligten Partei und damit deren "höchstpersönlichen Bereich" bis zu diesem Zeitpunkt kontrolliert, stützen könnten. Die darin lediglich enthaltenen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer auf der gemeinsam bewohnten Liegenschaft aktuell keine, jedoch bis zum Ortsaugenschein im September 2018 mindestens 6 Kameras betrieben und installiert habe, vermögen diese rechtliche Beurteilung der belangten Behörde für sich alleine jedenfalls nicht zu tragen.
Gemäß § 1 Abs. 1 1. Satz Datenschutzgesetz, BGBl I 1999/165 idF BGBl I 2019/14 (in Folge: DSG) hat jedermann, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht.
Gemäß § 24 Abs. 1 DSG hat jede betroffene Person das Recht auf Beschwerde bei der Datenschutzbehörde, wenn sie der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO oder gegen § 1 oder Artikel 2 1. Hauptstück verstößt.
Wie aus § 1 DSG (im Übrigen in Einklang mit Art 1 (EU) 2016/679), ABl L 2016/119, 1 (im Folgenden: DSGVO)) hervorgeht und auch von der belangten Behörde in ihren rechtlichen Ausführungen selbst klargestellt wurde, setzt eine Verletzung im Recht auf Datenschutz eine Verarbeitung von einer bestimmten Person betreffenden ("personenbezogenen") Daten voraus. Dementsprechend räumt § 24 DSG auch ausschließlich der von einer Datenverarbeitung betroffenen Person ein Beschwerderecht an die Datenschutzbehörde ein.
Ohne Kenntnis der konkreten Datenverarbeitung der mitbeteiligten Partei durch den Beschwerdeführer ist eine Beurteilung, ob die mitbeteiligte Partei überhaupt in ihrem Recht auf Datenschutz verletzt ist, daher gar nicht möglich.
Die bloße Behauptung der mitbeteiligten Partei in ihrer "Anzeige", sie werde vom Beschwerdeführer anhand von Kameras überwacht, ist für sich allein betrachtet jedenfalls nicht geeignet, eine sie betreffende Datenverarbeitung und damit eine Verletzung in ihrem Recht auf Geheimhaltung geeignet aufzuzeigen. Daran ändern auch vorgelegte Fotos der Kameras nichts, weil damit ein Betrieb der Kameras durch den Beschwerdeführer an sich und bejahendenfalls der allein entscheidende Erfassungsbereich der Kameras nicht aufgezeigt werden kann. Ebenso vermag eine von der mitbeteiligten Partei vorgelegte "WhatsApp Korrespondenz" zwischen ihr und ihrem Sohn keinen geeigneten Aufschluss über den tatsächlichen Erfassungsbereich von vom Beschwerdeführer betriebenen Kameras und damit über eine Bildverarbeitung der mitbeteiligten Partei geben, zumal darüber in dieser Korrespondenz ohnedies keine Aussagen getroffen wurden.
Dabei wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer - laut seinem eigenen Vorbringen im Verfahren und sogar in seiner an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Beschwerde - eine in seinem Auftrag erfolgte Bildüberwachung "seines Grundes" und zwar konkret von seinem Briefkasten ausdrücklich bestätigt hat.
Die Überwachung des eigenen Briefkastens kann jedoch - insbesondere im Hinblick auf ein fehlendes Nutzungsrecht der mitbeteiligten Partei hinsichtlich der auf der Liegenschaft befindlichen Doppelhaushälfte des Beschwerdeführers - nicht (ohne weiteres) eine die mitbeteiligte Partei betreffende Datenverarbeitung begründen.
Davon abgesehen wäre selbst im Falle einer (dadurch bedingten) Überwachung des gemeinschaftlich genutzten Teils des Grundstückes nicht automatisch von einer die mitbeteiligte Partei betreffenden rechtswidrigen Datenverarbeitung auszugehen.
Nach der die Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung regelnden Bestimmung des Art. 6 Abs. 1 DSGVO in der hier (für Private) einschlägigen lit f ist eine Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Art 6 Abs. 1 lit f DSGVO sieht dementsprechend zwei kumulative Voraussetzungen vor, damit eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist, und zwar zum einen, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses überhaupt erforderlich ist, und zum anderen, dass nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person(en) überwiegen.
Dabei ist im Rahmen einer Interessensabwägung - nach Erwägungsgrund
47 - zweifellos zu berücksichtigen, ob eine betroffene Person zum
Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftiger Weise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird.
Selbst im Falle einer allfälligen Bildverarbeitung der gemeinschaftlich genutzten Liegenschaft bzw. der mitbeteiligten Partei durch den Beschwerdeführer wäre insofern nicht ohne weiteres von einer Unzulässigkeit einer die mitbeteiligte Partei treffenden Bildaufnahme auszugehen, sondern wäre die belangte Behörde nach Ermittlung des tatsächlichen Erfassungsbereichs der Bildverarbeitung und ihres Zweckes vielmehr gehalten, eine Interessens- und in weiterer Folge wohl auch eine Verhältnismäßigkeitsabwägung vorzunehmen.
Daran ändert auch die - von der belangten Behörde herangezogene - Bestimmung des § 12 Abs. 4 Z 1 DSG nichts, weil die in Art. 6 Abs. 3 und 4 DSGVO enthaltenen Öffnungsklauseln ausschließlich für Verarbeitungen nach Art. 6 Abs. 1 lit c ("zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung") und lit. e ("für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt") und damit nicht für in § 12 DSG geregelte Datenverarbeitungen (Videoüberwachung) zu privaten Zwecken gelten (siehe dazu u.a. auch
Bresich/Dopplinger/Dörnhofer/Kunnert/Riedl, DSG (2018), Seite 145).
Die insofern in § 12 Abs. 4 Z 1 DSG zur DSGVO getroffene abweichende Regelung, wonach eine Bildaufnahme ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person in deren höchstpersönlichen Bereich generell und damit ohne Vornahme einer Interessensabwägung unzulässig sein soll, wäre daher schon allein aus diesem Grund (auch vom erkennenden Gericht) nicht anzuwenden (siehe dazu u.a. VwGH 10.10.2018, Ra 2017/03/0108, wonach jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ des Mitgliedstaates verpflichtet ist, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte, die es den Einzelnen verleiht, zu schützen. Die Geltung des Unionsrechts kann durch einen Mitgliedstaat nicht durch Vorschriften des nationalen Rechts, auch wenn diese Verfassungsrang haben, beeinträchtigt werden. Ist es nicht möglich, die volle Wirksamkeit des Unionsrechtes im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts sicherzustellen, so hat ein innerstaatliches Gericht für die volle Wirksamkeit dieser unionsrechtlichen Normen im Wege des Anwendungsvorrangs Sorge zu tragen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt.).
Auch die - von der belangten Behörde aufgezeigte - fehlende Aufnahme einer Datenverarbeitung in die in Art. 35 Abs. 5 DSGVO vorgesehene Liste der Verarbeitungsvorgänge, für die vom Verantwortlichen keine Datenschutz-Folgeabschätzung vorzunehmen ist, vermag eine Unzulässigkeit einer solchen Verarbeitung nicht ohne weiteres aufzuzeigen, weil damit überhaupt keine Aussage über die Zulässigkeit einer Datenverarbeitung getroffen wird. Vielmehr soll im Fall einer ein voraussichtlich hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen verursachenden Datenverarbeitung die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben eben gerade anhand einer solchen unter Umständen erforderlichen Datenschutz-Folgeabschätzung nach Art. 35 Abs. 1 DSGVO erst beurteilt und sichergestellt werden (siehe zur Erforderlichkeit einer Datenschutz-Folgeabschätzung Art 35 Abs. 3 DSGVO; siehe auch Erwägungsgrund 211: "Diese Folgeabschätzung sollte sich insbesondere mit den Maßnahmen, Garantien und Verfahren befassen, durch die dieses Risiko eingedämmt, der Schutz personenbezogener Daten sichergestellt und die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung nachgewiesen werden soll.").
Dadurch, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall eine Verletzung der mitbeteiligten Partei in ihrem Recht auf Geheimhaltung aufgrund einer in der Vergangenheit erfolgten Bildverarbeitung durch den Beschwerdeführer bejahte, ohne sich jedoch mit einer die mitbeteiligte Partei treffenden Bildverarbeitung überhaupt konkret auseinanderzusetzen, ist der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt umfassend ergänzungsbedürftig geblieben, weshalb im Hinblick auf diese besonders gravierende Ermittlungslücke eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG erforderlich und auch gerechtfertigt ist (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/09/0088).
Eine Nachholung des Ermittlungsverfahrens und damit eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Folglich war das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Die belangte Behörde wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit einer in der Vergangenheit erfolgten Bildverarbeitung der mitbeteiligten Partei durch den Beschwerdeführer auseinanderzusetzen und darüber abzusprechen haben.
Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG [2007] § 67d Rz 22).
zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist unzulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Verwaltungsbehörde bloß ansatzweise bzw. unzureichend ermittelt, entspricht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Es war daher spruchgemäß durch Senat zu entscheiden.
Schlagworte
Begründungsmangel, Bildverarbeitung, Datenschutzbehörde,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W256.2214855.1.00Zuletzt aktualisiert am
20.01.2020