Index
10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens und die Hofräte Mag. Stickler und Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schweinzer, über die Revision des J R, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das am 25. Mai 2018 mündlich verkündete und mit 27. Juli 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W248 2175528-1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 16. Juni 2013 als Minderjähriger einen Antrag auf internationalen Schutz.
2 Mit Bescheid vom 2. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass zwei Schwestern des Revisionswerbers nach § 3 AsylG 2005 und dem Vater, der Mutter und einem Bruder des Revisionswerbers im Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 jeweils der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.
5 Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht - soweit für das Revisionsverfahren relevant - aus, der Revisionswerber habe eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Dem Revisionswerber sei der Status des Asylberechtigten auch nicht im Familienverfahren zuzuerkennen gewesen. Im Hinblick auf seine Schwestern sei er nicht Familienangehöriger iSd § 2 Z 22 AsylG 2005. Im Hinblick auf seine Eltern, denen der Status der Asylberechtigten im Familienverfahren zuerkannt worden sei, sei er zwar ein Familienangehöriger im Sinne dieser Bestimmung. Gemäß § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 könne er von diesen den Status des Asylberechtigten aber nicht ableiten, da er zwar im Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährig, im Entscheidungszeitpunkt aber schon volljährig sei.
6 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Ausnahmebestimmung des § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 auch auf zum Zeitpunkt der Antragstellung auf internationalen Schutz noch minderjährige, zum Entscheidungszeitpunkt jedoch bereits volljährige ledige Kinder anwendbar sei, bzw. weiche das Bundesverwaltungsgericht in dieser Frage von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem eine Revisionsbeantwortung nicht erstattet wurde, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
8 Die vorliegende Revision gleicht hinsichtlich der zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebrachten Rechtsfrage jener Rechtssache, die mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. November 2019, Ra 2019/01/0143, entschieden wurden. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat darin mit näherer Begründung ausgesprochen, dass eine nach den Bestimmungen des Familienverfahrens erfolgte Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an einen Elternteil eines Fremden nicht ausschließt, dass auch dem (ledigen und im maßgeblichen Antragszeitpunkt noch minderjährigen) Fremden ungeachtet dessen mittlerweile eingetretener Volljährigkeit seinerseits im Weg des Familienverfahrens der Status des Asylberechtigten in Ableitung von diesem Elternteil zuerkannt werden könnte (vgl. auch VwGH 29.4.2019, Ra 2018/20/0031).
9 Indem das Bundesverwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die Bestimmungen des Familienverfahrens aufgrund der Ausnahmebestimmung des § 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005 nicht auf den Revisionswerber anwendbar wären, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
10 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
11 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 28. November 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018190513.L00Im RIS seit
18.01.2021Zuletzt aktualisiert am
18.01.2021