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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des OM in I, vertreten durch Mag. Franz Scharf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schulerstraße 20/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2019, GZ W274 2212157- 1/2E, betreffend Akteneinsicht (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 19. November 2018 gab der zu diesem Zeitpunkt für Verfahren nach § 143 Abs. 1 BDG 1979 zuständige Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport dem Antrag des Revisionswerbers vom 18. Mai 2018, eingelangt am 11. Juni 2018, auf Einsichtnahme in einen bestimmt bezeichneten elektronischen Akt "des Bundeskanzleramts" gemäß den §§ 8 und 17 AVG nicht statt. Begründend wurde ausgeführt, da dem Revisionswerber im Bewertungsverfahren, in welchem abstrakte Arbeitsplätze in verschiedenen Organisationseinheiten, nicht aber die jeweiligen Arbeitsplatzinhaber bewertet würden, keine Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zukomme, sei die Akteneinsicht zu verweigern gewesen. 2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Antrag des Revisionswerbers vom 18. Mai 2018 auf Einsichtnahme in den elektronischen Akt "des Bundeskanzleramts" zurückgewiesen wurde. Nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes und der Rechtslage führte das Bundesverwaltungsgericht aus, das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG komme den Parteien eines anhängigen oder abgeschlossenen Verfahrens - unter den sonstigen Beschränkungen - unabhängig davon zu, zu welchem Zweck sie Akteneinsicht begehrt hätten. Es stehe jedoch nur den Parteien des Verwaltungsverfahrens zu, in dessen Akt Einsicht genommen werden solle. Das in § 17 Abs. 1 AVG normierte Recht auf Akteneinsicht setze also ein Verwaltungsverfahren bei der Behörde, der gegenüber Einsicht begehrt werde, voraus, in dem dem Antragsteller Parteistellung zukomme.
3 Im vorliegenden Fall halte der bekämpfte Bescheid fest, dass dem Revisionswerber im vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport gemäß § 143 Abs. 1 BDG 1979 durchgeführten Bewertungsverfahren, in das er Akteneinsicht begehre, keine Parteistellung zukomme. Dieser Annahme sei aus folgenden Gründen nicht entgegen zu treten:
4 Der "Bewertung und Zuordnung von Arbeitsplätzen" betitelte § 143 Abs. 1 BDG 1979 regle die - abstrakte - Bewertung von Arbeitsplätzen der Beamten des Exekutivdienstes und die Zuordnung dieser Arbeitsplätze zu einer bestimmten Verwendungsgruppe und innerhalb dieser der Grundlaufbahn oder der Funktionsgruppe durch den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport. § 143 Abs. 3 BDG 1979 lege allgemeine Vorgaben an Anforderungen (hinsichtlich Wissens, Denkleistung und Verantwortung) fest, die bei der Arbeitsplatzbewertung zu berücksichtigen seien. 5 Ausgehend davon bestehe für den Beamten die Möglichkeit, im Wege eines Feststellungbescheides die Gesetzmäßigkeit seiner konkreten Einstufung unter der nachprüfenden Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts einer rechtlichen Klärung zuzuführen. Die Verpflichtung zur bescheidmäßigen Absprache über einen derartigen Antrag treffe die jeweils oberste Dienstbehörde. Nur in diesem, vor der Dienstbehörde zu führenden Verfahren, komme dem Revisionswerber Parteistellung und folglich ein Recht auf Akteneinsicht zu.
6 Es werde im Hinblick auf die Beschwerdeausführungen zwar nicht verkannt, dass die allgemeine Bewertung und Zuordnung von Arbeitsplätzen durch den Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport für die einem konkreten Arbeitsplatz sowie einer Verwendungsgruppe zugewiesenen Beamten des Exekutivdienstes in weiterer Folge Auswirkung habe, jedoch rechtfertige der Umstand alleine, dass die Einsicht in Akten für jemanden in Hinblick auf die Durchsetzung seiner Interessen in einem anderen Verfahren von Bedeutung wäre, nicht die Annahme, dass sich daraus ein Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG ableiten ließe.
7 Nach § 17 Abs. 4 AVG habe die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber den Parteien eines anhängigen Verfahrens mittels Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG zu erfolgen, deren Rechtswidrigkeit erst mit dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid geltend gemacht werden könne. Sei hingegen über das Akteneinsichtsbegehren einer Person abzusprechen, der im laufenden Verwaltungsverfahren keine Parteistellung zukomme, so habe die Verweigerung der Akteneinsicht durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erfolgen, der im Instanzenzug bekämpft werden könne.
8 Mangels Parteistellung des Revisionswerbers habe die belangte Behörde über den Antrag des Revisionswerbers auf Akteneinsicht nach § 17 AVG zu Recht mit verfahrensrechtlichem Bescheid entschieden, sie hätte den Antrag jedoch mangels Legitimation zur Akteneinsicht zurückweisen müssen. 9 Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid sei daher mit der Maßgabe abzuweisen gewesen, dass der Antrag auf Akteneinsicht zurückzuweisen sei.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts dahin abzuändern, dass der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bundesministers für ??ffentlichen Dienst und Sport vom 19. November 2018 Folge gegeben und festgestellt werde, dass dem Revisionswerber Akteneinsicht im beantragten Ausmaß zukomme; in eventu wird beantragt, das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
11 Zur Zulässigkeit der Revision wird ausgeführt, der Verwaltungsgerichtshof habe die Rechtsfrage, ob dem Inhaber jenes Arbeitsplatzes, der vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport über Antrag des Bundesministers für Inneres zu bewerten und zuzuordnen sei, das Recht zukomme, beim Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport Akteneinsicht zu nehmen, noch nicht beantwortet. Dem Bundesminister für Inneres komme bei der Rechtsgestaltung des Dienstverhältnisses (Arbeitsplatzbewertung) nur ein Antragsrecht zu. Die konkrete Arbeitsplatzbewertung werde von einem anderen obersten Organ durchgeführt. Der Bundesminister für Inneres erhalte vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport lediglich das Ergebnis der Bewertung, nicht jedoch jene Unterlagen, die zum Bewertungsergebnis geführt hätten und durch die das Bewertungsergebnis erst nachvollziehbar sei, insbesondere werde weder das Bewertungsgutachten noch die Befundaufnahme übermittelt.
12 Von dieser Vorgangsweise seien nicht nur über 30.000 Exekutivbeamte im Innen- und Justizressort betroffen, diese Vorgangsweise sei auch für die Arbeitsplatzbewertung der Arbeitsplätze der Beamten des allgemeinen Verwaltungsdienstes (§ 137 BDG 1979) und die Arbeitsplatzbewertung der Arbeitsplätze von Militärpersonen (§ 147 BDG 1979) so gesetzlich normiert, sodass hier ein weiter Personenkreis unmittelbar betroffen sei. Aus diesem Grund sei hier eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben.
13 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt.
14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 17 Vorauszuschicken ist, dass das Bundesverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen ist, dass sich aus § 17 Abs. 4 AVG ergibt, dass die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber den Parteien eines anhängigen Verfahrens eine Verfahrensanordnung im Sinne vom § 63 Abs. 2 AVG darstellt, deren Rechtswidrigkeit erst mit dem Rechtsmittel gegen den das Verfahrens abschließenden Bescheid geltend gemacht werden kann. Ist hingegen über das Akteneinsichtsbegehren einer Person abzusprechen, der im laufenden Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht zukommt, so hat die Verweigerung der Akteneinsicht durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erfolgen (vgl. VwGH 11.11.2015, Ra 2015/11/0085). 18 Voraussetzung für die Gestattung von Akteneinsicht nach § 17 AVG ist, dass von der Behörde, der gegenüber Akteneinsicht begehrt wird, ein Verwaltungsverfahren ("behördliches Verfahren" im Sinne des Art. II EGVG) geführt wird bzw. geführt wurde, in dem der Akteneinsichtswerber Parteistellung hat. Damit ein Verfahren als ein derartiges behördliches Verfahren qualifiziert werden kann, in dem von der Verwaltungsbehörde das AVG anzuwenden und gegebenenfalls Akteneinsicht zu gewähren ist, muss es individuelle Verwaltungsakte der Hoheitsverwaltung zum Gegenstand haben bzw. auf Bescheiderlassung zielen (vgl. VwGH 24.2.2017, Ra 2016/11/0150, und 17.3.2016, Ro 2014/11/0012, jeweils mwN aus Rechtsprechung und Lehre).
19 Das Verfahren gemäß § 143 Abs. 1 BDG 1979, in dem der Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport über Antrag des zuständigen Bundesministers/der zuständigen Bundesministerin (hier: des Innenministers) die Arbeitsplätze der Beamten des Exekutivdienstes zu bewerten und unter Bedachtnahme auf die in der Anlage 1 genannten Richtverwendungen einer Verwendungsgruppe und innerhalb dieser der Grundlaufbahn oder einer Funktionsgruppe zuzuordnen hat, zielt allerdings nicht auf die Erlassung eines individuellen Hoheitsaktes (Bescheides), sondern auf die Erstellung eines Bewertungsgutachtens ab. Aus dem Gesagten folgt, dass der Revisionswerber durch die Zurückweisung seines Akteneinsichtsbegehrens fallbezogen nicht in Rechten verletzt wurde.
20 Zu beachten ist allerdings, dass für den Beamten die Möglichkeit besteht, im Wege eines Feststellungsbescheides die Gesetzmäßigkeit seiner Einstufung unter der nachprüfenden Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts einer rechtlichen Klärung zuzuführen, wobei die Verpflichtung zum bescheidmäßigen Abspruch die für den jeweiligen Beamten zuständige Dienstbehörde trifft (vgl. z.B. VwGH 19.3.2003, 2002/12/0284, mwN). Ein derartiges Verfahren zur Bewertung seines konkreten Arbeitsplatzes ist gemäß den Ausführungen des Revisionswerbers auch bereits anhängig.
21 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Ermittlung der in Punkten auszudrückenden Wertigkeit eines konkreten Arbeitsplatzes nach der hg. Rechtsprechung zur Arbeitsplatzbewertung um eine Fach-
(Sach-)Frage, die nur unter Beiziehung eines Sachverständigen gelöst werden kann (vgl. VwGH 11.4.2018, Ra 2017/12/0034 und 0035, mwN).
22 Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Für das Gutachten eines Sachverständigen erweist es sich zur Wahrung des Parteiengehörs seitens einer Verwaltungsbehörde zumindest als notwendig, den Schriftsatz samt Gutachten mit einem Hinweis darauf zu übermitteln, dass der zu erlassende Bescheid auf dieses Gutachten gestützt werde, um den Parteien die Möglichkeit zu bieten, dem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten (vgl. zB. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0069).
23 Dem Revisionswerber wird daher im Sinne obiger Ausführungen im Verfahren zur Bewertung seines konkreten Arbeitsplatzes das dort einzuholende Sachverständigengutachten zur Kenntnis zu bringen und ihm die Möglichkeit der Stellungnahme hiezu einzuräumen seien.
24 Da die vom Revisionswerber aufgeworfene Rechtsfrage, ob ihm in dem über Antrag des Innenministers vom Bundesminister für öffentlichen Dienst und Sport geführten Verfahren gemäß § 143 Abs. 1 BDG 1979 Akteneinsicht zu gewähren sei, aufgrund der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahin zu beantworten ist, dass ihm ein Recht auf Akteneinsicht im Sinne des § 17 AVG mangels Parteistellung in einem behördlichen Verfahren iSd. Art. II EGVG nicht zukommt, wurde in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgeworfen.
25 Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der Revision weiters vorgebracht wird, dass eine Vielzahl von Beamten von der aufgeworfenen Rechtsfrage betroffen sei, ist darauf hinzuweisen, dass damit keine grundsätzliche Rechtsfrage dargestellt wird. Bewirkt doch der Umstand, dass die zu lösende Rechtsfrage in einer Vielzahl von Fällen auftreten könnte, für sich allein noch nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. VwGH 2.10.2019, Ra 2019/12/0056, mwN).
26 Aus den dargelegten Gründen liegen somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 4. Dezember 2019
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2sachliche ZuständigkeitSachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes FachgebietEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019120065.L00Im RIS seit
21.01.2020Zuletzt aktualisiert am
21.01.2020