TE Vfgh Beschluss 1996/10/2 A9/96, A11/96

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Veröffentlicht am 02.10.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art137 / Allg
ZPO §538 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung einer Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage mangels Geltendmachung eines gesetzlichen Nichtigkeits- bzw Wiederaufnahmsgrundes; Wiederaufnahme aus rein rechtlichen Gründen ausgeschlossen; Zurückweisung der eventualiter eingebrachten neuerlichen Klage wegen rechtskräftig entschiedener Sache

Spruch

Die Klagen werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Am 8. September 1992 wurde über den Kläger mit Organstrafverfügung wegen Übertretung des §4 des Wiener Parkometergesetzes eine Geldstrafe in Höhe von S 200,-- verhängt. Dieser Betrag wurde am 23. September 1992 bezahlt.

Mit Schreiben vom 23. Dezember 1993 und vom 8. September 1994 begehrte der Kläger vom Magistrat der Stadt Wien die Rücküberweisung des - behaupteterweise rechtsgrundlos - bezahlten Strafbetrages. Da die Rückzahlung nicht geleistet wurde, erhob er am 28. September 1994 Klage beim Verfassungsgerichtshof gegen das Land Wien.

Mit Erkenntnis vom 27. November 1995, A16/94, wies der Verfassungsgerichtshof das Klagebegehren ab. Er begründete dies in Auseinandersetzung mit §50 Abs7 VStG im wesentlichen damit, daß eine Rückleistung dann nicht zu erfolgen habe, wenn sich die Behörde mit der, wenn auch verspätet, eingelangten Bezahlung der Organstrafverfügung begnüge.

2. Mit beim Verfassungsgerichtshof am 16. Juni 1996 eingelangtem Schriftsatz erhebt der Kläger gegen das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes "Nichtigkeits- bzw. Wiederaufnahmsklage" sowie, in eventu, eine neuerliche Klage gegen das Land Wien auf Rückleistung der aufgrund der Organstrafverfügung vom 8. September 1992 am 23. September 1992 einbezahlten Geldstrafe in Höhe von S 200,--.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit erwogen:

3.1. Zur Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage:

Für die Wiederaufnahme eines Verfahrens im Fall des Art137 B-VG gelten, da §34 VerfGG eine nähere Regelung nicht enthält, gemäß §35 VerfGG sinngemäß die Bestimmungen der ZPO (§§529 ff). Der Verfassungsgerichtshof hat daher bei der Entscheidung über den vorliegenden Antrag auch die Bestimmung des §538 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden, wonach eine Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage insbesondere dann zurückzuweisen ist, wenn sie nicht auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe gestützt wurde (vgl. VfSlg. 8983/1980, 11313/1987, VfGH 11.1.1995 B2325/94).

Die Nichtigkeits- bzw. Wiederaufnahmsklage enthält keine neuen Tatsachen und Beweismittel. Behauptet wird vielmehr das Vorliegen einer unrichtigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes. Eine Wiederaufnahme aus rein rechtlichen Gründen ist jedoch, wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. Anh. 5/1950 ausgesprochen hat, ausgeschlossen (vgl. auch VfGH 11.1.1995 B 2325/94).

Die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage war daher allein schon mangels Geltendmachung eines gesetzlichen Nichtigkeits- bzw. Wiederaufnahmsgrundes zurückzuweisen, ohne daß auf die Frage ihrer Rechtzeitigkeit eingegangen werden mußte.

3.2. Zum Eventualbegehren:

Der Kläger behauptet die Zulässigkeit der neuerlichen Klagseinbringung damit, daß deshalb, weil sich der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 27. November 1995, A16/94, nicht mit der Bereicherungsfrage beschäftigt habe, angesichts der herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie - diesbezüglich wird auf Fasching, Lehrbuch 21990, Rz 1155 ff, verwiesen - keine entschiedene Sache vorliege.

Diese Auffassung ist verfehlt. Wie nämlich in der bezogenen Literaturstelle ausgeführt wird, liegt nach der Lehre vom zweigliedrigen Streitgegenstand "derselbe Streitgegenstand immer dann vor, wenn sowohl der Sachantrag als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen identisch sind." Das ist aber vorliegend der Fall: Mit dem Eventualbegehren wird ebenso wie mit dem dem Erkenntnis vom 27. November 1995, A16/94, zugrunde liegenden Begehren die Rückzahlung jenes Betrages von S 200,-- begehrt, der am 23. September 1992 vom Kläger aufgrund einer gegen ihn wegen Verletzung des Wiener Parkometergesetzes gerichteten Organstrafverfügung vom 8. September 1992 bezahlt wurde.

Aus dem Grunde der rechtskräftig entschiedenen Sache war daher auch das Eventualbegehren zurückzuweisen.

4. Diese Beschlüsse konnten gemäß §538 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG und §19 Abs3 Z2 litd VerfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Wiederaufnahme, Rechtskraft, res iudicata

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:A9.1996

Dokumentnummer

JFT_10038998_96A00009_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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