TE Vwgh Beschluss 2019/12/11 Ra 2019/13/0114

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Veröffentlicht am 11.12.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der P GmbH in T, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 6. März 2019, Zl. RV/7400005/2014, betreffend Festsetzung der Kommunalsteuer für die Jahre 2004 bis 2006, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Bei der Revisionswerberin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde eine die Jahre 2003 bis 2006 umfassende gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben durchgeführt (GPLA). Die Prüferin stellte fest, die Revisionswerberin habe im Prüfungszeitraum Speisen- und Getränkezusteller beschäftigt, und vertrat die Auffassung, dass diese im Rahmen eines Dienstverhältnisses gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 für die Revisionswerberin tätig gewesen seien.

2 Das Finanzamt folgte der Prüferin und schrieb der Revisionswerberin auf Basis der getroffenen Feststellungen die Lohnsteuer, den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2003 bis 2006 vor. Einer dagegen gerichteten Berufung der Revisionswerberin gab der unabhängige Finanzsenat mit Bescheid vom 18. März 2013 keine Folge. Die Behandlung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom 18. März 2013 wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 30. Jänner 2014, 2013/15/0220, gemäß § 33a VwGG idF BGBl. I Nr. 51/2012 abgelehnt.

3 Basierend auf den Feststellungen der GPLA erließ der Magistrat der Stadt W am 12. März 2008 einen Abgabenbescheid, mit dem der Revisionswerberin für die an den Standorten in W beschäftigten Zusteller Kommunalsteuer für die Jahre 2004 bis 2006 vorgeschrieben wurde.

4 Die Revisionswerberin berief auch gegen den Bescheid vom 12. März 2008 und führte in einem ergänzenden Schriftsatz zur Berufung u.a. aus, die Zusteller seien in W nicht für die Revisionswerberin, sondern für selbständige Franchisenehmer der Revisionswerberin tätig gewesen.

5 Der Magistrat der Stadt W erließ eine Berufungsvorentscheidung, woraufhin die Revisionswerberin die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Berufung (nunmehr Beschwerde) als unbegründet ab. Es stellte zunächst fest, die von der Revisionswerberin beschäftigten Zusteller seien nach einem im Voraus erstellten Dienstplan in verschiedenen Gastgewerbebetrieben anwesend gewesen und hätten nach Eingang der Kundenbestellungen die Lieferung der Speisen und Getränke mit dem eigenen Pkw vorgenommen. Die einmal getroffene Diensteinteilung sei grundsätzlich einzuhalten gewesen. Zu Beginn jeder Schicht hätten die Zusteller am jeweiligen Standort erscheinen müssen und sie hätten sich in einem EDV-System an- und abzumelden gehabt. Warmhaltetaschen, Arbeitskleidung (T-Shirt, Polohemd bzw. Jacke jeweils mit Firmenaufschrift) sowie ein Magnetschild mit Firmenaufschrift für den Pkw seien den Zustellern zur Verfügung gestellt worden. Die Entlohnung sei nach einem vereinbarten Stundenhonorar erfolgt. Wenn die bestellten Speisen und Getränke vom Kunden nicht angenommen worden seien oder die Bestellung storniert worden sei, habe dies keine Geldeinbußen für die Zusteller zur Folge gehabt. Bei Dienstverhinderung eines Zustellers sei eine Vertretung aus dem "Zustellerpool" zu organisieren gewesen. Eine Vertretung durch firmenfremde Personen sei nicht möglich gewesen. Grundlage für die Tätigkeit der Zusteller im Prüfungszeitraum seien entweder als "freie Dienstverträge" oder als "Werkverträge" bezeichnete Vereinbarungen gewesen. Sodann führte das Bundesfinanzgericht die an den Standorten in W beschäftigten Zusteller und die an den jeweiligen Zusteller ausbezahlten Beträge an. Deren Höhe ergebe sich - so das Bundesfinanzgericht weiter - aus den Buchhaltungsunterlagen sowie Lohnkonten der Revisionswerberin. Das Vorbringen, nicht die Revisionswerberin, sondern deren Franchisenehmer seien Dienstgeber der Zusteller gewesen, gehe ins Leere, weil das Finanzamt Zusteller nur dann der Revisionswerberin zugerechnet habe, "wenn diese tatsächlich den Lohnaufwand getragen hat". Die Revisionswerberin habe nicht dargetan, "weshalb die Zusteller Abrechnungen ihrer Zustellfahrten an die (Revisionswerberin) adressieren hätten sollen, wenn sie in den hier gegenständlichen Fällen nicht deren Arbeitgeberin im Sinn des § 47 Abs. 1 EStG 1988 gewesen wäre". Von Dienstverhältnissen iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 sei - nach der bei der Sachverhaltsfeststellung angestellten Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes, die im angefochtenen Erkenntnis im Detail dargestellt wird - auszugehen.

7 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil sich das angefochtene Erkenntnis bei den zu lösenden Rechtsfragen an der einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur orientiere. Darüber hinaus hinge die Entscheidung im Wesentlichen von Umständen des Einzelfalles sowie auf der Ebene der Beweiswürdigung zu beantwortenden Sachfragen ab.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung einer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde durch diesen mit Beschluss vom 11. Juni 2019, E 1476/2019-5, und Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof erhobene außerordentliche Revision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Die Revision führt in der Zulässigkeitsbegründung aus, "dass das angefochtene Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu folgenden Fragen abweicht":

"Eine exakte gesetzliche Abgrenzung zwischen Dienstverhältnis, freiem Dienstverhältnis und werkvertraglichen Verhältnissen ist zwingend erforderlich, zumal sich an diese Abgrenzung jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen.

Dass § 47 Abs. 2 EStG keine hinreichend bestimmten Abgrenzungskriterien enthält, zeigt der Umstand deutlich, dass von den Höchstgerichten mangels ausreichend bestimmter gesetzlicher Vorgaben unterschiedliche Kriterien für die Abgrenzung von Dienstverhältnissen, freien Dienstverhältnissen und Werkverträgen angewendet werden. Dies führt zu dem Ergebnis, dass gleiche Vertragsverhältnisse einmal als Dienstverhältnis, ein anderes Mal als werkvertragliches Verhältnis oder als freies Dienstverhältnis gewertet werden (vgl. z.B. einerseits OGH zu 8 ObA 45/03f und andererseits VwGH zu 2009/08/0269; jeweils Zusteller betreffend)."

Nach dieser Einleitung wird auf Entscheidungen eines unabhängigen Verwaltungssenates, des Bundesverwaltungsgerichtes, des Obersten Gerichtshofes und auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichthofes vom 20. Mai 2015, Ra 2014/09/0041 (wonach in jedem Fall gesondert zu prüfen sei, ob eine als Zusteller tätige Person als Dienstnehmer anzusehen sei), vom 24. April 2014, 2013/08/0258 (wonach von einer persönlichen Arbeitspflicht des einzelnen Beschäftigten nicht mehr ausgegangen werden könne, wenn ein Auftraggeber einfache Tätigkeiten so organisiere, dass für deren Durchführung jederzeit mehrere abrufbare Arbeitskräfte zur Verfügung stünden, und es ihm gleichgültig sei, von welcher gleichwertigen Arbeitskraft aus dem potentiell zur Verfügung stehenden Kreis er die Arbeit durchführen lasse), und vom 18. Oktober 2000, 99/09/0011 (wo betreffend die Tätigkeit eines Werbemittelverteilers eine Qualifikation der als Werkvertrag bezeichneten Vertragsverhältnisse als echte Dienstverträge abgelehnt worden sei), verwiesen. Auf bestimmte Inhalte des angefochtenen Erkenntnisses wird dabei nirgends Bezug genommen. Es wird nur pauschal vorgebracht, es widerspreche (gemeint offenbar: im Ergebnis) der dargestellten Judikatur. Revisionswerber, die eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behaupten, müssen jedoch konkret darlegen, in welchen Punkten das angefochtene Erkenntnis von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. als Beispiel für viele den Beschluss VwGH 20.12.2017, Ra 2017/13/0067). Diesem Erfordernis entspricht das allgemein gehaltene Zulässigkeitsvorbringen nicht.

Mit der im Zulässigkeitsvorbringen auch aufgeworfenen Frage der ausreichenden Bestimmtheit einer anzuwendenden generellen Rechtsvorschrift kann die Zulässigkeit einer Revision nicht begründet werden (vgl. dazu die Judikaturnachweise bei Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, E 33 ff und 126 zu § 34 VwGG).

13 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 11. Dezember 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019130114.L00

Im RIS seit

06.02.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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