TE Vwgh Erkenntnis 2019/12/11 Ra 2019/05/0013

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.12.2019
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein
E3L E15101000
E6J
001 Verwaltungsrecht allgemein
14/01 Verwaltungsorganisation
40/01 Verwaltungsverfahren
83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

AVG §52
AVG §59 Abs1
EURallg
UVPG 2000 Anh1
UVPG 2000 Anh1 Z18 litb
UVPG 2000 §1 Abs2
UVPG 2000 §2 Abs2
UVPG 2000 §3 Abs2
UVPG 2000 §3 Abs7
UVPG 2000 §3a Abs1
UVPG 2000 §3a Abs2
UVPG 2000 §3a Abs3
UVPG 2000 §9 Abs4
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §24 Abs4
VwRallg
31985L0337 UVP-RL
32011L0092 UVP-RL
32011L0092 UVP-RL AnhII
32011L0092 UVP-RL AnhIII
32011L0092 UVP-RL Art2 Abs1
32011L0092 UVP-RL Art4 Abs2
32011L0092 UVP-RL Art4 Abs2 litb
62014CJ0141 Kommission / Bulgarien
62014CJ0461 Kommission / Spanien
62015CJ0645 Bund Naturschutz in Bayern und Wilde VORAB
62017CJ0117 Comune di Castelbellino VORAB

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des S S in W, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. November 2017, W193 2155743- 1/14E, betreffend Feststellung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. W fonds für wohnbau und stadterneuerung, 2. B Gemeinnützige allgemeine Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft, reg.Gen.m.b.H., 3. W Wohnen und Bauen Ges.m.b.H. und 4. Gemeinnützige Bau-, Wohn und Siedlungsgenossenschaft "N" reg.Gen.m.b.H., alle in W, alle vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 Mit Eingabe vom 23. Juni 2016 stellten die mitbeteiligten Parteien (im Folgenden: Projektwerber) an die Wiener Landesregierung (im Folgenden: Landesregierung) den Antrag, diese möge gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000 feststellen, dass für das Entwicklungsvorhaben "Projekt B.-Gasse" keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen sei. In ihrem Antrag führten die Projektwerber (u.a.) aus, dass in dem rund 230.000 m2 großen Vorhabensgebiet, das in ihrem Eigentum stehe, eine gemischte Nutzung erfolgen solle, welche Wohnungen und ergänzende Wohnfolgeeinrichtungen (Nahversorger etc.) bei einer Gesamtnutzfläche von rund 240.000 m2 und einer daraus resultierenden Gesamtbruttogeschossfläche von rund 320.000 m2 umfasse. Diese Nutzflächen würden fast ausschließlich als Wohnnutzflächen umgesetzt.

Wohnfolgeeinrichtungen (Nahversorger, Dienstleister und soziale Einrichtungen) seien lediglich als Ergänzung für das gegenständliche Projektgebiet in multifunktional nutzbaren Erdgeschosszonen vorgesehen. Zusätzlich ermögliche der Entwurf des (näher genannten) Plandokumentes rund 20.000 m2 Nutzfläche für den geplanten Bildungscampus, wobei tatsächlich jedoch derzeit weniger Nutzfläche benötigt werde und es sich dabei um eine Reserve für künftig mögliche Erweiterungen handle. Aus den im Plandokument festgelegten Nutzflächen ergebe sich für das Entwicklungsgebiet gemäß dem Wiener Garagengesetz 2008 - WGarG 2008 die Anforderung, ca. 2.000 - 2.400 Pflichtstellplätze zu errichten. Schon jetzt sei das Vorhabensgebiet durch eine (näher bezeichnete)

Straßenbahnlinie und zahlreiche Buslinien sehr gut öffentlich erschlossen. Die innere Verkehrserschließung des Vorhabensgebietes sei autofrei geplant, und der Binnenraum stehe somit bis auf geforderte Zufahrten für Einsatz- und Müllfahrzeuge nicht für den motorisierten Individualverkehr offen. Geplant seien Sammelgaragen, deren Ein- und Ausfahrten bei der B.-Gasse bzw. H.- Straße situiert seien. Der Individualverkehr verteile sich in weiterer Folge auf den Achsen H.-Straße und zwei weiteren (näher genannten) Straßen. Bei dem gegenständlichen Vorhaben handle es sich um kein "Städtebauvorhaben" im Sinne des Anhanges 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000, weil die qualitativen Kriterien für das Vorliegen eines solchen Vorhabens - insbesondere hinsichtlich der gesamten multifunktionalen Bedeutung jedenfalls mit Wohn- und Geschäftsbauten einschließlich der hiefür vorgesehenen Erschließungsstraßen und "Versorgungseinrichtungen mit einem über das Gebiet hinausreichenden Einzugsbereich" - nicht erfüllt seien. 2 In ihrer Stellungnahme vom 24. August 2016 brachten die Projektwerber (u.a.) ergänzend vor, dass im gegenständlichen Entwicklungsvorhaben "Projekt B.-Gasse" zwar unter anderem auch die Errichtung von Gastronomiebetrieben vorgesehen sei, es sich dabei jedoch lediglich um kleine Einrichtungen zur Versorgung der zukünftigen Bewohner handeln solle ("Beisln ums Eck" für die unmittelbare Nachbarschaft).

3 Mit Bescheid der Landesregierung vom 21. Februar 2017 wurde unter Spruchpunkt I) gemäß § 3 Abs. 7 iVm Anhang 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 festgestellt, dass für das Entwicklungsvorhaben "Projekt B.-Gasse" keine UVP durchzuführen sei, und weiters ausgesprochen, dass "die Beilagen 1 bis 3" einen Bestandteil dieses Bescheides bildeten. Unter Spruchpunkt II) wurde den Projektwerbern gemäß der Verordnung der Landesregierung über Verwaltungsabgaben und Kommissionsgebühren eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von EUR 6,54 vorgeschrieben.

4 In der Bescheidbegründung zu Spruchpunkt I) legte die Landesregierung ihrer Beurteilung die (oben dargestellte) Beschreibung des Projektgebietes im Feststellungsantrag der Projektwerber zugrunde und führte (u.a.) aus, dass zwar ein räumlicher Zusammenhang des gegenständlichen Projektes mit einem anderen Projekt ("Projekt P.-Gasse/A.H.") evident sei, jedoch ein funktionaler und sachlicher Zusammenhang der beiden Projekte mangels eines planerischen Gesamtwillens nicht gegeben sei und daher ein einziges Vorhaben im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 nicht vorliege. Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Erschließungsprojekte in vergleichbaren Planungsstadien im räumlichen Umfeld zum gegenständlichen Projekt gebe es nicht. Weiters führte die Landesregierung in Bezug auf Anhang 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 und die Fußnote 3a zu dieser Bestimmung ("Städtebauvorhaben") aus, dass laut dem am 9. November 2016 an alle Ämter der Landesregierungen ergangenen Informationsschreiben des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend die bundesweite Auslegung des Tatbestandes "Städtebauvorhaben" im Sinne des Anhanges 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 folgende Kriterien kumulativ vorliegen müssten: Eine Flächeninanspruchnahme von mindestens 15 ha, eine Bruttogeschossfläche von mehr als 150.000 m2, ein gesamthafter, auf die Ausführung des Vorhabens gerichteter Wille sowie Multifunktionalität, Erschließungsstraßen und Versorgungseinrichtungen mit einem über das Gebiet des Vorhabens hinausreichenden Einzugsbereich ("Magnetwirkung"). Als Erschließungsstraßen seien "nur solche Straßen für den motorisierten Individualverkehr (MIV) innerhalb des Städtebauvorhabens zu verstehen, deren Errichtung für die Anbindung der einzelnen Teile des Städtebauvorhabens erforderlich ist". Dem Antrag sei eindeutig zu entnehmen, dass die innere Verkehrserschließung des Vorhabensgebietes autofrei geplant sei und der Binnenraum bis auf geforderte Zufahrten für Einsatz- und Müllfahrzeuge nicht für den motorisierten Individualverkehr offenstehe. Da das gegenständliche Entwicklungsvorhaben somit keine Erschließungsstraße beinhalte, sei es schon deshalb nicht als Städtebauvorhaben im Sinne des Anhang 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 zu qualifizieren. Für das beantragte Vorhaben sei demnach keine UVP durchzuführen.

5 Mit Schreiben der Landesregierung vom 28. Februar 2017 ("Öffentliche Bekanntmachung der Auflage eines Bescheides") wurde der genannte Bescheid vom 21. Februar 2017 unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 mit dem Hinweis auf die Feststellung, dass für das Entwicklungsvorhaben "Projekt B.-Gasse" keine UVP nach dem UVP-G 2000 durchzuführen sei, und darauf, dass der Bescheid ab 7. März 2017 bis einschließlich 18. April 2017 beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 22, an einem näher angeführten Ort zu näher angeführten Zeiten zur Einsicht aufliege und der Bescheid außerdem ab 7. März 2017 bis einschließlich 18. April 2017 im Internet unter der näher bezeichneten Adresse zum Download bereitgestellt werde, zur öffentlichen Einsichtnahme aufgelegt. Bei den unter Spruchpunkt I) des Bescheides genannten (von den Projektwerbern an die Landesregierung vorgelegten) drei Beilagen handelt es sich um den Antrag der Projektwerber vom 23. Juni 2016 ("D 1"), die Stellungnahme der Projektwerber vom 24. August 2016 ("D 2") und den "Rahmenplan B.-Gasse Zusammenfassung 2016" ("D 3"), die einen diesbezüglichen, mit 21. Februar 2017 datierten Bezugsvermerk der Landesregierung aufweisen.

6 Gegen diesen Bescheid erhoben 345 Personen als Nachbarn - darunter der Revisionswerber (als Erstbeschwerdeführer) - gemeinsam Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht. 7 Die Beschwerdeführer wendeten sich in ihrer Beschwerde unter anderem gegen die Heranziehung des genannten ministeriellen Rundschreibens und gegen die Beurteilung der Landesregierung in Bezug auf das Vorliegen von Erschließungsstraßen. Zudem ergebe sich bereits aus der Systematik der UVP-Richtlinie (gemeint:

Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 26 vom 28.1.2012, S 1-21), dass Städtebauvorhaben von Straßenbauvorhaben zu unterscheiden seien. Da die Vorhaben unterschiedliche Tatbestände darstellten, ergebe eine richtlinienkonforme Betrachtung jedenfalls, dass Städtebauvorhaben gerade keine Straßen immanent sein müssten. Auch dem UVP-G 2000 sei eine derartige Definition fremd, und es lasse sich dem Gesetzeswortlaut die Auslegung, dass Erschließungsstraßen nur Straßen für den motorisierten Individualverkehr sein sollten, nicht entnehmen. Selbst im ministeriellen Durchführungsrundschreiben werde auf die Anbindung an das Verkehrsnetz und auf die Zufahrtsstraßen abgestellt und gerade nicht auf interne Erschließungsstraßen. Selbst wenn die Ansicht der Landesregierung, dass es auf die Erschließungsstraßen innerhalb des Vorhabensgebietes ankomme, zuträfe, habe die Landesregierung übersehen, zu prüfen bzw. zu würdigen, dass unterirdische Erschließungsstraßen zur Anschließung der beiden geplanten riesigen Sammelgaragen vorlägen. Weiters sei nicht geprüft worden, ob das Vorhaben Teil eines viel größeren Städtebauvorhabens sei. Darüber hinaus brachten die Beschwerdeführer vor, dass die einen Bescheidbestandteil bildenden Beilagen 1 bis 3 nicht veröffentlicht worden seien. Es liege daher gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 eine mangelhafte Kundmachung des Feststellungsbescheides vor.

8 Das Bundesverwaltungsgericht holte das Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen für Raumordnung DI E. vom 29. September 2017 zu den Fragen der "gemischten Bebauung", der "Multifunktionalität" und der "Magnetwirkung" des Vorhabens ein, in dem der Sachverständige unter anderem ausführte, dass laut dem Feststellungsantrag als zentrale Einrichtungen ein Bildungscampus mit einer Fläche von bis zu 19.600 m2 (bestehend aus einem 12- gruppigen Kindergarten, einer 17-klassigen Ganztagesvolksschule und einer 12-klassigen ganztägigen Neuen Mittelschule), ein Kindertagesheim und ein Nahversorger vorgesehen seien und das Projektgebiet eine strukturierte Bebauung mit Objekten zwischen 2 bis 11 Geschossen erhalten solle. Für das Vorliegen einer "gemischten Bebauung" bedürfe es einer Mischung von auf einzelne Funktionen spezialisierten Gebäuden (insbesondere Bürogebäude, Betriebsgebäude, Gebäude für den Einzelhandel o.ä.). Aus den vorliegenden Unterlagen gehe hervor, dass solche spezialisierten Gebäude nicht geplant seien. Vielmehr sollten bis auf eine Ausnahme Wohngebäude errichtet werden. Ein kleiner Teil dieser Wohngebäude solle im untergeordneten Bereich mit Versorgungseinrichtungen bzw. multifunktional nutzbaren Flächen im Erdgeschoss ausgestattet werden können. Lediglich der den Versorgungseinrichtungen zuzurechnende vorgesehene Schulcampus stelle das einzige spezialisierte Gebäude dar, in dem keine Wohnnutzung vorgesehen sei. Eine "gemischte Bebauung" im städtebaulichen Sinn sei den übermittelten Unterlagen nicht zu entnehmen.

9 Zur Frage der "Multifunktionalität" führte der Sachverständige weiter aus, dass die gesamte Bebauung im gegenständlichen Verfahren grundsätzlich auf die Funktion "Wohnen" und die dafür unmittelbar erforderlichen Versorgungseinrichtungen ausgelegt sei. Im kleinen Rahmen sei, insbesondere bei der Leitfunktion "Wohnen", eine gewisse Multifunktionalität daher nicht auszuschließen. Dies beziehe sich insbesondere auf mögliche gewerbliche Nutzungen in Teilen von Wohnungen, wie z.B. als Home-Office, oder auf die kulturelle Nutzung von wohnhauseigenen Gemeinschaftsräumen, z.B. für Lesungen, Liederabende u.ä., oder auf die Nutzung selbiger Gemeinschaftsräume zu Erholungszwecken, z. B. zum Tischtennisspiel. Zu prüfen sei, inwieweit spezialisierte Gebäude vorgesehen seien, die innerhalb der gesamthaften Bebauung vorrangig einer gewerblichen oder kulturellen Nutzung oder Erholungszwecken diente. Aus den vorliegenden Unterlagen seien solche Bebauungsstrukturen oder Gebäude nicht abzulesen. Lediglich der Bildungscampus als Versorgungseinrichtung stelle ein spezialisiertes Gebäude neben der sonst anzutreffenden Wohnbebauung dar.

10 Was die Frage, ob Versorgungseinrichtungen mit "Magnetwirkung" vorlägen, anlange, so sei es erforderlich, die zu erwartende Bevölkerungszahl des Vorhabens und somit den zu erwartenden Bedarf an Versorgung abzuschätzen. Unter Zugrundelegung einer Bruttogeschossfläche von bis zu 320.000 m2 laut den Unterlagen und entsprechend einem Umrechnungsschlüssel von 90 bis 100 m2 Bruttogeschossfläche je zukünftiger Wohnung könne man mit etwa 3.200 bis 3.600 Wohneinheiten rechnen. Aufgrund einer durchschnittlichen Belagszahl in Wien von rund 2,2 Personen pro Wohnung in Neubaugebieten ergebe sich eine Bandbreite von einer zu erwartenden Einwohnerzahl zwischen 7.000 und 8.000 Personen. Die maßgebliche Versorgungseinrichtung stelle der geplante Bildungscampus dar. Gemäß den Richtlinien der Stadt Wien sei ein neuer Bildungscampus für je 3.500 Wohneinheiten erforderlich. Stelle man das geplante Angebot an Kinderbetreuungs- und Bildungseinrichtungen der zu erwartenden Nachfrage gegenüber, so lasse sich eine kongruente Abdeckung von Angebot und Nachfrage erwarten. Zu dem vorgesehenen Nahversorger lägen keine Angaben bezüglich einer Dimensionierung vor. In § 7c Abs. 1 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) werde die maximale Quadratmeteranzahl für Nahversorger (bzw. Verkaufsflächen) ohne besondere Widmung mit

2.500 m2 limitiert. Alle über diese Fläche hinausgehenden Einzelhandelseinrichtungen erforderten grundsätzlich die Widmung "Einkaufszentrum (EKZ)". Das bedeute, dass bei Ausschöpfung des in der BO gegebenen Rahmens an Verkaufsflächen lediglich der unmittelbar durch das Vorhaben generierte kurzfristige Bedarf abgedeckt werden könne. Zu weiteren maßgeblichen Versorgungseinrichtungen seien den vorliegenden Unterlagen keine Angaben zu entnehmen. Die für das Vorhaben geplanten Versorgungseinrichtungen seien daher so dimensioniert, dass sie keine "Magnetwirkung", die Verkehr von außerhalb des Vorhabens anziehe, entfalteten.

11 In der mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2017 erstatteten Äußerung brachten die Beschwerdeführer in Bezug auf dieses Gutachten (u.a.) vor, dass - entgegen den Ausführungen des Sachverständigen - die Multifunktionalität schon dann gegeben sei, wenn einzelne Gebäude für sich sowohl Geschäfts- als auch Wohnfunktion erfüllten. Es bestehe ein Widerspruch darin, wenn der Sachverständige zunächst festhalte, dass nur Wohngebäude vorlägen, diese aber teilweise im Erdgeschossbereich mit multifunktionalen Flächen ausgestattet würden und ferner die Wohnungen sehr wohl als Büros genutzt werden könnten. Da die Projektwerber keine Angaben hinsichtlich der vorgesehenen Supermarktfläche gemacht hätten, sei das Vorhaben zudem noch nicht genug konkret, um beurteilungsfähig zu sein. Aus der Vorhabensbeschreibung der Projektwerber, wonach durch die Schaffung neuer öffentlicher Räume und zusätzlicher Infrastruktur ein Mehrwert für die Bewohner des direkten Umfeldes und der umgebenden Wohngebiete entstehen solle, gehe hervor, dass eine gewisse Multifunktionalität angestrebt werde bzw. vorhabensimmanent sei.

12 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - ohne vorangehende Durchführung der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung - (unter Spruchpunkt A) die genannte Beschwerde (und die weitere Beschwerde einer näher genannten Umweltorganisation) als unbegründet abgewiesen und (unter Spruchpunkt B) eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.

13 Dazu führte das Bundesverwaltungsgericht unter anderem unter Zugrundelegung des genannten Sachverständigengutachtens aus, dass die Größe des Projektgebietes ca. 24 ha und die geplante Bruttogeschossfläche der Gebäude ca. 320.000 m2 betrügen sowie als zentrale Einrichtungen ein Bildungscampus mit einer Fläche von bis zu 19.000 m2 (bestehend aus einem 12-gruppigen Kindergarten, einer 17-klassigen Ganztagesvolksschule und einer 12-klassigen ganztägigen Neuen Mittelschule), ein Kindertagesheim und ein Nahversorger vorgesehen seien, wobei eine überwiegende Wohnbebauung geplant sei. Bei dem gegenständlichen Vorhaben sei weder eine gemischte Bebauung vorgesehen, noch liege eine Multifunktionalität in dem Sinne vor, dass das Vorhaben bzw. seine gesamthafte Bebauung gleichzeitig mehrere Funktionen erfülle. Die geplanten Versorgungseinrichtungen seien zudem nicht geeignet, Verkehr von außerhalb des Vorhabensgebietes anzuziehen ("Magnetwirkung"). Ferner handle es sich bei dem Projekt um ein Neuvorhaben und kein einheitliches Vorhaben mit dem Projekt "P.- Gasse/A.H.", weil kein sachlicher Zusammenhang bestehe. 14 Weiters führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass es sich bei den genannten 345 Beschwerdeführern offenkundig um Personen handle, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Sie seien daher Nachbarn im Sinne des § 3 Abs. 7a iVm § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000.

15 Der Vorgang der Kundmachung des Feststellungsbescheides

erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen. Als geeignete Kundmachungsform im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 gälten die subsidiären Kundmachungsformen im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG, sodass die Kundmachung in einer solchen Form erfolgen müsse, die geeignet sei, alle Beteiligten von der Bescheiderlassung zu verständigen. Im vorliegenden Fall sei der genannte Bescheid auf der Homepage der Landesregierung kundgemacht und den Nachbarn die Möglichkeit der Akteneinsicht eingeräumt worden. Eine Verpflichtung zur vollumfänglichen Kundmachung, so auch der Beilagen (allenfalls auch umfangreicher Planunterlagen), sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Den Beschwerdeführern sei es auch nicht gelungen, darzulegen, wie sie durch die behauptete mangelhafte Kundmachung in ihren Rechten verletzt bzw. wie ihre Rechtsschutzmöglichkeiten verkürzt worden seien, weil ihnen das Recht auf Akteneinsicht zustehe und die Unterlagen auch zugänglich gewesen seien.

16 In Bezug auf die Frage der Verwirklichung des Tatbestandes "Städtebauvorhaben" nach Anhang 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 vertrat das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung, dass das Vorhaben zwar die Schwellenwerte des Anhanges 1 Z 18 lit. b leg. cit. überschreite, aber die in der Fußnote 3a zu dieser Bestimmung festgelegten weiteren Voraussetzungen nicht erfülle: Dem Vorhaben fehle der in dieser Fußnote statuierte Außenbezug, weil es keinen über das Projektgebiet hinausreichenden Einzugsbereich habe ("Magnetwirkung"). Ferner sei das Vorhaben überwiegend auf Wohnnutzung ausgerichtet, und es seien keine Geschäftsbauten vorgesehen, sodass von keiner "Multifunktionalität" auszugehen sei. Auch sei nicht ersichtlich, dass das Vorhaben Teil eines größeren Projektes sei. Aufgrund des fehlenden sachlichen Zusammenhanges handle es sich um kein einheitliches Vorhaben mit dem Projekt "P.-Gasse/A.H.". Es liege somit kein Vorhaben nach Anhang 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 vor. Vor diesem Hintergrund erübrige es sich, auf das weitere Vorbringen betreffend das Vorliegen einer Erschließungsstraße einzugehen.

17 Im Ergebnis sei für das gegenständliche Entwicklungsprojekt keine UVP durchzuführen, weil die Tatbestandsvoraussetzungen des Anhanges 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 nicht erfüllt seien. Daher könne es auch nicht zu einer Kumulation mit dem Projekt "P. Gasse/A.H." kommen. Entsprechende Indizien für die Absicht eines einheitlichen Betriebszweckes hätten nicht erkannt werden können. Deshalb sei auch keine Prüfung erforderlich, ob das Vorhaben mit anderen Bauprojekten im Umfeld kumuliere. 18 Die vom Revisionswerber beantragte mündliche Verhandlung habe gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben können, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen sei und sich auch nicht geändert habe. Zudem sei den Parteien ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen ihres Parteiengehörs gewährt worden. Das Bundesverwaltungsgericht habe nach Einsicht in den Verfahrensakt der UVP-Behörde aufgrund des schriftlichen Beschwerdevorbringens entscheiden können, ohne dass dies eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 GRC bedeutet hätte.

19 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss VfGH 25.9.2018, E 144/2018-8, deren Behandlung ablehnte und sie mit Beschluss VfGH 6.11.2018, E 144/2018-10, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

20 Die Projektwerber, die Landesregierung und die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

21 Die Revision ist in Anbetracht der in ihrer Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) aufgeworfenen Fragen der Zulässigkeit des Absehens von einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und der Auslegung des in Anhang 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 normierten Begriffes "Städtebauvorhaben" zulässig. Ihr kommt auch Berechtigung zu. 22 Die Revision führt in Bezug auf die Frage des Vorliegens eines "Städtebauvorhaben" (u.a.) aus, es sei der unionsrechtliche Maßstab bei der Beurteilung dieses UVP-Tatbestandes nicht eingehalten worden und es hätte bereits aufgrund der Größe des Vorhabens, die durch die massive Überschreitung der Schwellenwerte ausreichend objektiviert sei, die UVP-Pflicht für das Vorhaben festgestellt werden müssen. Des Weiteren sei es für die Verwirklichung des Tatbestandes "Städtebauvorhaben" ausreichend, wenn die vorhabensgegenständliche Bebauung eine Wohn- /Geschäftsnutzung zulasse. Das Erfordernis, konkrete Bebauungsteile einer exklusiven Wohn-/Geschäftsnutzung zuzuordnen, sei der UVP-Richtlinie fremd und stelle eine richtlinienwidrige Auslegung dar. Das Bundesverwaltungsgericht lege die Fußnote 3a des Anhanges 1 des UVP-G 2000 unrichtig aus, und gerade der Vorgabe an die "Multifunktionalität" widerspreche dessen Auslegung, dass einzelne Bauten vorliegen müssten, die ausschließlich Geschäftsnutzungen aufwiesen. Vielmehr müsse es für ein "Städtebauvorhaben" ausreichen, wenn die vorhabensgegenständliche Bebauung eine Wohn-/Geschäftsnutzung zulasse. Wenn man der Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in Bezug auf die Frage der "Magnetwirkung" des Vorhabens und darauf, dass die Überschreitung der Schwellenwerte irrelevant sei, folgte, dann müsste ein Projektwerber das Vorhabensareal nur ausreichend groß wählen, um sicherzustellen, dass Versorgungseinrichtungen keinen über dieses Areal hinausgehenden Außenbezug bzw. keine "Magnetwirkung" hätten. Damit könnte sogar durch eine intendierte Überschreitung der Schwellenwerte sichergestellt werden, dass die Merkmale der genannten Fußnote 3a nicht mehr vorlägen. Es liege auf der Hand, dass eine solche Interpretation gesetz- und richtlinienwidrig wäre.

23 Ferner gehe es bei der Auslegung des UVP-Tatbestandes "Städtebauvorhaben" nicht um das Vorliegen von Erschließungsstraßen, weil sich dies in keiner Weise aus dem UVP-G 2000 ergebe. Dass die Erschließungsstraßen innerhalb des Städtebauvorhabens selbst liegen und somit einzelne Teile dieses Vorhabens anbinden müssten, stehe auch in krassem Widerspruch zu dem in der UVP-Richtlinie normierten Tatbestand. Das im Feststellungsbescheid genannte, rechtlich vollkommen unverbindliche interne ministerielle Informationsschreiben vom 9. November 2016 betreffend die bundesweite Auslegung des Tatbestandes "Städtebauvorhaben" enthalte keine wie immer geartete Argumentation, warum Erschließungsstraßen für den motorisierten Individualverkehr innerhalb des Vorhabensgebietes immanent sein müssten. Die darin geäußerte Rechtsansicht sei bisher weder in der Judikatur noch in der Literatur vertreten, sondern einfach unterstellt worden. Doch selbst wenn man der restriktiven Sichtweise, dass Erschließungsstraßen innerhalb des Städtebauvorhabens vorliegen müssten, folgte, käme man zum Ergebnis, dass solche gegeben seien, selbst wenn diese auf den Einsatz-, Müll-, Rad- bzw. Fußgängerverkehr ausgerichtet oder eben für den Busverkehr offen seien. Dieser durchquere nämlich das Vorhabensareal ebenfalls, wobei es sich um eine Form des gemeinschaftlich organisierten und motorisierten Individualverkehrs handle. Dass für den sonstigen motorisierten Individualverkehr primär unterirdische Straßen zur Erschließung der riesigen zwei Sammelgaragen geplant seien, die einen wesentlichen Bereich des gegenständlichen Vorhabensareals unterirdisch umfassten, sei außerdem nicht näher geprüft worden. 24 Weiters determiniere die Festlegung der Schwellenwerte (in Anhang 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000), aufgrund welcher Projekteigenschaften der Gesetzgeber davon ausgehe, dass bei deren Überschreitung mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt gerechnet werden könne und das Vorhaben daher einer Prüfung unterzogen werden solle. Die Fußnote 3a könne nicht die Überschreitung der Schwellenwerte unbeachtlich machen. Aufgrund der Überschreitung der Schwellenwerte hätte vertieft und umfassender geprüft werden müssen, ob mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei oder eine Kumulation mit anderen Vorhaben vorliege. Während das Bundesverwaltungsgericht ausführe, dass es sich um kein einheitliches Vorhaben mit dem Projekt "P.- Gasse/A.H." handle, weil kein sachlicher Zusammenhang bestehe, hätten die Projektwerber im Rahmenplan mit dem Hinweis auf das Mitdenken künftiger Entwicklungspotentiale und Entwicklungsachsen selbst angeführt, dass ihre gegenständlichen Planungen von anderen Vorhaben mitbeeinflusst worden seien. Schon aufgrund dieser Aussagen könne eine Kumulation nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

25 Obwohl laut dem Sachverständigen in den Erdgeschossen umfassende, Geschäftszwecken dienende Einrichtungen errichtet würden, habe das Bundesverwaltungsgericht keine Ermittlungen darüber geführt, ob diese Geschäftsflächen einen über das Gebiet des Vorhabens hinausgehenden Einzugsbereich hätten und für zusätzliche Supermarktnutzungen vorgesehen seien, wobei die unzulässige Heranziehung einer Maximalfläche aufgrund der Widmung, wie dies der Sachverständige getan habe, keine geeignete Ermittlungstätigkeit darstelle.

26 Im Übrigen sei der Feststellungsbescheid der Landesregierung in rechtswidriger Weise kundgemacht worden, und es sei die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, dass ein Bescheid im Sinne des § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 nicht sämtliche zum Bescheidinhalt erklärten Bestandteile umfasse, unzutreffend. So stelle § 3 Abs. 7 achter Satz leg.cit. auf den vollständigen Bescheid, somit den Bescheid inklusive der zum Bescheidinhalt erklärten Beilagen, ab und sei der vollständige Bescheidinhalt im Internet zu veröffentlichen (Hinweis auf VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0061 bis 0154). Die Möglichkeit der Akteneinsicht könne nicht die mängelfreie Erfüllung der gesetzlichen Veröffentlichungspflicht ersetzen, und es könne den Beschwerdeführern nicht zum Nachteil gereichen, dass sie dennoch in der Lage gewesen seien, rechtzeitig Beschwerde zu erheben.

27 Dazu ist Folgendes auszuführen:

28 Das Bundesverwaltungsgericht hatte seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zugrunde zu legen (vgl. etwa VwGH 28.5.2019, Ra 2018/05/0188, mwN).

29 Die relevanten Bestimmungen des UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2017, lauten (zum Teil auszugsweise):

"Aufgabe von Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung

§ 1. (1) Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist es, unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage

1. die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben

a)

auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume,

b)

auf Boden, Wasser, Luft und Klima,

c)

auf die Landschaft und

d)

auf Sach- und Kulturgüter

hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind,

                 2.       Maßnahmen zu prüfen, durch die schädliche, belästigende oder belastende Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt verhindert oder verringert oder günstige Auswirkungen des Vorhabens vergrößert werden,

                 3.       die Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Alternativen sowie die umweltrelevanten Vor- und Nachteile des Unterbleibens des Vorhabens darzulegen und

                 4.       bei Vorhaben, für die gesetzlich die Möglichkeit einer Enteignung oder eines Eingriffs in private Rechte vorgesehen ist, die umweltrelevanten Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Standort- oder Trassenvarianten darzulegen.

(2) Durch dieses Bundesgesetz wird die Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. Nr. L 26 vom 28.1.2012 S. 1, umgesetzt und werden begleitende Bestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 347/2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 713/2009, (EG) Nr. 714/2009 und (EG) Nr. 715/2009, ABl. Nr. L115 vom 25.4.2013, S. 39, erlassen."

"Begriffsbestimmungen

§ 2. ...

(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.

...

(5) Kapazität ist die genehmigte oder beantragte Größe oder Leistung eines Vorhabens, die bei Angabe eines Schwellenwertes im Anhang 1 in der dort angegebenen Einheit gemessen wird. Anlage ist in diesem Zusammenhang eine örtlich gebundene Einrichtung oder eine in engem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehende Gesamtheit solcher Einrichtungen, die einem im Anhang 1 angeführten Zweck dient."

"Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 3. ...

(2) Bei Vorhaben des Anhanges 1, die die dort festgelegten Schwellenwerte nicht erreichen oder Kriterien nicht erfüllen, die aber mit anderen Vorhaben gemeinsam den jeweiligen Schwellenwert erreichen oder das Kriterium erfüllen, hat die Behörde im Einzelfall festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen und daher eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Vorhaben durchzuführen ist. Für die Kumulierung zu berücksichtigen sind andere gleichartige und in einem räumlichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die bestehen oder genehmigt sind, oder Vorhaben, die mit vollständigem Antrag auf Genehmigung bei einer Behörde früher eingereicht oder nach §§ 4 oder 5 früher beantragt wurden. Eine Einzelfallprüfung ist nicht durchzuführen, wenn das geplante Vorhaben eine Kapazität von weniger als 25 % des Schwellenwertes aufweist. Bei der Entscheidung im Einzelfall sind die Kriterien des Abs. 4 Z 1 bis 3 zu berücksichtigen, Abs. 7 ist anzuwenden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im vereinfachten Verfahren durchzuführen. Die Einzelfallprüfung entfällt, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt.

...

(7) Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Umweltauswirkungen ausreichen. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, haben der Projektwerber/die Projektwerberin, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. Vor der Entscheidung sind die mitwirkenden Behörden und das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß § 9 Abs. 4 erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. ...

(7a) Stellt die Behörde gemäß Abs. 7 fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist eine gemäß § 19 Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation oder ein Nachbar/eine Nachbarin gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation oder einem solchen Nachbarn/ einer solchen Nachbarin Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. ...

..."

Anhang 1 Z 18 lit. b des UVP-G 2000 , BGBl. Nr. 697/1993, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2017 lautet auszugsweise:

"Anhang 1

Der Anhang enthält die gemäß § 3 UVP-pflichtigen Vorhaben.

In Spalte 1 und 2 finden sich jene Vorhaben, die jedenfalls UVP-pflichtig sind und einem UVP-Verfahren (Spalte 1) oder einem vereinfachten Verfahren (Spalte 2) zu unterziehen sind. Bei in Anhang 1 angeführten Änderungstatbeständen ist ab dem angeführten Schwellenwert eine Einzelfallprüfung durchzuführen; sonst gilt § 3a Abs. 2 und 3, außer es wird ausdrücklich nur die 'Neuerrichtung', der 'Neubau' oder die 'Neuerschließung' erfasst.

...

 

 

UVP

UVP im vereinfachten

Verfahren

 

Spalte 1

Spalte 2

Spalte 3

...

 

 

 

 

Infrastrukturprojekte

 

 

...

 

 

 

Z 18

 

...

b) Städtebauvorhaben3a) mit einer Flächeninanspruchnahme von mindestens 15 ha und einer Bruttogeschossfläche von mehr als 150 000 m2;

c) ...

Bei lit. b ist § 3 Abs. 2 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Summe der Kapazitäten, die innerhalb der letzten 5 Jahre genehmigt wurden, einschließlich der beantragten Kapazität bzw. Kapazitätsausweitung heranzuziehen ist.

...

 

 

 

...

3a Städtebauvorhaben sind Erschließungsvorhaben zur gesamthaften multifunktionalen Bebauung, jedenfalls mit Wohn- und Geschäftsbauten einschließlich der hierfür vorgesehenen Erschließungsstraßen und Versorgungseinrichtungen mit einem über das Gebiet des Vorhabens hinaus reichenden Einzugsbereich. Städtebauvorhaben bzw. deren Teile gelten nach deren Ausführung nicht mehr als Städtebauvorhaben im Sinne dieser Fußnote.

..."

30 Das vorliegende, mit Antrag der Projektwerber vom 23. Juni 2016 eingeleitete Verfahren betrifft die Frage des Vorliegens eines Projektes im Sinne des Art. 4 Abs. 2 der UVP-Richtlinie (Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüf ung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 26 vom 28.1.2012, S 1-21).

31 Gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2014/52/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. L 124 vom 25.4.2014, S 1-18, gelten für Projekte, für die das Verfahren zur Feststellung gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2011/92/EU vor dem 16. Mai 2017 eingeleitet wurde, die Verpflichtungen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/92/EU in der Fassung vor ihrer Änderung durch diese Richtlinie.

32 Die UVP-Richtlinie (in der Fassung vor ihrer Änderung durch die Richtlinie 2014/52/EU) lautet auszugsweise:

"DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION

...

in Erwägung nachstehender Gründe:

...

(2) Gemäß Artikel 191 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union beruht die Umweltpolitik der Union auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung und auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip. Bei allen technischen Planungs- und Entscheidungsprozessen sollten die Auswirkungen auf die Umwelt so früh wie möglich berücksichtigt werden.

(3) Es sollte eine Harmonisierung der Grundsätze für die Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen werden, insbesondere hinsichtlich der Art der zu prüfenden Projekte, der Hauptauflagen für den Projektträger und des Inhalts der Prüfung. Die Mitgliedstaaten können jedoch strengere Umweltschutzvorschriften festlegen.

(4) Es erscheint ferner erforderlich, eines der Ziele der Union im Bereich des Schutzes der Umwelt und der Lebensqualität zu verwirklichen.

...

(10) Die Mitgliedstaaten können Schwellenwerte oder Kriterien festlegen, um zu bestimmen, welche dieser Projekte wegen der Erheblichkeit ihrer Auswirkungen auf die Umwelt einer Prüfung unterzogen werden sollten; die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, Projekte, bei denen diese Schwellenwerte nicht erreicht werden bzw. diese Kriterien nicht erfüllt sind, in jedem Einzelfall zu prüfen.

...

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

...

Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.

...

Artikel 3

Die Umweltverträglichkeitsprüfung identifiziert, beschreibt und bewertet in geeigneter Weise nach Maßgabe eines jeden Einzelfalls gemäß den Artikeln 4 bis 12 die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf folgende Faktoren:

a)

Mensch, Fauna und Flora;

b)

Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft;

c)

Sachgüter und kulturelles Erbe;

d)

die Wechselwirkung zwischen den unter Buchstaben a, b und c

genannten Faktoren.

Artikel 4

...

(2) Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand

a) einer Einzelfalluntersuchung

oder

b) der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien.

Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a und b genannten Verfahren anzuwenden.

(3) Bei der Einzelfalluntersuchung oder der Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien im Sinne des Absatzes 2 sind die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die gemäß Absatz 2 getroffenen Entscheidungen der zuständigen Behörden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden."

Anhang II der UVP-Richtlinie lautet auszugsweise:

"ANHANG II

IN ARTIKEL 4 ABSATZ 2 GENANNTE PROJEKTE

...

10. INFRASTRUKTURPROJEKTE

...

b) Städtebauprojekte, einschließlich der Errichtung von Einkaufszentren und Parkplätzen;

..."

Anhang III der UVP-Richtlinie lautet:

"ANHANG III

IN ARTIKEL 4 ABSATZ 3 GENANNTE AUSWAHLKRITERIEN

1. MERKMALE DER PROJEKTE

Die Merkmale der Projekte sind insbesondere hinsichtlich folgender Punkte zu beurteilen:

a)

Größe des Projekts;

b)

Kumulierung mit anderen Projekten;

c)

Nutzung der natürlichen Ressourcen;

d)

Abfallerzeugung;

e)

Umweltverschmutzung und Belästigungen;

f)

Unfallrisiko, insbesondere mit Blick auf verwendete Stoffe

und Technologien.

2. STANDORT DER PROJEKTE

Die ökologische Empfindlichkeit der geografischen Räume, die durch die Projekte möglicherweise beeinträchtigt werden, muss unter Berücksichtigung insbesondere folgender Punkte beurteilt werden:

a)

bestehende Landnutzung;

b)

Reichtum, Qualität und Regenerationsfähigkeit der

natürlichen Ressourcen des Gebiets;

         c)       Belastbarkeit der Natur unter besonderer Berücksichtigung folgender Gebiete:

         i)       Feuchtgebiete,

         ii)      Küstengebiete,

iii) Bergregionen und Waldgebiete,

         iv)      Reservate und Naturparks,

         v)       durch die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten ausgewiesene

Schutzgebiete; von den Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten ( 1 ) und der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ( 2 ) ausgewiesene besondere Schutzgebiete,

         vi)      Gebiete, in denen die in den Vorschriften der Union festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind,

vii) Gebiete mit hoher Bevölkerungsdichte,

viii) historisch, kulturell oder archäologisch bedeutende

Landschaften.

3. MERKMALE DER POTENZIELLEN AUSWIRKUNGEN

Die potenziellen erheblichen Auswirkungen der Projekte sind anhand der in den Nummern 1 und 2 aufgeführten Kriterien zu beurteilen; insbesondere ist Folgendem Rechnung zu tragen:

a) dem Ausmaß der Auswirkungen (geografisches Gebiet und betroffene Bevölkerung);

b)

dem grenzüberschreitenden Charakter der Auswirkungen;

c)

der Schwere und der Komplexität der Auswirkungen;

d)

der Wahrsch

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten