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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
VwGG §34 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Senatspräsidenten Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag des H L in G, auf Wiederaufnahme bzw. Weiterführung des mit Beschluss vom 7. Dezember 2018, Zl. Ra 2018/03/0089-7, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Weiterführung wird zurückgewiesen. Dem Antrag auf Wiederaufnahme wird nicht stattgegeben.
Begründung
1 A. Mit einem am 8. August 2018 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz beantragte der Antragsteller (unter Anschluss eines Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg) die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer "Klage beim Verwaltungsgerichtshof" gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 2. August 2016, Zl. LVwG 30.7-965/2016-9, mit dem über ihn eine Geldstrafe wegen Übertretung des § 51 Abs. 1 des WaffG verhängt wurde. Er habe die zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen nicht begangen bzw. es sei ihm auch "kein Strafbescheid" zugestellt worden.
2 Auf Anfrage bekräftigte der Antragsteller, dass ihm die besagte verwaltungsgerichtliche Entscheidung offenbar nicht zugestellt worden sei. Nach Bewilligung der Verfahrenshilfe mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Oktober 2018 wurde von der steiermärkischen Rechtsanwaltskammer ein Verfahrenshelfer bestellt.
3 Der Verfahrenshelfer teilte mit Schriftsatz vom 26. November 2018 für den Antragsteller mit, dass dieser (nach Rechtsmittelbelehrung und Belehrung über das WaffG) nunmehr auf die Einbringung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof verzichte.
4 In der Folge stellte der Verwaltungsgerichtshof infolge Zurückziehung der Revision das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ein (Beschluss vom 7. Dezember 2018, Ra 2018/03/0089-10). Dazu wird der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass mit dieser Zurückziehung das Rechtsschutzbedürfnis der
antragstellenden Partei in dem damaligen Verfahren weggefallen war (vgl. VwGH 20.8.2018, Ko 2018/03/0003), wobei sich der Antragsteller das Verhalten seines Verfahrenshelfers zurechnen lassen musste (vgl. idZ auch VwGH 28.4.2016, Ra 2014/02/0161; VwGH 29.5.2018, Ra 2018/15/0023).
5 B. Mit dem eingangs genannten Schriftsatz wird nunmehr die Weiterführung bzw. Wiederaufnahme des eingestellten Revisionsverfahrens beantragt. Der Antragsteller führt aus, dass er dem für ihn bestellten Verfahrenshelfer "die Vollmacht entzogen" habe. Dies sei erforderlich gewesen, weil der Antragsteller den Eindruck gehabt habe, der Rechtsvertreter sei "mit der Sachlage überfordert" gewesen und habe keine Bereitschaft erkennen lassen, den Antragsteller effektiv zu vertreten. Die Ausführungen im Bescheid der genannten Bezirkshauptmannschaft seien unwahr und absurd, es werde hier einiges behauptet, was den Vater des Antragstellers betreffe und nicht ihn selbst. Zudem liege dem Verwaltungsgerichtshof seit ca. 2017 ein Urteil in einem gleichgelagerten Fall vor, das für den Antragsteller spreche. Das von der Bezirkshauptmannschaft gegen den Antragsteller geführte Strafverfahren hätte entweder mit Freispruch oder Einstellung des Verfahrens enden müssen. Es liege der Verdacht nahe, dass gegen Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft "mehrere strafbare Tatbestände vorliegen dürften". Das Landesverwaltungsgericht habe die Argumentation der Bezirkshauptmannschaft praktisch übernommen, ohne selbständig und objektiv für den Antragsteller zu entscheiden. Außerdem beantragt der Antragsteller die Beigebung eines neuen Verfahrenshelfers.
6 C. Diesem Antrag ist kein Erfolg beschieden. 7 C.a. Die maßgebende Bestimmung des § 45 VwGG über die "Wiederaufnahme des Verfahrens" lautet:
"§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder
3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder
4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder
5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Revision eingestellt wurde und der Grund für die Klaglosstellung nachträglich weggefallen ist.
(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.
(3) Über den Antrag ist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zu entscheiden.
(4) Wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entschieden hatte, gilt für die Wiederaufnahme § 69 AVG sinngemäß.
(5) Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte gemäß den §§ 30a Abs. 1 und 30b Abs. 3 sind die Abs. 1 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass der Antrag beim Verwaltungsgericht zu stellen und über ihn vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist.
(6) In Verfahrenshilfesachen (§ 61) ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig."
8 C.b. Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes sind (abgesehen von den Möglichkeiten der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 45 und 46 VwGG) unabänderlich, unanfechtbar und endgültig. Der Verwaltungsgerichtshof kann seine Entscheidungen daher auch nicht von sich aus abändern.
9 Auch die Wiederaufnahme eines Verfahrens ist gemäß § 45 VwGG nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich und dient nicht der allgemeinen Überprüfung abgeschlossener Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof oder einer Korrektur seiner Entscheidungen. Eine Wiederaufnahme eines Verfahrens nach § 45 VwGG bietet somit keine Handhabe dafür, eine in einem abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegte Sachverhaltsannahme oder die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu bekämpfen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 21.1.2019, Ro 2019/03/0001; VwGH 21.5.2019, Ro 2019/03/0016).
10 C.c. Ausgehend davon erweist sich der vorliegende Antrag auf Weiterführung eines bereits vom Verwaltungsgerichtshof abgeschlossenen Verfahrens als unzulässig, weshalb dieser Weiterführungsantrag zurückzuweisen ist (§ 34 Abs. 1 VwGG). 11 C.d. Der vorliegende Wiederaufnahmeantrag könnte sich der Sache nach - wenn überhaupt - auf den in § 45 Abs. 1 Z 1 VwGG genannten Wiederaufnahmegrund beziehen. Dieser Wiederaufnahmegrund liegt aber nur dann vor, wenn die gerichtlich strafbare Handlung oder die Erschleichungshandlung während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof (und nicht etwa im Zug des verwaltungsbehördlichen Verfahrens oder des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht) begangen wurde, wobei es sich um ein Vorbringen falscher Angaben oder auch um ein Verschweigen wesentlicher Umstände handeln kann (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 23.2.2018, 2015/03/0005; VwGH 17.1.2018, 2017/03/0003; VwGH 18.9.2007, 2007/16/0094).
12 Da sich das Vorbringen des Antragstellers nicht auf ein derartiges Begehen vor dem Verwaltungsgerichtshof richtet, kann ihm schon deshalb kein Erfolg beschieden sein (§ 45 VwGG). 13 D. Vor diesem Hintergrund geht eine Entscheidung über den Antrag, dem Antragsteller einen neuen Verfahrenshelfer zur Einbringung der von ihm gestellten Anträge beizugeben, ins Leere, weshalb die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag entbehrlich war.
14 E. Abschließend wird die einschreitende Partei darauf hingewiesen, dass in Hinkunft allfällige vergleichbare Eingaben prinzipiell als rechtsmissbräuchlich eingebracht qualifiziert und ohne weitere Bearbeitung und ohne weitere Verständigung des Einschreiters zu den Akten genommen werden.
15 Gegenüber dem Einschreiter ist nämlich klargestellt, dass für Eingaben wie die vorliegenden kein gesetzlicher Raum besteht. 16 Außerdem wird der Einschreiter darauf aufmerksam gemacht, dass vom Verwaltungsgerichtshof Mutwillensstrafen verhängt werden können, womit er rechtsmissbräuchlichen Behelligungen entgegentreten kann. Bezüglich einer beleidigenden Schreibweise gegenüber einer Behörde wiederum besteht im Übrigen die Möglichkeit der Verhängung einer Ordnungsstrafe; eine solche Schreibweise liegt etwa dann vor, wenn die verwendete Ausdrucksweise den Mindestanforderungen des Anstands nicht gerecht wird und damit objektiv beleidigenden Charakter hat (vgl. aus der ständigen Judikatur etwa VwGH 21.1.2019, Ro 2019/03/0001).
Wien, am 16. Dezember 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018030089.L00Im RIS seit
03.02.2020Zuletzt aktualisiert am
03.02.2020