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50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §87Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der A GmbH in W, vertreten durch die Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Rathausstraße 15, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 5. Juni 2019, Zl. VGW- 105/020/4165/2019-17, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Februar 2019 wurde der Revisionswerberin gemäß § 91 Abs. 2 iVm § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 die Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes "Handelsagent" an einem bestimmt bezeichneten Standort entzogen. Dem lag zugrunde, dass die Revisionswerberin dem behördlichen Auftrag vom 11. Oktober 2018, Herrn K aus der Position mit maßgebendem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte binnen einer Frist von zwei Monaten zu entfernen, nicht nachgekommen war. 2 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) der Beschwerde der Revisionswerberin gegen diesen Entziehungsbescheid nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.
3 2.1. In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Revisionswerberin habe die Gewerbeberechtigung "Handelsagent" inne. Bis zumindest 15. Februar 2019 sei Herr K. als handelsrechtlicher Geschäftsführer bestellt gewesen. Dieser sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Klagenfurt vom 12. März 2018 wegen §§ 153 Abs. 1, 153 Abs. 3 1. Fall StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je EUR 60,-- verurteilt worden, weil er seine Befugnis über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten dadurch wissentlich missbraucht bzw. zu missbrauchen versucht habe, dass er in jeweils konkret dargestellten Fällen in unvertretbarer Weise gegen die dem Vermögensschutz der wirtschaftlich Beteiligten dienenden Vorschriften verstoßen habe und dadurch zwei namentlich genannte Kapitalgesellschaften in einem EUR 5.000,-- nicht jedoch EUR 300.000,-- übersteigenden Wert am Vermögen geschädigt habe. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11. Oktober 2018 sei die Revisionswerberin nach vorangegangener Ankündigung und Gelegenheit zur Stellungnahme aufgefordert worden, Herrn K. binnen einer Frist von zwei Monaten ab Zustellung des Schreibens als handelsrechtlichen Geschäftsführer zu entfernen, weil auf diesen ein Gewerbeausschlussgrund gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 zutreffe. 4 In seiner rechtlichen Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, bei der Prüfung der Rechtsmäßigkeit der Aufforderung gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 sei zu beurteilen, ob die belangte Behörde zu Recht vom Vorliegen der in § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 genannten Gewerbeentziehungsgründen ausgegangen sei. Fallbezogen seien seit Abschluss der gerichtlich sanktionierten Straftaten lediglich gut drei - zum Zeitpunkt der Aufforderung durch die Behörde erst zweieinhalb - Jahre vergangen. Zudem sei auf den langen Zeitraum, innerhalb dessen die Straftaten verübt worden seien - es handle sich daher nicht um eine aus Unbesonnenheit begangene Einzeltat - und das nicht unbeträchtliche Strafausmaß Bedacht zu nehmen, die es ausschließen würden, von einer nachhaltigen Veränderung des Persönlichkeitsbildes abzusehen. Nach persönlicher Einvernahme des Herrn K. in der mündlichen Verhandlung könne auch die Berücksichtigung der von der Beschwerde vorgebrachten Umstände nichts an der negativen Prognose ändern, zumal sich Herr K. weder reuig noch einsichtig zeigte. Im Hinblick auf die im Strafurteil ausgeführten Tatumstände, den langen Tatzeitraum und den persönlichen Eindruck von Herrn K., der nach wie vor unternehmerisch tätig sei, habe durchaus die Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei der weiteren Gewerbeausübung durch diesen bestanden, weshalb die Aufforderung durch die belangte Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 zu Recht erfolgt sei. Da dieser Aufforderung innerhalb der nach der Rechtsprechung nicht als unangemessen zu betrachtende Frist nicht entsprochen worden sei, sei die Entziehung ebenfalls zu Recht erfolgt.
5 Angesichts der umfangreichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs liege keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor.
6 3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
7 Die belangte Behörde beantragte in der Revisionsbeantwortung die Zurück-, in eventu die Abweisung der Revision.
8 4. Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 4.1. In ihrem Zulässigkeitsvorbringen verweist die Revision auf das Fehlen von Rechtsprechung zur "konkreten, allerdings durchaus alltäglichen gesellschaftsrechtlichen Konstellation", die die Herstellung des geforderten Zustandes bei der Revisionswerberin innerhalb der für die Entsprechung des behördlichen Auftrages gesetzten Frist von zwei Monaten unmöglich mache. Fallbezogen sei der abzuberufende handelsrechtliche Geschäftsführer zu 50% Gesellschafter der Revisionswerberin, sodass gemäß § 39 Abs. 5 GmbHG eine Abberufung mittels Gesellschafterbeschluss ohne dessen Zustimmung nicht möglich sei. Vielmehr müsste die weitere Gesellschafterin - die Ehefrau des Herrn K. - diesen mittels Klage abberufen lassen, wobei die Erlangung eines klagstattgebenden Urteils innerhalb der gesetzten Frist unmöglich sei.
12 4.2. Gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 sind natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn (Z 1) sie von einem Gericht (lit. b) wegen einer strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden sind und (Z 2) die Verurteilung nicht getilgt ist.
13 Gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn auf den Gewerbetreibenden die Ausschlussgründe gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 leg. cit. zutreffen und nach der Eigenart der strafbaren Handlungen und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.
14 Ist der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts und beziehen sich die in § 87 GewO 1994 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, so hat die Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 dem Gewerbetreibenden eine Frist bekannt zu geben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen.
15 4.2.1. Den unbestrittenen Feststellungen zufolge, erging an die Revisionswerberin der Auftrag, binnen zwei Monaten Herrn K. als Person mit maßgeblichem Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zu entfernen. Dieser Aufforderung ist die Revisionswerberin unstrittig nicht nachgekommen.
16 4.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der von der Revision aufgeworfenen Rechtsfrage bereits mehrfach, etwa in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2007/04/0137, wie folgt Stellung genommen: "Das Wesen einer solchen Aufforderung erschöpft sich in der Bekanntgabe der Rechtsansicht der Behörde über das Vorliegen eines Entziehungsgrundes in der betroffenen Person und darüber, dass dieser Person ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte des Gewerbetreibenden zukommt, verbunden mit der nicht weiter sanktionierten Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist durch Entfernung dieser Person den gesetzmäßigen Zustand herzustellen, um so die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu vermeiden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2001, Zl. 2000/04/0164). Damit wird juristischen Personen eine - natürlichen Personen nicht offenstehende - zusätzliche Möglichkeit eingeräumt, die Gewerbeentziehung zu vermeiden. Eine derartige Aufforderung hat unabhängig davon zu ergehen, ob und auf welche Weise es dem Gewerbetreibenden (rechtlich) möglich ist, der betroffenen Person die mit dem maßgeblichen Einfluss auf den Geschäftsbetrieb verbundene Position zu entziehen. Gelingt die Entfernung von dieser Position - aus welchen Gründen immer - nicht fristgerecht, so ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2004/04/0008)."
17 Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch das Vorbringen in der Revision nicht veranlasst von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal es regelmäßig in der Ingerenz der für die juristische Person handelnden Gesellschaftern liegt, der Aufforderung der Behörde gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 nachzukommen. Daran ändert die allfällige Beteiligung der im Einzelfall betroffenen (natürlichen) Person an notwendigen Gesellschafterbeschlussfassungen nichts, zumal die betreffende Person an einer dem behördlichen Auftrag entsprechenden Willensbildung ebenso wenig gehindert ist wie die übrigen Gesellschafter.
18 4.3. Insofern die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung weiter vorbringt, das Verwaltungsgericht habe "eine inhaltsleere Scheinbegründung lediglich in Form von Stehsätzen" getroffen und sei auf die fallbezogenen Umstände nicht eingegangen, so ist dem die ausführliche Begründung des Verwaltungsgerichts unter Bezugnahme auf die in der mündlichen Verhandlung gewonnen Eindrücke von dem als Zeugen einvernommenen handelsrechtlichen Geschäftsführer Herrn K. entgegenzuhalten. Vor dem Hintergrund der im gerichtlichen Strafurteil festgestellten strafbaren Handlungen, die demzufolge treuwidrige verrechnungstechnische Vorgänge zum Gegenstand hatten, ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Frage des Gegenstands der operativen Tätigkeit der Revisionswerberin eine Rolle für die Beurteilung des Vorliegens der Gefahr der Begehung weiterer gleicher oder ähnlicher Verfehlungen spielen sollte. Die von der Revision vorgebrachte Schlussfolgerung, der Umstand, dass Herr K. nur noch Geschäftsführer eines einzigen Unternehmens sei, habe zur Folge, dass es ihm jedenfalls unmöglich sei, treuwidrig Zahlungen unternehmensfremder Verbindlichkeiten von der von ihm vertretenen Kapitalgesellschaft begleichen zu lassen, ist nicht nachvollziehbar.
19 4.4. In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
20 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am 17. Dezember 2019
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019040109.L00Im RIS seit
20.02.2020Zuletzt aktualisiert am
20.02.2020