TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/20 W274 2182527-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.08.2019
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Entscheidungsdatum

20.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W 274 2182527-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch Mag. LUGHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , iranischer Staatsbürger, 2460 Bruck an der Leitha, Ludwig Anzengrubergasse 1, vertreten durch Verein "Asyl in Not "-Unterstützungskomitee für politisch verfolgte Ausländer, 1090 Wien, Währingerstrasse 59/2 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich vom 05.12.2017, Zahl 1104641302-160188522/BMI-BFA_NOE_RD nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer (BF) beantragte am 06.02.2016 vor der Polizeiinspektion Hitzendorf, Bezirkspolizeikommando Graz-Umgebung, internationalen Schutz und brachte als Fluchtgrund vor, vor ca. eineinhalb Jahren habe er mit seinem Neffen Reza eine Einladung von einem christlichen Freund namens Ramsin Gewargis Nedjad erhalten und dort habe er mit diesem Alkohol konsumiert und sich über christliche Religion unterhalten. Es sympathisiere für die christliche Religion. Die Polizei sei gekommen, sie hätten dies in der Überwachungskamera sehen können und sie hätten flüchten müssen. Im Zuge dessen sei sein Neffe Reza von der Polizei am rechten Oberarm angeschossen worden. Sie hätten zu seiner Schwester flüchten können und danach sei er die Stadt Karaj geflüchtet. Nachdem er genug Geld zusammen gehabt habe, habe er Karaj verlassen, sei nach Teheran gefahren und habe vor ca. eineinhalb Monaten Teheran verlassen.

Nach einer niederschriftlichen Einvernahme am 08.09.2016 vor dem BFA wies das BFA mit Bescheid vom 23.09.2016 den Antrag auf internationalen Schutz - ohne in die Sache einzutreten - gemäß § 5 Absatz 1 AsylG als unzulässig zurück, weil für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates Kroatien zuständig sei.

Nach Beschwerde des BF behob das BVwG mit Erkenntnis vom 24.11.2016 zu W 205 2136994 den oben genannten Bescheid, weil aufgrund Fristablaufes die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens auf Österreich übergegangen sei.

Vor dem BFA gab der BF am 15.05.2017 als Fluchtgrund im Wesentlichen an, er habe bei seinem Freund Ramsen sechs Monate lang einmal in der Woche eine Hauskirche besucht, einmal hätten Basiji geläutet, er habe über eine Feuerleiter aus der Wohnung flüchten können. Auf seinen Neffen, der hinunterspringen habe wollen, habe man geschossen. Nach vier Tagen bei seiner Schwester habe er in Karaj gearbeitet. Seine Wohnung sei durchsucht und seine Mutter sei mehrmals aufgesucht und ihr mitgeteilt worden, der BF solle sich bei den Basiji melden. In Österreich gehe er regelmäßig in die "Betel"-Kirche in Bruck an der Leitha und versuche auch zu missionieren.

Am 01.12.2017 wurde XXXX (Diakon der "Betel"-Gemeinde) als Zeuge vor dem BFA vernommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich Asyl und subsidiären Schutz ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei (Spruchpunkt V.) und bestimmte eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen (Spruchpunkt VI.). Begründend führte es aus, es habe keine besondere Gefährdung des BF bei einer Rückkehr in den Iran festgestellt werden können. Nicht festgestellt werden könne, dass der BF im Iran Verfolgungshandlungen durch Regierungsstellen ausgesetzt sei. Private und familiäre Bindungen in Österreich hätten nicht festgestellt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die anwaltlich erhobene Beschwerde des BF wegen "inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften" mit den Anträgen, dem BF den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, hilfsweise den Status des subsidiär Schutzberechtigten, hilfsweise ihm einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK zu erteilen.

Die Beschwerde ist nicht berechtigt:

Aufgrund der bisherigen Verfahrensergebnisse im Zusammenhalt mit den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vor Gericht steht nachfolgender Sachverhalt fest:

Die Situation im Iran stellt sich derzeit wie folgt dar:

Allgemeine Lage:

Iran ist eine islamische Republik mit etwa 80 Millionen Einwohnern. Staatsoberhaupt und Revolutionsführer ist Ayatollah Seyed Als Khamene-i, Präsident seit 2013 Hassan Rohani. Dem Staatsoberhaupt unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran) und die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden Basij-Milizen. Islamische und demokratische Elemente bestehen nebeneinander. Eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht nicht. Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen. Die verfassungsrechtlich festgeschriebene Unabhängigkeit der Justiz unterliegt Begrenzungen. Vor allem der Sicherheitsapparat nimmt in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung. Allgemein erfüllen Gerichtsverfahren internationale Standards nicht. Obwohl nach der Verfassung primär kodifiziertes Recht anzuwenden ist, kann im Zweifelsfall nach der iranischen Verfassung die Scharia vorrangig angewandt werden. Nach wie vor werden Körperstrafen und Todesstrafe angewandt. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung. Basij-Kräfte sind eine freiwillige paramilitärische Gruppierung, die oft bei der Unterdrückung von Oppositionellen oder der Einschüchterung von Zivilisten, die den strikten Moralkodex nicht befolgen, involviert sind. Die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasadaran-e Enghelab-e Islami - IRGC) sind herausragend im Sicherheitasapparat, sie sind eine Parallelarmee und haben Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt. Sie verfügen über eigene Gefängnisse. Mit willkürlichen Verhaftungen muß im Iran gerechnet werden. Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw mit diesen sympathisierender Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen. Die genaue Überwachungskapazität der iranischen Behörden ist unbekannt.

Auch 2017 wurden grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) vollstreckt. Die Todesstrafe steht auf Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlichen Raub, wiederholten schweren Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen. Der Häufigkeit nach wird sie primär bei Drogendelikten, dann Mord und Sexualdelikten angewandt. Laut AI wurden 2017 mindestens 507 Personen hingerichtet. Auch 2016 war Iran mit hoher Wahrscheinlichkeit das Land mit der weltweit höchsten Hinrichtungszahl im Verhältnis zur Bevölkerung.

Religionsfreiheit, Situation von Christen und Konversion:

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zorostrier, Baha-i, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe-und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben im Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Ihnen stehen zwei der 290 Parlamentssitze zu. Die Mehrheit der iranischen Christen ist den ethnischen Christen zuzuordnen (armenische, assyrische und chaldäische). Die nicht-ethnischen Christen gehören hauptsächlich der katholischen und protestantischen Kirche an und haben ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes. Jegliche Missionstätigkeit kann als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Ihre Vertreter unterliegen Beschränkungen beim Zugang von höheren Staatsämtern. Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - werden diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg diskriminiert. Anerkannte religiöse Minderheiten sind in ihrer Glaubensausübung nur geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt, christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind verboten).

Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. 2016 sollen 198 Gefangene wegen "Feindschaft gegen Gott", 31 wegen "Beleidigung des Islam" und 12 wegen "Korruption auf Erden" inhaftiert gewesen sein. Laut der Gefangenenliste von Open Doors mit Stand September 2017 befanden sich 56 Christen in Haft, fünf wurden freigelassen, 13 wurden auf Kaution freigelassen und zehn mit dem Verbot das Land zu verlassen freigelassen.

Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), Verdorbenheit auf Erden, oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf.

Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Es wird diesbezüglich von familiärer Ausgrenzung berichtet sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden. In Familien eines öffentlich Bediensteten oder eines Polizisten wird die Konversion als Familienmitglied als heikel eingeschätzt, wobei es sein kann, dass der Konvertit aus der Familie verbannt oder den Behörden gemeldet wird, um die Arbeit des Amtsträgers nicht zu beeinträchtigen. Die Schließungen der "Assembly of God" Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Deren Anzahl steigt. Es ist schwierig diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Sie werden teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Diese organisieren sich daher in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weitverbreitet. In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet. Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken. Ansonsten haben die Behörden kaum Möglichkeiten, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. Nicht verlässlich bekannt ist, ob nur Anführer oder auch einfache Mitglieder verfolgt werden. Primär zielen die Behörden auf Anführer der Hauskirchen ab. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen. Die typische Vorgehensweise gegen eine Hauskirche ist, dass der Anführer der Hauskirche verhaftet und wieder freigelassen wird, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen.

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist nicht von einer harschen Bestrafung auszugehen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

Grundversorgung und medizinische Versorgung:

Die Grundversorgung ist im Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 9,3 Mio. IRR im Monat (ca. 200 Euro). Das durchschnittliche Monatseinkommen pro Kopf liegt bei ca. 400 Euro. Die Arbeitslosenrate in Iran betrug im Juni 2016 zwischen 10 und 20%. Ausgebildete Arbeitskräfte finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht fast vollständig unter staatlicher Kontrolle. Ein zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind halbstaatliche religiöse Stiftungen, die Bonyads. Viele davon sind heute international agierende Großkonzerne. Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Es gibt einen Anspruch auf Kindergeld sowie auf Arbeitslosengeld in Höhe von 70-80% des Gehaltes. Die gering verdienenden Teile der iranischen Bevölkerung erhalten zur Sicherung der Grundversorgung monatlich eine "Yarane" von ca. 11€. Es besteht kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung.

98% aller Iraner haben Zugang zu ärztlicher Versorgung. Die Qualität ist in Teheran und den großen Städten ausreichend bis gut. In vielen Landesteilen ist sie nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In jeder Provinz ist mindestens eine medizinische Universität. Die Medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, ca. 3.000 ländlichen Gesundheitszentren und 730 städtischen öffentlichen Krankenhäusern in jeder größeren Stadt. Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben in bar bezahlt werden. In zahlreichen Apotheken sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer.

Rückkehr:

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen bedroht sein (auszugsweise Wiedergabe des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation Iran, Gesamtaktualisierung am 14.6.2019, unter Bezugnahme auf die dort genannten Quellen).

Der BF lebte großteils in Teheran und entstammt einer Familie aus der Ethnie der Azeri. Er übte zuletzt den Beruf des Fotografen und Eventmanagers für Hochzeiten aus. Er war verheiratet mit XXXX . Der Ehe entstammen die Tochter Ghazale, geb. 1993, und der Sohn Erfan, geb. 2000. Die Ehe wurde im Iran am 20.4.2015 einvernehmlich geschieden. Die - mittlerweile volljährigen - Kinder lebten und leben bei der geschiedenen Ehefrau des BF. Der BF lebte bereits seit etwa Mitte 2013 getrennt von seiner Frau (BF Prot BVwG 13.2.2019, S 11). Der BF hat drei Brüder und eine etwa 2016 verstorbene Schwester XXXX . Er hat noch Kontakt zu seiner Mutter. Der Vater ist verstorben. Er wurde als schiitischer Muslim erzogen. Nicht festgestellt werden konnte, dass der BF bereits zur Schulzeit über seinen Schulkollegen Ramsen (Ramsin) bzw. dessen Familie das Christentum näher kennenlernte, weiters, dass er Anfang 2014 Ramsen wieder traf, bei ihm etwa sechs Monate lang wöchentlich "christliche Sitzungen" besuchte, dort zur letzten Sitzung im Juli 2014 seinen Neffen XXXX , geboren XXXX , Sohn seines Bruders XXXX , mitnahm, dort nach kurzer Dauer die Polizei bzw. Basiji anläutete, was den BF sowie seinen Neffen zur Flucht veranlasste, bei der XXXX einen Oberarmdurchschuss erlitten habe. Nicht festgestellt werden konnte weiters, dass der BF mit seinem Neffen sodann seine Schwester XXXX aufsuchte, deren Mieterin die Wunde des Neffen versorgte und seinen Oberarm nähte. Ebensowenig konnte festgestellt werden, dass der BF vier Tage danach von seinem Hausverwalter erfuhr, dass seine Wohnung von den Basiji aufgesucht und Unterlagen entfernt wurden sowie dass in der nächsten Zeit mehrmals die Wohnung der Mutter durchsucht wurde. Schließlich konnte auch nicht festgestellt werden, dass sich der BF aufgrund dessen an einen Freund wandte, der ihm eine Arbeit in Karaj verschaffte, bei der er sich für etwa eineinhalb Jahre inkognito bei einem Bauprojekt verdingen konnte. Nicht festgestellt werden konnte letztlich, dass der BF und dessen Neffe die genannten Ereignisse Ende 2015, "als sie genug Geld beisammen hatten", zum Anlass für eine Flucht aus dem Iran nahmen.

Der BF war in Österreich zunächst von 13.04.2016 bis 22.04.2016 im Flüchtlingslager Traiskirchen, von 25.04.2016 bis 06.06.2016 in Potzneusiedl (Wohnkontainer) und ist seit 06.06.2016 in einem Einzelzimmer eines Flüchtlingsquartiers in der Ludwig Anzengrubergasse 1 in Bruck an der Leitha aufhältig. Er ist nach wie vor in Grundversorgung. Bereits seit etwa Juni 2016 hatte er eine nähere Beziehung zur Österreicherin Angelika HAUMER in Wien, mit der er plante, zu heiraten. Etwa Ende 2017 - kurz vor der geplanten Hochzeit - ging diese Beziehung aus nicht feststellbaren Gründen in die Brüche. Der BF hat die ÖSD-Zertifikate A1 und A2 erworben und besucht einen B1-Kurs. Er hat - jedenfalls im Sommer 2018 - zur Zufriedenheit der Gemeinde Bruck an der Leitha dort Friedhofspflege-, Straßenreinigungs- und Grünraumpflegearbeiten verrichtet. Er lebt in keiner Lebensgemeinschaft und ist in Österreich unbescholten.

Etwa zwei Wochen nach der Ankunft in Traiskirchen fand der BF über das Flüchtlingswerk OASIS Kontakt zur evangelikalen Gemeinde Baden Josefsthal. Er besuchte dort den Bibelunterricht. Der BF empfing nach zweitägiger Taufvorbereitung (AS 473) in der bei einer evangelischen Gemeinde in Wien Ottakring für etwa eine Woche durchreisenden "Perzische Kerk Kores" (Cyrus Church) gemeinsam mit einer großen Gruppe farsi-sprachiger Taufwerber (Foto AS 477) eine Taufe ("Taufzeugnis" AS 395). Zu einem nicht feststellbaren Zeitraum in nicht feststellbarer Dauer besuchte der BF in Wien die speziell auf Farsisprecher ausgerichtete Kirche Hamgam (BF, Protokoll BVwG 13.02.2019, S 13). Etwa seit Anfang 2017 besucht der BF mit Unterbrechungen die Pfingstkirche "Betel" in Bruck an der Leitha. Es handelt sich um eine Pfingstgemeinde, die als Teil der "Pfingstkirche Gemeinde Gottes in Österreich" staatlich anerkannte religiöse Bekenntnisgemeinschaft ist (Bestätigung AS 449), eine im Wesentlichen rumänischsprachige Pfingstkirche, in der derzeit nur wenige Iraner aktiv sind. Der BF wurde dort am 10.06.2018 nach kurzer Taufvorbereitung neuerlich durch Untertauchen getauft und damit als Mitglied in diese Gemeinde aufgenommenen (Beilage ./H).

Nicht festgestellt werden konnte, dass der BF - abseits seines Besuchs der Gottesdienste der Betelgemeinde - derart den christlichen Glauben angenommen hat, dass er auch unter geänderten Verhältnissen, wie einer Rückkehr in den Iran, das Bedürfnis hätte, diesen Glauben innerlich und äußerlich auszuleben.

Der BF suchte sich das Reiseziel Wien bereits im Iran durch Internetrecherche selbst aus (BF Prot. 13.2.2019, S 5).

Beweiswürdigung:

Die wesentlichen biografischen Feststellungen ergeben sich aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des BF insbesondere im Rahmen der Erstbefragung.

Der BF reiste gemeinsam mit seinem Neffen XXXX ein. Beide stellten am 06.02.2016 einen im Wesentlichen gleichlautenden Asylantrag. XXXX war jedenfalls bis 04.03.2016 in Österreich aufhältig und in Betreuung der Erstaufnahmestelle Traiskirchen (Speicherauszug sowie Niederschrift der Erstbefragung).

Zwar stimmen die Fluchtgründe des BF und seines Neffen im Rahmen der Erstbefragung vordergründig überein und im Wesentlichen schilderte der BF auch vor dem BFA sowie vor Gericht die Fluchtgeschichte gleichlautend. Diese enthält aber folgende wesentliche Widersprüche:

Ausdrücklich vor dem BFA befragt gab der BF an, das Treffen sei in einem zweistöckigen Einfamilienhaus gewesen. Beim Treffen seien sie im ersten Stockwerk über einem Halbgeschoss gewesen (AS 358). Vor Gericht gab er an, sie seien im Erdgeschoss gewesen (BVwG 13.02.2019, S 11).

Während er vor dem BFA angab, er habe über die Feuerleiter aus der Wohnung flüchten können (AS 353), gab er vor Gericht an, sie hätten eine 1,5 m hohe Mauer mit Gitter überwinden müssen. Sie hätten über die Mauer greifen, sich hochziehen und dann darüberspringen können (BVwG 13.02.2019, S 11). Betreffend die Thematik Feuerleiter/Mauer behauptete der BF eine Übersetzungsproblematik. Damit konfrontiert, erklärte der Dolmetsch vor Gericht, Feuerleiter heiße auf Farsi "Narda ban", während Schutzgitter auf einer Mauer "Narda" hießen. Die Dolmetsch vor dem BFA (Ansari Tari) ist als Dolmetsch beim BVwG dem Gericht bekannt. Eine vollständige Rückübersetzung vor dem BFA ist dokumentiert. In Anbetracht eines erheblichen Bedeutungsunterschiedes zwischen Feuerleiter und Mauer mit einem Schutzgitter ist in Würdigung der dargestellten Gesamtumstände kein Hinweis auf eine relevante Übersetzungsproblematik hervorgekommen, die den dargestellten Widerspruch ausräumen würde.

Während der BF vor Gericht und vor dem BFA angab, lediglich Ramsen habe über die Videogegensprechanlage die Basij gesehen (BVwG 13.02.2019, S 7; BFA AS 358), gab er im Rahmen der Erstbefragung, vor allem aber in der Beschwerde selbst, ausdrücklich an, er selbst habe die Basij-Milizen über die Überwachungskamera an der Haustür wahrgenommen (AS 593).

Wenig nachvollziehbar erscheint darüber hinaus die gesamte Darstellung, der BF habe vor diesem Vorfall sechs Monate lang die Hauskirche besucht. Bei der Erstbefragung wurde protokolliert, er habe mit seinem Neffen eine Einladung von einem christlichen Freund erhalten, dort hätten sie Alkohol konsumiert und sich über christliche Religion unterhalten. Er sympathisiere für christliche Religion. Dieses geschilderte Szenario ist durchaus divergent zu dem, was iranische Asylwerber gemeinhin unter Besuch von Hauskirchen verstehen, nämlich Treffen, bei denen in erster Linie gebetet und aus der Bibel vorgelesen wird. Wenn der BF vor dem BFA am 15.05.2017 erstmals schildert, er habe sechs Monate lang einmal in der Woche die Hauskirche besucht, steht dies im auffallenden Gegensatz zur dargestellten Schilderung im Rahmen der Erstbefragung. Widersprüchlich ist es auch, wenn der BF vor dem BFA einmal angibt, er habe die Hauskirche donnerstags und sonntags besucht (AS 357), während er an anderer Stelle (AS 353) und vor Gericht (sinngemäß) angab, dass er sie einmal wöchentlich besucht habe. Vor Gericht gab er ausdrücklich an, die Sitzungen seien donnerstags und sonntags gewesen. Da er an diesen Tagen gearbeitet habe, habe er Ramsin ersucht, ob er dienstags kommen könne (Prot. 13.02.2019, S 6). Es wird auch nicht klar, welcher Art die immerhin sehr häufigen Treffen (wöchentlich einmal über sechs Monate) gewesen sein sollen. Während zunächst vor dem BFA das Wort "Hauskirche" genannt wird, gibt er in weiterer Folge an, es sei sozusagen ein Privatkurs gewesen, an dem auch der Onkel von Ramsin dabei gewesen sei (AS 357). Er habe Daniel zweimal gesehen. Gesamt bedeutet das, dass der BF abgesehen von zweimal, als auch der Onkel Daniel dabei gewesen sei, allein bei Ramsin gewesen sein müsste, zumal ja erst bei dem Treffen, bei dem der Vorfall geschehen seien soll, der Neffe erstmals dabei gewesen sein soll. Es bleibt auch im Dunklen, was im Rahmen dieser vielen Besuche über sechs Monate geschehen sein soll.

Nach den Schilderungen des BF vor Gericht hätten sowohl der BF als auch sein Neffe eine eineinhalb Meter hohe Mauer erklommen. Die weiteren Schilderungen (Protokoll BVwG 13.02.2019, S 7) sind zunächst so zu verstehen, dass der Neffe offenbar am Scheitel der Mauer von einem Geschoss getroffen worden sein soll und dann die Mauer herunterfiel. Auf Seite 11 gibt der BF sodann an, sein Neffe sei unmittelbar nach Überwinden der Mauer getroffen worden. Nach der Gesamterzählung müßte der Schuss im Zusammenhang mit einem Erstürmen des Hauses durch die Basiji gestanden sein. Nach der letzten Darstellung könnte dieser Schuss lediglich von einem Schützen abgegeben worden sein, der sich ebenfalls auf der Mauer befand. Der BF will keinen Schützen gesehen haben. Insgesamt sind die genannten Umstände aufgrund unüberbrückbarer Widersprüche und technischer Inkompatibilitäten nicht glaubhaft.

Wenig nachvollziehbar ist es auch, dass der BF Informationen von seinem "Hausmeister" erlangt haben will, dass unbekannte Männer seine Wohnung durchsucht und bestimmte Gegenstände abtransportiert hätten. Eine annähernd nachvollziehbarere Schilderung, wie dies vorgefallen sein soll, erfolgte nicht.

Der BF schilderte an keiner Stelle, organisierend bzw. missionierend im Rahmen der "Hauskirche" tätig gewesen sein soll. Das einmalige Mitnehmen des Neffen wird in diesem Zusammenhang nicht als Missionstätigkeit verstanden. Dass jemand in einer derartigen Low-Profile-Stellung fünfmal bei seinen Eltern gesucht worden sein soll, erscheint auch unter Zugrundelegung der diesbezüglichen Länderinformationen Iran als nicht glaubhaft.

Nicht nachvollziehbar erscheint es auch, dass angesichts dieser Situation der BF weitere etwa eineinhalb Jahre im Iran "inkognito" verblieben wäre, nach dieser langen Zeit aber immer noch einen dringenden Fluchtanlass gesehen hätte und angesichts dessen trotzdem unter Nutzung des Reisepasses via Flughafen ausgereist wäre. Karaj ist in der Nähe von Teheran, dort gut angebunden und als Vorstadt zu sehen. Dass es ihm dort gelungen wäre, eineinhalb Jahre völlig unbehelligt zu leben und nach dieser Zeit den so lange zurückliegenden Vorfall zum Anlass genommen hätte, gemeinsam mit seinem Neffen, der dort einen anderen Weg genommen habe, auszureisen, erscheint in hohem Maße als konstruiert. Unvereinbar sind auch die Darstellungen des XXXX bei der Erstbefragung, der Schlepper Dawar sei vom BF (Onkel Malek) vermittelt worden und die Darstellung des BF, Reza habe einen Schlepper namens Dawar gekannt (BVwG 13.2.2019, S 8).

Zeitlich ist auch die geschilderte Beratung des BF mit Ramsen, was beim Anläuten der Basiji zu tun sei ("wir haben mit Ramsen gesprochen und beraten und dieser hat empfohlen zu flüchten", AS

357) nicht mit dem ansonsten dargestellten Szenario einer ungeordneten, plötzlichen und überstürzten Flucht in Einklang zu bringen.

Auch laienhaft betrachtet ist es medizinisch nicht nachvollziehbar, dass eine Krankenschwester zu Hause einen Armdurchschuss genäht haben will, wobei aus der weiteren Schilderung des BF hervorgeht, dass diese Verletzung offenbar folgenlos abgeheilt sein soll.

Auch die erst nach etwa eineinhalb Jahren erfolgte "Flucht" ohne Behauptung weiterer Vorkommnisse, zunächst mit Pass und Flugzeug in die Türkei, läßt erheblich an einer Furcht vor Verfolgung zweifeln.

Der BF bemängelte zwar in der Beschwerde, dass die belangte Behörde seine Glaubensgeschichte in Österreich nicht aufgeklärt habe, blieb aber bis zur ausdrückliche Nachfrage des Richters in der Verhandlung vom 13.02.2019 wesentliche Stationen seiner angeblichen Glaubensgeschichte in Österreich schuldig. Der BF wurde zwar vor dem BFA nicht ausdrücklich nach weiteren Stationen bzw. allenfalls weiteren Glaubensgemeinschaften gefragt, denen er in Österreich angehört oder für die er sich interessiert habe. Die Thematik "Glauben in Österreich" war jedenfalls breites Thema im Rahmen der Befragung (AS 358 ff) und der BF wurde am Ende der Befragung ausdrücklich befragt, ob er weitere Angaben machen wolle und zum Verfahren umfassend vorbringen habe können (AS 360). In diesem Zusammenhang erwähnte der BF nicht, dass er bereits von Traiskirchen aus Kontakt zur christlichen Flüchtlingsbetreuung Oasis, vor allem aber der evangelikalen Gemeinde Baden Josefsthal gepflegt habe (hervorgehend aus seinen Aussagen vor dem BVwG (dort Prot. vom 13.02.2019, S 12 und 13). In diese Gemeinde ging der BF nach seinen Angaben immerhin acht Monate lang. Ebensowenig erwähnte der BF aus Eigenem, auch die iranische Gemeinde Hamgam in Wien besucht zu haben (wie oben, S 13). In concreto sieht das Gericht die evident stattgefundenen habenden und stattfindenden Kontakte zu christlichen Gemeinschaften in Österreich (etwa einwöchig zur Cyrus Church Holland einschließlich Taufe, mehrere Monate zur evangelikalen Gemeinde in Baden, eine unbestimmte Zeit lang zur Hamgam-Gemeinde in Wien sowie seit langem und laufend zur Betel-Gemeinde Bruck an der Leitha zwar als Integrationsschritt zur Erlangung von Kontakten und Gemeinschaft in Österreich, nicht aber als Ausdruck einer tieferen religiösen Überzeugung. Gerade auf Grund des Umstands, dass der BF, ohne dass zu diesem Zeitpunkt eine nähere Glaubensmotivation feststellbar war, im Rahmen dieser "Wanderkirche" - erstmals - die Taufe empfing, ist an der Ernsthaftigkeit der Wahl des neuen Glaubens erheblich zweifeln.

Bereits vom BFA wurde im Dezember 2017 der Diakon der Betel-Gemeinde Bruck an der Leitha, einer Pfingstgemeinde, befragt, der damals angab, den BF seit einem halben Jahr zu kennen. Zum damaligen Zeitpunkt gab der Zeuge an, "zur Zeit komme der BF nur mehr selten in diese Kirche, da er angeblich eine Kirche in Wien besuche". Der Zeuge XXXX konnte damals nichts über den Wissensstand des BF betreffend Religion sagen, "weil man mit dem BF schwer kommunizieren könne. Er habe sich in der Kirche nicht angeboten. In letzter Zeit sei er einfach nicht mehr da". Vor Gericht wurde sodann der Zeuge XXXX vernommen, ehrenamtlicher Pastor und Mitglied im Leitungsteam der Pfingstgemeinde Bruck an der Leitha, einer im Wesentlichen rumänischsprachigen Gemeinde. In der Beschwerde wurde die Vernehmung des "Pastors der Pfingstgemeinde Betel" beantragt und sodann in der Verhandlung der Zeuge RUS namhaft gemacht. Nach dessen Angaben ist dort die Sprache rumänisch, Übersetzungen werden in Englisch und Deutsch angeboten. Der Zeuge gab an, Diakon XXXX kenne den BF besser und könne auch besser Deutsch. Er gab an, nach Rücksprache mit einem Organ des BFA eine neuerliche Taufe des BF für zweckmäßig gefunden zu haben, weil er in der holländischen Kirche nur mit Wasser bespritzt worden sei, man bei der Betel-Gemeinde aber untergetaucht werde. Die Taufvorbereitung seien vier Termine von je zwei oder zweieinhalb Stunden gewesen. Ein mit dem BF zur Gemeinde gekommener Iraner habe gedolmetscht. Eine Motivation, weshalb sich der BF gerade die rumänischsprachige Betel-Gemeinde in Bruck an der Leitha ausgesucht habe, konnte der Zeuge nicht nennen. Der Frage nach dem Glauben des BF wich der Zeuge insofern etwas aus, als er angab, der BF käme (wieder) regelmäßig zur Kirche und habe gute Kontakte mit den Leuten dieser Kirche. Er sehe ihn in der Kirche aktiv. Er habe alle Informationen von XXXX . Mit der Vergangenheit des BF, insbesondere im Iran, beschäftigte sich der Zeuge RUS nicht. Aussagen, die die zumindest zeitweilige Absenz des BF von der Betel-Gemeinde relativieren, machte der Zeuge Rus nicht. Zwar ist die Aussage des Zeugen RUS betreffend das Engagement des BF in der Betel-Gemeinde wesentlich aktueller als jene des Zeugen XXXX vor dem BFA. Nach der Aussage von XXXX war XXXX aber derjenige, der den BF besser kennt. Die Stellungnahme von Diakon XXXX vom 05.03.2019 (Beilage ./H) bezieht sich auf die formellen Umstände der neuerlichen Taufe, nicht aber auf die innerliche Glaubensüberzeugung. Die Aussagen des Zeugen XXXX vor dem BFA im Dezember 2017 stellen insgesamt eine Situation dar, wonach der BF zum damaligen Zeitpunkt nicht sehr aktiv in der Gemeinde erschien und nehmen auch keinen Bezug auf eine innere Glaubensüberzeugung des BF. Laut einer undatierten Stellungnahme von XXXX von nach dem 3.3.2019 soll der BF lediglich für 3 bis 4 Wochen im November 2017 nicht mehr gekommen sein (Beilage ./G), wohingegen der Zg. vor dem BFA angab, der BF sei in den letzten 2 Monaten selten gekommen (AS 499).

Dem BF ist es auch in seiner Einvernehmung nicht gelungen, eine persönliche Glaubensmotivation nachvollziehbar zu machen. Im Wesentlichen blieb es dabei, dass er angab, Frieden sei Basis des Christentums, man könne durch das Christentum in dieser Welt erlöst werden. Dass der BF allenfalls vier oder fünf Personen zur Hamgam-Kirche mitgebracht bzw. vorgestellt hat, ist kein zwingender Beweis für eine innerliche Glaubensüberzeugung. Über Frage nach für den BF persönlich wichtigen Bibelstellen verwies er allgemein auf das Leben von Paulus. Nähere Gründe, weshalb für ihn die Erwählung von Paulus durch Gott so wichtig sei, nannte der BF nicht. Die mannigfaltigen Kontakte zu verschiedenen freikirchlichen Institutionen, die der BF teilweise im Rahmen des Asylverfahrens bislang gar nicht mitteilte, erscheinen angesichts des Gesamtzusammenhanges als Versuche der persönlichen Integration vorwiegend in Gemeinschaften, in denen auch andere iranische Asylwerber aktiv waren, andererseits aber auch als Bemühungen, christliche Zeugnisse im Asylverfahren vorlegen zu können. Diesbezüglich stellte die Cyrus Church besonders geringe Anforderungen. Es war dort möglich, sich innerhalb einer Woche taufen zu lassen. Umstände, weshalb der BF aus persönlicher Überzeugung so ein dringendes Bedürfnis nach der Taufe verspürte, kamen im Verfahren nicht hervor. Als Motivation gab der BF an, Freunde hätten gesagt, dass sie zur Taufe fahren und er könne mitgehen (AS 350). Schon die vom BF bezogen auf Iran geschilderte Begründung der Abwendung vom Islam, man könne auf andere Weise viel gemütlicher leben, Alkohol sei auch erlaubt (Prot. 13.2.2019, S 6), lässt erheblich an inneren religiösen Motiven der äußerlichen Konversion zum Christentum zweifeln. Der zweiten Taufe durch die Betel-Gemeinde lag - wie sich aus der Aussage des Zeugen ergibt - im Wesentlichen ein Tauf-Formalismus (Untertauchen statt Besprengen) zu Grunde, sodass aus diesem Umstand nichts für die Frage der inneren Konversion zu gewinnen ist.

Die Festsellungen zur Integration und strafrechtlichen Unbescholtenheit beruhen auf den vorgelegten Bescheinigungen.

Rechtlich folgt:

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Gemäß Abs 2 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Heimatstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß Abs 3 ist der Antrag abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht oder ein Asylauschlussgrund gesetzt wurde.

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 und 12 ist Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie, Verfolgungsgrund ein in Art 10 Statusrichtlinie genannter Grund.

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach Art 9 der Statusrichtlinie (2011/95/EU) muss eine Verfolgungshandlung iSd Genfer Flüchtlingskonvention aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt oder in einer Kulminierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist.

Unter anderem können als Verfolgung folgende Handlungen gelten:

? Anwendung physischer oder psychischer, einschließlich sexueller Gewalt,

? gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder diskriminierend angewandt werden,

? unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

? Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

? Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich des Art 12 Abs 2 fallen und

? Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob der Antragsteller tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

Nach den alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindenden normativen Vorgaben des Artikel 10 Absatz 1 b, RL 2011/95/EG, kann einem Flüchtling nicht zugesonnen werden, sich bei der Religionsausübung auf das "Forum Internum" zu beschränken, somit seinen Glauben heimlich auszuüben. Diesem muss die öffentliche Ausübung des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sein ("Forum Externum").

Der VwGH hat sich mehrfach mit drohender Verfolgung von zum christlichen Glauben konvertierten Muslimen im Iran befasst (zB. Erkenntnis vom 19.12.2001, 2000/20/0369; Ra 2014/01/0117). Danach kommt es darauf an, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden. Feststellungen zu behaupteten aktuell bestehenden Glaubensüberzeugung sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von - allfälligen - Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln (Erkenntnis des VwGH vom 23.6.2015, Ra 2014/01/0117 mwN).

Die im Iran durchaus evident gegebene Gefahr der Verfolgung nicht geborener Christen knüpft am inneren Entschluß an, nach dem christlichen Glauben zu leben. Nach den Feststellungen besteht im gegenwärtigen Zeitpunkt beim BF kein derartiger innerer Entschluss, weil eine christliche Vorprägung im Iran nicht glaubhaft war und die Kirchenbesuche bei mehreren Gemeinden in Österreich sowie die 2 (!) Taufen in Österreich als Bemühung um Integration auch mit Blick auch auf das Asylverfahren, aber nicht als innere Konversion zu werten waren und somit im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht mehr davon auszugehen ist, dass der BF das Bedürfnis hätte, dort christliche Religion innerlich und äußerlich auszuleben. Mangels Feststellung einer inneren Konversion des BF liegt daher kein auf die oben dargestellten Rechtsgründe zu stützender Asylgrund, auch kein Nachfluchtgrund, vor.

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden bei Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status des Asylberechtigten der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 und 13 bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("sufficiently real risk") im Herkunftsland zu verstehen (VwGH 19.2.2004, 99/20/0573). Die reale Gefahr muß sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um den Anwendungsbereich des Art 3 EMRK zu erreichen (zB. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294). Die bloße Möglichkeit einer Art 3 EMRK widersprechenden Behandlung in dem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen. Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (zB. VwGH 27.02.2001, 98/21/0427).

Der VwGH erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (zB. VwGH 26.6.1997, 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).

Die aktuelle Lage im Iran stellt sich derzeit nicht so dar, dass ein generelles Abschiebehindernis bzw. eine generelle Gefährdung aus Sicht der EMRK (Art. 2 und 3) gegeben ist. Gegenteiliges ist auch den aktuellen Länderberichten zu entnehmen, wonach die Sicherheitslage im Iran allgemein als ruhig bezeichnet werden kann und es nur in vereinzelten Regionen unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund oder zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und anderen Gruppierungen kommt. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07 zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation nicht außer Acht gelassen werden dürfe, in welcher der Respekt für die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen habe, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen allein die Rückführung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht als unzulässig iSd Art. 3 EMRK erscheinen lassen.

Der BF konnte auch darüber hinaus insgesamt keine individuellen Umstände glaubhaft machen, die im Falle einer Rückführung in den Iran die reale Gefahr einer Verletzung aus Art. 2 oder 3 EMRK entspringenden Rechte (oder der anderen im Lichte von § 8 AsylG 2005 relevanten Grundrechte) für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.

Bei dem BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen und im Wesentlichen gesunden Mann mittleren Alters, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er spricht die Sprache der Majoritätsbevölkerung Farsi und verfügt im Herkunftsstaat auch über Angehörige (Mutter, Brüder), zu denen er zumindest teilweise in Kontakt. Es sind jedenfalls keine Gründe ersichtlich, warum er als Erwachsener im Iran keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können sollte, hat er dies doch bisher auch getan. Er ist im Iran aufgewachsen, dort mehrere Jahre zur Schule gegangen und hat zuletzt als Fotograf bzw im Baugewerbe seinen Unterhalt verdient.

Es liegen auch keine Hinweise für das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) vor. Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gesichert, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Der VwGH weist in kürzlich ergangener Entscheidung darauf hin, dass - ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH zur Statusrichtlinie - vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden, sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt umfasst sind. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher, etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK. Dem nationalen Gesetzgeber ist es verboten, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten, unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Herkunftsstaat, zuerkennen. Die Bestimmung des § 8 AsylG 2005 ist daher richtlinienkonform auszulegen (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Der BF wäre durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat nicht in seinen Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder den relevanten Zusatzprotokollen verletzt. Weder droht ihm im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten Rechte nach der EMRK. Eine solche Gefahr hat der BF weder glaubhaft gemacht, noch ist eine solche von Amts wegen hervorgekommen oder dem BVwG bekannt. Selbiges gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

Zu den Spruchpunkten III. - VI. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine der oben genannten Entscheidungen mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung der Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs 3 a oder 9 Abs 2 AsylG 2005 vorliegt.

Unter den in § 57 Abs. 1 AsylG 2005 genannten Voraussetzungen ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des BF weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde. Weder hat der BF das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Gemäß § 55 Abs 1 AsylG 2005 ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

2. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt wurde oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs 2 ASVG erreicht wird.

Liegt nach Abs 2 nur die Voraussetzung des Abs 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Als Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs 1 AsylG 2005 gilt, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nach Abs 2 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist ein Eingriff in das Privat- und Familienleben durch eine Rückkehrentscheidung (§ 52 FPG) nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Nach Abs 2 sind dabei insbesondere zu berücksichtigen,

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob dieser rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewußt waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthalts in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Nach der Rechtsprechung des EGMR ist bei Prüfung der Verhältnismäßigkeit behördlicher Eingriffe auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Insbesondere sind die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung bzw Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung, und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit bzw bei strafgerichtlichen Verurteilungen die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Resozialisierung bzw die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewußt waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 18.224; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie, wobei der Begriff des "Familienlebens" in Art 8 EMRK nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten umfasst, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl dazu EKMR 19.07.1968, Nr 3110/67; EKMR 28.02.1979, Nr 7912/77, EuGRZ 1981/118).

Es leben keine Familienmitglieder oder Angehörigen des BF in Österreich. Da auch sonst keine ausreichend intensive Beziehung des BF zu ihm besonders nahestehenden Personen in Österreich hervorgekommen ist, ist davon auszugehen, dass ein schützenswertes Familienleben in Österreich nicht vorliegt.

Zum Privatleben des BF ist festzuhalten, dass er in Österreich nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens verfügte. Die Dauer dieses Asylverfahrens von etwa 3 Jahren übersteigt nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtsschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren noch angemessen ist. Es liegt somit kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg. 19.752/2013). Der BF geht bislang in Österreich keiner Erwerbsarbeit nach und befindet sich in Grundversorgung. Zwar nimmt er durch eine gewisse Integration in der Betel-Gemeinde Bruck/Leitha am sozialen Leben einer vorwiegend rumämischsprachigen Kirchengemeinde in Österreich teil und leistete zeitweilig ehrenamtliche gemeinnützige Tätigkeiten. Eine intensive Bindung zu Freunden und eine umfassende Teilnahme am sozialen Leben in Österreich zum derzeitigen Zeitpunkt sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Deutschkenntnisse (zertifiziert Niveau A1/2; laufender Kurs B1) sind im Hinblick auf die Dauer des Aufenthalts nicht außergewöhnlich hoch. Eine relevante außergewöhnliche Integration kommt aus di

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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