TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/26 W255 2201046-2

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Veröffentlicht am 26.08.2019
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Entscheidungsdatum

26.08.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W255 2201046-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ronald EPPEL, MA als Einzelrichter über die Beschwerde des minderjährigen XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch seinen Vater XXXX , geb. XXXX , als gesetzlicher Vertreter, dieser vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2018, Zl. 1200958904-180717040, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.06.2019, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Der minderjährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am XXXX in Österreich geboren.

1.2. Am 18.07.2018 hat der Vater des BF als gesetzlicher Vertreter für den BF einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er gab dabei an, dass der BF keine eigenen Fluchtgründe habe und sich auf die Fluchtgründe seiner Eltern stütze.

1.3. Das BFA wies den Antrag des BF auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 29.08.2018, Zl. 1200958904-180717040, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.), erkannte dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu (Spruchpunkt II.) und erteilte dem BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 13.07.2019 (Spruchpunkt III.).

1.4. Gegen Spruchpunkt I. des unter Punkt 1.3. genannten Bescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde.

1.5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.06.2019 in Anwesenheit der Mutter und des Vaters des BF eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei gab der Vater als gesetzlicher Vertreter des BF an, dass dieser keine eigenen Fluchtgründe habe und sich auf die Fluchtgründe seiner Eltern beziehe.

2. Feststellungen:

2.1. Der BF heißt XXXX , ist am XXXX in XXXX , Österreich, geboren und afghanischer Staatsangehöriger. Er ist der minderjährige ledige Sohn von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan und XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan.

2.2. Seitens des BF (und seinem Vater als gesetzlicher Vertreter des BF) wurden keine eigenen Fluchtgründe des BF vorgebracht. Der BF stützt sich ausschließlich auf die Fluchtgründe seiner Eltern.

2.3. Mit Bescheid vom 13.07.2015, Zl. 1091419303-151571432, wies das BFA den Antrag der Mutter des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab, erkannte der Mutter des BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu (Spruchpunkt II.) und erteilte der Mutter des BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 13.07.2019 (Spruchpunkt III.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2019, GZ W255 2203580-1/10E, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides erhobenen Beschwerde der Mutter des BF als unbegründet ab.

2.4. Mit Bescheid vom 13.07.2018, Zl. 1091419510-151571416, wies das BFA den Antrag des Vaters des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) ab, erkannte dem Vater des BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu (Spruchpunkt II.) und erteilte dem Vater des BF gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 13.07.2019 (Spruchpunkt III.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2019, GZ W255 2203581-1/9E, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides erhobene Beschwerde des Vaters des BF als unbegründet ab.

3. Beweiswürdigung:

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zu Grunde:

3.1. Zum Verfahrensgang

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den BF, seinen Vater, seine Mutter und seine Geschwister.

3.2. Zur Person des BF und seinen Fluchtgründen

Die Feststellungen zum Namen, Geburtsdatum, Familienangehörigen, Staatszugehörigkeit und Fluchtgründe des BF sowie zum Verfahren seiner Eltern ergeben sich aus den Angaben seiner Eltern vor dem BFA und aus den Angaben seiner Eltern im Rahmen der zur ihrem Beschwerdeverfahren zu den Zahlen W255 2203581-1 und W255 2203580-1 am 14.06.2019 durchgeführten Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

4. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 gilt ein Antrag auf internationalen Schutz eines Familienangehörigen von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074 uva.). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet.

Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten (VwGH 24.02.2015, Ra 2014/18/0063); auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 20.05.2015, Ra 2015/20/0030 mwN). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).

Wie bereits erwähnt, hat der BF keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht, sondern sich ausschließlich auf die Fluchtgründe seiner Eltern bezogen. Die Beschwerden seiner Eltern gegen die abweisenden Anträge auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2019, Zahlen W255 2203581-1/9E und W255 2203580-1/10E, als unbegründet abgewiesen, da das von den Eltern des BF vorgebrachte Fluchtvorbringen mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden konnte. Mangels Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an zumindest einen Elternteil des BF und mangels Vorliegen eigener Fluchtgründe scheidet die Stattgabe der Beschwerde zwecks Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den BF aus.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Familienverfahren, Glaubhaftmachung, mangelnde Asylrelevanz,
Verfolgungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W255.2201046.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.01.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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