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27 RechtspflegeNorm
EMRK Art6 Abs1 / VerfahrensgarantienLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen Rechtsanwalt wegen Berufspflichtenverletzung in Zusammenhang mit einem Treuhandvertrag; keine überlange VerfahrensdauerSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Wien. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 8. Mai 1992 wurde er für schuldig erkannt, er habe
"1. als in dem im Oktober 1981 abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend die geförderte Eigentumswohnung Seyringerstraße 17/8/18, Wien, (im folgenden Kaufgegenstand) von den Vertragsparteien und zwar der Verkäuferin M H und der Käuferin
C C-O geb. I (im folgenden C O) mit seiner Zustimmung bestellter Treuhänder bis 16.12.1987 nicht veranlaßt, aus dem bei ihm im Oktober 1981 errichteten Treuhanddepot die Grunderwerbssteuer von S 50.400,-- zu bezahlen, die Zustimmung des Landes Wien gemäß §22 WbfG 1968 zur Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käuferin ob dem Kaufgegenstand einzuholen oder die Einverleibung der Löschung der auf dem Kaufgegenstand eingetragenen Hypotheken der Ersten Österreichischen Spar-Casse und des Landes Wien sowie die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Käuferin zu beantragen;
2. einen ihm von der Ersten Österreichischen Spar-Casse aus Anlaß seiner Mandantin C O im Oktober 1981 gewährten Hypothekardarlehens von S 350.000,-- samt Anhang erteilten und von ihm bei dieser Gelegenheit angenommenen Treuhandauftrag zur Einverleibung des Eigentumsrechtes der C O und des Pfandrechtes der Ersten Österreichischen Spar-Casse von S 350.000,-- ob dem im Punkt 1. genannten Kaufgegenstand bis 16.12.1987 nicht erfüllt."
Wegen der hiedurch begangenen Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes und der Berufspflichtenverletzung wurde der Beschwerdeführer gemäß §16 Abs1 Z2 DSt zu einer Geldbuße in Höhe von S 15.000,-- und zum Ersatz der anteiligen Kosten des Disziplinarverfahrens verurteilt.
Begründend wurde im wesentlichen folgendes ausgeführt:
"Der Disziplinarrat hat folgenden Sachverhalt festgestellt und als erwiesen angenommen:
M H ... war Eigentümerin der Eigentumswohnung in der S... . Über Vermittlung des K J verkaufte H ihre Eigentumswohnung an
C C O geb. I ..., worüber der Kaufvertrag vom 9. und 12.10.1981 errichtet wurde. In dem von J verfaßten Kaufvertrag wurde der Disziplinarbeschuldigte von den Kaufvertragsparteien zum Treuhänder bestellt ... .
...
Im Schreiben J an H vom 9.10.1981 wurde der Disziplinarbeschuldigte als zur Erledigung aller rechtlichen Belange beauftragter Rechtsanwalt bezeichnet. ...
Der Kaufvertrag vom 9. bzw. 12.10.1981 sieht einen Kaufpreis in der Höhe von S 630.000,-- vor, wobei in Anrechnung auf diesen Kaufpreis Darlehen der Ersten Österreichischen Spar-Casse und des Landes Wien zu übernehmen bzw. zu tilgen waren. Im Lastenblatt der kaufgegenständlichen Liegenschaftsanteile waren nämlich die Pfandrechte der Ersten Österreichischen Spar-Casse sowie des Landes Wien ebenso einverleibt wie das Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten des Landes Wien.
Am 17.9.1981 fertigte die Erste Österreichische Spar-Casse eine Darlehenspromesse an J aus, in der mitgeteilt wird, daß die Bank bereit sei, O ein Darlehen in der Höhe von S 350.000,-- zum Ankauf der gegenständlichen Eigentumswohnung zu gewähren. Mit Schreiben vom 12.10.1981 wurde der Disziplinarbeschuldigte zum Treuhänder bestellt und ihm aufgetragen, zur Sicherstellung dieses Darlehens das Pfandrecht im Betrage von S 350.000,-- samt Nebengebühren ob den kaufgegenständlichen Liegenschaftsanteilen im unmittelbaren Range nach den zugunsten des Landes Wien einverleibten Pfandrechten und nach den Vorpfandrechten der Ersten Österreichischen Spar-Casse einverleiben zu lassen. Da der Disziplinarbeschuldigte diesen Treuhandauftrag annahm, wurde ihm der Darlehensbetrag nach Abzug der Geldbeschaffungskosten, sohin der Betrag von insgesamt S 309.530,-- zu treuen Handen zur Verfügung gestellt. Davon übergab der Disziplinarbeschuldigte der Verkäuferin H am 15.10.1981 den von ihr beanspruchten Barkaufpreis in der Höhe von S 193.000,-- und bezahlte am gleichen Tage S 90.000,-- 'absprachegemäß' an J, sodaß ihm S 26.530,-- verblieben sind.
Der Disziplinarbeschuldigte brachte den Kaufvertrag dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern zur Anzeige, unternahm sonst jedoch keinerlei Schritte zur Ausführung der Mandate, die er von O, H und der Ersten Österreichischen Spar-Casse erhalten hatte.
Im Jahre 1983 forderte O vertreten durch Dr. P B, Rechtsanwalt
in Wien, J auf, abzurechnen und klagte ihn schließlich ... auf
Zahlung des Differenzbetrages von S 62.630,--. Dieses Verfahren
endete mit dem Vergleich vom 8.11.1983 ... .
Eine Antragstellung des Disziplinarbeschuldigten beim Land Wien, die Zustimmungserklärung zur Veräußerung der gegenständlichen Eigentumswohnung gem. §22 WBFG 1968 abzugeben, erfolgte nicht. Statt dessen urgierte der Disziplinarbeschuldigte bei J und O mehrmals die erforderlichen Behördenschritte durchzuführen, er wurde jedoch immer vertröstet.
Als O am 25.11.1983 plötzlich verstarb, wurden ab diesem Zeitpunkt keinerlei Zahlungen mehr für die kaufgegenständliche Wohnung an die Hausverwaltung geleistet, sodaß die Firma H P OHG gegen die Verkäuferin H, die noch im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen war, entsprechende Klagen ... einbringen mußte. Diese Verfahren endeten damit, daß die klagende Hausverwaltungskanzlei P OHG im Vergleichsweg auf Exekutionsführung hinsichtlich der ihr zustehenden Beträge, ausgenommen die gegenständliche Eigentumswohnung, verzichtete. Auf Grund des von der Hausverwaltungskanzlei P beim Bezirksgericht Floridsdorf am 25.11.1985 zu 8 E92/85 gestellten Zwangsversteigerungsantrages wurde die gegenständliche Eigentumswohnung letztendlich dem A B am 17.12.1987 um S 380.000,-- zugeschlagen.
Aus dem Versteigerungserlös wurde die Erste Österreichische Spar-Casse hinsichtlich ihrer pfandrechtlich sichergestellten Darlehen voll, das Land Wien jedoch nur teilbefriedigt.
Da der Disziplinarbeschuldigte den ihm seitens der Ersten Österreichischen Spar-Casse erteilten Treuhandauftrag, das Pfandrecht für ein Darlehen im Betrage von S 350.000,-- s.N. zu verbüchern nicht erfüllt hatte, wurde er von dieser in Anspruch genommen und mußte letztendlich an diese S 300.000,-- bezahlen.
...
Der Disziplinarrat hat den festgestellten Sachverhalt wie folgt rechtlich beurteilt:
Es ist davon auszugehen, daß der Disziplinarbeschuldigte in dem von J verfaßten Kaufvertrag als Treuhänder für die finanzielle Abwicklung eingesetzt wurde und ihm der Kaufvertrag und damit auch diese Bestimmung zur Kenntnis gelangte. ... Da der Disziplinarbeschuldigte gegen seine Bestellung als Treuhänder keinen Widerspruch erhoben hat, kann davon ausgegangen werden, daß er den Auftrag zur Durchführung der rechtlichen Belange dieser Kaufvertragsangelegenheiten angenommen hat.
Er war daher beiden Parteien gegenüber verpflichtet, den Kaufvertrag grundbücherlich durchzuführen. Dazu gehörte jedenfalls die Verpflichtung dafür zu sorgen, daß die Grunderwerbssteuer an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern zur Erlangung der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung als Voraussetzung für die Grundbuchseintragung zur Einzahlung gebracht wird. Weiters hätte sich der Disziplinarbeschuldigte darum kümmern müssen, daß das Land Wien entweder die Zustimmungserklärung zur Veräußerung der kaufgegenständlichen Eigentumswohnung an O erteilt oder aber dieses Darlehen unter Inanspruchnahme der Begünstigungsbestimmungen mit 50 % des aushaftenden Betrages zurückbezahlt wird, sodaß die entsprechende Löschungserklärung für das Pfandrecht des Landes Wien sowie für das zu seinen Gunsten einverleibte Veräußerungsverbot ausgestellt wird.
All dies hat der Disziplinarbeschuldigte unterlassen ...
Das gleiche gilt für den Treuhandauftrag, den er gegenüber der Ersten Österreichischen Spar-Casse auf Verbücherung des Eigentumsrechtes der O und Einverleibung des Pfandrechtes des Bankinstitutes im Betrage von S 350.000,-- samt Nebengebühren übernommen hat. Auch diesen Auftrag hat der Disziplinarbeschuldigte nicht erfüllt, wobei es unerheblich ist, ob er davon ausgehen durfte, daß J die erforderlichen Rechtshandlungen setzt. Ebensowenig exkulpiert den Disziplinarbeschuldigten der Umstand, daß er der Ersten Österreichischen Spar-Casse einen Betrag von S 300.000,-- zurückbezahlen mußte, da dies nicht als Erfüllung des Treuhandauftrages, sondern nur als Schadenersatzleistung angesehen werden kann. ..."
2. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im folgenden: OBDK) wurde mit Bescheid vom 13. November 1995 wegen Schuld nicht Folge gegeben. Hingegen wurde der Berufung wegen Strafe dahin Folge gegeben, daß die Geldbuße auf S 10.000,-- herabgesetzt wurde.
Die OBDK begründete ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
"Im Kaufvertrag ist unter II. zweiter Absatz vorgesehen, daß die Begleichung des Kaufschillings, das sind S 630.000,-- durch die Käuferin aus deren Zahlungsmitteln über das Konto des Treuhänders erfolgt. Dieser Vertragspunkt ist aber im Zusammenhalt mit dem Schreiben ./IV zu sehen, in dem vorgesehen ist,
1. daß aus den beim Treuhänder eingehenden Zahlungsmitteln der Käuferin auch die im Kaufvertrag nicht erwähnte Ablösezahlung für Wohnungseinrichtung im Betrag von S 80.000,-- sowie die von der Verkäuferin aufgebrachten Eigenmittel von S 112.648,--, sohin
S 192.648,-- an die Verkäuferin auszubezahlen sind,
2. daß die 'anteiligen Darlehen aus WBF 68, sowie EÖSpC von der Käuferin übernommen bzw. hinsichtlich WBF 68 zu 50 % getilgt' werden und
3. daß die Erledigung aller rechtlichen Belange incl. Treuhandschaften durch den DB erfolgt. Dieses Schreiben kam der H zur Kenntnis, es trägt den handschriftlichen Vermerk 'übernommen:
H M, einverstanden' und die Anweisung 'DS. Dr. M.
...
Die Verkäuferin H konnte ... darauf vertrauen, daß der DB nicht nur tatsächlich alle zur Verbücherung des Eigentums für die Verkäuferin erforderlichen Schritte setzt, sondern auch, daß er sich vor Übernahme dieses Auftrages und insbesondere der Treuhandschaft vergewissert hatte, daß die zur Durchführung der übernommenen Aufgaben erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind. Spätestens bei Auszahlung aus dem Treuhanderlag jedoch hätte der DB erkennen müssen, daß ohne Zuführung weiterer Mittel der Treuhandauftrag nicht werde erfüllbar sein und in Konsequenz dessen das Treuhanddepot, statt die Auszahlungen vorzunehmen, an die EÖSpC rückführen müssen.
Daran können auch die im Verfahren 8 Cg 40/88 des Landesgerichtes für ZRS Wien ergangenen Urteile nichts ändern. Die Auslegung von Urkunden, um die es vorliegend im wesentlichen geht, ist eine Rechtsfrage (SSt 26/49), die in voneinander unabhängigen Verfahren unterschiedlich gelöst werden kann. Abgesehen davon ging das Landesgericht für ZRS Wien in seinem vom Oberlandesgericht Wien bestätigten Urteil von einer die Klägerin H treffenden Beweislast aus, wobei ihr der Beweis nicht gelungen sei (S. 10 der Urteilsausfertigung). Dem Disziplinarverfahren als amtswegigen Verfahren ist jedoch eine Beweislastverteilung fremd. Schon aus diesem Grund kommt eine vom DB in der Berufung zur Diskussion gestellte Bindungswirkung der zivilgerichtlichen Urteile nicht in Frage; ebensowenig ist aus diesem Grund der Schuldspruch im Disiplinarverfahren denkunmöglich. Es bedurfte daher keiner näheren Erörterung des genannten Aktes im angefochtenen Erkenntnis, zumal der DB nur auf die unterschiedliche Rechtsmeinung verweisen kann, aber keine konkreten Tatsachengrundlagen aufzuzeigen vermag, die sich zusätzlich aus dem Zivilakt ergeben sollen.
Der DR hat aber auch den Bestand eines Treuhandverhältnisses gegenüber der Käuferin O zurecht als gegeben festgestellt; gemäß dem Schreiben der Käuferin O vom 9. Oktober 1981 an den DB wurde diesem eine Vollmacht zur Erledigung aller für den Ankauf der gegenständlichen Eigentumswohnung erforderlichen rechtlichen Belange, Verbücherungen und Treuhandschaften ausgestellt und übermittelt; aus der Form des Plural ergibt sich, daß der DB nicht bloß eine Treuhandschaft gegenüber der EÖSpC übernommen hatte, wie er dies darzutun versucht; mit der gewählten Formulierung 'Treuhandschaften' wurde in diesem von J konzipierten Schreiben zum Ausdruck gebracht, daß Treuhandschaften nicht nur gegenüber der kreditierenden Bank, sondern auch gegenüber den Vertragsteilen vorgesehen waren. Im gleichen Sinne ist das Schreiben der Käuferin O an J vom 9. Oktober 1981 abgefaßt, das im vorerwähnten an den DB gerichteten Schreiben als Beilage ausdrücklich angeführt ist. ... Der DB übernahm dann den an ihn seitens der EÖSpC zur Auszahlung gelangten Kredit als Treuhänder für die Vertragsabwicklung, folgte hieraus an die Verkäuferin S 193.000,--- aus und zahlte einen weiteren Teilbetrag von S 90.000,-- 'in Absprache mit der Käuferin' an J aus (Erwiderung des DB in der Verhandlung am 8. Mai 1992, S. 1). Er zeigte weiters den Kaufvertrag zur Grunderwerbssteuerbemessung beim Finanzamt für Gebühren- und Verkehrssteuern an, und nahm die Vorschreibung entgegen (S 3/4 des Protokolles vom 8. Mai 1992). Dies zeigt, daß der DB selbst den an ihn ergangenen Auftrag so umfassend verstanden hat, wie er im angefochtenen Erkenntnis des DR als gegeben festgestellt wird; erst später, als der DB erkennen mußte, daß ihm die erforderlichen Mittel zur weiteren Abwicklung fehlen, schränkte er seine Tätigkeit ein und begnügte sich mit mündlichen Urgenzen bei O und J. Er selbst gesteht zu, daß der Treuhanderlag für die Zahlung der Grunderwerbssteuer und für die Rückzahlung des Darlehens des Landes Wien bei weitem nicht gereicht habe; er sei davon ausgegangen, daß die Beträge zur Rückzahlung an das Land geleistet würden, in der Vergangenheit habe 'das ja immer geklappt' (S. 7 des Protokolles vom 8. Mai 1992).
Der Berufung kann aber auch darin nicht gefolgt werden, daß der Tatzeitraum nicht erst mit 16. Dezember 1987, also dem Tag vor der Versteigerung der Eigentumswohnung, sondern bereits mit dem Tag des Ablebens der Käuferin O, sohin am 25. November 1983 geendet habe. Denn die aus dem übernommenen Treuhandauftrag sich ergebenden Verpflichtungen enden nicht mit dem Tod des Auftraggebers, sondern sind auch über dessen Ableben hinaus den Rechtsnachfolgern, im gegenständlichen Falle der erbserklärten und in der Folge auch eingeantworteten Alleinerbin gegenüber zu erfüllen. Es darf aber auch nicht übersehen werden, daß die Treuhandschaft nicht nur gegenüber der Käuferin O, sondern auch der Verkäuferin H und der Darlehensgeberin EÖSpC gegenüber bestanden hat; das Ableben eines der Beteiligten konnte daher nicht zu einer Beendigung der gesamten Treuhandabwicklung führen, weil aus ihr auch den anderen Beteiligten gegenüber Verpflichtungen bestanden und diesen Rechte zustanden. Der DR hat daher zurecht den Zeitpunkt des Eintrittes der Unmöglichkeit der Erfüllung des Treuhandauftrages erst mit dem Zuschlag im Versteigerungsverfahren der Eigentumswohnung als gegeben angesehen.
Damit fällt aber auch der vom DB in der Berufungsverhandlung gegen den Schuldspruch vorgebrachte Einwand der absoluten Verjährung, der allein auf den Tod der O abstellt und nicht auf das mehrseitige Treuhandverpflichtungsverhältnis.
Es ist zwar richtig, daß gemäß der Beilage ./2 der DB im Rahmen der ihm von der EÖSpC übertragenen Treuhandschaft entweder die Verbücherung von Eigentum und Pfandrecht zu bewirken oder aber den Treuhanderlag zurückzuüberweisen hatte, welcher ihm in der Höhe von S 309.530,-- (ON 4) überwiesen worden war. Die zu einem sehr späten Zeitpunkt erfolgte Zahlung des DB im Betrag von S 300.000,-- (Protokoll vom 8. Mai 1992, S. 1) an die EÖSpC entspricht weder von der Höhe dem Treuhanderlag, noch ist sie in diesem Sinne erfolgt. Der DB selbst hat sich nicht etwa dahin verantwortet, er habe vertragsgemäß den Treuhanderlag rückgeführt; in seiner Verantwortung (Protokoll vom 8. Mai 1992, S. 2) führte er vielmehr aus, er habe infolge des Verschuldens der Käuferin die Schadenersatzforderung von S 300.000,--, das ist der Betrag, den er an die EÖSpC refundieren mußte, geregelt. Das angefochtene Erkenntnis hat sohin die Zahlung von S 300.000,-- zu Recht nicht als in Erfüllung des Treuhandauftrages, sondern als Schadenersatzleistung angesehen, und zwar in Übereinstimmung mit der eigenen Verantwortung des DB.
Insgesamt gesehen fällt daher dem DB eine Verletzung der Verpflichtung gemäß §9 Abs1 RAO zur Last, denn es kann nicht gesagt werden, daß er die übernommenen Treuhandschaften mit Eifer geführt hätte. Diese Standespflichtverletzung beeinträchtigte auch Ansehen und Ehre des Standes, kam sie doch einer Mehrzahl von standesfremden Personen (Bankangestellten, Angestellten einer Hausverwalterkanzlei, Richtern, Gerichtsbediensteten) zur Kenntnis."
3. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Der Beschwerdeführer bringt hiezu vor:
"Hinsichtlich des Punktes 1) des erstinstanzlichen Erkenntnisses vermeint die belangte Behörde völlig zu Unrecht, daß das Ergebnis des Rechtsstreites zu 8 Cg 40/88 des Landesgerichtes für ZRS Wien in keiner Weise zu berücksichtigen ist und daß es daher nicht bindend für die Entscheidung sei. In diesem Rechtsstreit wurde nach einem umfangreichen Beweisverfahren, in dem dieselben Beweismittel wie gegenständlich vorlagen, in allen Instanzen rechtskräftig festgestellt, daß keinerlei Rechtsbeziehungen zwischen mir und der Verkäuferin bestanden haben und daß daher eine zivilrechtliche Haftung meinerseits nicht gegeben ist. Es ist sohin völlig denkunmöglich, daß ich irgendwelche Pflichten gegenüber der Verkäuferin verletzt haben könnte. Die zivilrechtliche Haftung eines Anwaltes geht nämlich weit über die strafrechtliche oder disziplinäre hinaus. Es liegt daher auch Willkür vor, wenn bei der gegebenen Sach- und Rechtslage eine disziplinäre Haftung gegenüber der Verkäuferin angenommen wird. Sohin wurden schon dadurch die verfassungsgesetzlich geschützten Rechte auf Eigentum und Gleichheit verletzt.
Mit der Bezahlung der Grunderwerbsteuer hat sich das angefochtene Erkenntnis nicht auseinandergesetzt. Der erstinstanzliche Disziplinarrat hat jedenfalls auf Seite 5 seines Erkenntnisses festgestellt, daß Kurt Jäger das 'Gesamtmanagement' des Ankaufes und dessen Finanzierung übertragen erhielt und daß er bevollmächtigt war, auftrags der Käuferin sämtliche Geldtransaktionen vorzunehmen. ... Nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Disziplinarrates verblieben mir zur Verrechnung nur S 11.530,--, die zur Bezahlung der Grunderwerbsteuer, die ich vereinbarungsgemäß gar nicht vorzunehmen hatte, auch nicht gereicht hätten. Im übrigen ist nach den Feststellungen des erstinstanzlichen Erkenntnisses (Seite 7, Ende des ersten Absatzes) Jäger der Zahlung (der Grunderwerbssteuer), an Dr. Bachmann in der Folge (nach der Klage) nachgekommen. Letztlich hätte die Verkäuferin gem. §20 GrEStG 1955 geeignete Schritte unternehmen können oder kann es noch um die Grunderwerbssteuervorschreibung zu Fall zu bringen (insbesondere nach Abs1 Z.2 u.3). Es kann daher hinsichtlich der Grunderwerbssteuer keinerlei Verschulden meinerseits erblickt werden.
Was meine Pflichten (gegenüber der Käuferin) zur bücherlichen Durchführung betrifft, war ausdrücklich vereinbart, daß von der Käuferin 50 % des Darlehens des Landes Wien zwecks Löschung des Veräußerungsverbotes zurückbezahlt werden. Die Einholung einer Zustimmungserklärung des Landes Wien meinerseits wäre daher eine vereinbarungswidrige Handlung gewesen. Die vereinbarte Rückzahlung durch die Käuferin ist trotz mehrfacher Urgenzen und Zusagen jedoch nicht erfolgt, bis deren plötzlicher und unvorhersehbarer Tod die Rückzahlung unmöglich machte, da die Verlassenschaft überschuldet war. Es liegt daher einzig und allein diesbezüglich ein Verschulden der Käuferin vor, bei der gegebenen Sachlage ist es wiederum denkunmöglich und willkürlich, mir irgendein Verschulden anzutasten.
Wie bereits ausgeführt, war nach dem Tode der Käuferin eine Rückzahlung des Darlehens des Landes Wiens zwecks Löschung des Veräußerungsverbotes nicht mehr möglich. Aber auch die Einholung einer Zustimmungserklärung des Landes Wien wurde durch den Tod der Käuferin unmöglich, da eine solche nach deren Ableben niemals erteilt worden wäre. Es ist daher wiederum denkunmöglich, daß ich nach dem Todestag am 25.11.1983 noch irgendeine Handlung zur Durchführung der Verbücherung setzen hätte können. Damit war aber - entgegen der unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde - die absolute Verjährungszeit am Tage der Berufungsverhandlung bereits abgelaufen.
In der österreichischen Rechtsordnung gibt es keine gesetzlichen Tatbestände für Disziplinarvergehen durch Rechtsanwälte. Infolgedessen muß die Strafbarkeit eines Disziplinarvergehens genauestens und eng umgrenzt nach den Grundsätzen des Strafrechtes geprüft werden. Absolute Voraussetzung ist das Vorliegen eines Verschuldens, da es eine Erfolgshaftung grundsätzlich nicht gibt. Wie bereits ausgeführt, kann mir bei der gegebenen Sach- und Rechtslage in keinem Punkte irgendein Verschulden angelastet werden. Eine gegenteilige Ansicht wäre nicht nur denkunmöglich und willkürlich, sondern würde auch zu einer Verletzung der verfassungsgesetzlich geschützten Erwerbsfreiheit führen. ...
Was schließlich Punkt 2) des erstinstanzlichen Erkenntnisses betrifft, ist die von der belangten Behörde geäußerte Rechtsansicht absolut denkunmöglich und willkürlich. Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut der Beilage ./II ist der Treuhandauftrag entweder durch Verbücherung des Pfand- und Eigentumsrechtes oder durch Rückzahlung der zugezählten Darlehensvaluta erfüllt. Die Rückzahlung ist einvernehmlich erfolgt, der Treuhandauftrag daher erfüllt. Von einer bloßen Schadenersatzleistung kann keine Rede sein. Es ist mir nicht bekannt, wieso das Wort 'Schadenersatzforderung' in das Verhandlungsprotokoll vom 8.5.1992 auf Seite 2 kam, ob es sich um einen Versprecher meinerseits oder einen Diktatfehler handelt. Es ist jedenfalls darauf zu verweisen, daß in diesem Zusammenhange im Protokoll auch das Wort 'refundieren' (also rückzahlen) steht! Im übrigen kommt es auch nicht auf die Benennung einer Handlung, sondern vielmehr nur auf die richtige rechtliche Qualifikation an! Nach dem Inhalt der Beilage ./II kann diesbezüglich jedenfalls nicht der geringste Zweifel bestehen, daß die einvernehmliche (und daher abgerundete) Rückzahlung des Betrages von S 300.000,-- eine Erfüllung des Treuhandauftrages darstellt und daher der Schuldspruch zu Punkt 2) des erstinstanzlichen Erkenntnisses mehrfach eine grobe Verletzung verfassungsgesetzlich geschützter Rechte (Eigentumsrecht, Gleichheit und Erwerbsfreiheit) darstellt, zumal sich die Darlehensgeberin in keiner Weise beschwert erachtet hat.
Letztlich ist noch darauf hinzuweisen, daß das gegenständliche Verfahren seit 1986 (!) ohne jegliches Verschulden meinerseits anhängig ist, was wiederum die diesbezüglichen Bestimmungen der Menschenrechtskonvention verletzt!"
4. Die OBDK als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
5. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
5.1. Der Beschwerdeführer bringt ob der Verfassungsmäßigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine Bedenken vor. Auch im Verfassungsgerichtshof sind solche aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden. Der Beschwerdeführer wurde daher nicht in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung verletzt.
5.2.1. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde jedoch vor, Willkür geübt zu haben. Darüber hinaus habe die belangte Behörde ihn in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Freiheit der Erwerbsausübung verletzt.
5.2.2. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).
Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen käme eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrechtes nur in Frage, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise anwendet hätte, ein Fall der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. VfSlg. 10356/1985, 10482/1985); gleiches gilt für die behauptete Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit (vgl. zB VfSlg. 10413/1985).
Nichts davon trifft hier zu. Die Behörde hat ein eingehendes Beweisverfahren durchgeführt, die Beweise sorgfältig erhoben und vertretbar gewürdigt. Sie ist auf die Vorbringen des Beschwerdeführers im einzelnen eingegangen und hat sich damit eingehend auseinandergesetzt. Der Behörde kann insbesondere auch nicht vorgeworfen werden, den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt zu haben. Ebensowenig kann der Behörde angelastet werden, den von ihr sorgfältig und vertretbar ermittelten Sachverhalt rechtlich in einem solchen Maße fehlerhaft beurteilt zu haben, daß von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage gesprochen werden könnte. Die belangte Behörde hat sich in aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstandender Weise mit dem Umfang des dem Beschwerdeführer erteilten und von ihm übernommenen Treuhandauftrages auseinandergesetzt; nach der - vertretbaren - Ansicht der OBDK hat der Beschwerdeführer nicht nur ein Treuhandverhältnis gegenüber der Käuferin und Verkäuferin der Eigentumswohnung, sondern auch gegenüber der Darlehensgeberin begründet. Die Behörde hat auch in vertretbarer Weise dargelegt, warum das Verhalten Dritter ihn im Hinblick auf die gegenüber den Vertragsparteien übernommenen Aufträge nicht exkulpieren konnte und ihn ebensowenig der Umstand exkulpiert, daß er das ihm zugezählte Darlehen zur Schadensgutmachung rückgeleistet hat. Der Verfassungsgerichtshof kann daher in der durch den angefochtenen Bescheid bestätigten disziplinären Verurteilung eine Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht erblicken. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof auch dann nicht zu prüfen, wenn die Beschwerde - wie hier - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG gerichtet ist, die vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 8309/1978, 10565/1985, 12697/1991 und 13419/1993).
5.2.4. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt. Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß eine Verletzung dieses Grundrechtes stattgefunden hätte.
5.3. Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich des Faktums 2 des erstinstanzlichen Bescheides der belangten Behörde ein willkürliches Verhalten vorwirft, ist diesem Vorbringen zu erwidern, daß die OBDK unter Berufung auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarrat der Wiener Rechtsanwaltskammer davon ausgegangen ist, daß die erfolgte Zahlung in Höhe von S 300.000,-- nicht in Erfüllung des Treuhandauftrages, sondern als Schadenersatzleistung erfolgt ist. Der Verfassungsgerichtshof kann bei der gegebenen Sachlage in dieser Annahme weder ein willkürliches Verhalten noch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung erblicken. Eine Verletzung des Beschwerdeführers in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsausübung liegt daher insgesamt nicht vor.
5.4. Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, daß die lange Verfahrensdauer eine Verletzung "der diesbezüglichen Bestimmungen der Menschenrechtskonvention" darstellt. Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, da die belangte Behörde jedenfalls in angemessener Zeit entschieden hat. Der bekämpfte Bescheid ist in einem Verfahren ergangen, dessen Dauer angesichts der komplexen Sach- und Rechtslage unter dem Aspekt des Art6 EMRK nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht zu beanstanden ist.
5.5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
5.6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5.7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht RechtsanwälteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B1098.1996Dokumentnummer
JFT_10038998_96B01098_00