Entscheidungsdatum
04.11.2019Norm
KFG 1967 §57aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 23. April 2019, Zl. ***, betreffend Widerruf einer Ermächtigung gemäß § 57 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Feststellungen:
1.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 08. Februar 2001, ***, wurde dem Beschwerdeführer die Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von näher genannten Fahrzeugen in der Begutachtungsstelle ***, ***, erteilt.
1.2. Mit Erledigung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 21. Februar 2001 wurden der Beschwerdeführer und B als „geeignete Person für die wiederkehrende Begutachtung von Fahrzeugen zur Kenntnis genommen“.
1.3. Mängel in der Begutachtungspraxis des Beschwerdeführers:
1.3.1. Das vom Beschwerdeführer am 03. April 2019 verwendete Scheinwerfereinstellgerät wies keine Möglichkeit zur Neigungsverstellung auf. Die Einstellung der Scheinwerfer wird vom Beschwerdeführer bzw. von der von ihm herangezogenen „geeignete Person“ grundsätzlich nur anhand einer am Ausfahrtstor angebrachten Markierung überprüft. Ein Scheinwerfereinstellgerät wird lediglich dann verwendet, wenn der Beschwerdeführer der Ansicht ist, dass diesbezüglich Bedarf besteht. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass die Prüfanweisung betreffend Scheinwerfer „obsolet, so gestern“ ist. Er ist weiters der Ansicht, dass er zu wenig Geld verdienen würde, wenn er das Scheinwerfereinstellgerät immer laut Prüfanweisung des von der Bundesinnung der Kraftfahrzeugtechniker herausgegebenen und vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigten Mängelkatalogs der Bundesinnung für Fahrzeugtechnik für alle Kraftfahrzeugklassen (in der Folge: Mängelkatalog), 8. Auflage, März 2016 verwenden würde. Die Verwendung des Scheinwerfereinstellgerätes bei den Begutachtungen hält der Beschwerdeführer auch deshalb nicht für zwingend, weil seiner Ansicht nach in der Regel ein schlechter Lampensitz das Problem sei.
1.3.2. Die Begutachtungsstelle hat weder einen Bremsenprüfstand für Fahrzeuge der Klasse L, noch eine Bremsenprüfstrecke mit Bodenmarkierungen. Der Beschwerdeführer misst bei Bremsproben im Rahmen der Begutachtung gemäß § 57a KFG 1967 auch nicht mit einem Maßband nach. Eine geeignete Prüfstrecke für Fahrzeuge der Klasse L weist die Begutachtungsstelle nicht auf, zumal die verwendete Strecke zu kurz ist; die Bremsproben werden aufgrund der beengten Platzverhältnisse mit im Vergleich zur Prüfanweisung laut Mängelkatalog verringerter Prüfgeschwindigkeit durchgeführt. Der Beschwerdeführer führt bei neueren Kraftfahrzeugen (zB BMW-Motorrädern) keine Bremsenprüfung laut Mängelkatalog durch. Er ist vielmehr der Ansicht, dass er aufgrund seines technischen Hausverstands weiß, ob die Bremsen funktionieren. In Gutachten werden regelmäßig Bremsverzögerungswerte eingetragen, die der Beschwerdeführer als seiner Erfahrung nach für realistisch erachtet; so wurden bei fünf Gutachten betreffend die Fahrzeugklasse L (Nr. ***, Nr. ***, Nr. ***, Nr. ***, Nr. ***) jeweils identische Werte der Betriebsbremsanlage (50,56%) sowie annähernd gleiche Bremswerte beim Hinterrad (2x39,35% und 3x37,31%) eingetragen. Auch in diesem Zusammenhang hält der Beschwerdeführer eine Überprüfung laut Mängelkatalog für unwirtschaftlich (zu lange Dauer für zu wenig Geld).
1.3.3. Am 03. April 2019 befanden sich die Begutachtungsplaketten gemäß § 57a KFG in einem unversperrten Möbelschrank, wobei der Schlüssel an der Kastentüre steckte.
1.3.4. Im Gutachten Nr. *** wurde bei einem Fahrzeug der Klasse L keine Bremsverzögerung für die Hinterradbremse angeführt. Das begutachtete Fahrzeug besitzt eine Integralbremse; dies wurde im Gutachten nicht vermerkt.
1.3.5. Bei Fahrzeugen der Klasse L führte der Beschwerdeführer in sämtlichen Gutachten eine Hilfsbremsanlage an, obwohl Motorräder keine Hilfbremsanlage besitzen.
1.3.6. Die Begutachtungsstelle war mit einer Hebebühne und einer Prüfgrube ausgerüstet. Die Prüfgrube befand sich im überdachten Innenhof und wird vom Beschwerdeführer schon seit längerer Zeit nicht verwendet. Bei der Überprüfung des Radlagerspiels von Fahrzeugen der Klasse T (Traktoren) hebt der Beschwerdeführer diese Fahrzeuge nicht aus, sondern überprüft lediglich anhand händischen Rüttelns des am Boden stehenden Fahrzeuges – allenfalls mit einer Hilfsperson –, ob ein übermäßiges Spiel beim Radlager vorhanden ist; auch eine „Rüttelplatte“ oder anderes technisches Gerät wird zur Feststellung eines allfälligen Spiels beim Radlager nicht verwendet.
1.3.7. Die Anzeige des Rollenbremsenprüfstandes in der Begutachtungsstelle befindet sich rechts fix montiert und nicht schwenkbar in ca. vier Meter Entfernung von der Rollensatzmitte. Bei dieser Anordnung ist es für den Prüfer des Kraftfahrzeuges nicht möglich bei der Begutachtung eines auflaufgebremsten Anhängers die Anzeige abzulesen. Bei derartigen Überprüfungen notiert daher die Sekretärin und nicht der Prüfer die Werte von der Anzeige des Rollenbremsenprüfstandes.
1.3.8. Ein Bremsenverzögerungsmessgerät war am 03. April 2019 lediglich bis Ende 2018 geeicht, eine Kalibrierung ab 2019 konnte nicht vorgelegt werden.
1.3.9. Für die verwendete Zweisäulenhebebühne Consul, welche im Jahr 2015 aufgebaut und abgenommen wurde, wurde bis 03. April 2019 keine wiederkehrende Überprüfung für das Jahr 2019 durchgeführt.
1.3.10. Die für LOF-Fahrzeuge verwendeten Druckluftmanometer waren am 03. April 2019 nicht geeicht.
1.3.11. Am 03. April 2019 fand eine Begutachtung eines Ford Galaxy durch Herrn B (geeignete Person) statt. Im Rahmen der Begutachtung wurde die Höhenverstellung der im Fahrzeug verbauten Scheinwerferregulierungseinrichtung anstatt der notwendigen Einstellung „0“ auf „1“ justiert. Die Einstellung der Scheinwerfer in Bezug auf Höhe bzw. Ausrichtung wurde lediglich anhand einer am Ausfahrtstor angebrachten Markierung begutachtet. Eine Überprüfung mit einem geeigneten Scheinwerfereinstellgerät unterblieb. Das Fahrzeug wurde überdies mit einer Anhängevorrichtung ausgestattet; die vorgeschriebene Fahrtrichtungsausfallskontrolle des Anhängers wurde nicht durchgeführt. Für den Ford Galaxy wurde zwar aus anderen Gründen ein negatives Gutachten ausgestellt, diese drei Positionen allerdings nicht überprüft.
1.3.12. Kommen Personen mit verschmutzten Kraftfahrzeugen zur Überprüfung, versuchen der Beschwerdeführer bzw. Herr B trotz Verschmutzung die Begutachtung „so gut es eben geht“ durchzuführen. (VH-Schrift Seite 3)
1.3.13. Der Beschwerdeführer stellt den Mängelkatalog grundsätzlich in Frage und ist der Ansicht, dass die Vorgaben, die darin gemacht werden, in der Praxis teilweise schlicht und ergreifend nicht durchführbar sind. Der Amtssachverständige, der im Rahmen der Revision vom 03. April 2019 auf diverse Unzulänglichkeiten hingewiesen hat, arbeitet nach Ansicht des Beschwerdeführers aus einer „geschützten Werkstatt“ heraus. Er ist der Meinung, dass der gravierendste Schwachpunkt bei jedem Fahrzeug ohnehin immer der Lenker ist, weshalb eine Begutachtung wie im Mängelkatalog vorgesehen nicht durchgehend notwendig ist, zumal er, der Beschwerdeführer, aufgrund seines Sachverstands ohnehin weiß, ob ein Fahrzeug verkehrs- und betriebssicher ist oder nicht, ohne dabei eine Begutachtung laut Prüfanweisung des Mängelkatalogs durchzuführen.
1.4. Mit Schreiben vom 17. April 2019 gab die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nach einer telefonischen Anfrage seinerseits bekannt, dass er derzeit wiederkehrende Begutachtungen durchführen dürfe, wenn und insofern die dafür erforderlichen Einrichtungen und Geräte in Ordnung seien und den Anforderungen der Anlage 2a der PBStV entsprächen,
1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. April 2019 wurde dem Beschwerdeführer die eingangs erwähnte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen mit sofortiger Wirkung widerrufen; die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde ausgeschlossen.
Begründend stützte sich die belangte Behörde auf das Ergebnis der Revision und führte aus, dem Beschwerdeführer fehle die notwendige Vertrauenswürdigkeit, weshalb die Ermächtigung zu widerrufen sei.
1.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird u.a. ausgeführt, dass mittlerweile ein neues Scheinwerfereinstellgerät sowie ein Tresor für die Begutachtungsplaketten angeschafft worden sei. Die Hebebühne sei mittlerweile überprüft worden, ein Bremsenprüfstand bestellt worden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen gründen auf der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2019, in welcher Beweis erhoben wurde durch (Verzicht auf) Verlesung des vorgelegten Verwaltungsaktes, Einvernahme des Beschwerdeführers sowie des sachverständigen Zeugen C, Amtssachverständiger für Kraftfahrzeugtechnik, und der Zeugin D sowie durch Verlesung des vom Beschwerdeführer vorgelegten Schreibens der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 17. April 2019 (Beilage ./1 zur Verhandlungsschrift).
Die Feststellungen gründen im getroffenen Umfang einerseits auf der Revision durch den Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik am 03. April 2019 (Aktenseite 54ff). Die Ergebnisse dieser Revision wurden vom Beschwerdeführer mit Ausnahme der Unauffindbarkeit einer verlochten Begutachtungsplakette nicht bestritten. Die Feststellungen zur persönlichen Einstellung des Beschwerdeführers gegenüber den Prüfanweisungen laut Mängelkatalog sowie seiner Begutachtungspraxis werden aus den vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gemachten Aussagen, seiner Aussagen im Telefongespräch mit der Zeugin D und seiner schriftlichen Stellungnahme im Verwaltungsverfahren (siehe das Schreiben vom 11. April 2018 [Aktenseite 117f zur Bremsstrecke für Kraftfahrzeuge Klasse L] in Zusammenschau mit dem Ergebnis der Revision abgeleitet.
Am 25. April 2019, einen Tag nachdem der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid erhalten habe, telefonierte er mit D. In diesem Telefongespräch gab der Beschwerdeführer Schlampereien zu, meinte aber, dass der angefochtene Bescheid übers Ziel „hinausgeballert“ sei. Es gebe viele Sachen, die nicht mehr zeitgemäß seien. Er setze das Scheinwerfereinstellgerät dort ein, wo es erforderlich sei. In der Betriebsanleitung sei beschrieben, wie vorzugehen sei, aber das könne „eh niemand, entweder er dreht‘s ganz rauf oder ganz runter“. Die Scheinwerferprüfung sei „obsolet, so gestern“. In der Regel sei ein falscher Lampensitz das Problem. Bei Verdacht werde das Scheinwerfereinstellgerät verwendet. Man müsse mit den Begutachtungen auch Geld verdienen, er könne nicht länger als eine Stunde mit einem Auto brauchen. Die Behörde und der Beschwerdeführer hätten andere Ansichten, aber mit dieser Ansicht der Behörde könne er kein Geld verdienen. Er habe zum Glück einen tollen Kundenstock und sei bereit, sich zu bessern, aber es müsse wirtschaftlich vertretbar sein. Zur Bremsenprüfung bei Fahrzeugen der Klasse L gab der Beschwerdeführer im Rahmen dieses Telefongesprächs an, er werde keine neue BMW „niederbremsen“ und wisse mit technischem Hausverstand, ob die Bremsen funktionierten. Kein Motorradfahrer und kein Traktorfahrer würde je ein Fahrzeug lenken, dessen Bremsen nicht funktionieren. Es gebe einen hohen Qualitätsstandard, aber das Geldverdienen müsse Berücksichtigung finden. Bei der Bremsenprüfung für Fahrzeuge der Klasse L messe er nicht mit dem Maßband nach, er sei aber bereit, die Prüfung „über einen Prüfstand abzuwickeln“ (siehe den Aktenvermerk über dieses Telefongespräch Aktenseite 314, zu dessen Inhalt der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass er nach wie vor zum Gesagten stehe [Verhandlungsschrift Seite 2]).
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:
Mit Verweis auf den Mängelkatalog 2019, PBStV/52, zu Punkt 3.3.5 der Scheibenwaschanlage führte der Beschwerdeführer aus, dass er nicht verstehe, wer sich sowas einfallen lasse, dass das grün markierte nur mehr ein leichter Mangel sei (Verhandlungsschrift Seite 3). Er habe sicher schon mehr Fahrzeuge begutachtet als der die Revision durchführende Amtssachverständige und lasse sich seinen Sachverstand von niemandem absprechen. Überprüfungen durch Sachverständige des Amtes der NÖ Landesregierung und jene in der Wirklichkeit seien zwei verschiedene Welten. Die Sachverständigen der Landesregierung arbeiteten aus einer geschützten Werkstätte heraus (Verhandlungsschrift Seite 3). Die Begutachtung anhand aller Positionen wie im Mängelkatalog vorgesehen würde mit der Realität nicht ganz zusammenpassen. Es sei Aufgabe des Prüfers den Gesamtzustand des Fahrzeuges zu prüfen. Wenn beispielsweise ein stark verschmutztes Fahrzeug komme, sei aber typischerweise eine Überprüfung, wie im Mängelkatalog vorgesehen, schwer bis gar nicht möglich. Es gebe dann eben die Möglichkeit den Kunden wegzuschicken und ihm aufzutragen das Fahrzeug gesäubert widerzubringen. Das mache man aber bei jedem Kunden wohl nur ein einziges Mal, da dieser in der Folge nicht mehr kommen werde. Insofern behelfe man sich dann eben damit, auch verschmutzte Fahrzeuge „so gut es geht“ zu begutachten (Verhandlungsschrift Seite 3). Die fehlende Eintragung der Integralbremse sei anscheinend irrtümlich durch die Sekretärin durchgeführt worden, was ja mal passieren könne (Verhandlungsschrift Seite 4). Die Ausführungen des sachverständigen Zeugen betreffend die Prüfung des Radlagerspiels bei Traktoren seien „bloß Theorie“. Die Überprüfung des Radlagerspiels sei bei Traktoren auch durch Rütteln des am Boden stehenden Traktors ohne Hinzunahme einer Rüttelplatte und ohne Ausheben möglich (Verhandlungsschrift Seite 5 und 6). Die Kalibrierung für das Bremsenverzögerungsmessgerät sei schlicht übersehen worden, dieses Überschreiten aber wohl zu vernachlässigen (Verhandlungsschrift Seite 6). Es sei ausreichend, ein Scheinwerfereinstellgerät bei Bedarf zu verwenden. Würde man immer das Scheinwerfereinstellgerät verwenden, so wie in der Prüfanweisung des Mängelkataloges vorgesehen, sei man wieder bei dem Thema, dass man so kein Geld verdienen könne, weil alles viel zu lang dauere (Verhandlungsschrift Seite 7 und 8). Die Vernehmung des sachverständigen Zeugen habe gezeigt, dass dieser aus einer geschützten Werkstatt heraus agiere und dass die Vorgaben, die auch im Mängelkatalog gemacht werden, in der Praxis schlicht und ergreifend nicht durchführbar sind. Gravierendster Schwachpunkt bei einem Kraftfahrzeug sei ohnehin immer der Lenker (Verhandlungsschrift Seite 9).
3. Rechtliche Erwägungen:
3.1.1. § 57a KFG 1967, BGBl. Nr. 267/1967, lautet (auszugsweise):
„§ 57a. Wiederkehrende Begutachtung(1) […]
(1a) Der Zulassungsbesitzer hat das Fahrzeug dem Ermächtigten zur wiederkehrenden Begutachtung vorzuführen und dafür zu sorgen, dass dieses gereinigt ist, sowie den Zulassungsschein vorzulegen. […]
[…]
(2) Der Landeshauptmann hat für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag Ziviltechniker oder technische Büros-Ingenieurbüros (§ 134 GewO) des einschlägigen Fachgebietes, Vereine oder zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen gemäß Abs. 1 zu ermächtigen. Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden. Bei der Ermächtigung ist auch auszusprechen, in welcher Weise die Prüfstellen erkennbar gemacht sein müssen. Der Ermächtigte hat Veränderungen hinsichtlich seines Personals und seiner Einrichtungen, soweit diese Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung waren, unverzüglich dem Landeshauptmann anzuzeigen. Die Ermächtigung ist ganz oder nur hinsichtlich einzelner Arten von Fahrzeugen zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist, nicht mehr über geeignetes Personal verfügt, seine Einrichtungen nicht den durch Verordnung festgesetzten Anforderungen entsprechen oder wenn eine der für die Erteilung der Ermächtigung erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist. Erforderlichenfalls kann der Ausschluss bestimmter geeigneter Personen von dieser Tätigkeit angeordnet werden. Durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie ist festzusetzen, unter welchen Voraussetzungen eine Person als zur Durchführung der wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten geeignet zu gelten hat und welche Einrichtungen nach dem jeweiligen Stand der Technik zur wiederkehrenden Begutachtung unter Berücksichtigung der Fahrzeugarten erforderlich sind.
(2a) Der Landeshauptmann hat regelmäßig zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Ermächtigung noch gegeben sind und ob die Begutachtungen ordnungsgemäß durchgeführt werden. Insbesondere bei zur Reparatur von Fahrzeugen berechtigten Gewerbetreibenden hat er auf die Objektivität der Begutachtung zu achten. Er kann Anordnungen zur Behebung von Mängeln treffen. Den Anordnungen des Landeshauptmannes ist unverzüglich zu entsprechen.
[…]
(4) Der Ermächtigte hat über den Zustand eines ihm gemäß Abs. 1 vorgeführten Fahrzeuges vor Behebung allenfalls festgestellter Mängel ein Gutachten auf einem Begutachtungsformblatt auszustellen; das Gutachten ist eine öffentliche Urkunde. Eine Ausfertigung ist dem das Fahrzeug Vorführenden zu übergeben, eine zweite Ausfertigung des Gutachtens ist fünf Jahre lang aufzubewahren und den mit Angelegenheiten des Kraftfahrwesens befassten Behörden auf Verlangen vorzulegen.
(4a) […]
(5) Entspricht das gemäß Abs. 1 vorgeführte Fahrzeug den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit und können mit ihm nicht übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden, und entspricht das Fahrzeug mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3 500 kg – soweit dies beurteilt werden konnte – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, so hat der Ermächtigte eine von der Behörde ausgegebene Begutachtungsplakette, auf der das Kennzeichen des Fahrzeuges dauernd gut lesbar und unverwischbar angeschrieben ist, dem Zulassungsbesitzer auszufolgen oder am Fahrzeug anzubringen; die Begutachtungsplakette ist eine öffentliche Urkunde. Die Begutachtungsplakette ist so am Fahrzeug anzubringen, dass das Ende der gemäß Abs. 3 für die nächste wiederkehrende Begutachtung festgesetzten Frist außerhalb des Fahrzeuges stets leicht festgestellt werden kann. Die Ausfolgung oder Anbringung der Begutachtungsplakette ist in dem gemäß Abs. 4 ausgestellten Gutachten zu vermerken. Der Ermächtigte hat diese Begutachtungsplakette auf Verlangen des Zulassungsbesitzers auch ohne Begutachtung in gleicher Weise auszufolgen oder an Fahrzeugen anzubringen, an denen keine oder nur eine unlesbar gewordene Begutachtungsplakette angebracht ist, wenn der Zulassungsbesitzer nachweist, dass für das Fahrzeug gemäß Abs. 3 noch keine oder keine weitere wiederkehrende Begutachtung fällig geworden ist.
(5a) Wird bei der Begutachtung festgestellt, dass das Fahrzeug einen oder mehrere schwere Mängel aufweist, so kann keine Begutachtungsplakette angebracht oder ausgefolgt werden. Ein solches Fahrzeug darf noch längstens zwei Monate nach dieser Begutachtung jedoch nicht über die auf der bisherigen Plakette angegebenen Frist hinausgehend, verwendet werden. Das Datum der zweimonatigen Frist ist auf dem Gutachtensausdruck anzugeben.
[…]
(8) Durch Verordnung sind nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend, die näheren Bestimmungen über die Durchführung der Begutachtung, über Unterlagen, die bei der Begutachtung vorzulegen sind, über das im Abs. 4 angeführte Begutachtungsformblatt sowie über die Beschaffenheit und das Aussehen der in Abs. 5 und 6 angeführten Begutachtungsplakette und ihre Anbringung am Fahrzeug festzusetzen.
[…]“
3.1.2. Gemäß § 10 Abs. 3 der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV), BGBl. II Nr. 78/1998, ist ein negatives Gutachten auszustellen, wenn im Zuge der Überprüfung oder Begutachtung eines Fahrzeuges Mängel festgestellt werden, die ein positives Gutachten und die Ausfolgung einer Begutachtungsplakette verhindern. Im Falle einer Wiedervorführung des Fahrzeugs in derselben Prüf- oder Begutachtungsstelle innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen gerechnet ab dem Tag nach der seinerzeitigen Begutachtung müssen nur die Prüfpositionen neuerlich geprüft werden, bei denen diese Mängel festgestellt worden sind, sofern seither nicht mehr als 1 000 km zurückgelegt worden sind und das Fahrzeug keine offensichtlichen neuen Mängel, die ein positives Gutachten verhindern, aufweist (Nachprüfung). Für das positive Gutachten ist das Datum der Nachprüfung maßgeblich.
Gemäß § 10 Abs. 4 PBStV hat die Fahrzeugbegutachtung entsprechend einem vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie genehmigten Mängelkatalog zu erfolgen. Dieser Mängelkatalog ist entsprechend dem jeweiligen Stand der Technik zu ergänzen. Die Beurteilung der festgestellten Mängel hat jedoch nach Anlage 6 zu erfolgen.
Gemäß Anlage 2a zur PBStV Z 3 lit. d muss der Rollenbremsprüfstand u.a. die Eigenschaft besitzen, dass die Anzeige des Messwertes während der Prüfung aus dem Fahrzeug heraus vom Prüfer ablesbar ist. Analoge Anzeigen müssen so beschaffen sein, dass die Ablesung von Anzeigewerten von höchstens 2 vH des Skalenendwertes möglich ist. Die Skalen müssen in wenigstens 25 Abschnitte geteilt und in Abständen von nicht mehr als 20 vH des Skalenendwertes beziffert sein. Digital anzeigende Messgeräte sowie Speichereinrichtungen müssen in Messschritten arbeiten, die nicht größer sind als 1 vH des Messbereichsendwertes. In den oberen zwei Dritteln des Messbereiches muss der Messwert mit mindestens drei Ziffern angegeben werden.
Gemäß Anlage 2a zur PBStV Z 14 ist als Einrichtung für die wiederkehrende Begutachtung ein Scheinwerfereinstellgerät vorgegeben, das die Einstellung und die Prüfung der Einstellung der Scheinwerfer nach den Bestimmungen für die Einstellung von Scheinwerfern an Kraftfahrzeugen erlaubt (Richtlinie 76/756/EWG); die Hell/Dunkelgrenze muss bei Tageslicht (ohne direkte Sonneneinstrahlung) leicht erkennbar sein.
3.1.3. Der aufgrund des § 10 Abs. 4 PBStV herausgegebene und vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Mängelkatalog führt auf Seite AT/48 im Kapitel „5.5 Revision (§ 57a Abs. 2a KFG, § 15 PBStV)“ aus, dass die „nicht ordnungsgemäße Verwahrung“ eines Begutachtungsstellenstempels eine „Anordnung“ nach sich zieht.
Laut Prüfanweisung des Mängelkatalogs betreffend die Prüfposition „1.2. Betriebsbremse Wirkung und Wirksamkeit“ laut Katalog der Prüfposition gemäß Anlage 6 der PBStV ist hinsichtlich der Betriebsbremse ist für Fahrzeuge der Klassen L1e bis L7e (Seite 1/34) kein Prüfgerät vorgeschrieben sei und die Wirksamkeit der Betriebsbremse daher im Rahmen einer Fahrprobe zu ermitteln. Die Betriebsbremse ist auf einer befestigten (Asphalt, Beton), sauberen, ebenen und wenn möglich trockenen Fahrbahn durchzuführen. Alternativ dazu kann die Bremsenprüfung mittels eines schreibenden Bremsverzögerungsmessgerätes oder eines geeigneten Bremsenprüfstandes erfolgen. […] Im Zuge der Fahrbremsproben ist die Länge der Bremswege zu ermitteln und gemeinsam mit der Prüfgeschwindigkeit im Begutachtungsprogramm („Fahrversuch für Abbremsung“) einzugeben. Die mittlere Verzögerung wird durch das Begutachtungsprogramm berechnet. In der Prüfanweisung finden sich überdies die verlangten Prüfgeschwindigkeiten sowie Bremswege.
Laut Prüfanweisung des Mängelkatalogs betreffend „4.1.1. Scheinwerfer – Zustand und Funktion“ (Seite 4/15) laut Katalog der Prüfposition gemäß Anlage 6 der PBStV ist die Überprüfung der Einstellung mittels geeignetem Scheinwerfereinstellgerät gemäß Anlage 2a Z 14 der PBStV durchzuführen.
Laut Prüfanweisung des Mängelkatalogs betreffend „5.1.3. Radlager“ (Seite 5/13) laut Katalog der Prüfposition gemäß Anlage 6 der PBStV ist jedes einzelne Rad in hochgehobenem Zustand auf Rollgeräusche und übermäßiges Spiel den Angaben des Herstellers entsprechend zu prüfen (händische Prüfung). Das Radlagerspiel kann aber auch bei nicht angehobenen Rädern mit geeigneten Vorrichtungen geprüft werden (Spieldetektoren).
3.1.4. Zur Unzuverlässigkeit der beschwerdeführenden Partei:
3.1.4.1. Entscheidend bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ist, ob jemand die spezifische Vertrauenswürdigkeit besitzt, die von ihm erwartet werden darf, wenn er über eine Ermächtigung iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 verfügt oder sie erlangen will, soll doch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften der über die genannte Ermächtigung verfügenden Person gewährleisten. Wesentlich ist also, ob das bisherige Verhalten des Betreffenden auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf den Schutzzweck des Gesetzes – nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere sowie nicht übermäßig Emissionen verursachende Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen – obliegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 beliehenes Unternehmen hoheitliche Aufgaben erfüllt, die in die Ausstellung einer öffentlichen Urkunde münden (zB VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).
Bei einer Entscheidung hinsichtlich der Erteilung bzw. dem Widerruf einer Ermächtigung nach § 57a Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um das Ergebnis einer Beurteilung des Gesamtverhaltens des Betroffenen, nämlich den Rückschluss auf das Vorliegen eines mit den seitens der Behörde und seitens des Ermächtigten als beliehenem Unternehmen selbst zu wahrenden Interessen im Einklang stehenden Persönlichkeitsbilds (vgl. abermals VwGH vom 8. September 2016, Ro 2015/11/0016, mwN).
Bei der Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 57a Abs. 2 KFG 1967 ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. zuletzt zB VwGH vom 17. Juni 2019, Ra 2019/11/0068).
3.1.4.2. Zunächst ist auszuführen, dass das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nicht daran zweifelt, dass der Beschwerdeführer die in der Beschwerde genannten Verbesserungen hinsichtlich der technischen Einrichtungen durchgeführt und einen Tresor für Begutachtungsplaketten und –stempel angeschafft hat bzw., was den Bremsenprüfstand angeht, derartige Verbesserungen ernsthaft beabsichtigt.
Die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers wird allerdings in hohem Maße dadurch erschüttert, dass er, wie auch seine Aussagen in der mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2019 untermauert haben, offenkundig der Ansicht ist, schon zu wissen, wie Begutachtungen von Kraftfahrzeugen durchzuführen sind und sich dabei an die Prüfanweisungen im Mängelkatalog, entgegen der ausdrücklichen Anforderung des § 10 Abs. 4 PBStV, nur dann hält, wenn er der Ansicht ist, dass diese generell sinnvoll, zur Überprüfung eines konkreten Fahrzeuges notwendig oder wirtschaftlich sind. Diese Einstellung hat sich auch – vom Beschwerdeführer unbestritten – bei den Begutachtungen betreffend die Scheinwerfer (Verwendung eines Scheinwerfereinstellgerätes nur bei vom Beschwerdeführer empfundenen Bedarf), die Bremsenwerte für Fahrzeuge der Klasse L (Eintragung nahezu identischer Bremswerte aufgrund nicht der Prüfanweisung entsprechender Überprüfung und ungeeigneter Prüfstrecke) sowie bei Überprüfungen des Radlagerspiels bei Traktoren (entgegen der Prüfanweisung kein Ausheben, sondern manuelles Rütteln der Traktoren) in der Realität manifestiert.
Diese offen zur Schau getragene Einstellung gegenüber den Prüfanweisungen des Mängelkatalogs, nach welchem die Fahrzeugbegutachtung gemäß § 10 Abs. 4 PBStV zu erfolgen hat, lässt aber befürchten, der Beschwerdeführer werde die nach den jeweils geltenden Vorschriften vorzunehmenden Überprüfungen nur dann in der vorgeschriebenen Art durchführen, wenn ihm diese selbst sinnvoll erscheinen, er der Ansicht ist, dass diese im konkreten Begutachtungsfall – aufgrund seines „technischen Hausverstandes“ (siehe Aktenseite 314; Telefongespräch mit D) – überhaupt notwendig sind und auch aufgrund ihrer Dauer dem „Geldverdienen“ nicht im Wege stehen. Der Beschwerdeführer ist offenkundig der Ansicht, nach eigenem Gutdünken über Art und Umfang seiner Begutachtungstätigkeit bestimmen zu dürfen. In dieses Bild passen auch die weiteren, oben festgestellten Unregelmäßigkeiten (vgl. oben die Feststellungen 1.3.3. bis 1.3.5 und 1.3.7. bis 1.3.13.).
Bei der gebotenen Beurteilung des aufgrund des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers gewonnen Persönlichkeitsbilds kann somit aber nicht gesagt werden, dass er (derzeit) die spezifische Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 57a Abs. 2 KFG 1967 aufweist. Mangels Vertrauenswürdigkeit besteht auch keine Möglichkeit mit einem Teilwiderruf das Auslangen zu finden, da die Vertrauenswürdigkeit doch für jede Art der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung vorliegen muss.
Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Da es sich bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit iSd § 57a Abs. 2 KFG 1967 um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt, die im Allgemeinen – wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde – nicht revisibel ist (vgl. VwGH vom 17. Juni 2019, Ra 2019/11/0068), ist die Revision nicht zulässig.
Schlagworte
Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; wiederkehrende Begutachtung; Ermächtigung; Widerruf; Vertrauenswürdigkeit;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.579.001.2019Zuletzt aktualisiert am
02.01.2020